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Begräbnistage berichtigt hatte. Aber konnte nicht ein böswilliger, noch unbefriedigter Gläubiger übrig sein und jezt die Schuld und sein Recht geltend machen? Alle warteten gespannt, niemand wagte ein Wort zu flüstern. Aber auch kein Ankläger erschien, und die Richter traten in einen Kreis, um sich wenigstens scheinbar zu be raten. So verging eine peinliche Viertelstunde. Endlich kehrten die Richter an ihre 5 Fläge zurück, und der Präsident trat zum Sarkophage, erhob die Hände und sprach die feierlichen Worte, die jedes Herz durchdrangen: „Wir haben über dich gerichtet, Hopra, Sohn des Petamon, Sohn der Bert-Reri. Wir haben dich gerechtfertigt erfunden, und so spreche ich dich, kraft meines Amtes als oberster der Richter, frei von aller Sünde und Schuld; steige hinab, Gerechtfertigter, in den Amenthes; möge 10 auch dort die Wagschale der Gerechtigkeit dir günstig sein, möge Thot deinen Namen in die Rolle der Schuldlosen einschreiben, möge Osiris dich ebenso unsträflich finden, als wir, deine irdischen Totenrichter, dich erfunden haben! Das Gericht gewährt deine Bestattung; es vergönnt dir einen Ort der Ruhe jenseits des Sees im Schoße des Gebirges." Kaum hatte der Richter geendet, so trat Freude und Jubel an 15 die Stelle der früheren Trauer. Der Oberpriester spendete den Göttern, er selbst und einige von den Verwandten des Seligen hielten Lobreden auf seinen rechtschaffenen und tugendhaften Lebenswandel; endlich wurden unter Opfern Gebete an die unterirdischen Götter gesprochen und dieselben angefleht, den Verstorbenen unter die Frommen im Reiche des Osiris aufzunehmen. Nachdem alle die Feierlichkeiten 20 vollendet waren, an denen sich das gesamte Volk beteiligt hatte, gab der Priester das Zeichen zur Überfahrt über den See. Die schon vorher erwähnten Prachtschiffe nahmen die einzelnen Personen, welche den Zug gebildet hatten, auf. Alle einzelnen Teile der Schiffe waren mit bunten Farben, besonders in Gold, Grün, Rot und Blau, bemalt und mit religiösen Verzierungen versehen. Einige derselben trugen 20 hohe und geräumige Kajüten, andere offene und auf Säulen ruhende Kapellchen, ähnlich den von den Pastophoren getragenen. In das erste Boot wurde der Sarkophag und ein Opfertisch gebracht, der Oberpriester bestieg dasselbe mit den vornehmsten Berwandten, und während der ganzen Fahrt wurde Rauchwerk gespendet. Der Steuermann dieses Schiffes wurde Charon genannt, und ihm soll der in der griechischen 30 Unterwelt die Schatten über den Styr seßende Charon seinen Ursprung und seinen Namen verbanken; ein zweites Boot trug die Klageweiber, ein drittes die Opfergerätschaften, da jenseits des Sees sich dieselben Opferzeremonien wiederholen sollten, andere endlich die übrigen Gegenstände und Personen der Prozession. So stießen sie rom Ufer ab, je nach ihrer Größe von sechs bis zwanzig Rudern fortbewegt, und 35 die gold- und rot - bemalten Ruder, die goldenen Kiele, die goldenen Steuerruder, in den Strahlen der nun schon höher gestiegenen Sonne erglänzend, hielten lange noch mein Auge gefesselt. Auch das ganze übrige versammelte Volk schaute dem Zuge der Schiffe nach, bis dieselben sich immer weiter entfernten; aber noch lange blizten sie wie aufhüpfende Forellen und muntere Goldfischchen am Horizonte.

51. Tyrus. (1863.)
Von K. furrer.

Wanderungen durch Valästina. Zürich 1865. €. 341.

