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zu veredeln. Ihre Lehrer sind gewöhnlich, wie Christus es nennt, blinde Leiter, und so leidet denn der Staat bei diesem Zustande der Sachen, nach welchem sein Flor sich in einem beständigen Kriege gegen die verheerende und zerstörende Dummheit befindet, mehr Verlust als in der blutigsten Schlacht. "Gott!" dachte ich, muß denn das so sein? Kann der Landmann, diese eigentliche Stärke des Staatskörpers, nicht auch verhältnismäßig gebildet 5 und zu allem guten Werke geschickt gemacht werden? Wieviel tüchtige Menschen hätte zum Beispiel ich in diesen Jahren nicht meinem Vaterlande gerettet, die jeßt ein Raub ihrer entjeglichen Stupidität geworden sind! Ja! ich will die Maus sein. Gott helfe mir!"

Und nun schrieb ich gleich denselben Morgen die Titel der dreizehn Kapitel, woraus mein Schulbuch für die Lehrer der Landleute sein sollte, nieder, und zwar auf die andere 10 Seite des Blattes, worauf der Löwe, das Neß und die Maus stand, welches Blatt ich zum Andenken bewahre, vom geneigten Leser aber hoffe, wegen dieser Mikrologie Verzeihung zu erhalten.

Zu Mittag zeigte ich meinen Plan meinem neuen verständigen Prediger, Herrn Stephan Rudolph, der erst ein Jahr im Amte stand. Er billigte ihn und riet mir des 15 Theologischen wegen, so darin vorfäme, mit Herrn Ober-Konsistorialrat Teller in Berlin zu forrespondieren. Dieser nannte meine Arbeit gemeinnüßig und unterstüßte mich edelmütig mit gutem Nat. So ward denn das erste meiner literarischen Produkte schnell fertig, daß es schon auf Ostern 1772 unter dem Titel: Versuch eines Schulbuches für Kinder der Landleute oder zum Gebrauch in Dorfschulen“, Berlin bei Fr. Nicolai, erschien und das 20 Motto führte, welches doch nur die erste Ausgabe hat: Difficile est proprie communia dicere" (Horatius) 1).

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Daß ich mit diesem Buche vorzüglich die Lehrer, und zuvörderst nur sie bilden wollte, so wie man etwa die Amme kuriert, um dem Kinde gedeihliche Nahrung zu verschaffen, wird man leicht einsehen.

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Wie ich mich denn auch in der Vorrede für die Lehrer in Landschulen besonders verwendete, deren spärliches Einkommen, auf das ungewisse Schulgeld sonderlich von armen, finderreichen Eltern angewiesen, ohne Nebenprofession, die bald der Hunger zur Hauptbeschäftigung machte, sie, besonders mit einer Familie, schlechterdings nicht zu nähren vermöchte. Denn in Büschings Reise nach Reckan" wird man finden, daß mancher Landschul- 30 lehrer Einkommen etwa 12 Ntlr. war.

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Ich bat daher, jedem wenigstens 100 Rtlr. jährlich zu geben, wogegen der ganze Schulunterricht unentgeltlich sein müsse, damit alle Entschuldigungen, z. B. armer Eltern, wegen des Zurückbehaltens der Kinder aus der Schule, wegfielen. Man wird alles dieses in der Vorrede des Versuches eines Schulbuches 2c." mehr entwickelt lesen können.

Während der Zeit nun, als ich nicht ohne die Bangigkeit eines neuen Schriftstellers erwartete, wie das Publikum über meine Schrift urteilen würde, erhielt ich einen Brief von dem damaligen Chef des Geistlichen und Ober-Schul-Departements, nun verstorbenen Geh. Staats- und Justiz-Minister Freiherrn v. Zedlis, folgenden Inhaltes:

„Hochwürdiger und Hochwohlgeborener Herr, insonders Hochzuehrender Herr!

