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Kräuter und Halbsträucher mit ihren dichten, saftgrünen Blättergruppen oft große, von Büschen durchzogene Gehänge und bilden mit den nachbarlichen Moosen hohe, elastische Polster, die den Wanderer freundlich zu kurzer Rast einladen; und wer sich je schen in diesen grünen Divans gebettet hat, um die sonnenglühenden Bergkuppen, das tiefe Tal, den blauen Alpensee zu erblicken, oder in lautloser Stille die nahende s Gemse zu beobachten, kennt gar wohl den Reiz einer solchen Einladung.

77. Die Linde.

Von J. Funcke.

Der Waldkultus und die Linde in der Geschichte, in Eagen und Liedern. Köln 1869. S. 45.

Von den Bäumen, die dem heimischen Boden Schatten geben, ist die Linde 10 einer der schönsten. In dem Umfang ihres aufstrebenden Stammes und in der Höhe kaum hinter der Eiche zurückbleibend, übertrifft sie dieselbe in dem Reichtum ihrer Verästung und Verzweigung und durch die Fülle ihrer blätterdichten, weiten Krone.

In der Ehre, welche ein hohes Alter gewährt, wird sie von keinem andern 15 deutschen Baume übertroffen. Man gibt ihr eine Lebensdauer von achthundert bis tausend Jahren. Der großen Linde bei Neustadt im Königreich Württemberg geschieht urkundlich schon in den Jahren 1229 und 1408 Erwähnung. Vieler Männer Arme unspannen sie nicht, und mehr als hundert steinerne Säulen sind hingestellt, um die Afte, die sie rings weit ausstreckt, zu stüßen.

Die Linde ist durch ganz Deutschland und die Schweiz, soweit man dort die deutsche Zunge hört, reichlich verbreitet, im Süden und Westen vorherrschend die breitblätterige, im Osten und Norden mehr die kleinblätterige, beide Arten gleich au Größe und Umfang mit saftgrünen, herzförmigen Blättern, jene heller, diese dunkler, jene mit früheren, diese mit späteren Blüten.

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Als Waldbestand, der größere Flächen bedeckt, wird sie selten angetroffen. Man könnte sich der Vorstellung hingeben, sie liebe und suche, gleich manchen Tieren, die Nähe des Menschen und sie begleite ihn gern zu den Stätten seiner Ruhe und Tätigkeit und siedele sich an, wo höhere Gedanken seine Seele bewegen. Man sieht sie vor dem Hause des Pfarrers, des Amtmannes, des Schulzen und neben der 30Ruhebank vor der Tür des Schenkwirtes, bei den Ausgängen der Dörfer, Weiler und Städte und vor den Toren zerfallener Burgen, neben den Grenzmalen der Gemeinden und Gemarkungen, auf Kreuzwegen und auf ehemaligen Gerichtsstätten. Über die Ruhestätte der Herde in der Weide, über den Brunnen, den die menschliche Hand gegraben, über die Quelle, die aus dem Felsen springt, breitet sie ihr as schüßendes Dach, und in gleicher Weise birgt sie den frommen Beter vor den Strahlen der Sonne bei den Kapellen im Felde, bei den Stationsbildern und vor dem Bilde des Gefreuzigten. Auf den Plätzen, welche die Gotteshäuser der ländlichen Bevöl terung umgeben, und wo der Mensch seine lezte Ruhestätte findet, teilt sie seine Einsamkeit. Die Erinnerung an herrliche Männer ist mit ihr verwachsen. Über der Grabstätte Klopstocks bei Ottensen haucht eine Linde, gepflanzt von Metas Schwestern, ihre Düfte aus. Und eine große Linde bei Stuttgart, in der schönen Promenade aufwärts nach der Höhe, heißt die Uhlandslinde.