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Es war nachmittags 2 Uhr, als wir in das kleine, ärmliche Sur einzogen. 3m Fruchtbazar sahen wir neben dürrem Obst, Bohnen, Tabak und Datteln Li- 8 monen aufgehäuft. Ich kaufte mir einige dieser saftreichen, aber faden Früchte. Durch die Bazarstraße gelangten wir auf einen öffentlichen Play, in dessen Nähe der amerifanische Konsularagent, ein Araber, sein Haus hatte. Ich war sehr froh, hier eine gastfreundliche Herberge zu finden, indem ich mich matt und unwohl fühlte.

In dem hohen, geräumigen Obergemach streckte ich mich auf dem Divan aus, se ber nach allgemeiner Stadtsitte im Orient auf drei Seiten der Wand hinlief. Der

Boden war mit Strohmatten belegt. Nachdem ich mich ein wenig erholt, nahm ich meine geschwächten Kräfte zusammen, um einen Gang durch die Stadt und ihre nächste Umgebung zu machen. Das Innere der Stadt bot aber wenig Bemerkenswertes. Es war ein Haufe ein- und zweistöckiger Häuser mit mehr oder weniger 5 schmutzigen Gassen. Ich ging zum Hafen hinaus, der an den nordwestlichen Stadtteil angrenzt. Hier hatten einst die thrischen Kaufleute ihre Handelsschäße aus- und eingeladen. Noch war ein Rest des alten Molo 1) vorhanden, und auf einer niedrigen Mauer im Wasser draußen sah ich wohl zwanzig Säulen nebeneinanderliegen. Doch der Hafen war gänzlich versandet. Nicht einmal kleinere Böte konnten ihn mehr 10 benußen, sondern mußten draußen vor der Mauer ankern. Halbnackte Lastträger wateten, ihre Bürden auf dem Kopfe tragend, durch das seichte Wasser zu den Schiffen hinaus. Die Stadt nahm bei weitem nicht den ganzen Flächenraum der Halbinsel ein. Da, wo ihre Mauern aber das Meer nicht berührten, zog sich ein fünstlich aufgeführter Wall längs dem Strande hin. Indem ich auf diesem Walle 15 herumging, bemerkte ich auf den naheliegenden Klippen sehr viele mächtig dicke Granit säulen. 20 bis 30 Fuß unter mir schlug die nimmerruhende Flut an die zahllosen Felsbänke. Der Wall war einst durch einen großen Turm, dessen unterste Schichten die Wellen beneßten, noch verstärkt gewesen; doch jezt lag dieses Bauwerk in Trümmern. Am weitesten zieht sich Sur auf der Südseite vom Strande zurück. 10 Hier breiteten sich zwischen dem Wall und der an mehreren Stellen eingestürzten Stadtmauer üppig sprossende Weizenfelder und daneben ein Totenacker aus. An der Südost ecke der Stadt gewahrte ich die einzige Ruine größeren Umfangs, die von der einstigen Herrlichkeit der Stadt zeugte. Es waren die Trümmer einer berühmten Kirche. In der Tat staunen mußte ich über die riesigen Maße, die man hier in Anwendung 25 gebracht hatte. Das Chor mit seinen Seitengewölben war noch erhalten, ja auch noch der Rest einer Wendeltreppe, auf der man wahrscheinlich auf den Turm hinaufgestiegen. Die Mauern dieser Kirchenruine hatten eine Dicke von 15 bis 20 Fuß. Am Boden lagen zwei kolossale Säulen aus Granit. Dieselben sind so schwer, daß die Ingenieure des Dschezzar Pascha im vorigen Jahrhundert keine Mittel fanden, so sie von der Stelle zu bewegen. Das einst gewiß prachtvolle Gebäude zeigte den griechischen Baustil, einfach runde Bogen. Dasselbe wurde im vierten Jahrhundert aufgeführt und galt damals für den herrlichsten Tempel Phöniziens. Hier entfaltete sich viele Menschenalter später der Glanz und die Pracht des lateinischen Gottesdienstes unter fränkischen Bischöfen, von denen der ehrwürdige Geschichtschreiber 35 Wilhelm von Tyrus allgemein berühmt geworden. Jezt aber ist die Herrlichkeit des christlichen wie heidnischen Thrus gänzlich ins Grab gesunken. Eine blühende, reiche Stadt, solange die Kreuzfahrer irgend welche Macht im heiligen Lande besaßen, und eine ihrer stärksten, am längsten gehaltenen Festungen, hat sich dasselbe seit dem verhängnisvollen Jahre 1291 nie mehr aus seiner Erniedrigung erhoben. Jahr40 hundertelang lag es in Trümmern, so daß die Reisenden nur erzählen konnten von der,,Stillgewordenen mitten im Meere". Das heutige Sur trägt kein altes Datum.

