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hereingeflogen. Jason und seine Gefährten zogen ihre Schwerter und hieben nach ihnen; das half aber nichts. Die beiden Söhne des Voreas, Zetes und Kalais, welche Flügel hatten, schwangen sich in die Luft; da wurden die Harpyien bange und flogen weg, und die beiden Helden hinter ihnen her; die Harpyien wurden zuletzt müde und ganz angst, fielen in die Sce 6 und ertranken. Da kamen Zetes und Kalaïs zurück, und nun hatte der arme Phineus Nuhe und konnte essen.

Als der Wind günstig war, gingen die Helden wieder auf ihr Schiff Argo, um nach Kolchis zu segeln, und als sie von Phineus Abschied nahmen, umarmte und füßte er fie, dankte ihnen noch vielmals, daß sie ihm aus seiner großen Not geholfen hatten, und zum 10 Dank gab er ihnen einen guten Rat. Auf der großen See, über die sie segeln mußten, schwammen zwei große Felsen, wie die Eisberge in der See schwimmen, wo gar kein Sommer ist, sondern immer Winter. Diese Felsen waren hoch, und wenn sie aneinanderstießen, so schlugen sie alles in Stücke, was dazwischen war; wenn Fische im Wasser schwammen, so schlugen sie sie tot; und wenn die Vögel durch die Luft flogen, indem die Felsen zusammen15 schlugen, so schlugen sie sie tot; und wenn ein Schiff durchsegeln wollte, so fuhren sie aneinander, wenn das Schiff in der Mitte war, und schlugen es in kleine Stücke und alle Menschen, die darauf waren, tot. Die Felsen hatte Jupiter in die See gesezt, damit kein Schiff nach Kolchis kommen sollte. Nun wußte aber Phineus, daß die Felsen immer weit auseinanderfuhren, wenn sie zusammengeschlagen waren; und sie führen immer zusammen, 20 wenn ein Fisch durchschwimmen oder ein Vogel durchfliegen oder ein Schiff durchfahren wollte. Deswegen gab er den Argonauten einen klugen Rat, und sie taten, was er ihnen riet, und kamen glücklich hindurch, und ich will dir erzählen, wie sie es machten.

Als sie ankamen, wo die Felsen schwammen, da lagen sie weit voneinander und fingen gleich an, sich näher zu kommen. Die Argonauten segelten gerade auf die Mitte zu, und als 25 sie dicht vor ihnen waren, stand einer von den Helden vorn auf dem Schiffe und hielt eine Taube in der Hand und ließ sie fliegen; wenn nun etwas Lebendiges zwischen die Felsen kam, so mußten sie zusammenschlagen, und dann fuhren sie wieder weit auseinander. Die Taube war geschwind, und die Göttin Minerva half ihr, weil es eine sehr gute Taube war, sie war ganz weiß. Als die Felsen zusammenschlugen, war nur noch ihr Schwanz dazwischen, und 30 der ward ihr ausgerissen, aber die Federn wuchsen bald wieder. Da fuhren nun die Felsen wieder ganz weit auseinander, und nun ruderten alle Helden aus allen Kräften und kamen glücklich durch; als die Felsen wieder zusammenfuhren, schlugen sie nur ein kleines Stück hinten vom Schiffe ab. Die Taube seßte sich wieder auf das Schiff und war nicht böse auf die Argonauten, und hernach nahm Minerva sie und setzte sie an den Himmel und da ist sie 35 jetzt ein schönes Sternbild.