Die Liebe und Verehrung der Linde ist bei unserem Volke nicht von gestern her. So wie man die Linde auf deutschem Boden fast überall antrifft, so deuten 45 auch unzählige Namen in unserer Sprache auf eine gleiche Liebe unserer Vorfahren. Niemand bezweifelt den Familiennamen Linde, zur Linden, Zerlinden, von der Linden u. dgl. Und nicht minder tragen viele Weiler, Dörfer, Ortschaften, Burgen, Städte, Klöster und Wallfahrtsorte ohne Widerrede von Linde ihren Namen.

Mannigfach ist in Sage und Geschichte die enge Verbindung des Baumes mit.

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dem Ursprung ausgezeichneter Ortschaften aufbewahrt. In der Stadt Rastenburg war einst ein Angeklagter zum Tode verurteilt worden. Am Tage vor der Hinrichtung erschien ihm die heilige Jungfrau, tröstete ihn und gab ihm ein Stück Holz und ein Messer mit dem Auftrage, etwas zu schnitzen. Er schnitte darauf ein 6 Marienbild mit dem Christuskinde auf den Armen. Als die Gerichtsherren das Bild sahen und von der Erscheinung der heiligen Jungfrau hörten, erachteten sie es als einen Wink von oben und seßten den Verurteilten in Freiheit. Dieser aber trug das Bild nach einer Linde und stellte es in derselben auf, und seitdem verlor der Baum seine Blätter nicht mehr und blieb immer grün. Wegen solchen Wunders 10 holten die Rastenburger das Bild von seinem Plaße und trugen es in ihre Kirche; da es aber am andern Morgen wieder in der Linde stand, so baute man unter derselben eine Kapelle. So entstand der Wallfahrtsort „Heiligenlinde".

Auch zur Erinnerung für die Nachkommen an wichtige Ereignisse und rühmenswerte Taten erachtete man den Jahrhunderte überdauernden Baum für die 15 sicherste Urkunde. An vielen Orten in den deutschen Landen wird noch die Linde gezeigt, unter welcher bis in die letzten Jahrhunderte hinab die Gerichtssitzungen gehalten wurden.

Wie die Sage so gern in der Linde ihre heimatliche Stätte sucht, so rankt sich überall in den weiten deutschen Landen das Volkslied um ihre gebogenen Aste und 20 ihre herzförmigen Blätter und duftende Blüten tragenden Zweige. -Im Im deutschen Heldenliede, in welchem fast noch ungemildert der heidnische Geist unserer Vorfahren weht, ist es vor allen anderen Bäumen die Linde, unter welcher gewaltige Taten vollbracht werden. Unter einer Linde tötete der Nibelungenheld den Drachen; ein Lindenblatt verursachte zwischen seinen Schultern die verwundbare Stelle, als er 25 sich im Blute des erlegten Tieres wälzte, und unter einer Linde wurde er von Hagen ermordet.

Neben den Blumen, dem grünen Grase und dem tauigen Klee, dem laubigen Walde und dem süßen Sang der Nachtigall ist es von allen Bäumen fast ausschließlich die Linde, welcher die Minnesänger ihre Huldigung darbringen, und man findet so keinen unter ihnen, der nicht von dem schönen Baume und der Nachtigall in dem schattigen Laubdache gesungen hätte.

Bei diesem Reichtum der Poesie, die von alters her durch das grüne Laub der Linde rauscht, ist es nicht zum Verwundern, wenn wir auch die neueren Dichter gern in ihrem Schatten finden und sie, gleich den Bienen, ihre Schäße aus dem 35 Baumme heimtragen sehen. Klopstocks hoher, der Religion, der Freundschaft und der Liebe zugewandter Dichternatur war die Linde ein wertes, ernstes Symbol. Vor der Wohnung des Pfarrers zu Grünau in Voß',,Luise" (1, 1) stehen zwei breitlaubige Linden. Bei Schiller findet man den Lindwurm, der in der Nähe des schattenreichen Baumes sein Lager aufzuschlagen liebt. Während der Dichter 40 auf keltischer Erde die heilige Jungfrau unter einer Eiche erscheinen läßt (,,Jungfrau von Orleans" I, 10), stellt er auf altdeutschem Boden Tells mutigen Knaben unter einer Linde auf (III, 3), und als die herrliche Gertrud ihrem Gatten Werner Stauffacher Mut ins Herz spricht, sißt er auf der Bank vor seinem Hause in dem Schatten des Baumes (1, 2).