Daß ein Domberr für Bauernkinder Lehrbücher schreibt, ist selbst in unserem aufgeklärten Jahrhundert eine Seltenbeit, die dadurch noch einen höheren Wert erhält, daß Kühnheit und guter Erfolg bei diesem Unternehmen gleich groß sind. Heil, Lob und Ehre also dem vortreff. lichen Manne, den nur die Rücksicht auf die Allgemeinheit des Nugens, welcher gestiftet werden kann, zu solchen Unternehmungen antreiben konnte

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Ew. Hochwürden müssen von mir keinen bestimmten Dank erwarten, er würde mit einer Sache in feinem Verhältnis stehen, deren Wert ganze fünftige Generationen preisen müssen. Lassen Sie mich vielmehr Sie von nun an als einen Mann betrachten, der zur Beförderung der großen Absichten des besten Königs mir in der Verbesserung des Unterrichtes der Landjugend so fräftige Beihilfe leisten kann und der Patriotismus genug bat, diesen Beistand leisten zu wollen. 50 Ew. Hochwürden wird nicht unbewußt sein, daß des Königs Majestät die Interessen eines Kapitals von 100 000 Rtir. zur Salarierung der Dorfschulmeister in der Kurmart ausgesezt

1) Schwierig ist es, das Allgemeine zu individualisieren."

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haben, und daß Höchstdieselben vornehmlich wünschten, Schulmeister aus Sachsen zu diesem Behuse herüber zu bekommen.

Nach Ew. Hochwürden Memnung find 100 Rtlr. für einen Schulmeister genug. Ich hatte anfänglich keine größere Besoldung im Sinne; allein ich glaube kaum, daß sich dieses so genau und allgemein bestimmen läßt, weil ich es für sehr verderblich halte, wenn der Dorfeinwohner für den Unterricht seines Kindes annoch ein gewisses wöchentliches Schulgeld zahlen muß, inmaßen dieses Schulgeld, so gering es ist, dennoch in diesen beklemmten Zeiten den Landmann sehr oft mit Grunde abbalten kann, seine Kinder zur Schule zu schicken. Vielmehr hielte ich es für gut, daß jedes Kind vom fünften Jahre an in die Schule gehen müßte, und daß der Prediger kein Kind zum Abendmahl annehmen dürfte, welches nicht einen zu bestimmenden Grad von analogischer Gelehrsamkeit erreicht hätte.

Es würde dannenhero auch die Besoldung mit der Anzahl der Kinder eines Dorfes im Verhältnis stehen müssen. Und da aller Unterricht, wie Ew. Hochwürden so richtig bemerken, dahin gehen muß, daß die Bauernkinder zur Treibung ihres künftigen Gewerbes aufgeklärter gemacht, und der Verstand nach ihrem Verhältnis bearbeitet werde, so fällt es in die Augen, daß ein der gleichen Unterricht weit mühsamer werden muß, als wenn der Schulmeister den Jungen eine Seite aus Luthers Katechismo auswendig lernen läßt.

Die Sache wird dadurch immer einen großen Schritt weiter kommen, wenn wir Leute erhalten, welche Kopfs genug haben, die Jugend nach dieser Methode zu unterrichten; und in voller Zuversicht auf Ew. Hochwürden rühmlichen Eifer wage ich es, dieselben zu ersuchen, sich um einige dergleichen Subjekte, vornehmlich aus Sachsen, zu bewerben und mir demnächst einige Nachricht zukommen zu laffen, ob nicht fürs erste mit einem Distrikt um Redan herum ein Bersuch zu machen möglich sei. Diese Leute würden offenbar, wenn sie durch Ew. Hochwürden herüber. gerufen wären, auch mehr Zutrauen zu Ihnen haben, und es würde offenbar mehr Vorteil sein, wenn man ganze Distrikte mit guten Schulmeistern auf einmal besetzte, als wenn alle zehn Meilen einer angesetzt wirde.

Ew. Hochwürden sollen hierbei mit keinem Auftrag belastet werden; ich verpflichte mich aufs heiligste, von Ihnen nichts zu fordern, als was Ihnen selbst Ihr Eifer für das allgemeine Beste abfordern wird. Ich ersuche Sie nur, das Talent, was Ihnen die Vorsicht gegeben hat, anzuwenden, und werde mir's zur Ehre rechnen, wenn Sie über dieses Sujet und über die zu treffende Einrichtung mir dero Meinung unzurückhaltend zu eröffnen die Gefälligkeit haben wollten. Ich bin mit einer Hochachtung, die ich auszudrücken nicht imftande bin, Euer Hochwürden gehorsamster Diener Bedlig.

Berlin, den 17. Juni 1773.

