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Welter (Theodor Bernhard). 4. Juni 1796 | Wolff (Julius). *16. Sept. 1834 ju Qued

zu Münster. † 28. Juli 1872 als Professor am Gymnasium zu Münster. Xerxes bei den Thermopylen. 103. Wernide (Karl). * 16. Sept. 1813 zu Berlin, Lehrer an der Elisabethschule in Berlin. +16. Juni 1872.

Sittenverfall in Rom. 123. Religion der alten Germanen. 243. Wiese (Ludwig). * 30. Dez. 1806 zu Herford. 1838 Prof. am Joachimsthalschen Gym nasium zu Berlin, 1852 Chef des höheren Schulwesens in Preußen zu Berlin. Er lebte, nachdem er 1875 als Wirklicher Geheimer Rat in den Ruhestand getreten war, in Potsdam. 25. Februar 1900. Spruch. 431.

linburg. Er lebt in Charlottenburg als Schriftsteller.

Die Fahne der Einundsechziger. 362. Das neue Deutsche Reich. 516. Xenophon. *444 im attischen Demos Erdhia.

Er begründete seinen Ruhm als Führer der Zehntausend nach der Schlacht von Runara (Sept. 401). +355 ju Korinth. Berühmter Geschichtschreiber. Spruch. 432.

3edlit (R. A. Freiherr v.). *4. Jan. 1731 zu Schwarzwalde bei Landshut. 18. Jan. 1771 bis 3. Jan. 1788 Leiter der Unterrichtsangelegenheiten in Preußen und Wirkl Geh. Etatsrat. † 18. März 1793 auf seinem Gute Kapsdorf bei Schweidniß.

[Briefe an E. v. Rochow. 165. 168.]

I. Prosa.

A. Erzählende Profa.

1) Erzählungen.

1. Die Neujahrsnacht eines Unglücklichen.

Von J. P. F. Richter.

Sämtliche Werke. Berlin 1826. Bd. XXXV (Briefe und bevorstehender Lebenslauf), S. 46.

Ein alter Mensch stand in der Neujahrsmitternacht am Fenster und schaute mit dem Blick einer langen Verzweiflung auf zum unbeweglichen, ewig blühenden Himmel und herab auf die stille, reine, weiße Erde, worauf jest niemand so freuden- und schlaflos war, als er. Denn sein Grab stand nahe an ihm; es war bloß vom 10 Schnee des Alters, nicht vom Grün der Jugend verdeckt, und er brachte nichts mit aus dem ganzen reichen Leben, nichts mit als Irrtümer, Sünden und Krankheit, einen verheerten Körper, eine verödete Seele, die Brust voll Gift und ein Alter voll Reue. Seine schönen Jugendtage wandten sich heute als Gespenster um und zogen ihn wieder vor den hellen Morgen hin, wo ihn sein Vater zuerst auf den Scheide- 16 weg des Lebens gestellt, der rechts auf der Sonnenbahn der Tugend in ein weites, ruhiges Land voll Licht und Ernten und voll Engel bringt, und welcher links in die Maulwurfsgänge des Lasters hinabzieht, in eine schwarze Höhle voll heruntertropfenden Gifts, voll zielender Schlangen und finsterer, schwüler Dämpfe.

Ach, die Schlangen hingen um seine Brust und die Gifttropfen auf seiner Zunge, 20 und er wußte nun, wo er war.

Sinnlos und mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hinauf: „Gib mir die Jugend wieder! O Vater, stelle mich auf den Scheideweg wieder, damit ich anders wähle!"

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Aber sein Vater und seine Jugend waren längst dahin. Er sah Irrlichter auf Sümpfen tanzen und auf dem Gottesacker erlöschen, und er sagte: Es sind meine törichten Tage!" - Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen und im Falle schimmern und auf der Erde zerrinnen. Das bin ich", sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der Reue gruben darin in den Wunden weiter.

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Die lodernde Phantasie zeigte ihm schleichende Nachtwandler auf den Dächern, o und die Windmühle hob ihre Arme drohend zum Zerschlagen auf, und eine im leeren Totenhause zurückgebliebene Larve nahm allmählich seine Züge an.

Mitten in den Krampf floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom Turm hernieder wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt — er schaute um den Horizont herum und über die weite Erde, und er dachte an seine Jugendfreunde, die se nun, glücklicher und besser als er, Lehrer der Erde, Väter glücklicher Kinder und gesegnete Menschen waren, und er sagte: „D, ich könnte auch, wie ihr, diese erste Nacht

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mit trockenen Augen verschlummern, wenn ich gewollt hätte -ach, ich könnte glücklich sein, ihr teuern Eltern, wenn ich eure Neujahrswünsche und Lehren erfüllt hätte!"