Ich begab mich noch einmal auf den über felsigem Strand erbauten Wall zurück, um mir ein Rundbild fest einzuprägen, das durch historische Erinnerungen wie durch landschaftliche Schönheit für jeden Wanderer etwas ungemein Ergreifendes haben 45 muß. Westwärts lag das Meer vor mir ausgebreitet mit dem ganzen Zauber seiner Unendlichkeit, dieses Meer, das einst die thrischen Kaufleute so fühn nach allen Richtungen durchfurcht. Zu meinen Füßen rauschte die Brandung. An den starrenden Klippen brachen sich die Wogen, bespülten die granitenen Säulen, die nach des Propheten Wort der Feind ins Wasser geworfen. Nach Osten zu gewendet umfaßte 50 der Blick die ärmliche Stadt, zwischen deren Hütten und Häusern einige Palmen

1) Molo Hafenbrücke, Steindamm.

schlank emporstiegen, die thrische Ebene mit ihren Sanddünen, Fruchtfeldern und baumreichen Gärten und ruhte am fernen Horizonte auf dem weißschimmernden Alpengebirge Syriens. 3ch hatte eine der ältesten Wohnstätten der Menschheit vor mir. Aber das heutige Eur betrachtend, konnte ich mit dem Propheten sagen: „Ist dieses eure freudenreiche Stadt, deren Alter von langer Zeit her ist?" Was war aus s Tyrus geworden, der Kronenspenderin, deren Kaufleute Fürsten und deren Händler die Vornehmsten auf Erden waren ?" Nicht viel mehr als eine „Wehrd, darauf man die Fischergarne ausspannt". Gerade zu Ezechiels Zeit, wie wir aus seiner schwungvollen Schilderung entnehmen, war Thrus eine durch Reichtum, üppigkeit, Glanz und Volksmenge hochberühmte Stadt. Das Weh des Propheten hat sich aber, 10 wenn auch freilich erst nach vielen Jahrhunderten, in buchstäblicher Weise erfüllt. Calmanassars und Nebukadnezars lange Belagerung, Alexanders des Großen Eroberung hatten nur vorübergehend schwere Folgen mit sich geführt. Zu Jesu Zeit war Tyrus eine betriebsame Handelsstadt mit doppeltem Hafen. Jesus und nachher der Apostel Paulus berührten dieselbe. Frühe bildete sich hier eine christliche Ge- 15 meinde, und im 4. Jahrhundert rühmte Hieronymus Thrus als die edelste und schönste Stadt Phöniziens. Heutzutage hat Beirut den Seehandel Syriens an sich gezogen. Sur scheint nach menschlicher Berechnung ein ärmlicher Marktflecken bleiben zu müssen.

52. Ninive.

Bon K. f. Becker.

Weltgeschichte. Leipzig 1874. Bd. I, S 93.

