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der gettinische Kantor Lindemann nach Potsdam zu einer Lehrstelle ins große Waisenhaus berufen, und weil sie einträglicher war, zog er dahin. Ein Primaner aus der halberstädti= schen Johannisschule, namens Schäfer, folgte ihm in der gettinischen Schulstelle. Dieser junge Mann hatte viel Talent und den edlen Willen, seinem Muster, dem Kantor Bruns, nachzueifern. Sein Charakter war dabei rein und liebenswürdig. Nie ward auch leichtlich ein Lehrer von Eltern und Kindern zärtlicher beweint, als da ihn die geschwinde Lungensucht, Folge eines leichten dreitägigen Fiebers, während welchen der Tod seines Vaters ihn zu einer Reise nach Halberstadt nötigte, der besseren Welt zuführte.

Sein Nachfolger ist seit einigen Jahren der Kantor Thümmel aus dem halberstädti10 schen Lehrerseminario. Auch dieser gibt die beste Hoffnung, seinem Vorgänger ähnlich zu

werden.

Der größte Verlust, welcher meinen Anstalten drohte, war der nahe Tod meines Kantors Bruns. Eine veraltete Lungensucht hatte ihn schon seit Monaten außerstand gesetzt, zu lehren. Sein zweiter, sechzehnjähriger Sohn der älteste war im Lehrerseminar zu Halber16 stadt-lehrte indes die kleineren, und ein ehemaliger Schüler der gettinischen Schule, namens Schmidt, von einundzwanzig Jahren, der sich dem Landschulfache gewidmet, die größeren Kinder; diese vertraten denn seine Stelle so gut sie konnten; und dieser gefürchtete Verlust ift erfolgt: im September des verwichenen Jahres ging mein Freund, nach langen mit exemplarischer Geduld getragenen Leiden, in einen neuen Wirkungskreis hinüber.

20

Sein Nachfolger follte sein neunzehnjähriger ältester Sohn Eberhard Bruns, der schon einige Zeit im halberstädtischen Schulseminar gewesen war, sein. So wünschte es der sterbende Vater, und ich konnte, besonders von der Seite die Sache betrachtet, daß die Lehrmethode durch den, der keine andere von Jugend auf kannte, wohl am sichersten werde befolgt werden, nicht viel dawider haben, da es dem jungen Eberhard Bruns bei einem unge25 wöhnlichen Fleiße keineswegs an Lehrmaterialien fehlte. Aber er verbat meinen Antrag mit der seiner Bescheidenheit Ehre machenden Äußerung: er sei zu jung und wisse noch viel zu wenig, um einem solchen Vater im Amte zu folgen.

So wählte ich denn den ältesten Seminaristen des dortigen S. L. Seminarii, namens Liebentraut, der nun seit einigen Monaten mir die beste Hoffnung gibt, die Anstalt an 30 Werte nicht sinken zu lassen.

Schwerlich hat wohl je ein Mann seines Standes hienieden einen größeren Wirkungskreis gehabt, als der selige Kantor Bruns. Über sechzig mehrenteils schon mit ausgezeich netem Beifall in Lehrämtern Stehende, wovon ich statt vieler Einländer nur einen Hartung in Berlin und Kluckhuhn in Potsdam, der vielen Ausländer unerwähnt, nenne, lernten 85 von ihm und werden mit mir des guten Bruns Andenken ehren. Er hatte, wie Sirach im legten Kapitel sagt, treulich getan, was ihm befohlen war, viele zur Gerechtigkeit ge= führt. Viel Lohn wartet seiner!

40

Eine drei Fuß hohe Urne soll in simpeln Aufschrift: "H. 3. Bruns.

70.

meinem Garten seinem Andenken geweiht sein mit der Er war ein Lehrer."

Ignaz v. Felbiger.

Bon J. Neumaier.

Leitfaden für den Unterricht in der Pädagogil Tauberbischofsheim 1875. S. 41.