Als die Argonauten glücklich durch die Symplegaden gekommen waren, liefen sie endlich in den Fluß Phasis ein, der durch Kolchis fließt. Einige blieben auf dem Schiffe, Jason aber und Pollux und viele andere Helden gingen in die Stadt, wo der König wohnte. Der König hieß Äetes und hatte eine Tochter, die hieß Medea. Jason sagte dem König Äetes, 40 daß Pelias sie geschickt habe, um das goldene Vlies zu bringen, und bat ihn, daß er es ihur geben sollte. Aetes wollte das Vlies nicht verlieren und konnte es auch Jason nicht ab schlagen; denn es war bestimmt, daß er es hergeben müsse, wenn einer aus Griechenland fäme und es verlangte. Er sagte also dem Jason, er solle es haben, aber er müsse zuvor die ehernen Stiere vor einen Pflug spannen und ein großes Stück Feld umpflügen und dann die 46 Zähne des Drachen säen. Die ehernen Stiere hatte Vulkan gemacht; sie gingen und be wegten sich und lebten wie wirkliche Stiere, aber sie bliesen Feuer aus der Nase und dem Maule und waren noch viel böser und stärker, als wirkliche Stiere. Deswegen hatten sie einen Stall, von großen Steinen und Eisen gebaut, und waren darin mit starken, eisernen Ketten angebunden.

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Und wenn die Drachenzähne unter die Erde kamen, wie Korn unter die Erde kommt, wenn es gesät wird, so wuchsen eiserne Männer aus der Erde heraus mit Lanzen und Schwertern, die den, der sie gesät hatte, umbrachten. Also wollte der König, daß die Stiere

Jason töten sollten, und wenn die Stiere ihn nicht töteten, so dachte er, daß es die eisernen Männer tun würden.

Die Tochter des Königs, Medea, sah Jason bei ihrem Vater und gewann ihn lieb, und es tat ihr leid, daß Jason umkommen sollte. Sie konnte Zauberfäste kochen und setzte sich deshalb auf einen Wagen, der mit fliegenden Schlangen bespannt war, flog durch die Luft, & sammelte Kräuter auf vielen Bergen und in Tälern an den Ufern von Bächen, und aus allen diesen Kräutern drückte sie den Saft aus und bereitete ihn. Dann ging sie zu Jason, ohne daß ihr Vater es wußte, brachte ihm den Saft und sagte ihm, daß er damit sein Gesicht, jeine Hände, Arme und Beine reiben sollte und auch seine Rüstung, seinen Schild, sein Schwert und seine Lanze. Dadurch ward er einen ganzen Tag lang noch viel stärker als alle 10 die anderen Heroen, und das Feuer verbrannte ihn nicht, und Eisen verwundete ihn nicht und hieb nicht durch seinen Schild und seine Rüstung; sein Schwert aber und seine Lanze hieben und stachen durch Eisen, als ob es Butter wäre.

Da ward denn ein Tag bestimmt, an dem Jason die Stiere anspannen und die Zähne säen sollte. Früh am Morgen, ehe die Sonne aufging, kam der König Äetes mit seiner 18 Tochter und seinen Ministern, Generalen, Kammerherren und Hofleuten und setzte sich auf seinen Thron bei dem Plaze, wo Jason pflügen sollte, und die anderen setzten sich auf Bänke, wie bei einem Pferderennen, und alle Leute aus der Stadt kamen heraus, um zu sehen, wie es gehen würde, und die Jungen kletterten auf die Bäume, um es besser sehen zu können. Jason rieb sich und seine Waffen mit dem Saft, wie Medea gesagt hatte, und kam auf 20 den Plag. Der Stall, worin die Stiere eingesperrt waren, stand auf dem Plaze. Da ward die Tür aufgeschlossen, und Jason ging mutig hinein und war gar nicht bange. Er machte die Stiere von der Kette los, faßte jeden mit einer Hand bei einem Horne und zog sie heraus. Die Stiere brüllten ganz entseßlich, und dabei fuhr ihnen das Feuer aus dem Maule und aus der Nase heraus und soviel Rauch, als wenn ein Haus brennt, oder als wenn der 25 Besuvius Feuer speit. Da freute sich der böse König Äetes; die aber gut waren unter den Zuschauern und sahen, daß Jason so schön und tapfer war, die wurden betrübt und fürchteten, daß er sterben würde; denn sie wußten nicht, daß Medea ihm helfe. Jason drückte beide Stiere mit dem Kopfe zur Erde; da schlugen sie mit den Hinterfüßen, und Jason drückte so start, daß sie auf die Kniee fielen.

