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ausgebrochenen Edelsteinen besetzt gewesen zu sein scheint. Das dritte Oberkleid, der Mantel, ist himmelblau, mit goldenen Sternen geschmückt und mit prächtigem Pelzwerk gefüttert. Die rechte Hand ruht auf der Brust, die linke, im Mantel verborgen, hält das Scepter. Die vergoldeten Schuhe reichen bis an die Knöchel, laufen gegen 5 das Ende spit zu und haben in der Mitte eine Naht von Perlen."

Der bunte Prunk ist heute verblichen und verschwunden, im übrigen aber er scheint jene Beschreibung noch ziemlich genau.

Dieser alte Denkstein ruht nun auf einer Tumba, welche augenscheinlich jünger ist; man sieht daran allerlei Wappen, Embleme und Inschriften, die sicherlich nicht 10 älter als das 17. Jahrhundert sind.

Zum Andenken an den König wurde bis auf die neueste Zeit jährlich zu Enger die Begräbnisfeier begangen. Am Tage der heiligen drei Könige wurde die Leiche verläutet; am nächstfolgenden Tage besorgte der Bürgermeister das Geläute zur Gruft. Darauf versammelten sich Lehrer und Schüler von Enger in der Kirche; dorthin 15 auch kamen die Armen, und nun wurde ein Gedächtnisgottesdienst gehalten. Am Schlusse desselben läutete der Küster zur Senkung, und zugleich wurden unter den Schülern Timpen", eigens zu dieser Feier gebackene Semmeln, und unter den Armen Brot und Wurst verteilt. Der Gottesdienst wird aber seit einer Reihe von Jahren nicht mehr gehalten, ebenso nicht mehr das Mahl.

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Wittekind hatte in seinem hohen Alter den launigen Einfall, die Anhänglichkeit seiner Engerer dadurch zu erproben, daß er das Gerücht seines plötzlichen Todes verbreiten ließ. Nun mußte es sich zeigen, wer ihm gern und willig das lezte Geleit geben würde. Als sich zur angesetzten Stunde die Menge der Leidtragenden versammelt hatte, trat auf einmal der Totgeglaubte fröhlich und wohlbehalten unter 2 fie. Er bewilligte ihnen für ewige Zeiten Zehntfreiheit.

Bei der Kirche zu Enger hatte Wieking ein Kapitel gestiftet und dasselbe reichlich mit Grundstücken, Zehnten und hörigen Leuten ausgestattet. Viele Jahrhunderte lang wohnten die Kapitelherren zu Enger und hielten ihren Gottesdienst an der Gruft des Königs. Als aber im Laufe der Zeit der Ort verödete, gefiel es ben 30 Stiftsherren nicht länger in dem einsamen Dorfe, und das ganze Kapitel zog nach Herford, nachdem es seine Ländereien und Güter vermietet hatte. Nach Herford sollte nun auch Zins und Zehnten abgeliefert werden; aber die Pflichtigen weigerten sich allesamt und wollten nur beim Grabe ihres Königs ihre Gefälle niederlegen. Da nahmen die Stiftsherren zur List ihre Zuflucht. Heimlich in stiller Nacht liegen 35 sie die Gruft öffnen und die Überreste des Königs nach Herford schaffen, wohin nun die Gefälle folgen mußten. Wohl über 400 Jahre blieben hier die Gebeine, bis sie endlich (1822) wieder nach Enger gebracht worden sind. Es haben die Sattelmeier sie von Herford eingeholt, um ihre Kirche getragen und sie dann ihrer ersten Ruhe wiedergegeben.

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a. Kaiser Friedrich der Rotbart und Atchen. (S. 247.)