Der eigentliche Reformator des katholischen Schulwesens ist Ignaz v. Felbiger (1724-1788). Zunächst machte er sich um das Schulwesen in Schlesien 46 verdient, gab aber zugleich den Anstoß zu einer neuen Entwickelung des Schulwesens in ganz Deutschland. Felbiger, ein heller Kopf, erkannte die Mängel des damaligen Schulwesens und war vom lebhaften Drange beseelt, eine Reform desselben einzuleiten. Zu diesem Zwecke besuchte er verschiedene Musterschulen in Deutschland, unter anderen die berühmte Musterschule zu Berlin, von Hecker geleitet, ebenso die in Klosterbergen. 60 Als er zurücklam, trat er sogleich reformierend in Schlesien auf und entwarf den Plan zu einer völligen Umgestaltung des Schulwesens.

Demgemäß gründete er an vielen Orten neue Volksschulen, führte die Schulpflichtigkeit und die Sonntagsschulen ein, entwarf passende Lehrpläne und Schulordnungen und gab mehrere vortreffliche Schulbücher heraus. Von besonderem Vorteile war es, daß er zu Sagan eine Lehrerbildungsanstalt gründete, worin er selbst Unterricht erteilte. Bald wurden durch seine Anregung auch an anderen Orten Lehrer- s seminare gegründet, worunter das zu Breslau das bedeutendste wurde. Diese Anstalt mußten die bereits im Dienste stehenden Lehrer 6 Wochen lang besuchen. Auch erwirkte er eine königliche Verordnung, wonach die jungen Geistlichen das Seminar besuchen und sich mit der neuen Lehrmethode bekannt machen mußten.

Nachdem Felbiger das Schulwesen in Preußisch-Schlesien geordnet hatte, wurde 10 er von der Kaiserin Maria Theresia nach Wien berufen, um das Schulwesen in Österreich zu verbessern. Hier gründete er drei Arten von Schulen: 1) Normalschulen, womit zugleich ein Lehrerseminar verbunden war, in jeder Hauptstadt eine; 2) sogenannte Hauptschulen, eine Art höherer Bürgerschulen, in jedem Kreis der Broving eine; 3) sogenannte Trivial, d. h. Elementarschulen in den kleineren 15 Städten, Marktflecken und Dörfern. Das entschlossene Auftreten Felbigers hatte zur Folge, daß in allen deutschen Ländern bei katholischen Fürsten und Reichsstädten sich ein reger Eifer für die Herstellung eines geordneten Volksschulwesens zu erkennen gab.

Durch Felbiger erhielt das ganze Volksschulwesen eine neue Einrichtung, indem 20 er nicht nur die Methode des Unterrichtes verbesserte, sondern auch eine bessere Schulordnung und Schulzucht, sowie, gleich Rochow, den gemeinsamen Unterricht einführte, so daß die Schüler nicht mehr, wie früher, einzeln abgehört, sondern zusammen unterrichtet wurden, wobei sie gleiche Schulbücher benußen mußten. Auch sollten die Schüler von gleichen Kenntnissen zu einer Klasse vereinigt und diese wieder in Unter- 25 abteilungen zerlegt werden.

Eine wesentliche Verbesserung war die Einführung der katechetischen Unterrichtsmethode, d. h. Felbiger drang darauf, daß die Kinder durch verständiges Fragen und Antworten geistig angeregt und zum klaren Verständnis des betreffenden Lehrgegenstandes geführt wurden; er verlangte, der Lehrer solle sich durch fleißiges Abfragen so überzeugen, ob die Schüler den Unterricht verstanden haben.

Bei solchen Lehrgegenständen, welche dem Gedächtnisse eingeprägt werden sollten, gebrauchte Felbiger besondere mechanische Vorteile, indem er die sogenannte Buch. staben und Tabellenmethode einführte. Erstere besteht darin, daß nur die Anfangsbuchstaben der auswendig zu lernenden Säße und Wörter von dem Lehrer 85 an die Tafel geschrieben und die übrigen von den Schülern ergänzt werden, bis die betreffenden Sätze erlernt waren. Die zweite, von Hähn in Berlin entlehnt, bestand darin, daß der Lehrer von dem behandelten Unterrichtsstoff eine kurze Stizze oder übersichtliche Zusammenstellung entwarf. Dies hatte zum Zweck, daß sich die Schüler den Gegenstand tiefer einprägten, sodann auch die Ordnung kennen lernten, in welcher 40 eines auf das andere folgt und mit ihm zusammenhängt.