Im fieberhaften Erinnern an seine Jünglingszeit kam es ihm vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen im Totenhause auf; - endlich wurde sie durch den 6 Aberglauben, der in der Neujahrsnacht Geister und Zukunft erblickt, zu einem lebendigen Jüngling, der in der Stellung des schönen Jünglings vom Kapitol sich einen Dorn auszieht, und seine vorige blühende Gestalt wurd' ihm bitter vorgegaufelt.

Er konnt' es nicht mehr sehen er verhüllte das Auge tausend heiße Tränen strömten versiegend in den Schneeer seufzte nur noch leise, trostlos 10 und sinnlos:,,Komme nur wieder, Jugend, fomme wieder!"

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Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so fürchterlich geträumt; er war noch ein Jüngling. Nur seine Verirrungen waren kein Traum gewesen; aber er dankte Gott, daß er, noch jung, in den schmußigen Gängen des Lasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die ins reine IF Land der Ernten leitet.

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Kehre mit ihm, junger Leser, um, wenn du auf seinem Irrweg stehst! Dieser schreckende Traum wird fünftig dein Richter werden; aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komme wieder, schöne Jugend!“ —so würde sie nicht wiederkommen.

2. Eine Ohrfeige zur rechten Zeit.

[Verfasser unbekannt.]

Aus Karl Wagners Lehren der Weisheit und Tugend. Leipzig 1869. S. 248.

In einer der bedeutendsten Städte Norddeutschlands lebte ein Kaufmann, namens Müller, dem in letzter Zeit oft ein junger, wohlgekleideter Mensch begegnete, der ihn 25 sehr freundlich, ja fast zutraulich grüßte. Herr Müller erwiderte den Gruß zwar gern; da er sich aber nicht erinnerte, den jungen Menschen je gesehen zu haben, so glaubte er, dieser verwechsele ihn mit jemandem, dem er vielleicht ähnlich sei. Eines Tages nun war Herr Müller zu einem Freunde geladen, und als er zur bestimmten Zeit auf dem Landsize desselben eintraf, fand er denselben jungen Mann 80 schon mit dem Hausherrn in eifrigem Gespräch die schattigen Alleen auf und ab gehend. Er näherte sich den beiden, die ihn auch schon aus der Ferne bemerkt hatten. Der Wirt wollte nun seine Freunde einander vorstellen; aber der jüngere machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand, indem er sagte: „Das ist nicht nötig; wir fennen uns schon viele Jahre." „Ich glaube, Sie sind im Irrtum", 85 nahm jezt Herr Müller das Wort; „was mich betrifft, so habe ich allerdings seit einiger Zeit manchen freundlichen Gruß von Ihnen bekommen, aber außerdem sind Sie mir völlig fremd." -,,Und doch bleibt es dabei; ich kenne Sie lange und habe mich sehr gefreut, Sie heute hier zu sehen und eine Gelegenheit zu haben, Ihnen meinen herzlichen Dank auszudrücken." - "Sie sprechen in Rätseln. Wie fann ich Sie zum Dank verpflichtet haben, wenn ich Sie gar nicht kenne?“ Das ist allerdings eine alte Geschichte; aber wenn wir uns hier niedersehen und Sie mir dann einige Augenblicke zuhören wollen, so glaube ich, werden Sie Sich meiner doch vielleicht noch erinnern. Es sind jest 17 Jahre her ich war damals ein Knabe von 9 Jahren, als ich auf meinem Schulwege darüber nachdachte, wie 45 angenehm es sein würde, wenn ich zu dem Brot, das mir die Mutter zum Frühstück mitgegeben, auch einen Apfel hätte; meine Kameraden aßen oft so schöne, große Apfel, und ich bekam nur selten Obst. Mit solchen Gedanken kam ich auf den Marktplak, über den mein Weg führte. Da waren viele Körbe voll der auserlesensten Früchte, die mich so recht anlachten. Ich blieb unwillkürlich stehen, um sie zu be50 trachten. Die Eigentümerin hatte ihrer Ware den Rücken zugekehrt und sprach angelegentlich mit einer Nachbarin. Da kam mir so der Gedanke: sie wird es kaum bemerken, wenn du einen Apfel nimmst; sie behält ja eine große Menge noch. Leise