Neben den weitläufigen Ruinen der Kaiserburg Kyffhausen über der alten Kaiser. 46 burg Tilleda steht noch wohlerhalten ein alter Burgturm. Ein Eingang ist daran unten nicht wahrzunehmen. Man kann jedoch an vorspringenden Steinen zu einer oder zu zwei offenstehenden Lufen emporklettern. Das nahmen sich Soldaten vor, welche im Dorfe Tilleda ins Quartier kamen und in ihrer Heimat viel_vom_Kyffhäuser gehört hatten. Aber sie kamen unverrichteter Sache wieder in Tilleda an; 60 denn die sonst offenstehenden Lufen waren mit eisernen Läden geschlossen gewesen. Als die Leute in Tilleda das hörten, sprachen sie:,,So ist euch alle Herrlichkeit des

Kyffhäusers beschert gewesen, und ihr habt sie verscherzt. Die eisernen Läden hättet ihr nur zu nehmen brauchen, und sie hätten sich in goldene verwandelt." Spornstreichs eilten die Soldaten wieder auf den Kyffhäuser, aber die cifernen Läden waren verschwunden. In solch wunderbarem alten Turme sigt unter der Erde Kaiser Friedrich der Rotbart mit Utchen, seiner Prinzessin, und mit dem ganzen wunderlichen Hofs s staate, hofft aber, wie man hört, noch einmal wiederherauszukommen, wenn die schwarzen Vögel, die Raben, nicht mehr um den Turm flögen; weil er aber mehrenteils in Schlaf versunken, und sein roter Bart schon durch den steinernen Tisch gewachsen sein soll, so ist solch mutiges Wort des alten Kaisers ein Spott der Toren und ein Märlein den Kindern geworden. Es sizt auch ein Vogel bei ihm im Turme, 10 welcher ihm alles anzeigt, insonderheit wenn Besuch zu ihm gekommen ist. Und es sind immer noch viele im Lande, welche auf den alten Kaiser Friedrich warten.

b. Das Brautpaar von Bennungen. (S. 263.)

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Der Sauhirt von Bennungen wollte sich ein Weib nehmen. Die Braut vermochte wohl eine kleine Hochzeit zuzurichten; aber das Tafelgeschirr mußte sie von 15 Utchen aus dem Kyffhäuser borgen und sich den Hochzeitswein von ihr ausbitten. Ihnen tat sich dann auch eine Tür in dem Berge auf, allwo ihnen eine schöne Musik entgegenscholl. Utchen aber packte ihnen ihren Korb mit Tellern, Schüsseln, Messern, Kelchen und kostbarem Weine. Darauf zeigte ihnen Utchen die Schönheiten des unterirdischen Schlosses, und sie haben auch den Kaiser Friedrich in seiner Herr- 20 lichkeit gesehen. Zulegt gingen sie herunter, und wiewohl es ihnen lange gedünkt hatte, so glaubten sie doch nur eine Nacht im Kyffhäuser gewesen zu sein. Sie schritten in den hellen Morgen hinein nach Bennungen zu. Da aber war ihnen alles fremd, und die Leute sahen sie lange verwundert an. Endlich trat einer näher und fragte: „Sind Sie denn aus Bennungen?" Ei wohl", antwortete die Braut, 25 ,,wir wollen Hochzeit machen, sind schon zweimal dort in der Kirche aufgeboten und haben uns nur das Geschirr und den Wein vom Kaiser Rotbart und von Utchen geholt." Darüber lachten die Leute, denn das Brautpaar war steinalt geworden, und die ältesten Männer und Frauen hatten nicht mehr so altfränkische Kleidung gesehen, wie die beiden anhatten. Wegen des Lachens wurde der Bräutigam fast böse und sprach: 30 „Ei, ich bin ja hier ein Hirt in Bennungen!" Darüber lachten alle noch lauter, denn er hatte einen eisgrauen Bart bekommen. Nun gingen sie zum Pfarrer, denn sie verlangten sehnlich, ein Ehepaar zu werden. Der Pfarrer fand im Kirchenbuche, daß dies Brautpaar vor 200 Jahren in den Kyffhäuser gegangen und verschwunden sei. Er ließ sich bewegen, es zum dritten Male aufzubieten und zu trauen. Auch 38 rüsteten ihnen die Leute eine kleine Hochzeit aus, wobei das Brautpaar ihnen Utchens Wein vorseßte, und das Geschirr aus dem Kyffhäuser gebraucht wurde. Nachmals trug das Paar das Geschirr wieder in den Kyffhäuser, aber Utchen war diesmal sehr böse, weil sie ihr keinen Hochzeitskuchen mitbrachten.

c. Kaiser und Junker. (S. 271.)