Mit dem Buchstabier- und Leseunterricht sollte zugleich das Schreiben verbunden, und beim Erlernen der Buchstaben die genealogische Ordnung eingehalten werden. Beim gemeinsamen Lesen und Nachsprechen mußten die Kinder den gleichen Ton einhalten, der ihnen vom Lehrer bezeichnet wurde, wobei aber zur Vermeidung der Ein- 45 tönigkeit öfterer Wechsel des Tones einzutreten hatte.

Bezüglich der Schulordnung führte Felbiger besondere Kommandowörter und Zeichen ein. Sollte eine Abteilung an die Reihe kommen, so mußte sie auf ein gegebenes Zeichen, z. B. Klopfen mit einem Schlüssel, sofort zu dem sich anschicken, was verlangt wurde. Machte ein Schüler einen Fehler, und wollte ihn ein anderer 50 verbessern, so hatte dies durch Emporheben der Hände und Hinstrecken der Finger zu geschehen. Was die Strafen und Belohnungen betrifft, so schaffte Felbiger die seither

üblichen barbarischen Strafen ab und behielt nur die Züchtigung mit der Nute bei. Die gewöhnliche Strafe war die Versetzung auf den für ungehorsame Schüler bes stimmten Play.

Endlich wurde von Felbiger ein früher nicht gekanntes Institut, nämlich die 6 Sonntagsschule, eingeführt. Zum Besuche der Fortbildungsschule waren die bereits aus der Elementarschule entlassenen Schüler bestimmt, insbesondere die Lehrjungen und Handwerksburschen. Der Lehrer hatte nach der Kirche die jungen Leute in zwei Stunden im Lesen, Schreiben und Rechnen zu unterrichten, das früher Erlernte zu wiederholen und die sonntäglichen Evangelien unter Leitung des Pfarrers zu ers so klären. Die Reformen Felbigers fanden nicht nur in Österreich und Böhmen überall Eingang, sondern auch in anderen katholischen Ländern, namentlich im Bistum Mainz, Trier, Würzburg, Bamberg, Konstanz. Felbiger legte somit den Grund zu einem ordentlichen Schulwesen im ganzen katholischen Deutschland, und die meisten Verbesserungen, welche das Schulwesen in Beziehung auf Unterrichtsmethode, Schul16 technik und Schuldisziplin aufzuweisen hat, rühren von diesem Schulmanne her.

71. Aus Dinters Leben.

Dinters Leben. Von ihm selbst beschrieben. Ein Lesebuch für Eltern und Erzieber, für Pfarrer, Schulinspektoren und Schullehrer. Mit einem Faksimile 1). Neustadt an der Orla 1830.

[S. 1.] Geboren wurde ich in der kursächsischen, jezt königlich fächsischen Mittelstadt 20 Borna, drei Meilen von Leipzig, zwei Meilen von Altenburg, 1760, den 29. Februar, abends um 5 Uhr. Mein Vater hatte den Titel als Kammer-Kommissarius und war Rechtsgelehrter..... Er war einer der fröhlichsten Männer, die ich in meinem Leben gekannt habe. Er freute sich einer blühenden Gesundheit und Kraft, eines sehr reichlichen Auskommens, eines glücklichen Temperaments, und, ohne sich leicht etwas zu versagen, genoß #5 er doch alles so, daß er's lange genießen konnte. Seine Heiterkeit ging oft in das über, was man in unserer ernsteren, steiferen, aber darum nicht besseren Zeit Ausgelassenheit, vielleicht gar Ungezogenheit nennen würde. Damals lachte man darüber. . ..

.....

