Tanzt jezt über Psalmbuch und Prophetei, Und seine Stirne wird runzelfrei. Er legt die Rute des Zorns beiseit' Und wählt das Lob der Einigkeit Zum Text, wie man im Pfalter liest, Und alle Rachlust rein vergißt.
Ach Gott! wo nähm' ich Papier genug, Zu malen, was alles mit deinem Flug, Du lieber Vogel, uns Gutes tommt Und unserm Geist und Körper frommt! Wann uns die Zeit dich wiederbringt, Des harten Winters Panzer springt, Dann dringen luftig aus Schnee und Eis Der Hoffnung Blümlein rot und weiß; Und wer sich die zum Kränzlein pflückt, Der ist durchs ganze Jahr geschmückt. Das schönste von allen weit und breit
Bleibt aber das Blümlein Zufriedenheit; Und wißt ihr, wer uns dieses beut? Ein holdes Mägdlein: Genügsamkeit. Auf! laufet alle hinaus vors Tor: Dort schmausen Herz und Sinn und Ohr; Dort sucht des holden Mägdleins Spur, Sie wandelt so gerne in freier Natur. Hinaus, hinaus im schnellsten Sprung! Und daß ihr sie findet, alt und jung, Und reich und arm, sei wer es sei, Der Kirchendiener wie der Lai', Der Schultheiß wie der Amtsprofoß, Der Kaufherr wie der Pfründgenoß, Die Freifrau wie die Höferin, Die Stallmagd wie die Bäckerin, Die Pfarrfrau wie die Kusteri, Wünscht allen Hans Martin Usteri.
220. Gudruns Klage.1)
Bon E. v. Geibel.
Gesammelte Werle. Stuttgart 1888. Bd. III (Neue Gedichte und Gedenkblåtter), S. 87.
1. Nun geht in grauer Frühe
Der scharfe Märzenwind,
Und meiner Qual und Mühe Ein neuer Tag beginnt. Ich wall' hinab zum Strande Durch Reif und Dornen hin, Zu waschen die Gewande Der grimmen Königin.
2. Das Meer ist tief und herbe, Doch tiefer ist die Pein, Bon Freund und Heimatserbe Allzeit geschieden sein; Doch herber ist's, zu dienen In fremder Mägde Schar, Und hat mir einst geschienen Die güldne Kron' im Haar.
3. Mir ward fein guter Morgen, Seit ich dem Feind verfiel:
Mein' Speis' und Trank sind Sorgen, Und Kummer mein Gespiel. Doch berg' ich meine Tränen In stolzer Einsamkeit;
Am Strand den wilden Schwänen Allein fing' ich mein Leid.
4. Kein Dräuen soll mir beugen Den hochgemuten Sinn; Ausduldend will ich zeugen, Bon welchem Stamm ich bin.
1) Vgl. Bd. IV, S. 36 ff., Nr. 15.
Und so sie hold gebaren,
Wie Spinnweb' acht' ich's nur;
Ich will getreu bewahren Mein Herz und meinen Schwur. 5. O Ortwin, trauter Bruder, O Herwig, Buhle wert, Was rauscht nicht euer Ruder, Was klingt nicht euer Schwert! Umsonst zur Meereswüste Hin späh' ich jede Stund': Doch naht sich dieser Küste Kein Wimpel, das mir kund.
6. Ich weiß es nicht vergessen Habt ihr der armen Maid; Doch ist nur kurz gemessen Dem steten Gram die Zeit. Wohl kommt ihr einst, zu fühnen; Zu retten, ach, zu spät, Wann schon der Sand der Dünen Um meinen Hügel weht.
7. Es dröhnt mit dumpfem Schlage Die Brandung in mein Wort; Der Sturm zerreißt die Klage Und trägt beschwingt sie fort. möcht' er brausend schweben Und geben euch Bericht: "Wohl lass' ich hier das Leben, Die Treue lass' ich nicht!"
221. Volters Nachtgefang.
Gesammelte Werke. Stuttgart 1888. Bd. III (Neue Gedichte und Gedenkblätter), S. 89.
1. Die lichten Sterne funkeln
6 Hernieder kalt und stumm. Von Waffen klirrt's im Dunkeln, Der Tod schleicht draußen um. Schweb hoch hinauf, mein Geigenklang, Durchbrich die Nacht mit klarem Sang! 10 Du weißt den Spuk von dannen Zu bannen.
