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gaben, die ich im höchsten Grade verehrte, die eine kühne Selbstständigkeit des Denkens behaupteten, unterwarfen sich willig der Kirche, und wenn sie auch eine sittliche Erneuerung wünschten, so dachten sie doch nie an eine Erschütterung der bestehenden Form, wie sie sich in Deutschland immer weiter verbreitete und auch mir immer nothwendiger erschien.

Ich ward aus diesem Grübeln herausgeriffen, denn mein Vater, obgleich er es gern sah, daß ich mich den Studien hingab, wünschte doch auch, daß ich als Edelmann dem Kriegshandwerk mich nicht ganz entzöge. Neben meinen Studien hatte ich von Kindheit an, wie es sich für einen jungen Edeln ziemt, die ritterlichen Uebungen keineswegs vernachläßigt. Die bürgerlichen Kriege, die noch immer mein Vaterland verwüsteten, waren meinem Vater ein Greuel, und auch ich würde mich damals nicht entschloffen haben, gegen die Hugenotten zu kämpfen. So verließ ich nach drei ruhigen Jahren, die ich in Neapel, Pavia und Padua zubrachte, meine ruhigen Studien, trieb mich in den verschiedenen kämpfenden Heeren herum, in mehreren Ländern, bis ich im Jahre 1588, ein und dreißig Jahre alt, nach meiner Heimat zurückkehrte. Ich lernte in Deutschland Eure Mutter kennen, auch ist es bekannt, wie innig wir uns liebten, wie ich nach einer langen,

glücklichen Ehe ihren Verlust beweinte, und wie noch immer meine Seele an ihr hängt. Du, mein ältester Sohn, jest selbst ein Greis, bist in Deutschland ge= boren. Noch immer war die Lage des Landes höchst zweifelhaft; dennoch begann die allgemeine Neigung für den König von Navarra sich immer mehr auszuspre= chen, und ich hätte diese Zeit reifen lassen, um dann erst nach Frankreich zurückzukehren, wenn nicht die immer zunehmende Krankheit meines Vaters, wie ich erfuhr, seinen nahen Tod hätte befürchten lassen. Ich kam zurück, drückte meinem sterbenden Vater die Augen zu, tröstete die trauernde Mutter und mußte kurz darauf in wichtigen Angelegenheiten nach Bordeaux reisen. Es war jene entseßliche Zeit, in welcher alle Parteien wild untereinander schwankten, Katholiken sich an Navarra, Hugenotten sich an die Guisen an= fchloffen. Alle Gefeße hatten ihre Macht verloren, der Krieg, der unter dem Vorwande der Religion durch Hofintriguen erzeugt war, trat eben so geseklos, eben fo frevelhaft und willkürlich, wie er durch Heere ge= führt wurde, in engeren Kreisen hervor. Alter Familienhaß stüßte sich auf die Religion, wie am Hofe, Geschlechter waffneten sich gegen Geschlechter, kleinere Herrschaften bekämpften sich wechselseitig, alle Straßen waren unsicher, Räuber trennten sich von den Heeren

und vermehrten die Verwirrung, und wer am wenigs ften an diesen Kämpfen Theil nehmen mochte, war dennoch in Gefahr, in die unglücklichen Streitigkeiten unwillkürlich hineingezogen zu werden.

So war auch ich genöthigt, meine Reise, so friedlich meine Absicht auch war, von dreißig wohlbewaff= neten Reitern begleitet anzutreten. Ich ritt an der Spise meines kleinen Trupps mit schwerem Herzen durch einen Wald. Als ich aus diesem herauskam, entdeckte ich nun die ersten Spuren des unglücklichen Krieges. Hecken waren umgerissen, Felder waren zerstört, Dörfer waren niedergebrannt oder verlassen, Haufen von Männern und Kindern sah ich händeringend in der Ferne herumirren. Als sie mich und meine Begleiter entdeckten, schrieen sie auf und entflohen. Vergebens suchte ich mich irgend Jemandem zu nähern, mich mit ihm zu verständigen, ein Jeder floh, und ich mochte die Angst nicht vergrößern, indem ich ihnen nachsehte. Es war ein herzzerreißender Anblick.

Es war die zweite Tagereise, wir waren früh ausgeritten, und als wir wieder eine zerstörte Gegend erreichten, war es Nachmittag. Die Sonne schien heiß, obgleich der Herbstmorgen kühl gewesen war, und ich ritt nun gedankenvoll und trübe weiter, als wir in der Ferne das Pferdegetrappel herankommender Reiter

hörten, denn die Gegend war öde und still, so daß man wohl in weiter Ferne einen jeden Laut vernehmen konnte. Ich war sehr besorgt. In einer so wilden Zeit konnte ich leicht in einen Angriff verwickelt werden, und meine friedliche Absicht würde mir zu nichts geholfen haben. Wir ritten langsam und bedächtig weiter, der uns noch unsichtbare Reitertrupp ritt, wie das Getrappel der Pferde bewies, auf uns zu, und endlich sahen wir, wie eine bewaffnete Schaar lang= sam sich aus einem dichten Walde hervor bewegte. Ein Feldweg, der von unserer Straße rechts abging und nach dem Walde zulief, trennte uns noch; die Sonne ward blendend von den hellen Harnischen zurückgeworfen. Sie schienen, als sie uns erblickten, zu stußen und mit ihnen zugleich hielten auch wir still. Nachdem einige Minuten auf eine solche Weise ver= gangen waren, während wir uns wechselseitig aufmerk= sam betrachteten, trennte sich der Anführer allein von seinem Trupp, ließ ein weißes Tuch wehen und ritt uns offenbar friedlich entgegen. Als ich dieses sah, entschloß ich mich, auf die nämliche Weise ihm_ent= gegen zu kommen, denn ich betrachtete dieses Vertrauen als ein gutes Zeichen. Als wir die uns unbekannten Reiter und diese uns zuerst erblickten, griffen wir, wie unwillkürlich, beiderseits nach den Waffen. Die Sä=

bel waren schon halb heraus gezogen, jest ließen wir fie wieder in der Scheide ruhen, und ich traf mitten auf dem Feldwege mit dem Anführer zusammen. Es war ein junger Mann, kaum fünf und zwanzig Jahre alt, und erschien mir so anmuthig, so freundlich und einnehmend, daß es mich dünkte, als hätte ich nie eis nen schönern Mann gesehen. Das feine, schlanke Pferd. schien mit fröhlichem Muthwillen unter ihm zu tanzen, und es war, als ginge jede Bewegung des Pferdes, obgleich selbstständig, vom Reiter aus. Das schwarze Baret mit wehenden weißen Federn hob den feinen, fast weiblichen Teint seines Gesichts. Sein großes Auge blickte mich freundlich an, und dennoch entdeckte ich einen trüben Zug des zurückgedrängten Schmerzes, der durch das anmuthige Lächeln, mit welchem er mich begrüßte, nur vorübergehend verdrängt ward. Ich muß. es Ihnen nur gleich sagen, sprach er, als er nahe war, daß ich ein Hugenotte bin und ich ein Katholik, gab ich zur Antwort und reichte ihm zugleich, damit er mich nicht mißverstehen sollte, die Hand. Er drückte fie herzlich und erwiederte: Ich darf diesem Händedruck trauen, denn er wird durch Ihren Blick bestä= tigt. möchten, rief ich, alle Katholiken und Huge= notten im ganzen Lande sich so die Hände reichen, wie wir, damit der unfelige Krieg endlich aufhörte, durch

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