35 Herrn Domherrn v. Rochow auf Reďkan p. Brandenburg.“

Man wird es mir hoffentlich nicht als Ruhmredigkeit auslegen, daß ich diesen Brief hier beifüge, weil ich ohne dessen Mitteilung keine Geschichte meiner Schulen schreiben konnte: denn er ist die Grundlage zu allem, was durch mich in diesem Fache nachher geschehen ist. Auch kann dieser Brief zum Beweise dienen, daß ich nicht eigenmächtig oder in ein fremd Amt 40 greifend verfuhr, sondern nach Aufträgen von meinen Vorgesezten handelte.

Nun entspann sich eine weitläufige Korrespondenz zwischen dem Minister und mir über Schulsachen, von welcher ich igo nur soviel beibringe, daß der Minister mich versicherte, er habe dem Könige- und Friedrich II. dachte gerade damals mit Ernst an den statistischen Wert besserer Landschulen von meinem Buche Bericht erstattet; der König habe es gnädig 45 aufgenommen und ihm befohlen, durch mich sächsische Schulmeister ins Land zu ziehen und die Landschulen nach meinem Plan zu organisieren.

So sichtbar segnete die Vorsehung mein kleines Senfkorn, daß es bald ein Bäumchen wurde. Denn ich, dem kurz vorher ein in dergleichen neue Einrichtungen schwerlich einstimmender Prediger und eben damals der alte Schullehrer in Reckan durch den Tod Plaz 50 machten, konnte nun, von allen Hindernissen von obenher befreit, an die Einrichtung einer neuen Schule denken.

Aber wider die Ansehung von Schulmeistern aus einem andern Lande stritt ich mit dem Minister aus mancherlei Gründen, vornehmlich von der hiesigen plattdeutschen Sprache hergenommen, die, den Obersachsen unbekannt, ihnen die ersten Zugänge in die Kinderfeelen ver65 schlösse, da nur Bekanntschaft mit Hoch- und Plattdeutsch es möglich mache, leßteres durch ersteres, welches doch einmal Lehr- und Befehlssprache ist, zu verdrängen. Und ich war endlich so glücklich, meinen Gründen Eingang zu verschaffen, so daß von sächsischen Schulmeistern nicht mehr die Rede war.

Ein gewesener Primaner aus der halberstädtischen Domschule zu des seligen Rektor Struensee Zeiten, namens Heinrich Julius Bruns, aus dem halberstädtischen Dorfe Rohrsheim gebürtig, war seit sechs Jahren in meinem Hause als Musikus und Schreiber gewesen. Ihm hatte ich viele meiner Ideen über Schulsachen mitgeteilt, manches Heft abschreiben lassen von dem, was ich auch nicht zum Druck bestimmte; meine Bibliothek s stand ihm offen, und als mein beständiger Tischgenosse machte die Zunahme der Kultur seines Geistes, wie seiner musikalischen Fertigkeit, mir manches Vergnügen.

Aber im Jahre 1771 ward er als Kantor und Organist an die halberstädtische Johanneskirche berufen. Er nahm den Ruf an, und ich verlor ihn ungern. Doch einer liberaleren Denkungsart, hauptsächlich durch Bekanntschaft mit den besten Schriften, gewohnt, mochte sein 10 neues Amt und der mechanische Schulschlendrian für ihn seine eigenen Schwierigkeiten haben. Denn als er hörte, daß mein alter Schullehrer gestorben sei, schrieb er an mich und bot fich selbst an zu der vakanten Stelle, mit dem Bersprechen, wenn ich ihn vor Nahrungssorgen schützen wollte, mit Gottes Hilfe meine Ideen zu realisieren.

Man kann denken, wie gern ich in diesen Umständen dieses Erbieten annahm. Ich 16 gab ihm jährlich 180 Rtlr. nebst einigen Emolumenten, als vier Fuder Heu jährlich, einen Garten und, gleich meinen übrigen ackerlosen Untertanen, die Erlaubnis, in meinen niedrig liegenden Brachäckern auf angewiesenen Pläßen, auf seine Kosten durch Umgraben Lein, Hirse, Kartoffeln und Mohrrüben zc. für sich bestellen zu lassen.

Er legte also dort sein Amt nieder, kam zu mir, und nun entwarf ich den Lektionsplan 20 der neuen Schule, wie er in Riemanns Buche 2c." steht, wohin ich, sonderlich in die erste Ausgabe, um manches nicht wiederholen zu müssen, verweise.

Mein unerschütterlicher Grundjag, den auch Herr Bruns sich gefallen ließ, war: Nur das Berstehen des Gelehrten macht die Lehre nüglich.