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Die Hauptstadt des mächtigen Weltreiches und die Residenz der assyrischen Könige war Ninive in Aturia, am linken Ufer des Tigris, einige Meilen oberhalb der Cyfusmündung, in der Nähe des heutigen Mossul. Die Stadt bildete ein längliches 26 Viereck und soll den enormen Umfang von 480 Stadien oder zwölf Meilen gehabt haben; die Bevölkerung wird zu zwei Millionen Seelen angegeben. Die Mauer der. Stadt war 100 Fuß hoch und so breit, daß auf ihr drei Wagen nebeneinander fahren konnten; dazu war sie mit 1500 Türmen von 200 Fuß Höhe zu besserer Verteidigung versehen. Die fast unglaubliche Ausdehnung von Ninive wird nament 30 lich dadurch erklärt, daß in den orientalischen Großstaaten innerhalb der stark befestigten und volkreichen Hauptstädte große Räume freigelassen wurden, die geeignet waren, bei langen Belagerungen durch Anbau und Fruchtertrag einer Aushungerung vorzubeugen. Die umfangreichen Ausgrabungen, welche in neuerer Zeit namentlich der Engländer Layard in den Ruinen von Ninive (bei den Dörfern Nimrud, Ku- 36 juntschik, Karamles und Khorsabad) angestellt hat, haben über die alte Stadt und ihre Umgebung, wie über die Zivilisation der Assyrer, viele interessante Aufklärungen verbreitet. Die Bauart in Assyrien war von der in Babylonien gebräuchlichen nicht sehr verschieden; auch hier baute man großenteils mit Ziegelsteinen, oft sogar mit ungebrannten; die Gebäude wurden durch Balken von Mauer zu Mauer gedeckt, und w dies bestimmte die Breite der Bauräume. Da das assyrische Niederland nur Palmen und Pappeln bot, die nicht mehr als 30 bis 40 Fuß lange Balken hergaben, so find die Gemächer und Hallen der in den Ruinenhügeln entdeckten Paläste fast immer lang und schmal; doch hat man zu Khorsabad auch Reste von Säulenstellungen gefunden. Das weichere Material nötigte ferner auch hier, die Mauern sehr stark zu ❝ machen. Die inneren Wände der Gemächer waren bis zur Höhe von 12 Fuß mit Blatten von Kalksteinen oder Alabaster bekleidet, die man in den benachbarten Bergen brach. Diese Steinplatten wurden mit Skulpturen geschmückt und bemalt; Keilinschriften, die unter denselben eingegraben waren, erklärten die Darstellung; auch die Gipsplatten der Fußböden waren mit 3nschriften bedeckt. Die Zimmerwände s oberhalb der Skulpturen wurden mit gebrannten oder glasierten Ziegeln ausgelegt, die Deckbalken mit Echnißwerk in Holz und Elfenbein, mit Platten von edlem

Kehra Kriebißsch, Deutsches Lesebuch. II. 16. Nusl.

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Metall verziert. Die Tore der Paläste von Ninive, die Eingänge der großen Zimmer und Hallen wurden von seltsamen, phantastischen Bildwerken bewacht; geflügelte Stiere oder geflügelte Löwen mit Menschenköpfen waren paarweise vor ihnen aufgestellt. Diese symbolischen Figuren haben eine Höhe von 10 bis 17 Fuß. 6 Ähnliche Bilder findet man auf den Skulpturen: geflügelte Männer und Frauen, liegende Löwen mit Flügeln und menschlichen Gesichtern, schreitende Greife mit Adlerköpfen, Flügeln und Löwengestalten u. dgl. m. Die erhaltenen Bildwerke gewähren über Leben und Bildung der Assyrer mehrfach nähere Anschauungen. Die Könige erscheinen in langen, mit Fransen besetzten Gewändern, die durch einen 10 Gürtel zusammengefaßt werden; auf dem Haupte eine kegelförmige, oben abgestumpfte Müße, Dolch und Schwert an der Seite. Eine höchst bedeutsame Rolle scheinen an ihrem Hofe die Eunuchen gespielt zu haben; fie umgeben auf den Bildwerken den König als Leibdiener, als Waffenträger u. s. w.; sie erscheinen auch als Beamte des Staates, als königliche Schreiber, und kommandieren Abteilungen von 15 Soldaten.