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Der Pflug, an den sie gespannt werden sollten, war ganz von Eisen; den brachte Pollux herbei und warf ihnen das Joch auf den Nacken und eine Kette um die Hörner; Jason hielt fie mit dem Maul und der Nase fest auf die Erde gedrückt, so daß sie nicht blasen konnten. Als Pollux fertig und die Tiere angespannt waren, sprang er geschwind weg, und Jason faßte nun die Kette in die eine Hand und den Sterz des Pfluges in die andere und ließ die Hörner 35 los; die Stiere sprangen auf und wollten wegrennen, aber Jason hielt die Kette so fest, daß fie ganz langsam gehen und ordentlich pflügen mußten. Als sie angespannt waren, ging die Sonne auf, und als es Mittag war, hatte Jason das ganze Stück Feld umgepflügt. Da nahm er den Stieren das Joch ab und ließ sie los; die Stiere waren so bange, daß sie wegliefen, wie eine Kaße, die Schläge bekommen hat, und so liefen sie, ohne sich umzusehen, auf 40 die Berge. Da würden sie alle Wälder in Brand gesteckt haben, wenn nicht Vulkan gekommen wäre und sie eingefangen und weggebracht hätte.

Als Jason mit dem Pflügen fertig war, ging er zum König Äetes und sagte, daß er ihm nun die Zähne geben sollte. Die Drachen und Schlangen haben das ganze Maul voll fleiner Zähue, und Äetes gab dem Jason einen ehernen Helm ganz voll Zähne. Jason nahm 46 fie mit einer Hand heraus, ging auf dem Felde hin und her und warf die Zähne nach allen Seiten; dann nahm er seinen großen Spieß, zerschlug die Schollen und machte die Erde eben, wie der Gärtner tut, wenn er gefäet hat. Darauf ging er weg und legte sich hin, um auszuruhen, bis es Abend wurde; denn er war sehr müde.

Gegen Sonnenuntergang kam er wieder auf das Feld, und da wuchsen allenthalben die 50 eisernen Männer heraus. Einige waren bis an die Füße herausgewachsen, andere bis an die Kniee, andere bis an die Hüften, andere bis unter die Schultern; von einigen sah man

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nur den Helm und die Stirn, sonst steckten sie noch ganz in der Erde. Die, welche die Arme schon aus der Erde hatten und sie bewegen konnten, schüttelten die Spieße und hieben mit den Schwertern. Einige machten auch schon die Füße los und wollten auf Jason zukommen.

Da tat Jason, was seine Freundin Medea ihm gesagt hatte, nahm einen großen Stein und warf ihn auf das Feld mitten unter fie. Als die eisernen Männer den sahen, sprangen sie geschwind hin, um ihn zu nehmen. Ich denke, daß es ein großer, schöner Marmorstein gewesen ist. Darüber fingen sie an untereinander zu zanken, weil jeder ihn haben wollte, und aufeinander zu stechen und zu hauen, und sowie einer die Füße aus der Erde losgemacht 10 hatte, lief er auch hin, und so schlugen sie sich unter sich tot; Jason aber ging auf dem Felde umber und hieb denen die Köpfe ab, die herauswuchsen. So kamen die eisernen Männer alle um, und der König Äetes war ganz rasend; Medea aber und die Helden und alle Zuschauer freuten sich sehr.

Am folgenden Morgen ging Jason zum König Letes und verlangte, daß er ihm mun 16 das Vlies geben sollte; der König gab es ihm aber nicht, sondern sagte, daß er wiederkommen sollte. Er wollte aber den Jason ermorden lassen. Medea sagte das dem Jason und sagte ihm auch, daß er sich das Vlies selbst holen müsse, sonst bekäme er es nicht. Das Vlies war an eine Eiche genagelt, und am Fuße der Eiche lag ein Drache, der nie schlief und alle Menschen fraß, die das Blies anrühren wollten, außer dem König Äetes; der Drache war 20 unsterblich, also konnte Medea dem Jason nicht helfen, daß er ihn totschläge. Der Drache aß gern süße Kuchen, und Medea gab dem Jason Kuchen mit Honig; in diese hatte sie einen Saft getan, von dem der Drache einschlafen mußte. Jason kam mit den Kuchen und warf sie ihm hin; der dumme Drache fraß alle und schlief sogleich ein. Jason stieg über ihn weg, zog die Nägel, mit denen das Vlies angenagelt war, mit einer Zange aus, nahm das Vlies 25 vom Baume herab, schlug seinen Mantel darüber und trug es auf das Schiff. Medea kam auch, ward Jasons Frau und ging mit ihm nach Griechenland.