45 In Heiterkeit, Schalkheit und Ernst konnte Goethen die Linde nicht fern sein. Könnte bei Hölty, Salis und Matthisson, dem Kleeblatt der Dichter deutscher Gefühlspoesie, die Linde fehlen? Auch von den neuen Dichtern möchte schwerlich einer zu finden sein, der dem Baume nicht seine Huldigung dargebracht hätte. Viele feierten die Linde in selbständigen Gedichten. Agnes Franz hat dem 50 lieblichen Bilde der Eltern und Kindesliebe in dem Gedichte,,Die Linden" einen schönen, sinnigen Ausdruck gegeben; auch v. Eichendorff in wehmütigen Klängen und in heiteren Tönen. Geibel hat von dem Baume gesungen, auch H. Heine

in seiner Art. Reinere Töne flingen von der Harfe des schwäbischen Dichters (Uhland) durch die deutschen Gauen. Tied, der Romantiker, ist zu sehr mit dem christlichen Mittelalter befreundet, als daß bei ihm nicht der Linde ihr volles Recht hätte zuteil werden sollen.

Der Mut und die Kraft eines Volkes spricht sich aus in den Schlachten, die s es schlägt, und in seinen Kämpfen für das Recht; seine Sittlichkeit in der Heilighaltung der Familie, sein frommer Sinn im Inhalt und in der Form seiner Religion; aber seine ganze Natur in seinen Gebräuchen und Sitten, in seinen Sagen, Märchen und Liedern, denn sie schöpfen aus allen Quellen seines Daseins, in Freud' und Leid, in der Erhebung und im Mißgeschick.

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Überschaue ich mit einem Blicke, wie von der Höhe eines Berges über Täler, Hügel und Fernen, alles, was sich im Gemüte und im Gedankenkreise unseres Volkes an die Linde anschließt, in der Vergangenheit wie in der Gegenwart, so meine ich, kann man mit Fug und Recht sagen, daß dem Baume bei uns eine gleich große Bedeutung beiwohne, wie in der Vorzeit bei den Athenern dem Ölbaum 15 und bei den Skandinaviern der Esche, und daß kein anderer Baum ihr diese Stelle streitig machen könne.

Das Heldenlied verlegt unter den Baum seine Taten, die Sage in tausendfachen Arabesken verschlingt sich mit ihren Zweigen, das Lied der Dichter feiert sie, und das Volkslied summt durch ihre Blüten. Sie ist der Gerichts- und Versamm 20 lungssaal des Volkes, das Symbol der Tapferkeit und des Sieges, und zur Ehre heroischer Taten pflanzt man den Baum. Sie deckt mit ihrem schüßenden Laubdach, so wie die Gräber der Hingeschiedenen, die geheiligten Stätten stillen Gebetes, sie ist das Gewölbe des Brunnens, das Zelt des müden Wanderers, die Stätte ländlicher Feste und der verschwiegene Zeuge beglückter und trauernder Liebe, während die 25 Nachtigall aus ihrem Dunkel die langgezogenen Töne dahinflötet.

Es war ein Irrtum unseres Klopstoc, des herrlichen deutschen Mannes und Dichters, wenn er das keltische Bardentum auf deutschen Boden übertrug und den Baum des keltischen Kultus, die Eiche, als den Baum feierte, dessen Wurzeln in der Gemütstiefe unseres Volkes die erste Stelle hätten. Wenn seine 30 große Dichternatur zum Durchbruch kam, feierte er die Linde, und deshalb steht au auf seiner Grabstätte nicht die Eiche, sondern die Linde. Klopstocks Beispiel folgten die Stolberge und Denis. Und in den Freiheitskriegen, als es galt, alle Urkräfte des Volkes zu einem Keile zuzuspißen, glaubten die mutigen Männer des Wortes und des Schwertes kein zutreffenderes Symbol deutscher Kraft zu finden, 35 als die Eiche.