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Einige Musikanten beschlossen, auf den Kyffhäuser zu gehen und zu spielen. „Wo ist Utchen?" riefen sie oben. Da fing sogleich droben der Hahn zu krähen an, und neben ihnen stand Utchen. Sie begrüßten sie und sagten, daß sie dem Kaiser Friedrich ein Ständchen bringen wollten. Sie spielten drei Stücke, erhielten aber nur drei Eichenzweige, welche Utchen zum Lohne an ihre Hüte steckte. Ein tiefsinniger Mu- 45 fitant wollte nun noch immer fortspielen. Allein die anderen sagten bald: ,,Laßt uns zum Ritter auf die Rothenburg gehen! Da ist's doch noch ein ander Werk, als bei dem alten Kaiser in seinem Turme. Der zahlt doch noch mit ordentlichem Gelde und ist und trinkt wie unsereins und wohnt mit nichten unten im Turm, sondern in einem schönen, anmutigen Schlosse mit stattlichen Zimmern. Kaiser hin, s Rehru. Kriebißsch, Deutsches Lesebuch. II. 16. Aufl.

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Kaiser her! Der Junker ist unser Mann." Eie machten sich also auf den Weg zu dem Ritter nach der Rothenburg, deren Trümmer noch heutzutage an der Nordwestseite des Kyffhäusers über dem Dorfe Kelbra zu sehen sind. Utchens Sträuße rissen sie von dem Hute; nur der eine, welcher noch länger in den Ruinen des • Kyffhäuserschlosses hatte spielen wollen, ließ die Zweige sizen. Als sie nun der Rothenburg sich näherten, riefen sie: „Juchhe, juchhe! Pförtner, tu auf! Die lustigen Musikanten kommen! Der Ritter von der Rothenburg mit seiner gnädigen Gemahlin lebe hoch!" Da schwenkten sie wohl alle die Hüte; aber nur an dem Hute des tiefsinnigen Musikanten flankerte und flinkerte es. Er trug einen goldenen Eichen10 zweig am Hute. Da eilten die anderen Musikanten nach dem Kyffhäuser zurück, um ihre grünen Zweige zu suchen; sie waren aber verschwunden.

45. Der Rabe auf dem Schloßhofe zu Merseburg.

Bon H. Pröhle.

Deutsche Sagen. Berlin 1868. S. 250.

Wenn man in den ehrwürdigen Dom zu Merseburg vom Schloßhofe aus eintritt, so gelangt man zunächst in eine Kapelle, deren Wände die Bildnisse vormaliger Bischöfe von Merseburg schmücken. In dieser Kapelle ruht auch Bischof Thilo von Trotha. Ein schön in Erz gearbeitetes Kunstwerk erhebt sich über seinem Grabe. Der Bischof ruht in Lebensgröße darauf in liegender Stellung, das Haupt, aus dessen to Gesichtszügen tiefer Schmerz spricht, auf den Arm gestüßt. Neben diesem Grabmale befindet sich ein anderes, dessen Stelle eine ebenfalls schön gearbeitete Erztafel bedeckt, und auf dieser Tafel sieht man einen kopflosen menschlichen Oberkörper, die Arme über dem Rumpfe erhoben. In der einen Ecke erblickt man einen Fuchs, in der andern einen großen Raben, der einen Ring im Schnabel hat. Beide Denkmäler 25 stehen im Zusammenhange.