[S. 5.] Er konnte an seinen fünf Söhnen (von seinen zwei Töchtern war eine tot geboren, die andere starb 24 Wochen alt) alles leiden, nur nicht Furchtsamkeit, Verlegenheit. Er war oft in der Woche vier Tage abwesend und reiste auf seinen Gerichtsbestallungen umber. Aber wenn er einmal zu Hause war, so sah er's sehr gern, wenn seine Jungen um ihn her schwärmten. Mehrmals schichte er mich, denn Furchtsamkeit litt er durchaus nicht, im Finsteren in den Garten. Gustel, hole meine Tabakspfeife aus dem Garten. Sie liegt an dem und dem Orangeriebaume!" Wehe dem, der dann nicht gegangen wäre! Sogar 35 auf den Oberboden schickte er mich in der Nacht, ohne Licht. Die Mutter war ängstlich. ,,Der Junge kann doch die Treppe herunterstürzen!" -Besser einen weniger", rief er einmal erzürnt aus, als einen unbrauchbaren Hasen." Daher war auch unter uns allen von Aberglauben keine Spur. ....

[S. 19.] Mein Vater weissagte mir oft, ich würde einst viel Lärmens in der Welt machen, weil ich sie mit einem Geschrei betreten hatte, das der Vater bei seiner Nachhausekunft drei Häuser weit hatte hören können. Arzt und Mutter sahen das bloß als ein Zeichen einer kräftigen Natur an. In der Tat hatte ich als Knabe kein Übel zu überwinden, als Masern und Blattern, von denen mich diese (damals kannte man die Einimpfung der Schußblattern noch nicht) sehr gelind durchließen. Mit den ersten muß es auch wenig zu bedeuten 45 gehabt haben. Wenigstens scherzte meine Mutter oft über die Eitelkeit, mit der ich als drei jähriger Maser-Patient, mich im Spiegel befehend, gesagt haben soll: „Ach guter, Gott, laß mir die schönen Masern! Ich sehe gar zu hübsch damit aus."

1) Dasselbe lautet:

"

lieber

Ein Künstler, der mich abbilden wollte, müßte sich entweder an der Wahrheit oder an der Ästhetik verfündigen. Beides soll mit meinem Willen nie geschehen.

29. 12/2.

Dinter."

Behandelt wurde ich als Knabe nicht nach neueren Grundfäßen, vielmehr als ob man's darauf anfinge, mich zu verweichlichen. Soweit als ich zurückdenken kann, bekam ich früh meine drei Tassen Thee, nachmittags Schlag 3 Uhr ebensoviel Kaffee. Der Tisch bei meinem Vater war täglich sehr gut beseßt und mußte es sein, um des oft unerwartet uns besuchenden Landadels willen, von dem mein Vater lebte. Wir Kinder bekamen von allem. s Nur in einem Stücke ging's streng her: Wir durften keine Speise verweigern. Wer die erste verweigerte, bekam mit der Erklärung: „Du hast heute keinen Appetit", auch von keiner der folgenden. Das war von gutem Einflusse auf unser Leben.

[S. 25.] Unsere viel in das Kind hineinstopfenden Lehrer klagen so oft über Mangel an Lust und Fleiß. Nicht ohne ihre eigene Schuld. Sie geben zu viel und lassen zu wenig 16 selbst finden. Was bei dem Volfe die Sokratik gibt, die Freude am Selbsterwerbe, das muß ber Lehrer der Kinder ausgebildeter Stände dadurch bewirken, daß er von den genannten Dingen nicht zuviel gibt, sondern die Schüler bloß anweist, wo sie es selbst suchen können. Bem der Magen überladen ist, den ekelt die beste Speise an, und nichts wäre unsinniger, als ihm Hände und Füße festhalten, den Mund aufbrechen und ihn zum Essen zwingen.

[S. 56.] Im ganzen genommen scheint meine Bildungsgeschichte den Gedanken zu be stätigen, der jedoch nicht zu weit ausgedehnt werden darf: Es ist nicht notwendig, daß dem Menschen alles, was er wissen muß, in besonderen Lektionen vorgetragen werde. Regt in ihm nur die Lust und die Kraft an, und zeigt ihm die Hilfsquellen, dann wird er von sich selbst mehr werden, als alle Lektionen und Collegia aus ihm zu machen imstande sind. æ Bestalozzi drückte das späterhin so aus: Der Junge muß bei mir lernen lernen; deutlicher : lernen, wie er lernen, wie er sich selbst zu Kenntnissen helfen, durch die Schwierigkeiten hindurcharbeiten soll.