Daß die Nürnberger Fibel zu abgeschmackt, der kleine Katechismus und die Bibel aber 5 zu hoch für die Leseübungen der ersten Schulzeit sei, wußten wir beide. Diesem Mangel abzuhelfen, schrieb ich geschwind den ersten Teil des Kinderfreundes, ließ ihn auf meine Roften bei den Gebrüdern Halle in Brandenburg drucken, und wir wurden eins, daß das Lesen in demselben und das Katechisieren über das Gelesene die erste und wichtigste Schularbeit sein sollte. Zu diesem Endzweď übten wir uns täglich einige Monate lang im Kate- 30 chifieren, wobei bald er, bald ich Lehrer oder Kind vorstellten.

Indes ward die Schule mit den Kindern aus Reďkan und dem nahegelegenen Vorwerke Mesbünd auf meinem Hofe gehalten, wozu ich eine Stube räumte. Denn es fehlte auf meinen Gütern an Schulhäusern, da die alten den Einsturz drohten. Ich entschloß mich also, deren brei, ganz neu und zweckmäßiger als die alten, in welchen es den Kindern an Plaß und 35 Licht fehlte, zu erbauen. Das Schulhaus in meinem Wohnorte Redan ist ganz massiv und hat nach der Straßenseite die Aufschrift: "Lasset die Kindlein zu mir fommen und wehret ihnen nicht. Matth. 19,14." Dieses ward im Jahre 1774 bezogen.

Nun kam es noch darauf an, die Eltern, wegen ihrer Vorurteile gegen alles Neue, der neuen Einrichtung und Schulordnung, worein sie sich fügen sollten, hold und geneigt zu 40 machen. Denn am 2. Januar 1773 sollte die neue Schulordnung und Lehrart beginnen.

Außerdem, daß ich bereits mit meinem einsichtsvollen Prediger über die Hauptsachen schon einig war, so half mir die Erfindungskraft meiner vortrefflichen Frau die Eltern gewinnen. Sie hatte, mir unwissend, am Neujahrsnachmittag ein kleines Fest veranstaltet, wozu die sämtlichen Eltern der Schulkinder eingeladen waren. Gewählte Kinder, die meine Frau ge- 45 fleidet und geschmückt hatte, führten in Gegenwart unser aller und ihrer Eltern ein Drama auf, davon die Prosa von meinem Prediger und die Reime von dem damaligen Feldprediger des Leib-Karabiner-Regiments, jeßigen Inspektor zu Tangermünde, Herr Hanisch, sind. Der Kantor Bruns hatte es fie auswendig lernen lassen, und sie machten es so gut, daß unzählbare Tränen der Eltern floffen, und diese gleich nachher versprachen, mir in allen Stücken zu so Willen zu leben und die gute Sache zu befördern, welches sie auch bisher ehrlich getan haben.

Wenn man erwägt, wie ungemein viel daran gelegen war, die Eltern der Schulkinder

für die neue Lehr- und Schulordnung zu gewinnen, so wird man mir verzeihen, daß ich dieser kleinen Mittel umständlich erwähnte, zugleich aber dem guten Willen meiner Gattin dieses Denkmal meiner Dankbarkeit stifte.

Der erste Teil meines Kinderfreundes ging indes so häufig ab, daß, der vielen Nachs drücke ohnerachtet, von den Gebrüdern Halle in Brandenburg über 2000 Exemplare verkauft wurden. Und mit diesem Büchlein begann eine neue Epoche für meine reckanische Schule. Denn die anderen beiden Schulen hatten noch ihre alten Methoden und Lehrer.

Sie wurde nun bekannt, und nachdem der Minister v. Zedliß durch die berlinischen Herren Ober-Konsistorialräte Sad, Spalding, Teller und Dietrich davon berichten io lassen, deren Bericht als Augenzeugen günstig ausfiel, ward sie ein Gegenstand allgemeiner Neugierde, auch wohl, obgleich sehr einzelner, Nachahmung.