Bischof Thilo von Trotha besaß einen sehr kostbaren Ring, der ihm ungemein lieb und wert war. Beim Waschen pflegte er ihn abzuziehen vom Finger und in das offene Fenster seines Schlafgemaches zu legen. Eines Tages vermißte der Bischof nach dem Waschen den kostbaren Ring. Nirgends war derselbe aufzufinden; außer so dem Bischof hatte das Gemach nur dessen alter Kammerdiener betreten, den seiner Treue wegen der Bischof hochschäßte, und den diese Treue gegen allen Verdacht, daß er seines Herrn kostbaren Ring entwendet habe, schüßte. Allein die Liebe, die der Bischof seinem treuen Diener kundgab, hatte schon längst diesem unter dem übrigen Hofgesinde Feinde und Neider erweckt. Es gelang, den treuen Diener des Dieb15 stahls zu verdächtigen. Er wurde verhaftet, die Untersuchung eingeleitet und von ihm das Geständnis, daß er den Ring entwendet habe, durch die Folter erpreßt. Seine Aussage war, den Ring habe er auf die Seite gebracht, so daß er nicht wiederzufinden sei. Das Urteil lautete auf Enthauptung. Auf dem Schafott soll der Unglückliche, obschon vergebens, sein Geständnis widerrufen und erklärt haben, daß er 40 zum Zeichen seiner Unschuld, sobald der Kopf gefallen sei, die Hände über dem Rumpfe gen Himmel erheben werde, was denn auch geschehen sei. Schon dies hatte dem Bischof Zweifel an der Schuld des alten, lieb gewesenen Dieners erregt, und Schwermut bemächtigte sich seiner. Auch sollte bald die Unschuld des alten Dieners erwiesen werden. Eines Tages erschien nämlich beim Bischof ein Schieferdecker und 45 überreichte ihm den abhanden gekommenen Ring, den er bei einer Dachausbesserung am weißen Turme, einem hohen Turme des Schlosses in der Nähe der Domkirche, in einem dort befindlichen Rabenneste gefunden hatte. Da ließ der Bischof seines unschuldig gemordeten Dieners Leiche aus dem Grabe, das er auf der Richtstätte erhalten hatte, in die Kapelle bringen und beerdigen und auf das Grab jene Erzplatte So legen, auf welcher der Rumpf mit nach oben erhobenen Armen den Vorgang bei der Hinrichtung bezeichnet, der Fuchs aber die Verleumder andeutet, und auch der eigentliche

Dieb des Ringes seine Stelle fand. Den Bischof warf aber der Kummer auf das Lager, von dem er nicht wiedererstand. An einem Hause am Marktplage in Merseburg, in welchem der treue Diener gewohnt haben soll, war ebenfalls ein Stein mit dem Bilde eines Raben, der einen goldenen Ring im Schnabel hat, und auf dem Hause ein schlanker Turm angebracht. Fortwährend wird aber noch infolge einer s dazu vom Bischof gemachten Stiftung, welche den Unterhalt eines Raben reichlich sichert, auf dem ersten Schloßhofe in einem großen, turmartigen Bauer ein Rabe zum Andenken an den Vorgang unterhalten.