Äetes dachte, die Argonauten würden mit der Argo wieder ebenso zurückfahren, wie sie gekommen waren, und schickte viele Schiffe aus, um sie anzugreifen; aber sie gingen einen andern Weg und fuhren den großen Fluß Ister hinauf; dann trugen die Helden die Argo in so den Ozeanus, der um die ganze Erde fließt, sezten das Schiff hinein und fuhren außen um die Erde herum und kamen so wieder nach Jolkos. Die Kolcher aber warteten immer bei den Symplegaden, die nun feststanden, und da die Argo gar nicht kam, kehrten sie nach Hause zurück, und der König Letes war erschrecklich böse. Denn er hatte das Vlies verloren und die ehernen Stiere und die Drachenzähne, und seine Tochter war auch weg und hatte allen 35 ihren Schmuck mitgenommen, und alle Leute lachten ihn aus.

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39. Theseus.
Bon G. Schwab.

Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Gütersloh 1873. Bd. I, S. 209.

Theseus, der größte Held und König von Athen, war ein Sohn des Ageus. Sein Vater ließ ihn unter der Fürsorge seines Großvaters und seiner Mutter Athra in Trözen aufwachsen. Dort hatte er sein Schwert und seine Sohlen unter einem Felsblock verborgen und der Mutter des Theseus aufgetragen, diesen, wenn er imstande sei, den Stein hinwegzuwälzen, mit dem Schwert und den Sohlen als Er45 fennungszeichen nach Athen zu senden. Als nun der Jüngling nicht bloß zu herrlicher Körperstärke heranwuchs, sondern auch Kühnheit, Einsicht und festen Sinn zeigte, da führte ihn seine Mutter Athra zu dem Steine am Meeresufer, unterrichtete ihn über seines Vaters Ageus Willen und forderte ihn auf, die Erkennungszeichen für denselben hervorzuholen und nach Athen zu bringen. Theseus stemmte 50 sich gegen den Stein und schob ihn mit Leichtigkeit zurück. Die Sohlen unter den Füßen und das Schwert an der Seite, vollbrachte er auf dem Wege nach Athen mehrere Heldentaten. Ageus erkannte das ihm wohlbekannte Schwert, und nachdem

er sich durch einige Fragen vollends überzeugt hatte, daß er seinen Sohn in junger Heldenblüte vor sich habe, schloß er ihn in seine Arme. Sofort stellte der Vater ihn der Versammlung des Volkes vor, dem er die Abenteuer seiner Reise erzählen mußte, und das den früh erprobten Helden mit freudigem Jauchzen begrüßte.

Die erste Tat, die Theseus verrichtete, seitdem er als Königssohn und Erbe s des attischen Thrones an seines Vaters Seite lebte, war die Besiegung der fünfzig Söhne seines Oheims Pallas, welche früher gehofft hatten, den Thron zu erlangen, wenn Ageus ohne Kinder stürbe, und welche ergrimmt waren, daß jezt nicht bloß ein angenommener Sohn des Pandion, wie Ageus war, König der Athener sei, sondern daß auch in Zukunft ein unwillkommener Fremdling die Herrschaft über 10 das Land führen sollte. Sie griffen daher zu den Waffen und legten dem Ankömmling einen Hinterhalt. Aber der Herold, den sie mit sich führten, und der ein fremder Mann war, verriet diesen Plan dem Theseus, der nun plötzlich ihr Versteck überfiel und alle fünfzig niedermachte. Um durch diese blutige Notwehr die Gemüter des Volkes nicht von sich abzukehren, zog hierauf Theseus auf ein gemeinnügiges 15 Wagestück aus, bezwang den marathonischen Stier, der vier attischen Gemeinden nicht wenig Not verursacht hatte, führte ihn zur Schau durch Athen und opferte ihn endlich dem Apollo.

