15 Fürt sie gehn trend und macht in strew Und warrt ir auß mit allem fleiß, Doch zaumet ich sie viel zu leiß Und ließ in den zaum im anfang Durch mein unverstand viel zu lang, 20 Darvon sie worden sind zum thail Mutwillig, gögel, frech und gayl. So ichs yet reytten will mit sporen Lecken sie auff hinden und vorren. So sie mir het nuß sollen sein, 25 Faren sie zu und spotten mein, Tummeln sich auff dem kugel-plat Und pieten mir auch druß und draß, Das ich in yes muß selber schweygen. Sie machen mir eins auff der geygen 30 und hönen mich auff der sackpfeiffen Und mich auch noch herter angreiffen, Das ich die sed muß selber tragen. Darzu fie mich mit gayseln schlagen Und treyben mich, das ich muß than 3. Als, was mein esel wöllen han. Das ich mich ir gleich schemen muß, Beschluß: Ir eltern, nembt exempel bey mir! Drob endlich die eltern erschrecken, Und nichts mehr um die eltern geben, So halt ein fram auch ir haußmahd, 120. Zwei Fabeln. (1738.) Sämtliche poetische Werke. Hamburg 1757. T. II. Reinete verwirrte sich " Erstlich will's der Wohlstand so, Um sich zierlicher zu regen; Und zu unbequem einher. 5 10 15 20 Zweitens macht ein Schweif zu kennt 25 Drittens hält er in dem Lauf Oft den schnellsten Brandfuchs auf. b. Der Bahn und der Fuchs. (S. 210.) Ein alter Haushahn hielt auf einer Scheune Wache; Und ruft: frähe, Freund, nun ich dich fröhlich mache; Der Tiere Krieg hört auf: man ist der Zwietracht müde. Ich selber trag' ihn dir von allen Füchsen an. Freund, komm bald herab, daß ich dich herzen kann. Und, als der Fuchs entläuft, "was", fragt er, "ficht dich an?" 35 40 45 121. Die Schildkröte im Brunnen. (1820.) Gesammelte poetische Werke. Frankfurt a. M. 1868. Bd. VI, S. 87. 1. Es war ein großer Garten, 5 Hatt' einen reichen Herrn, Der drin hielt aller Arten Gewächs' und Tiere gern. Es täten Quellen springen, Und schöne Bäume blühn, 10 Und bunte Bögel gingen Lustwandeln durch das Grün. 2. Der Pfaue sprach zum Raben: "Dein rotes Stiefelein Sollt' ich am Fuße haben; 16 Es muß verwechselt sein, Als uns der Herr gewogen Hervorrief aus der Nacht, Hast du dir's angezogen, Mir war es zugedacht. 30 3. Ich nahm von schwarzem Leder Hier dieses aus Versehn; 4. Der Rabe sprach dagegen: 40 122. 5. „Als uns der Herr erweckte 6. 3hr Streit war ungeschieden, Da hob ihr leises Ohr Aus eines Brunnens Frieden 7. Es tat der Herr, der Meister, 8. Dem Pfauen, sich zu brüsten, Fabeln und Parabeln. (1825.) a. Glauben. (S. 265.) Mit dem Vogel sind geflogen 45 Ach wie kommen wir hinüber? " Nirgend will ein Land uns winken, Aber ihre Mutter sagt: 10 Iltis, Marber, Fuchs aus Klüften, Auf dem Land, wie auf den Wellen c. Still-Leben. (S. 246.) Das Bächlein singt so vor sich hin: "Ich habe gleich vergnügten Sinn, Und wenn ich auch ein Strom nicht bin, Der siegreich Felsgebirge zwingt, Der hundert Landen Segen bringt, und dem des Ruhmes Lied erklingt. Der Welt Getümmel stört mich nicht, Der Wetter Sturm empört mich nicht, Und Ruhm und Glanz betört mich nicht. Ich gehe langsam meinen Schritt, Und Glück und Ruhe wandeln mit, Das Tälchen grünt von meinem Tritt; Ein Blümchen hier, das zu mir winkt, Ein Lamm, das aus der Hand mir trinkt, Ein Sternlein dort, das niederblinkt! Die Vöglein musizieren mir, Und miteinander singen wir: Oblieb' ich, Tälchen, stets bei dir!" d. Die Müzlichen. (S. 9 u. 47.) "Unkraut seid ihr", sprachen Ühren Zu der Korn- und Feuerblume; "Und ihr dürfet euch vermessen Selbst von unserm Boden nähren ?" ,,Wir sind freilich nicht zum Essen, Wenn das einzig hilft zum Ruhme", Sagten diese Wohlgemuten; Aber wir erblühn hieneben, Euer Einerlei, ihr Guten, Mannigfarbig zu beleben.