15

(S. 173-174.] Ich rauche nicht Tabak, und doch war mir's Bedürfnis, die Hände bei solchen Lektionen, wo bloß gesprochen, nicht gelesen noch geschrieben wurde, nicht unbe 25 schäftigt zu lassen. Was tat ich anfangs mehrere Jahre? Ich schloß Federn. Der Reinlichfeit wegen hatte ich dabei stets drei Gefäße vor mir, eins mit den ungeschlossenen Federn; in das zweite tat ich die geschlossenen, in das dritte die Kiele. Das war nüglich, denn mein Haus bedurfte nun der auf meinem Dorfe gewöhnlichen Federschließer nicht. Aber es war auch lästig. Wenn mich jemand besuchte, so mußten jederzeit drei Töpfchen auf die Seite 30 geschafft werden. Dabei blieb's, bis mein Bauriegel mein Haus bezog. Dieser konnte stricken und überzeugte mich, dies beschäftige ebensogut die Hände und habe die Unbequemlichkeiten des Federschließens nicht. Ich wurde sein Schüler im Stricken, wie er der meinige im Lehren. Ich lernte es mit allen seinen Zugaben, Naht, Zwickel, Zieraten-Stricken, und kann's noch. Ich habe die Strümpfe für mein Haus gestrickt, bis ich nach Königsberg kam. Als könig- 35 licher Rat wollte ich's denn doch, weil es den neuen Landsleuten aufgefallen sein würde, nicht fortseßen.

(S. 182-183.] Junger Mann! Wenn du in ein Amt kommst, das dich mit Arbeit zu erbrücken droht, erschrick nicht! Wer viel will, kann viel. Mir waren 32 Lektionen laut Stundenplans vorgeschrieben, 22 im Seminare, 10 in der Übungsschule. Damit war ver- 40 bunden die Aufsicht über fünf Echulklassen und über die Spinnanstalt, die mit der Armenschule zusammenhing. Bon Weihnachten bis zum Palmsonntage hatte ich außerdem den Konfirmandenunterricht zu erteilen. Ich mußte mich auf eine Menge Lehrstunden, die ich noch nie gegeben hatte, vorbereiten. Unter den 32 vorgeschriebenen Lehrstunden war eine, in der ich die sogenannte Musterkatechisation zu halten hatte, als Vorbild für die Semina 45 riften. Für die Jünglinge waren nur drei unter den Augen des Direktors zu haltende Übungsstunden bestimmt. Offenbar zu wenig. Allerdings waren unter den Seminaristen viele Novizen; aber wenn ich nur 24 der Übung Bedürftige rechnete, so traf jeden die Reihe zu katechisieren in acht Wochen einmal. Ich bestimmte also wöchentlich, außer den drei schon angeordneten, noch sechs Abend- und (Sonnabends) eine Morgenstunde zu praktischen Übungen auf meiner Stube. Die Sonntage wendete ich in den ersten Jahren zur Vorbereitung auf

meine Stunden an. Freilich hatte ich nun außer der Eßstunde und abends von 7 Uhr an selten frei. Aber die Folge? Merk's, junger Mann! Ich habe durch diese Notwendigkeit beharrlich arbeiten gelernt. Ich arbeite in meinem 69. Jahre in den meisten Wochen 83 Stunden und nie unter 70. Das könnte ich nicht, wenn ich's damals nicht gemußt hätte. 5 Glaub's, junger Schulmann, es sterben mehr Leute am Zuwenigtun, als am Zuvieltun.

[S. 242.] Ich wurde in eine Gesellschaft geladen, in welcher vier Pädagogen der Hauptstadt zugegen waren. Man mochte wohl auf jede Außerung des neuen Schulrates aufmerksam sein. Jemand, ich weiß nicht wer, forderte meine Hauptansicht vom Schulwesen. Ich antwortete bestimmt: Das Schulwesen ist ein Wagen, der auf vier Rädern fortrollt. 10 Sie heißen Bildung, Besoldung, Aufsicht, Freiheit! Zertrümmern sie hier in Berlin eins von diesen vier Rädern, so geht der Wagen (ich glaube den Ausdruck gebraucht zu haben: das ganze Karretchen) nicht von der Stelle."