Um diese Zeit kamen von der Insel Kreta zum drittenmal Abgeordnete des Königs Minos, um den gebräuchlichen Tribut abzuholen. Mit demselben verhielt 20 es sich also. Der Sohn des Minos, Androgeus, war, wie die Sage ging, im attischen Gebiete durch Hinterlist getötet worden. Dafür hatte sein Vater die Einwohner mit einem verderblichen Kriege und die Götter selbst das Land durch Dürre und Seuchen heimgesucht. Da tat das Drafel des Apollo den Spruch, der Zorn der Götter und die Leiden der Athener würden aufhören, wenn sie den Minos be- as sänftigten und seine Verzeihung erlangen könnten. Hierauf hatten sich die Athener mit Bitten an ihn gewendet und Frieden erhalten unter der Bedingung, daß sie alle neun Jahre sieben Jünglinge und sieben Jungfrauen als Tribut zu schicken hätten. Diese sollen nun von Minos in sein berühmtes Labyrinth eingeschlossen und dort von dem gräßlichen Minotaurus, einem Zwittergeschöpfe, das halb Mensch 30 und halb Stier war, getötet worden sein. Als nun die Zeit des dritten Tributs herbeigekommen war, und die Väter, welche unverheiratete Söhne und Töchter hatten, diese dem entsetzlichen Lose unterwerfen mußten, da erneuerte sich der Unwille der Bürger gegen Ageus, und sie fingen an darüber zu murren, daß er, der Urheber des ganzen Unheils, allein keinen Teil an der Strafe zu leiden habe und, nachdem 35 er einen Frembling zu seinem Nachfolger ernannt, gleichgültig zusehe, wie ihnen ihre Kinder entrissen würden. Den Theseus, der sich schon gewöhnt hatte, das Geschick seiner Mitbürger nicht als ein fremdes zu betrachten, schmerzten diese Klagen. Er stand in der Volksversammlung auf und erklärte, sich selbst ohne Los hingeben zu wollen. Alles Volk bewunderte seinen Edelmut und aufopfernden Bürgersinn; auch 40 blieb sein Entschluß, obgleich sein Vater ihn mit den dringendsten Bitten bestürmte, daß er ihn des großen Glückes, einen Sohn und Erben zu besigen, doch nicht so bald wieder berauben solle, unerschütterlich fest. Seinen Vater aber beruhigte er durch die zuversichtliche Versicherung, daß er mit den herausgelosten Jünglingen und Jungfrauen nicht in das Verderben gehen, sondern den Minotaurus bezwingen 45 werde. Bisher nun war das Schiff, das die unglücklichen Opfer nach Kreta hinüberführte, zum Zeichen ihrer Rettungslosigkeit mit schwarzem Segel abgesendet worden. Jezt aber, als Ageus seinen Sohn mit so kühnem Stolze sprechen hörte, rüstete er zwar das Schiff noch auf dieselbe Weise aus; doch gab er dem Steuermann ein anderes Segel von weißer Farbe mit und befahl ihm, wenn Theseus ge= 50 rettet zurückkehre, dieses aufzuspannen; wo nicht, mit dem schwarzen zurückzukehren und so das Unglück zum voraus anzukündigen.

Als nun das Los gezogen war, führte der junge Theseus die Knaben und Mädchen, die es getroffen hatte, zuerst in den Tempel des Apollo und brachte dem Gott in ihrem Namen den mit weißer Wolle umwundenen Ölzweig, das Weihgeschenk der Schußflehenden, dar. Nachdem das feierliche Gebet gesprochen war, 6 ging er, von allem Volk begleitet, mit den auserlesenen Jünglingen und Jungfrauen an das Meeresufer hinab und bestieg das Trauerschiff.