“ e. Einträglichstes. (S. 10.) ,,Das", sagt's,,,hab' ich davon, „Auch aus Grüften“, sagt die Blüte, ,,Ruft mich Gottes Macht und Güte, Sein Gedächtnis hier zu stiften. Neben euch, ihr Heil'gen Schriften. Ich auch blühe tröstend fort, Ein lebendig Gotteswort." g. Stadtleben. (S. 25.) "Lerche, komm in unsre Gaffen!" Sagt das Späßchen; „vor den Toren Geht ja dein Gesang verloren; Hier in den belebten Straßen Hören dich die feinsten Ohren." ,,Kritteln mich die schärfsten Zungen", Hat die Lerch' ihm zugesungen, Und ich fänd' im Stadtgewimmel Reine Saaten, feinen Himmel." h. Elfengröße. (S. 23.) Die Pappel spricht zum Bäumchen: "Was machst du dich so breit Mit den geringen Pfläumchen?" Es sagt:,, Ich bin erfreut, Daß ich nicht bloß ein Holz, Nicht eine leere Stange!" "Was!" ruft die Pappel stolz, "Ich bin zwar eine Stange, Doch eine lange, lange!" i. Turnen. (S. 28.) "Schwing mir die Buben und schwing mir fie start!" Ruft dem Winde der Wald; 15 20 25 30 35 40 45 50 10 "Klagen sie gleich in müdem Gestöhn, Laß mir nicht ab so bald! Also nur wurzelt ihr Fuß, und mit Mark Füllet sich Arm und Brust; Und sie wachsen zu stolzen Höh'n, Mir eine Herzenslust. Denn ich hasse die Zwergenart, Eingewindelt vor Wetter bewahrt Fahl und kahl in des Frühlings Saft 123. Adler und Zaube. (August 1773.) Bon W. v. Goethe. Werke. Nach den vorzüglichsten Quellen revidierte Ausgabe. Berlin 1868. Teil I (Gedichte, herausgegeben von 8. Strehlte). S. 160. Ihn traf des Jägers Pfeil und schnitt Drei lange, lange Nächte lang; 20 Allgegenwärt'ger Balsam Er schleicht aus dem Gebüsch hervor Unwürd'gem Raubbedürfnis nach Auf dem niedern Fels am Bach; 30 Er blickt zur Eich' hinauf, Hinauf zum Himmel, Und eine Träne füllt sein hohes Aug? Da kommt mutwillig durch die Myrtenäste Dahergerauscht ein Taubenpaar, 35 Läßt sich herab und wandelt nickend Über goldnen Sand am Bach 40 45 Und ruckt einander an; Ihr rötlich Auge buhlt umher, Mit Selbstgefälligkeit ihn freundlich an. Kannst du dich nicht des goldnen Zweiges Der vor der Tages Glut dich schüßt? Du wandelst durch der Blumen frischen Tau, Des Waldgebüsches dir Den leichten Durst am Silberquell. Freund, das wahre Glück Ist die Genügsamkeit, "Weise!" sprach der Adler, und tiefernst Versinkt er tiefer in sich selbst, "O Weisheit! du red'ft wie eine Taube!" 124. Der Jüngling. Von Chr. F. Gellert. Sämtliche Schriften. Leipzig 1775. T. I, S. 194. Ein Jüngling, welcher viel von einer Stadt Daß ich die Stadt schon sehen kann; gehört, In der der Segen wohnen sollte, Entschloß sich, daß er da sich niederlassen wollte. Allein der Berg ist steil. O! wär' er schon erstiegen!" Ein fruchtbar Tal stieß an des Berges Die größte Menge schönster Früchte Fiel unserm Jüngling ins Gesichte. So will ich, meinen Durst zu stillen, |