Wohl ist die Eiche ein herrlicher Baum, und die Schauer, welche Plinius und Seneca unter ihren grünen Gewölben empfanden, ziehen auch durch unsere Seele, wenn wir uns in die einsamen Tiefen der Eichenwälder verlieren, wie sie in unseren Landen in ihrer Pracht über die Höhen der Berge und Abhänge dahin- 40 ziehen. Und wohl ist auch die Eiche ein Bild der Kraft und Unbeugsamkeit, aber auch oft ein Bild jener Unbeugsamkeit, die zum Störrigen wird. Sie beugt sich im Walde, wo sie steht, vor dem Orkane nicht, aber der Örkan legt ihr die störrigen Aste zu Füßen. Die Linde in ihrer Isoliertheit, der eigenen Kraft vertrauend, wiegt die Äste bei den Stößen des Sturmes, aber sie überwindet ihn durch Festigkeit, 45 Ausdauer und Elastizität, und sie steht da nach allen Angriffen in ihrer alten Herrlichkeit.

Wir wollen die Eiche als Symbol der Kraft und Unbeugsamkeit unseres Volkes nicht missen, ebensowenig als die herrlichen Waldungen unseres Vaterlandes; aber der Baum am Herzen unseres Volkes bleibt die Linde; noch pflanzt es an den 50 Stellen, die es liebt und verehrt, wie vordem den Baum, und noch geht die Sage, daß der Bliz an demselben vorüberfahre.

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78. Das tägliche Leben der Vögel. (1858.)

Bon A. Brehm.

Das Leben der Vögel. Glogau 1861. S. 203.

Wir luftigen Bürger in grüner Stadt,
Wir fingen und lärmen,

Arbeiten und schwärmen

Vom Morgen zum Abend und werden satt."
Tied.

Kein anderes Tier versteht es, soviel zu leben, als der Vogel lebt; kein anderes Ge10 schöpf weiß so ausgezeichnet hauszuhalten mit seiner Zeit, wie er. Ihm ist der längste Tag kaum lang, die kürzeste Nacht kaum kurz genug. Seine beständige Regsamkeit gestattet ihm nicht, die Hälfte seines Lebens zu verträumen und zu verschlafen: er will wach, munter, fröhlich die Zeit durchmessen, welche ihm gegönnt ist. Im Bewußtsein seines glücklichen Seins scheint er die Arbeit als Spiel, den Jubelgesang aber als hochwichtiges Werk zu betrachten. 15 An dieses muß er zuerst und zuleßt denken; ihm vor allem muß die schönste Zeit des Jahres und Tages gewidmet sein.

Alle Vögel erwachen außerordentlich früh aus dem kurzen Schlummer der Nacht. Noch deckt diese mit dunklem Fittiche das Land, noch ist sie kaum zur Hälfte vorübergegangen: da grüßen die hinlänglich gestärkten Vögel bereits den Tag. Sie sind frühere Verkünder des20 selben als das Morgenrot, frühere noch als der fahle Schimmer im Osten, welcher den Morgenrot vorangeht.,,, es gewährt einen unvergleichlichen Genuß“, sagt unser Nau mann,,,einen schönen Maimorgen in einem von Singvögeln belebten Laubwalde zuzubringen. Alle Neylen wetteifern miteinander und suchen sich gegenseitig zu übertreffen. Schon nach zwölf Uhr nachts eröffnet der Kuckuck das Konzert mit seinem einförmigen Rufe 25 und wiederholt ihn dann, auf einer Stelle bleibend, mehr als hundertmal. Nicht lange nach ihm beginnt der Pirol ihn mit seinen Orgeltönen zu begleiten. Kaum zeigt sich eine Spur der Morgendämmerung, so stimmen der schwarzrückige Fliegenfänger und der Gartenrotschwanz ihre melancholischen Weisen an; dann folgt der gelbbrüstige Sänger mit seinem melodieenreichen Allegro, die Königin aller, die Nachtigall, mit so ihren schmelzenden Harmonieen, die Amsel und die Zippdrossel. Ist Feld in der Nähe, so hört man jezt auch die Feldlerchen ihr Liedchen wirbeln. Endlich ist völlige Dämmerung eingetreten, und nun mischen alle übrigen Sänger, Fitis, Grasmücken, Finken 2. ihre Lieder so durcheinander, daß man kaum eins von dem andern unterscheiden kann.“ Im Nadelwalde ist die Reihenfolge eine etwas andere. Hier vernimmt man s6 nach dem ersten Kuckucksruf gewöhnlich den herrlichen Gesang der Heidelerche, welche Welder,,des Äthers Nachtigall" nennt; dann poltern Auer- und Birkhahn darein; nach Amsel, Zippe, Waldrot schwanz und Rotkehlchen lassen sich Krähen und Häher vernehmen; dann folgen die Tauben, Meisen, Goldhähnchen, Laubsänger, Kleiber, Spechte, und nach ihnen endlich die Finken, Ammern, Flüh40 vögel u. a.