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[S. 244.] Ich sah [in Königsberg] bald ein, daß mein achtungswürdiger Vorfahrer für die Gymnasten viel, für das Elementarschulwesen wenig getan hatte. Ich beschloß also, 15 dem Ausspruche Jesu zunächst Gehör zu geben: Den Armen werde das Evangelium gepredigt. Ich revidierte kurz nach meiner Ankunft auf einer Reise 43 Landschulen und 2 Stadtklassen, und in feiner von ihnen war auch nur ein Kind, das einen Brief selb ständig auffezen konnte. Ich klagte darüber in der Session. Einer der geistlichen Räte antwortete: "So etwas muß man aber auch von Bauernjungen nicht fordern". Ich ant20 wortete: "Ich hab's als Pfarrer in Sachsen (in Kitscher und Görniß) gefordert, ich werd's als Rat in Preußen auch verlangen."

[S. 245.] Heute, da ich dies schreibe (den 19. Oktober 1828), habe ich 2175 Meilen Weges auf Revisionsreisen gemacht, und von rein-deutschen Orten ist keiner, dessen Schule ich nicht revidiert, von Ostpreußens Städten, Hohenstein (halbpolnisch) ausgenommen, teine, 25 in der ich nicht gewesen bin.

[S. 272.] „Einmal sehen wirkt mehr, als fünfmal verfügen."

[S. 277.] Ich nenne alle meine preußischen Seminaristen Du, so lange ich mit ihnen zufrieden bin. Wenn ich einen Sie nenne, so ist das eine bedeutende Strafe. Mein S. war zu gelinde, er konnte kein Kind ernst tadeln. Seine Schule zu W. war daher bei der 30 ersten Revision nicht, was eine Seminaristenschule sein soll. Ich nannte ihn bei der Revision Sie. Er weinte und schwieg. Nach einiger Zeit besuchte er mich. Ich: "Was wollen Sie bei mir?" Er: „Ich wollte Sie bitten, meine Schule wieder zu revidieren.“ Ich: "Daß ich mich noch einmal ärgere?" Er: „Nein! Ich will mir nur das Du wieder verdienen!" Er verdiente sich nicht nur das Du, sondern auch eine bessere Stelle.

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[S. 268.] Nur der Schullehrer wird allmächtig, der in seiner Gemeine alt wird. Es liegt viel Wahres in dieser Ansicht. Wenigstens verdient diese Meinung das Nachdenken derer, die auf die Entscheidung Einfluß haben.

[S. 341.] Unter zwei Königen habe ich gelebt; zwei Staaten habe ich mein Vaterland genannt. Ich war in Sachsen glücklich. Mein Friedrich August war nicht nur König, 40 er war Mensch; wie glücklich ich mich unter ihm, vorzüglich als Residenzbewohner in seiner Nähe fühlte, habe ich in diesem Buche schon beschrieben. Und Friedrich Wilhelm, ich lebe unter ihm nicht minder glücklich, als ich unter meinem herrlichen Friedrich August war. Er gibt jest 130000 Tlr. zur Erbauung zweier preußischen Kirchen, hilft jezt meinen armen Polen zu einem neuen Schullehrer- Seminar, hat so manchen Wunsch mir erfüllt, um der Sache 45 der Nachwelt, der Menschheit willen, und ich hoffe ste noch zu erleben, die Zeit, wo fein Menschenbildner und Christenerzieher in Preußen schlechter bezahlt wird, als der Dorfhirte. In zwölf Jahren hat er dem fürsprechenden Ministerium keinen billigen Wunsch, der mein Schulwesen betraf, versagt. Gott segne ihn! Ich war von ganzem Herzen Sachse, und bin von ganzem Herzen Preuße, und bleibe es wahrscheinlich bis an mein Ende, es wäre denn, so daß der, welcher mir einst das Auge zudrücken soll, anderswo als auf preußischem Boden seinen Wirkungskreis fände.

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