46. Die Jungfrau auf dem Lurley.

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Sagen aus den Rheingegenden, dem Schwarzwalde und den Vogesen. Frankfurt a. M. 1848. S. 56. In alten Zeiten ließ sich manchmal auf dem Lurley um die Abenddämmerung und beim Mondschein eine Jungfrau sehen, die mit so anmutiger Stimme sang, daß alle, die es hörten, davon bezaubert wurden. Viele, die vorüberschifften, gingen am Felsenriff oder im Strudel zugrunde, weil sie nicht mehr auf den Lauf des 15 Fahrzeuges achteten, sondern von den himmlischen Tönen der wunderbaren Jungfrau gleichsam vom Leben abgelöst wurden, wie das zarte Leben der Blume sich in süßem Dufte verhaucht. Niemand hatte noch die Jungfrau in der Nähe geschaut, als einige junge Fischer; zu diesen gesellte sie sich bisweilen im legten Abendrot und zeigte ihnen die Stellen, wo sie ihr Net auswerfen sollten, und jedesmal, wenn sie den 20 Rat der Jungfrau befolgten, taten fie einen reichlichen Fang. Die Jünglinge erzählten nun, wohin sie kamen, von der Huld und Schönheit der Unbekannten, und die Geschichte verbreitete sich im ganzen Lande umher. Ein Sohn des Pfalzgrafen, der damals in der Gegend sein Hoflager hatte, hörte die wundervolle Mär und faßte eine innige Zuneigung zu der Jungfrau. Unter dem Vorwand, auf die Jagd 25 zu gehen, nahm er den Weg nach Wesel, sezte sich dort auf einen Nachen und ließ sich stromaufwärts fahren. Die Sonne war eben untergegangen, und die ersten Sterne traten am Himmel hervor, als sich das Fahrzeug dem Lurleh näherte. „Seht ihr fie dort, die verwünschte Zaubrerin? Das ist sie gewiß!" riefen die Schiffer. Der Jüngling hatte sie aber bereits erblickt, wie sie am Abhang des Felsenberges, nicht 30 weit vom Strome, saß und einen Kranz für ihre goldenen Locken band. Jezt vernahm er auch den Klang ihrer Stimme und war bald seiner Sinne nicht mehr mächtig. Er nötigte die Schiffer, am Fels anzufahren, und noch einige Schritte davon wollte er ans Land springen und die Jungfrau festhalten; aber er nahm den Sprung zu kurz und versank in den Strom, dessen schäumende Wogen schauerlich 15 über ihm zusammenschlugen.

Die Nachricht von dieser traurigen Begebenheit kam schnell zu den Ohren des Bfalzgrafen. Schmerz und Wut zerrissen die Seele des armen Vaters, der auf der Stelle den strengsten Befehl erteilte, ihm die Unholdin tot oder lebendig zu liefern. Einer seiner Hauptleute übernahm es, den Willen des Pfalzgrafen zu vollziehen; 40 doch bat er sich aus, die Here ohne weiteres in den Rhein stürzen zu dürfen, damit sie sich nicht vielleicht durch lose Künste aus Kerker und Banden befreie. Der Pfalzgraf war dies zufrieden. Der Hauptmann zog gegen Abend aus und umstellte mit seinen Reisigen den Berg in einem Halbkreise vom Rheine aus. Er selbst nahm brei der beherztesten aus seiner Schar und stieg den Lurleh hinan. Die Jungfrau 45 saß oben auf der Spiße und hielt eine Schnur von Bernstein in der Hand. Sie sah die Männer von fern kommen und rief ihnen zu, was sie hier suchten. „Dich, Zauberin!" antwortete der Hauptmann, du sollst einen Sprung in den Rhein dahinunter machen." „Ei, sagte die Jungfrau lachend, der Rhein mag mich holen." Bei diesen Worten warf sie die Bernsteinschnur in den Strom hinab und 50 sang mit schauerlichem Ton:

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Urplötzlich rauschte ein Sturm daher; der Rhein erbrauste, daß weitum Ufer 5 und Höhen von weißem Gischt bedeckt wurden; zwei Wellen, welche fast die Gestalt von zwei weißen Rossen hatten, flogen mit Bligesschnelle aus der Tiefe auf die Kuppe des Felsens und trugen die Jungfrau hinab in den Strom, wo sie verschwand.

Fest erst erkannten der Hauptmann und seine Knechte, daß die Jungfrau eine Undine sei, und menschliche Gewalt ihr nichts anhaben könne. Sie fehrten mit 10 der Nachricht zu dem Pfalzgrafen zurück und fanden dort mit Erstaunen den totgeglaubten Sohn, den eine Welle ans Ufer getragen hatte.

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Die Lurleyjungfrau ließ sich von der Zeit an nicht wieder hören, obgleich sie noch ferner den Berg bewohnte und die Vorüberschiffenden durch das laute Nachäffen ihrer Reden neckte.