Sie alle fingen ihr Morgenlied mit nüchternem Magen und ziehen erst nach Aufgang der Sonne nach Nahrung aus. Diejenigen, welche der Tageskönigin die ersten Grüße brachten, verstummen mit ihrem Erscheinen; die später erwachten singen noch etwa anderthalb bis zwei Stunden länger. Gegen das Ende ihres Gesanges hin beginnen viele bereits zu fressen, 45 wie die eigentlichen Sänger überhaupt selbst inmitten des eifrigsten Gefanges jedes vorüberschwirrende oder laufende Kerbtier aufnehmen. Während der Nistzeit werden die ersten Tagesstunden zum Erbauen des Nestes verwendet; die Arbeit wird durch Gesang gewürzt. Nun aber tritt eine gewisse Stille ein; bloß dann und wann vernimmt man einige kurze Strophen: die Sänger sind jezt mit ihrem Frühstücke beschäftigt. Die Räuber durchstreifen 60 in größerer oder geringerer Höhe ihr Gebiet; Krähen, Elstern, Dohlen, Ammern, Lerchen, Pieper, Drosseln, Stare, Tauben und Hühner werfen sich auf Felder und Heiden; Würger und Fliegenfänger beginnen die Umschau von ihren Warten; Spechte, Kleiber, Baumläufer, Meisen und Goldhähnchen klettern und hüpfen von Zweig zu Zweig, und alle anderen suchen im Feld und Walde, im Gebüsch

und an Bächen ihr tägliches Brot. Hat ihnen die freigebige und reiche Mutter dasselbe gespendet, dann fliegt ein jeder, gewöhnlich zu gewissen Stunden, nach einem günstig gelegenen Gewässer, um zu trinken, worauf der eine früher, der andere später einem stilleren Orte zus wandert, an welchem er ruhig verdauen kann.