2. Wohl finster ist die Stunde, Doch hell sind Mut und Schwert; In meines Herzens Grunde 18 Steht aller Freuden Herd.
O Lebenslust, wie reich du blühst, D Heldenblut, wie kühn du glühst! Wie gleicht der Sonn' im Scheiden Ihr beiden!
20 3. Ich denke hoher Ehren, Sturmluft'ger Jugendzeit, Da wir mit scharfen Speeren Hinjauchzten in den Streit. Hei, Schildgekrach im Sachsenkrieg! 26 Auf unsern Bannern saß der Sieg, Als wir die ersten Narben Erwarben.
Sämtliche Werke. Stuttgart 1880. Bb. I, S. 123.
1. Was trauerst du, mein schöner Junge? Du Armer, sprich, was weinst du so? Daß treulos dir im raschen Schwunge Dein liebes Vögelein entfloh?
85 2. Du blickest bald in deiner Trauer Hinüber dort nach jenem Baum, Bald wieder nach dem leeren Bauer Blichst du in deinem Kindestraum.
3. Du legst so schlaff die kleinen Hände 40 An deines Lieblings ödes Haus
Und prüfest rings die Sprossenwände Und fragst:,,Wie kam er nur hinaus ?"
4. An jenem Baume hörst du fingen Den Fernen, den dein Herz verlor, 46 Und unaufhaltsam-eilig dringen Die heißen Tränen dir hervor.
5. Gib acht, gib acht, o lieber Knabe, Daß du nicht dastehst trauernd einst Und um die beste, schönste Habe Des Menschenlebens bitter weinst!
6. Daß du die Hand, die sturmerprobte, Nicht legst, ein Mann, an deine Brust, Darin so mancher Schmerz dir tobte, Dir säufelte so manche Lust;
7. Daß du die Hand mit wildem Krampfe Nicht drückest deinem Busen ein, Aus dem die Unschuld dir im Kampfe Entflohn, das scheue Vögelein.
8. Dann hörst du flüstern ihre leisen Gesänge aus der Ferne her; Neigst hin dich nach den süßen Weisen: Das Vöglein aber kehrt nicht mehr! —
223. Der Boftillon. (1833.)
Eamtliche Werke. Stuttgart 1880. Bd. I, €. 80.
1. Lieblich war die Maiennacht,
Silberwölflein flogen,
Ob der holden Frühlingspracht Freudig hingezogen.
2. Schlummernd lagen Wies' und Hain, Jeder Pfad verlassen; Niemand als der Mondenschein Wachte auf der Straßen.
3. Leise nur das Lüftchen sprach,
Und es zog gelinder Durch das stille Schlafgemach All' der Frühlingskinder.
4. Heimlich nur das Bächlein schlich, Denn der Blüten Träume Dufteten gar wonniglich Durch die stillen Räume.
5. Rauher war mein Postillon, Ließ die Geißel knallen, Über Berg und Tal davon Frisch sein Horn erschallen.
6. Und von flinken Rossen vier Scholl der Hufe Schlagen, Die durchs blühende Revier Trabten mit Behagen.
1) Bezeichnung für Postillon, entstanden aus dem Brauche der Studenten (in der 1. Hälfte bes 18. Jahrhunderts), Nichtstudenten als Schwager anzureden. Vgl. F. Kluge, Etymolog. Wörterbuch der deutschen Sprache, 5. Aufl., S. 339.
3. Und ihr, im Schmuck der langen Zöpfe, Ihr Schwarzwaldmädchen, braun und schlank, Wie sorgsam stellt ihr Krüg' und Töpfe Auf der Schaluppe grüne Bank.
4. Das sind dieselben Töpf' und Krüge, Oft an der Heimat Born gefüllt; Wenn am Missouri alles schwiege, Sie malten euch der Heimat Bild:
5. Des Dorfes steingefaßte Quelle, 10 Zu der ihr schöpfend euch gebückt, Des Herbes traute Feuerstelle Das Wandgefims, das sie geschmüďt.
6. Bald zieren sie im fernen Westen Des leichten Bretterhauses Wand; 15 Bald reicht sie müden braunen Gästen, Boll frischen Trunkes, eure Hand.
7. Es trinkt daraus der Tscherokese, Ermattet, von der Jagd bestaubt; Nicht mehr von deutscher Rebenlese Tragt ihr sie heim, mit Grün belaubt.
8. Osprecht! warum zogt ihr von dannen ? Das Neckartal hat Wein und Korn; Der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen, Im Spessart klingt des Alplers Horn.