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Endlich kam auch der Minister selbst, und als er das zweite Mal nach Jahresfrist wiederfam, so erteilte er über den Befund der Sache beigehendes schriftliche Zeugnis:

„Ich habe in diesen Tagen die v. Nochowschen Landschulen abermals besucht und neue Ursachen gefunden, damit zufrieden zu sein, und zu bemerken, daß der wichtige Unterschied zwischen Theologie und Religion beobachtet, und nicht sowohl auf Bielwisserei und Auswendiglernen, sondern darauf gehalten wird, daß den Kindern alles und jedes deutlich gemacht und das, was ihnen undeutlich ist, nicht durch Metaphern, durch Substituieren anderer ihnen ebenso undeutlich seiender Ausdrücke oder bildlicher Ausdrücke, sondern durch Begriffe, die ihnen schon bekannt sind, erklärt, und überhaupt Gelegenbeit gezeigt wird, das ihnen Vorgetragene in ihrem Leben anzuwenden, welches denn wohl der einzige wahre Weg ist, die Absicht aller Pädagogik, nämlich bessere und fürs tange Leven brauchbarere Menschen zu bilden, zu erreichen.

Redan, den 26. Mai 1779.

Beblig."

Dieser Schulbesuch nahm nun in den ersten zehn Jahren dermaßen zu, daß mehr als 25 tausend Personen, worunter mehrmals regierende Fürsten waren, und von allen Konfessionen, selbst der römisch-katholischen, auch Juden, meine reckanische Schule besuchten. Viele Kandidaten, selbst aus Ungarn, Dänemark 2c., hielten sich hier mehrere Monate auf, um dem Unterrichte beizuwohnen und nachher von dem Lehrer, welcher indes von des Königs Majestāt den Kantortitel und 120 Rtlr. Gehalt beigelegt erhalten, so daß ich ihm nur noch jährlich 80 60 Rtlr. nebst den Emolumenten als eine Prämie fürs Bahnbrechen gab, allerlei Auskunft über Lehr- und Methodenfachen zu begehren.

Die Willigkeit, welche dieser dabei bewies, machte ihn zwar allenthalben geehrt und beliebt, aber die unablässige Anstrengung mußte ihm schaden, wie er denn auch seine Brustbeschwerden von daher ableitete. Ich war nun äußerst verlegen, wie ich dieser schädlichen 35 Celebrität steuern sollte. Endlich sagte ich in der Vorrede zu meinem Handbuche für Lehrer, die aufklären wollen und dürfen, das Nötigste darüber, und bat, unsere Dorfschule doch ja nicht für ein Lehrerseminarium anzusehen.

Nun setzte ich auch in meinem Dorfe Gettin mit Pensionierung des alten, noch lebenden Schullehrers, eines Schneidermeisters, einen neuen Lehrer, gleichfalls aus der halberstädtischen 40 Domschule, namens Lindemann, und als der Küster in Matre, welches Dorf Krahne heißt, starb, ebenfalls einen Schüler aus dieser halberstädtischen Domschule, namens Schliepbade, der noch sein Amt daselbst treulich verwaltet. Auch diese beiden erhielten von des Königs Majestät 120 Rtlr. nebst dem Kantortitel, wobei sämtliche kleine Hebungen von der Gemeine nach leidlichen Taren ihnen darauf angerechnet waren, sie aber allen Unterricht inkl. 45 Schreiben und Rechnen ganz unentgeltlich geben mußten.

Diese später ins Amt tretenden Lehrer zu bilden, hatte ich mir nun durch die Bildung des Kantor Bruns sehr erleichtert.

Denn außerdem, daß ich mit den neuen mich täglich im Katechisieren übte, durften fie nun das Praktische täglich bei dem Kantor Bruns sehen, welcher in kurzem meine Erwar 50 tungen übertraf und, sofern es auf Verstandesübungen ankommt, Muster wurde. Mutig überwand er die Echwierigkeit, der mühsam gelernten Schul- und Systemsprache sich zu ent äußern, die Sprache des gemeinen Menschenverstandes zu studieren und sich dem engen Ideenkreise der Anfänger anzupassen.

Doch bald im Anfang erging über meine neue Schuleinrichtung eine kleine Verfolgung. Der damalige, nun verstorbene Diöcesansuperintendent in Brandenburg ließ bei Gelegenheit der Kirchenvisitation meine zwei neuen Cantores, davon der zu Gettin erst zehn Wochen im Amte war, mit ihren Schulkindern vor den Altar treten, und gab diesem auf, über den dritten Artikel des kleinen Katechismus Lutheri seine Kinder zu katechisieren. Als dieser sich ́s entschuldigte, daß er in der kurzen Zeit seines Schulamtes noch nicht bis zum dritten Artikel sich hinarbeiten können, indem es den Kindern an allen Vorkenntnissen gänzlich gefehlt habe, so erhob der Superintendent eine laute und wehmütige Klage vor den versammelten Gemeinen, daß, wie er sehe, der dritte Artikel hier nicht mehr in Ehren gehalten werde 2c.