Das Einnehmen von Speise und Trank geschieht auf sehr verschiedene Weise. Während s die meisten ihre Nahrung mit dem Schnabel allein aufnehmen, gebrauchen einige, z. B. die Papageien, Raubvögel 2., die Füße, andere, namentlich die Spechte, die Zunge mit beim Fressen. Erstgenannte führen ihre Speise sehr zierlich mit einem Fuße zum Schnabel; die Raubvögel halten sie mit beiden Fängen fest, und einige Falken rupfen die Beute erst sorgfältig vor dem Verschlingen, wie auch manche Körnerfreffer die Körner enthülsen und schälen. 10 Die Spechte spießen Kerfe, welche sich in Rißen verkrochen haben, mit der Zunge an und ziehen sie dann zugleich mit derselben in den Schnabel; der Wendehal8 steckt die Zunge in Ameisenhaufen und zieht sie zurück, wenn sie mit den erbosten Kerbtieren bedeckt ist. Diejenigen, welche einen weiten Rachen haben, verschlingen große Bissen oder ganze Tiere auf einmal; so die Pelikane und Kropfstörche fußlange Fische, die Bartgeier große Knochen und 16 die Geier derbe Fleischstücke; die, deren Mundöffnung klein ist, zerstückeln die Beute soviel als nötig. Einzelne, namentlich die langschnäbeligen Sumpfvögel, werfen den Bissen mit der Schnabelspige in die Höhe und fangen ihu mit dem offenen Rachen wieder auf; andere endlich schieben ihn mit der Zunge in den Schlund, schlingen also förmlich wie die Säugetiere. Das Auswürgen der unverdaulichen Stoffe in Gewöllen geschieht unter großer Anstrengung, 20 fürchterlichem Augenverdrehen und wahrhaft kläglichem Gebärdenspiel. . . . Einige Vögel bewahren sich Speisereste auf oder legen sich Vorratskammern für den Winter an. So spießt der Dorndreher Käfer auf Dornen, um sie bei schlechtem Wetter zu verzehren; der Nußhäher trägt Eicheln ein, und ein amerikanischer Specht durchlöchert ganze Agavenstämme, um in den Höhlungen derselben harte Früchte bis zum Winter zu bergen.

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Beim Trinken waten einige bis an das Wasser heran oder in dasselbe hinein, beugen den Kopf herab, nehmen einen Schluck und heben nun den Kopf wieder hoch empor, um das Wasser in den Magen hinablaufen zu lassen; wir sehen dies täglich bei Gänsen und Hühnern. Andere, namentlich die Schwalben und fliegenden Seevögel, trinken im Fluge, indem sie dicht über dem Wasser dahinstreichen und den Schnabel rasch einmal ein- 30 tauchen, oder aber sie halten sich eine Zeitlang durch Flattern in geeigneter Hohe über dem Spiegel des Gewäffers und saugen dabei etwas Wasser ein; ich habe dies am Nil auch von unseren Haustauben beobachtet. Die ernsten Geier und alle Langbeine laufen lange am Strande auf und ab, wenn sie durftig sind, und trinken in Abfäßen; die Finken trinken gern in Gesellschaft, nähern sich dazu dem Wasser, soweit es die nächsten Gebüsche zulassen, 35 stürzen plöglich von ihren Ruhesißen herab zu dem köstlichen Naß, nehmen sich einen Wund voll, kehren zurück und wiederholen dieses Spiel so lange, bis sie gesättigt find. Alle eigentlichen Wasservögel trinken gleich im Schwimmen, und zwar selbstverständlich Seewasser ebensogern als süßes. Sie sowie die Aas-, Reptilien-, Fisch- und Körnerfresser scheinen sehr viel Wasser zu bedürfen. Die Insektenfresser dagegen trinken wenig, und die Edelfalken, 40 Adler und Eulen oft sehr lange Zeit gar nicht. Im allgemeinen scheint der Genuß des Wassers ihnen ebenso zuzusagen, als einem Menschenfinde der eines guten Glases Wein; wenigstens scheinen sie sich nach gestilltem Durste höchft behaglich zu fühlen. Freilich beginnt gewöhnlich sofort nach dem Trinken das Geschäft der Verdauung, welches bei ihnen immer ein süßes Nichtstun erzeugt.

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Der durch Speise und Trank gesättigte Vogel, welcher jedoch irgend etwas besonders Leckeres stets noch zu sich nimmt, fliegt langsam einem Ruheorte zu, setzt sich dort zurecht, ordnet die Federn einigermaßen, lupft die Flügel, entleert sich, seßt sich gerade, zuweilen nur auf ein Bein, schließt die Augen ganz oder halb und läßt nun Kropf und Magen ihr Werk verrichten. Man muß die Fleisch- und Körnerfresser, also diejenigen, welche im Kropfe se erst die Speise zur Verdauung vorbereiten, beobachten, um die Behaglichkeit der Ruhe nach genossener Mahlzeit fennen zu lernen. Nur ein Wiederkäuer kann so stillvergnügt, obschon

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