Eine Lieblingsbeschäftigung der afsyrischen Könige war die Jagd; davon geben die Bildwerke zur Genüge Zeugnis. Mehr aber noch lernen wir aus diesen Denkmälern von dem Kriegswesen kennen, welches die Assyrer ganz kunstmäßig betrieben. Das Fußvolk war in Scharen abgeteilt, die sich durch Kleidung und Bewaffnung 20 unterschieden. Die Schwerbewaffneten trugen kegelförmige Helme, oder runde Kappen mit einem hohen Kamme; Waffenröcke, die auf der Brust durch Stahlplatten gedeckt sind, und Schuppenhosen; zur Verteidigung führten sie ovale oder kreisrunde Schilde, und zum Angriff Lanzen und kurze Schwerter. Daneben gab es Bogenschüßen und Schleuderer, die auf den Bildwerken in der Weise dargestellt sind, daß sie aus dem 95 dritten Gliede über die vor ihnen in defensiver Stellung befindlichen Schwerbewaffneten hinwegschießen. Die Könige kämpften, wie wir das überall im Morgenlande finden, mit Pfeil und Bogen von ihrem Streitwagen herab; ebenso auch die unter ihnen stehenden Befehlshaber, die auf ihren Wagen zugleich die Feldzeichen ihrer Abteilungen führten. Außerdem gab es aber auch ganze Abteilungen von Streit30 wagen und starke, mit Lanzen oder Bogen bewaffnete Reiterscharen. Die Belagerungskunst war gut ausgebildet; man verstand es, die belagerte Stadt durch Einschließungswälle zu bedrängen, die Mauern zu untergraben, durch Minengänge in die feindliche Stadt zu bringen. Gewöhnlich jedoch pflegte man bei Belagerungen die Festungsgräben auszufüllen; dann ward die Mauer entweder durch Sturmleitern erstiegen, 35 während die Bogenschüßen die Verteidiger von den Zinnen vertrieben, — oder man suchte zunächst durch Sturmböcke, die man vor die Mauern führte, eine Bresche zu öffnen. Die Behandlung der Besiegten war orientalisch-grausam.

Für das häusliche Leben des Volkes sind die bisher entdeckten Bildwerke nicht so ergiebig gewesen; indessen zeugt alles, was sich in den plastischen Dar40 stellungen auf das Privatleben bezieht, sowie auch die zahlreichen Geräte, Cylinder, Goldwaren, Elfenbeinornamente, geschnittene Steine u. f. w., die man in den Ruinenhügeln ausgegraben hat, daß die Zivilisation der Assyrer eine bedeutende Höhe erreicht hatte, und daß ihre Gewerbtätigkeit auf einer sehr vorgeschrittenen Stufe sich befand. Ihre große Kunstfertigkeit geht namentlich aus den uns erhaltenen 45 Monumenten selbst hervor: die Skulpturen zeigen eine Kenntnis und einen Geschmack, welche alles, was wir sonst von eigentümlicher alt- asiatischer Kunst kennen, weit übertreffen; der Stil derselben ist in Zeichnung und Ausführung von dem ägyptischen unterschieden, er ist freier, natürlicher, minder typisch, und plastisch deutlicher als jener. Für den Ägypter ist der Umriß die Hauptsache; die assyrischen Skulpturen so sind stets voll modelliert; Ägypten liebt das vertiefte, Assyrien das hervortretende Bild. Die Nachahmung der Natur ist hier frischer, die Figuren der Menschen und Tiere sind im Gegensaß zu der ägyptischen Manier überall rund, voll, stark, ja

sogar übertrieben muskulös; der Ausdruck der Gesichter ist mannigfaltiger und lebendiger." Auch die gefundenen Bildsäulen zeigen eine geübte Behandlung der Formen und einen ebenso ruhigen, harmonischen, wie markierten Ausdruc.

53. Grab des Kyros.

Bon M. Duncker.

Geschichte des Altertums. Berlin 1853, Bd. II, S. 580.