Diefer Wink auf Reßerei, der so leicht einer neuen Anstalt hätte gefährlich werden können, 10 tat aber diesmal keine Wirkung. Das Volk blieb ruhig, und ich begegnete dem Herrn Bifttator mit meiner vom Berliner Oberconsistorio erhaltenen schriftlichen Instruktion, kraft welcher es gebilligt wurde, daß man von dem, was noch nicht oder gar nicht verstanden werden kann, also auch noch nicht nüßlich ist zur Besserung, nichts lehrt, gegen das Ende der Schulzeit aber den ganzen kleinen Katechismus aus Gehorsam gegen die landesherrlichen 16 Verordnungen auswendig lernen läßt, obgleich mit den darin lehr- und verstehbaren Sachen (nur nicht in der Katechismusform) die Kinder längst und durch die ganze Schulzeit bekannt gemacht worden sind. Überdem erhält ja der Prediger diese Kinder zur speziellen Bearbeitung, ehe sie konfirmiert werden, wo er Zeit und Gelegenheit genug hat, das Positive der in jeder Konfession landesüblichen Dogmatik ihnen einzuflößen. . . .

Da ich aber doch wegen der etwanigen Folgen des vorerwähnten Auftrittes besorgt sein mußte, so meldete ich das Geschehene dem Oberconsistorio und bat, mich vor ähnlichen Ereignissen sicher zu stellen. Bald erging an den Herrn Superintendenten der Befehl, nicht eher von der Kirchenvisitation zu berichten, bevor er nicht auch die reckanische Schule besonders visitiert, welches er noch nicht getan hatte, und auch davon berichten könnte.

Dies geschah sogleich und endigte sich mit einer brüderlichen Umarmung zwischen dem Herrn Visitator und dem Kantor in der Schule, und des ersteren größter Zufriedenheitsbezeugung.

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Nun war ich auch von dieser Seite sicher, und alles hatte den besten Fortgang. Doch ward noch häufig dem Grundsaß der besseren Methode zuwidergehandelt, welcher ewig ist: so „Lehre nichts, als was du selbst verstehest und anderen verständlich machen kannst".

Zum Erempel die aus der alten Schulordnung beibehaltenen Wochensprüche, d. i. die jede Woche von den Kindern auswendig gelernt werden mußten. Zum Teil waren sie, wie manche vorgeschlagene Verse, für Lehrer und Schüler zur Zeit unerklärbar. Auch fand sich manches in Liturgie, Gesangbüchern zc., welches arg mit der Schullehre kontrastierte. Dem 85 Schlechteren im Gesangbuche konnte ich endlich abhelfen. Denn als das neue verbesserte Berliner Gesangbuch erschien, da schenkte ich jedem Individuo in meinen fünf Ortschaften ein gebundenes Exemplar. Ein halbes Jahr vorher war dieses neue Gesangbuch schon in den Schulen gebraucht worden, und also, weil die Kinder ihren Eltern schon manchen schönen, auswendig gelernten Vers daraus hergesagt hatten, ward mein Geschenk mit Dank an 40 genommen. Nicht lange nachher ward es in den Kirchen, am Geburtstage des verstorbenen Königs, ohne Murren eingeführt, obgleich benachbarte Gemeinen dessen Einführung tumultuarisch verworfen hatten. Diese Einführung beim öffentlichen Gottesdienste geschah zuerst in Reckan. Kurz nachher baten meine übrigen Ortschaften per deputationem um dasselbe, und so besteht dessen Gebrauch bis auf den heutigen Tag.

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Aber die Liturgie überstieg meine Kräfte. Zwar war ich schon mit meinem verständigen Brediger dahin übereingekommen, daß derselbe die jura stolae, was Beichtgeld und Taufgebühren betrifft, nach eigener Evaluation eines Durchschnittes verschiedener Jahre, von mir mit 80 Ntlr. jährlich vergütet annehmen möchte, welches denn auch von dem Oberconsistorio nachher ordentlich konfirmiert und immer als Befreiung aller zu dieser Pfarre gehörigen In- 50 dividuen, jedoch exkl. des Beichtgeldes und der Taufgebühren der Herrschaft, bestehen wird.

Doch blieb so manches, was ich gern geändert hätte, aber nicht konnte. Indes wurde

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