9. Wie wird es in den fremben Wäldern Euch nach der Heimatberge Grün, Nach Deutschlands gelben Weizenfeldern, Nach seinen Rebenhügeln ziehn!
10. Wie wird das Bild der alten Tage Durch eure Träume glänzend wehn! Gleich einer stillen, frommen Sage Wird es euch vor der Seele stehn.
11. Der Bootsmann winkt! - Zieht hin in Frieden: Gott schütz' euch, Mann und Weib und Greis!
Sei Freude eurer Brust beschieden
Und euren Feldern Reis und Mais!
225. Fischerlied. (1792.)
Bon G. Salis-Seewis.
Gedichte. Herausgegeben von A. rep. Stuttgart 1885. S. 281.
4. Im Antlitz der Buben
Lacht mutiger Sinn,
Sie meiden die Stuben Bei Tagesbeginn;
Sie tauchen und schwimmen Im eisigen See; Und barfuß erklimmen Sie Klippen voll Schnee.
5. Die Töchter ergößen Sich abends bei Licht, Wann alles an Negen Und Maschenwerk flicht. Oft wird mit Gelächter Durchmustert das Dorf; Die Mutter, als Wächter, Schürt nickend den Torf.
6. Oft rudern wir ferne Im wiegenden Kahn; Dann blinken die Sterne So freundlich uns an; Der Mond aus den Höhen, Der Mond aus dem Bach, So schnell wir entflöhen, Sie gleiten uns nach.
1. Es heult der Sturm, die Woge schäumt, Und durch die Wolken fahren Blizze; Der alte Schiffer nicht und träumt Gar ruhig auf dem nassen Size: Wie wild um ihn die Woge schlägt, Wie auf und ab das Schifflein schaukelt, Ein Traum, der füße Bilder trägt, Umspielt sein Haupt und scherzt und gaukelt.
2. Ein Eiland hebt er hell und schön Mit reichen Fluren aus den Wogen, Ein wundervolles Lenzgetön Aus Blütenhainen kommt geflogen.
Der Alte ruft:,,Hier legt ans Land, Hier in der Bucht, dem stillen Hafen! kommst du endlich, Friedensstrand! Wie will ich süß nach Stürmen schlafen!"
3. Da schießt aus schwarzer Nachtein Strahl, Ein glüh❜nder Gottespfeil von oben; - Der Schiffer und das Schiff zumal Mit Mann und Maus sie sind zerstoben; Die wilde Woge treibt zum Strand, Treibt Trümmer und Leichen treu zum Hafen- Glückseliger Träumer, du hast Land, Nun kannst du füß nach Stürmen schlafen.
Die drei Zigeuner. Von N. Lenau.
Sämtliche Werke. Stuttgart 1880. Bb. I, S. 176.
1. Drei Zigeuner fand ich einmal Liegen an einer Weide, Als mein Fuhrwerk mit müder Qual Schlich durch sandige Heide.
2. Hielt der eine für sich allein In den Händen die Fiedel, Spielte, umglüht vom Abendschein, Sich ein feuriges Liedel.
3. Hielt der zweite die Pfeif' im Mund, Blidte nach seinem Rauche, Froh, als ob er vom Erdenrund Nichts zum Glücke mehr brauche.
4. Und der dritte behaglich schlief, Und sein Zimbal am Baum hing, Über die Saiten der Windhauch lief, Über sein Herz ein Traum ging.
5. An den Kleidern trugen die drei Löcher und bunte Flicken, Aber sie boten troßig-frei Spott den Erdengeschicken.
6. Dreifach haben sie mir gezeigt, Wenn das Leben uns nachtet, Wie man's verraucht, verschläft, vergeigt Und es dreimal verachtet.
7. Nach den Zigeunern lang' noch schau’n Mußt' ich im Weiterfahren,
Nach den Gesichtern dunkelbraun,
Den schwarzlockigen Haaren.
228. Mein Lieben. (1841.) Von Hoffmann von Fallersleben.
Gedichte. Auswahl. Hannover 1862. S. 351.
1. Wie könnt' ich dein vergessen: Ich weiß, was du mir bist, Wenn auch die Welt ihr Liebstes Und Bestes bald vergißt.
Ich sing' es hell und ruf' es laut: Mein Vaterland ist meine Braut. Wie könnt' idh dein vergessen! Ich weiß, was du mir bist.
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