47. Genoveva.
Von F. Jacobs.

Die Feierabende in Mainau. Leipzig 1843. S. 95.

Vor vielen hundert Jahren lebte in Trier ein großer und reicher Pfalzgraf, mit Namen Siegfried. Dieser hatte eben die schöne Genoveva geheiratet, die eine Prinzessin und Tochter 20 des Herzogs von Brabant war, als Boten kamen vom Könige von Frankreich mit der Nachricht, die Mauren, die in Afrika wohnen und den mohammedanischen Glauben haben, wären in das Land eingefallen mit Heeresmacht, und zerstörten Kirchen und Kapellen und töteten vieles Volk; da sollte nun der Pfalzgraf Siegfried mit seinen Leuten der Christenheit zu Hilfe kommen. Nach diesem Aufgebote mußte sich der Pfalzgraf von seiner jungen Gemahlin trennen, 25 und die arme Frau war tief betrübt, daß sie nun allein bleiben sollte, und es mochte ihr wohl das große Unglück ahnen, das ihr bevorstand. Doch suchte der Graf sie zu trösten, so gut er konnte, und sagte unter anderem auch, sie solle sich nur zufrieden geben und auf Gott vertrauen. Er lasse sie unter dem Schuße seines treuesten Dieners, des Golo, dem er alles im Hause unterworfen habe; der werde sie bedienen und schüßen, bis er mit Gottes Hilfe selbst wiederkomme. Leider war das nun ganz anders, als der Pfalzgraf glaubte. Denn der Golo war zwar ein Edelmann und jung und schön, und wußte sich auch recht gut und tugendsam zu stellen; aber im Herzen war er ein schlimmer Schalk. Das kam auch bald an den Tag, nachdem der Graf weggezogen war. Denn da Genoveva sehr schön war, so schön, wie niemand sonst im ganzen Lande, faßte Golo eine heftige Liebe zu ihr. Genoveva aber war freundlich gegen ihn 35 nach ihrer Weise; und sie meinte, weil er ein so treuer Diener ihres Herrn und Gemahls wäre, müßte sie ihm auch hold sein. Da bildete sich der eitle Golo ein, sie liebe ihn auch, und bot sich ihr zum Manne an. Denn er dachte: "Habe ich nur erst ihre Einwilligung, so will ich schon Rat schaffen, daß der Mann auf die Seite gebracht wird; und wer weiß, so bekomme ich dann auch das Schloß mit allem Zugehör und das ganze Land". Diese Rechnung aber traf 40 nicht zu. Denn Genoveva war ihrem Gemahl getreu und verabscheute Golos glatte Worte und wies ihn streng zurück. Wie das nun mehrmals geschehen war, und sie ihm gar drohte, dem Grafen seinen Frevel zu melden, sann er auf schlimme Ränke und sperrte sie in ein Gefängnis ein, indem er ihr schuld gab, sie liebe den Hausmeister mehr als ihren Gemahl. Und den Hausmeister ließ er auch in Ketten und Banden legen; denn dieser war mit der Genoveva aus 45 Brabant nach Trier gekommen und war ein gar frommer und treuer Mann. Darum war ihm Golo gram. Wie nun die Gräfin im Gefängnisse war, gab ihr Golo seine Amme zur Wärterin; die brachte ihr nichts als Wasser und Brot und mußte sie noch überdies mit Worten quälen, soviel sie nur konnte. Denn Golo dachte: "Wenn freundliche Worte sie nicht erweichen, so werden es vielleicht die harten tun. Und mir ist alles recht, wenn ich nur meinen Willen 60 habe". Genoveva aber blieb standhaft und ließ ihn bedrohen, wie er es verdiente. So vergingen sieben Monate, und im achten Monat, nachdem der Graf in den Krieg gezogen war, brachte sie in dem Gefängnisse, wo sie war, ein Söhnchen zur Welt. Und da stand ihr niemand

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