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streckte ich meine Hand aus und wollte eben ganz vorsichtig meine Beute in die Tasche stecken, als ich plößlich eine derbe Ohrfeige bekam, daß ich vor Schrecken den Apfel fallen ließ. Junge!' sagte zugleich eine Stimme, wie heißt das siebente Gebot? Nun, ich hoffe, daß es das erste Mal ist, wo du deine Hand nach fremdem Gut ausstreckst; laß es zugleich das letzte Mal sein!' - Ich fühlte, daß ich ganz s rot vor Scham geworden war, und wagte kaum die Augen aufzuschlagen; doch aber sind mir die Züge dieses Mannes ebenso unvergeßlich geblieben, wie die Begebenheit selbst. Anfangs war ich in der Schule sehr zerstreut; immer tönten mir in meinen Ohren die Worte wider, die ich gehört hatte. Mein Herz war so voll, ich hätte weinen mögen; am meisten aber blieben meine Gedanken bei dem Schlusse stehen: 10 , laß es zugleich das lezte Mal sein!' Und ich nahm mir fest vor: Ja, es soll gewiß das erste und legte Mal sein! Aber auch lange nachher, wenn wir unseren Katechismus auffagten und der Lehrer fragte: Wie heißt das siebente Gebot?' erinnerte mich das heftige Klopfen meines Herzens an jenen Morgen. Als ich nach einigen Jahren die Schule verließ, kam ich zu einem Handelsfreunde meines Vaters 15 in Bremen aufs Comptoir; von dort ging ich später nach Südamerika. Es wird Sie nicht befremden, wenn ich sage, daß die Versuchungen, andere zu übervorteilen und so seine Hand nach fremdem Gute auszustrecken, für einen jungen Kaufmann nicht selten sind. Auch für mich blieben solche Versuchungen nicht aus; aber sobald mir solche nahetraten, war es mir immer, als fühlte ich von neuem die Ohrfeige, und 20 die Worte:, Laß es zugleich das lezte Mal sein! halfen mir alle derartigen Anträge zurückweisen. Seit fünfzehn Monaten bin ich jezt wieder in meiner Vaterstadt, und mit innigem Dank gegen den Herrn darf ich sagen, daß bei dem nicht unbedeutenden Vermögen, das ich mit herübergebracht habe, gewiß kein Pfennig fremden oder unrechten Gutes ift."

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Der junge Mann hielt hier einen Augenblick inne; denn er war durch seine Erzählung sichtlich selbst sehr bewegt worden; dann aber ergriff er die Hand des Herrn Müller und sagte: „Erlauben Sie jezt, daß ich diese Hand, die mir eine selche Wohltat erwiesen hat, recht dankbar drücken darf?" -„Und erlauben Sie mir", entgegnete Herr Müller, indem er mit Tränen im Auge ihn an sich zog, 30 „daß ich den Mann recht von Herzen liebhaben darf, der einer solchen Dankbarkeit fähig ist und der in späteren Leben so treu gehalten, was er als Knabe gelobte ?"

3. Das Bild des Großvaters.

Bon W. Müller.

Blüten und Früchte aus dem Garten des Lebens. Eine Reibe unterhaltender und belehrender Erzählungen von
F. Ahlfeld, W. v. Horn und W. Müller. Leipzig 1851. . 153.

Zu den Zeiten unserer Väter saß am hohen Tore von Danzig ein altes Mütterchen, namens Else, die in einer hölzernen Bude ein kleines Warenlager von Nürnberger Spielsachen, bunten Bilderbogen und einigem alten Gerümpel feilbot.

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Die Bude war, wie das alte Mütterchen, ganz morsch und gebrechlich; denn 10 Else war in derselben schon als Kind geschäftig gewesen; sie saß hier als Braut, als junge blühende Frau, als Mutter. Sie trauerte hier als Witwe; sie saß hier mit bleichem Angesichte und rotgeweinten Augen, als sie ihr lettes Kind begraben hatte. Alle ihre Freuden und alle ihre Schmerzen hatte sie hier durchlebt, geduldig in Trübsal, dabei aber fröhlich in Hoffnung auf die Hilfe des Herrn. Nun aber wurden ihre 45 lezten Tage immer trüber; denn nur selten blieb noch ein Käufer vor der fleinen Bude stehen, ja oft, sehr oft mußte sie ihr kleines Warenlager schließen, ohne einen Groschen gelöst zu haben. Da mußte sie denn freilich darben und entbehren. Sie hatte zwar nie etwas vom Wohlleben geschmeckt, aber immerdar doch soviel errungen, um des Leibes Leben von einem Tage zu dem andern fristen zu können.