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Aschylus läßt den Darius sagen, daß „Kyros ein glücklicher Mann gewesen, der allen liebevoll Frieden gegeben, dem die Gottheit nicht gezürnt habe, da er milde und wohlgesinnt geherrscht". In den Büchern über die Geseze heißt es, daß die Berser unter Kyros noch in der Mitte gewesen seien zwischen Freiheit und Knecht- 10 schaft, die Herrschenden hätten den Beherrschten Anteil an der Freiheit gegeben; darum seien die Krieger ihren Führern ergeben gewesen und tapfer in der Gefahr. Und wenn ein verständiger Mann dagewesen sei, so habe ihm Kyros Freiheit der Rede und Gelegenheit gegeben, sich zum gemeinen Besten auszusprechen, und habe die geehrt, welche einen guten Rat zu erteilen verstanden hätten, so daß zu der 15 Zeit Persien Fortschritte gemacht hätte durch Eintracht, Freundschaft und Gemeinschaftlichkeit der guten Ratschläge; Kyros selbst aber sei ein guter Heerführer und ein Mann gewesen, der sein Land liebte." Die Perser bewahrten dem Stifter ihres Reiches das dankbarste Andenken. Herodot versichert, daß die Perser den Kyros ihren Bater nannten,,, weil er milde regiert und ihnen alles Gute verschafft habe“; 20 und Xenophon bemerkt, daß Kyros seine Untertanen wie Kinder gehalten und dafür von ihnen wie ein Vater geehrt worden sei. Der Eindruck, den die Taten des Kyros hinterließen, die Dimensionen, welche sein Leben angenommen, müssen sehr groß gewesen sein; sonst war es unmöglich, daß sich die Sage und Poesie in der Weise, wie wir es gesehen, seiner Schicksale bemächtigte und dieselben mit wunder- 25baren Ereignissen ausschmückte. Der von Persien ausgehende Ruf von des Kyros friegerischer Größe und seiner Regentenweisheit muß auch bei den Hellenen so tiefe Wurzeln gefaßt haben, daß Xenophon es unternehmen konnte, an dem Beispiele des Kyros in einem historischen Romane zu zeigen, durch welche Mittel große Reiche erworben und behauptet würden.

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Nach allem, was aus den freilich sehr spärlichen Zügen der Überlieferung geschlossen werden kann, war Kyros wirklich ein väterlich gesinnter Regent für sein Boll, ohne Habsucht gegen die unterworfenen Stämme, mild und schonend gegen die Besiegten. Er war ein Feldherr von gutem, strategischem Blick und schneller Entschlossenheit im Handeln, ein König von mehr als gewöhnlicher Einsicht in die Motive 35 und Handlungsweise der Menschen, ein Mann endlich von großem Sinn, der hochgesteckte Ziele im Auge hatte und diese mit vieler Ruhe und Besonnenheit verfolgte. Er wollte seine Herrschaft auch nicht bloß auf die Gewalt gründen, sondern trachtete danach, derselben dauerndere Stüßen in bestimmten Interessen zu geben. Die Be= günstigung der Tyrannenherrschaften in den griechischen Städten, die Erhebung von 40 Sidon gegen Thrus, die Ansiedelung der weggeführten Juden in Palästina können. nur in diesem Einne gedeutet werden.

Zu Pasargada, wo Kyros seine Residenz gehabt, fand er auch seine Ruhestätte. In einem von Quellen durchrieselten, von Bäumen aller Art beschatteten, mit dichtem Grase bewachsenen Paradiese war ein viereckiges Gebäude aus Quadersteinen errichtet; 45 auf einem breiten Unterbau erhob sich oben das Gemach, in welches nur eine schmale Tür führte. Hier war der Leichnam des Kyros beigesetzt. Auf einem Ruhebette mit goldenen Füßen, über welches ein babylonischer Teppich und Purpurdecken gebreitet waren, stand der goldene, oben offene Sarg. Daneben auf einem Tische waren goldene Schalen und Becher und anderes Prachtgerät aufgestellt; außerdem 50 sah man persische Schwerter, Halsketten und Ohrringe, medische Gewänder, Ober

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