Als Theseus auf Kreta gelandet und vor dem Könige Minos erschienen war, zog seine Schönheit und Heldenjugend die Augen der reizenden Königstochter Ariadne auf sich. Sie gestand ihm ihre Zuneigung in einer geheimen Unterredung und 10 händigte ihm einen Knäuel Zwirn ein, dessen Ende er am Eingange des Labyrinthes festknüpfen und den er während des Hinschreitens durch die verwirrenden Frrgänge in der Hand ablaufen lassen sollte, bis er an die Stelle gelangt wäre, wo der Minotaurus seine gräßliche Wache hielt. Zugleich übergab sie ihm ein gefeites Schwert, mit dem er dieses Ungeheuer töten könnte. Theseus ward mit allen seinen 15 Gefährten von Minos in das Labyrinth geschickt, machte den Führer seiner Genossen, erlegte mit seiner Zauberwaffe den Minotaurus und wand sich mit allen, die bei ihm waren, durch Hilfe des abgespulten Zwirns aus den Höhlengängen des Labyrinthes glücklich heraus. Jezt entfloh Theseus samt allen seinen Gefährten mit Hilfe und in Begleitung Ariadnes, die der junge Held, beglückt durch den lieblichen 20 Kampfpreis, den er unerwartet errungen, mit sich führte. Auf ihren Rat hatte er auch den Boden der kretischen Schiffe zerhauen und so ihrem Vater das Nachsetzen unmöglich gemacht. Schon glaubte er seine holde Beute ganz in Sicherheit und kehrte mit Ariadne sorglos auf der Insel Dia ein, die später Naxos genannt wurde. Da erschien ihm im Traume der Gott Bacchus, erklärte, daß Ariadne die ihm selbst 25 vom Schicksal bestimmte Braut sei, und drohte ihm alles Unheil, wenn Theseus die Geliebte ihm nicht überlassen würde.

Theseus war von seinem Großvater in Götterfurcht erzogen worden; er scheute den Zorn des Gottes, ließ die wehklagende, verzagende Königstochter auf der einsamen Insel zurück und schiffte weiter. In der Nacht erschien alsdann, so erzählt so die Sage, Ariadnes Bräutigam, Bacchus, und entführte sie auf den Berg Drios; dort verschwand zuerst der Gott, bald darauf auch Ariadne. Theseus aber und seine Gefährten waren über den Verlust der Jungfrau sehr betrübt. In ihrer Traurigkeit vergaßen sie, daß ihr Schiff noch die schwarzen Segel aufgezogen hatte, mit welchen es die attische Küste verlassen; sie unterließen, die weißen Tücher aufzuspannen, und 36 das Schiff flog in seiner schwarzen Trauertracht der Heimatküste entgegen. Ageus befand sich eben an der Küste, als das Schiff herangesegelt kam, und genoß von einem Felsenvorsprunge die Aussicht auf die offene See. Aus der schwarzen Farbe der Segel schloß er, daß sein Sohn tot sei. Da erhob er sich von dem Felsen, auf dem er saß, und, im unbegrenzten Schmerze des Lebens überdrüssig, stürzte er sich 40 in die jähe Tiefe. Indessen war Theseus gelandet, und nachdem er im Hafen die Opfer dargebracht hatte, die er bei der Abfahrt den Göttern gelobt, schickte er einen Herold in die Stadt, die Rettung der sieben Jünglinge und Jungfrauen und seine eigene zu verkündigen. Der Bote wußte nicht, was er von dem Empfange denken sollte, der ihm in der Stadt zuteil ward. Während die einen ihn voll Freude 45 bewillkommten und als den Überbringer froher Botschaft bekränzten, fand er andere, die, in tiefe Trauer versenkt, seinen fröhlichen Worten gar kein Gehör schenkten. Endlich löste sich ihm das Rätsel durch die erst allmählich sich verbreitende Nachricht vom Tode des Königs Ügeus. Der Herold nahm nun zwar die Kränze in Empfang, schmückte aber damit nicht seine Stirn, sondern nur den Heroldsstab und so kehrte so zum Gestade zurück. Hier fand er den Theseus noch im Tempel mit der Darbringung des Dankopfers beschäftigt; er blieb daher vor der Tür des Tempels stehen, damit die heilige Handlung nicht durch die Trauernachricht gestört würde.

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