Jegt aber war ihre Not überaus groß geworden; denn schon seit drei Tagen hatte sie auch gar nichts verkauft, und doch war die Miete für die kleine Kammer,

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worin sie des Nachts schlief, fällig. Zwar machte ihr diese Schuld nicht gerade so großen Kummer; denn sie wohnte bei armen Leuten, die selbst den Mangel und die Not nur zu gut fannten und die deshalb mit der noch ärmeren Alten Nachsicht hatten bis auf bessere Zeiten. Aber der Mann, von dem sie die Spielsachen und die bunten Bilder bezog, war, obwohl reich, doch harten Herzens. Er hatte gedroht, wenn Else die für ihn unbedeutende Schuld nicht zahlen würde, ihr gerichtlich die Bude verkaufen, sie selbst aber in den Schuldturm sperren zu lassen.

So saß sie denn ganz sorgenvoll da, das Haupt gebeugt, die hageren Hände gefaltet in den Schoß gesenkt zu ihren stillen Herzensgesprächen. Draußen aber 10 zwitscherte die Lerche recht fröhlich, denn der Frühling war gekommen; aber ihr ward immer weher ums Herz, und sie wünschte sich sehnlich dorthin, wo ihr braver Mann und ihre Kinder längst ruheten.

Da kam ein Mann dahergeschlendert, der störte sie in ihren Betrachtungen und Wünschen. Er war auch kein Jüngling mehr, denn sein Haar ergraute bereits; 15 sonst war er aber noch ziemlich rüstig und kräftig. Was er war, das verriet seine Teerjacke und der breite, schwankende Gang, nämlich, daß er ein Seefahrer war. Er hatte die Arme übereinandergeschlagen und sah, wie es schien, befremdet und doch bekannt umher.

Nachdem er nun jeden Stein am Tore, jeden Siß und jedes Gebäude lange gemustert hatte, fiel sein Blick endlich auf die Bretterbude und auf Frau Else. Da trat er näher und sprach: Es hat sich doch manches in Danzig verändert! 3n dieser kleinen Bude saß einst eine muntere, junge Frau, von der ich als Schulknabe manchen Bilderbogen gekauft habe. Wo mag diese hingekommen sein?"

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Die Alte lächelte wehmütig und entgegnete:,,Lieber Herr, das kann doch niemand 25 anders gewesen sein, als ich selbst, ich size hier schon über fünfzig Jahre“.

Der Fremde fuhr mit der gebräunten Hand über die Stirn und rief: „Ja so, ich habe vergessen, daß auch ich gegen vierzig Jahre abwesend war. Die Zeit ver ändert viel; mancher meiner früheren Schul- und Spielgenossen ist wohl schlafen gegangen, und die da noch leben, werden den armen Matrosen nicht wiedererkennen, 8 viele werden's auch nicht wollen. Der Peter Braun, welcher früher in der Langgasse wohnte, ist nun auch wohl schon lange tot?"

,,Selbst gekannt hab' ich ihn nicht, aber ich habe viel von ihm erzählen hören. Er starb im Spittel", entgegnete Else.

,,3m Spittel?!" wiederholte der Unbekannte erschüttert.

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85 Der Mann hat ein hartes Schicksal gehabt“, fuhr die Alte fort;,, ihm war es auch nicht an der Wiege gesungen, daß er so sterben sollte. Er war der Sohn von dem Bernhard Braun, der allgemein für einen sehr reichen Mann galt. Als er aber plötzlich starb, fand man weder Geld noch Geldeswert in seinem Nachlaffe; wohl aber meldeten sich Gläubiger mit bedeutenden Forderungen. Peter Braun, 40 um des Vaters ehrlichen Namen zu retten, bezahlte alle Schulden. Aber durch dieses. Opfer verarmte er selbst so sehr, daß er es geschehen lassen mußte, daß sein noch unerwachsener Sohn als Schiffsjunge in die Fremde ging. Nun war der alte Mann ganz allein. Er begann noch manches; aber nichts glückte ihm, und seine ehemaligen Freunde hatten sich von ihm abgewandt; die armen konnten ihm nicht helfen, die reichen wollten nicht. So geschah es denn, daß er frank und lebensmüde ins Spital gehen mußte."

Über das Gesicht des Unbekannten zuckte es jetzt finster wie eine Wetterwolke. Er wandte sich schnell, um in die Stadt zu gehen; aber noch einmal kehrte er um und fragte: „Wo liegt denn Peter Braun begraben ?“ ,,Auf dem Armenkirch60 hofe", antwortete Else. Der Fremde schien diese Antwort erwartet zu haben, er senkte das trübe Auge. Da fiel sein Blick auf ein altes, verloschenes Ölgemälde, das im Hintergrunde der Bude hing.

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