Als unsre Ehe nahen sollte, mich Nach Juttah hin, zu seiner Mutter. O! Das war ein Weg, mein erster in die Welt. Zum ersten Mal sah ich das weite Land In seiner Herrlichkeit und jung und frei,
Wie ein entflohner Vogel, schwebt' ich fort, Die längst geahnte Pracht in mich zu saugen! Wie staunt' ich fromm die dunkeln mächt’gen Berge Mit ihren waldbelaubten Gipfeln an,
Das bunte Leben heller, reicher Triften,
Des Baches Thal, des Haines heimlich Dunkel Mit seinen balsamreichen Lüften all das Schien kaum mir irdisch, schien so paradiesisch, Daß ich erstaunte, wenn wir auf dem Wege Doch immer Menschen nur gewahrten. Endlich Als wir am dritten Morgen gar ins Land Der schwarzen Felsen an der Wüste kamen, Als mir der Wüste wunderbares Wesen Zum ersten Male in die Seele griff Und plöglich nach so reichem Lebensmeere Mir Gottes einsam stille Größe zeigte:
Da hielt mich Joseph nicht mehr in Entzücken, In trunkener Begeisterung des Höchsten
Wich ich vom Wege, sprang die mächt'gen Felsen Hinan, nach Antilopenart, zum Gipfel, Verlor mich in die Schlünde, um den nächsten Den höh'ren Gipfel zu erreichen, ganz Dies Wundermeer von mannigfach gefärbten, In majestät'scher Stille thronenden Felsen Zu überschauen. Mühsam folgte, scheltend, Mir Joseph, und wer weiß, wie lang' ich wohl Ihm noch entging, hätt ich nicht über mir Auf einer Spike plößlich eine lichte Und weiße himmlische Gestalt erblickt, Die mich mit wunderbaren Feueraugen Anglänzte, daß ich gleich zu Boden sank
Am Felsenabgrund da mich denn mein Joseph Ergriff und rettete. „War es ein Engel?" sprach ich. – „Ein Engel! Thörin, ein Essäer war's;
So war't Jhr wohl bei Juttah, Am Ziel des Wegs? Denn dort auch siedeln sie.
Er führte mich zu seiner Mutter; Doch bald, indeß das Mahl bereitet ward, Entschlüpft' ich, denn mein Geist fand keine Ruhe; Ein wundersam, unnennbar Weh durchzog mich, Das ich noch nie gekannt ich mußt' allein sein! Und in den Garten eilt' ich, der, in Felsen Gebettet, köstlich reiche Blumen barg. In eine Grotte trat ich, da ein Quell Aus einer Felsenbrust, künstlich geformt, In weites Becken sprang, zum Bade lockend, Und aus den Wänden niegesehne Blumen Die Luft mit reizend mächt’gem Duft erfüllten. Ich warf mich auf das Lager Gott, es war In mir ein Sehnen nach dem Ungekannten Erwacht, das ich in längstgeahntem Räthsel Und ungeahnter Majestät geschaut.
Ich weinte schluchzend heiße Thränenströme; Ich rief entzückt, ich rief verzweifelt auf
Zu Ihm, zu Ihm! und ich entschlief. Da kam Ein Traum zu mir, als sendete der Herr, Zu dem ich schrie, mir eine Antwort nieder.
Ich sah die Felsengrotte leis' sich öffnen Und blickte in des Himmels weites Blau Die Sterne blinkten schimmernd ungewiß, Als sei es Tag und Nacht zugleich - doch regsam, Ein Meer von matten ruhelosen Funken, Ein wüst unheimlich Bild unendlichen
Zerfloss'nen Seins. . . . Dann tauchte ein Gesicht auf Jezt war es Josephs Antlig jezt das Auge, Das von dem Felsen leuchtete. Nun ward's Ein dunkler Engel, der sich riesig groß Hin durch die Sterne streckte und sank nieder Er wurde dunkler stets und sank und sank Und kam mir furchtbar näher nun berührte Mich sein Gewand ein falter Schauer fuhr, Wie Eis, durch meine Glieder, und das Weltall, Das blasse, feuchte, ruhelose Meer,
War über mir und senkte immer tiefer
Mit furchtbar mächt'gem Druck sich um mich her. Ich schrie voll Angst
doch todt war meine Stimme;
Kein Laut entrang sich der gepreßten Brust
doch meine Glieder blieben
Gefesselt, starr und kalt. So lag ich Da glänzte licht am Himmel auf Ein Punkt Ein einz'ger Punkt, doch sieh, alsbald von ihm Floß Licht herab und floß in Wellen nieder, Und unerschöpflich, prachtvoll, wunderreich Floß, strömte dieses Licht in wachsenden Wogen Und hüllte rings mich ein und rührte mich an Nun ward es innen weit in meiner Brust Ach, Magdalena, das war unaussprechlich —! Ich weinte nicht, ich jauchzte nicht es war Heilig Erstaunen, war ein nie Erlebtes Und nie Geahntes! ach, es war erhaben,
Als öffnete Gott selbst mir seine Tiefen
Im Licht, sein Innerstes, Unendliches.
So weit und weiter ward mein ganzes Sein, Als würd' ich grenzenlos, das Weltall selber, Als wär' ich nicht mehr Leib, nein, schwebend Licht Und flösse auf, selig emporgeweht,
zu jenem Punkt, aus dem das Meer entströmte, Und nah'te, nahete bis überschwenglich Ich mich verlor in seinem Licht. Als ich Erwachte, sprang ich auf. Das Unerhörte, Das ich im Traum erlebt, warf auf die Kniee Vor Gott mich nieder da seh' ich im Eingang Den Engel wieder mit dem glühnden Auge . . Ich schreie auf. . . er schwindet . . . ich stürze hinaus Und rufe: Joseph! Joseph!! Da tritt Joseph Mir aus dem Gang entgegen und fängt mich auf. Ach, ich war lange krank und in den Träumen Kam alles wieder.
Magdalena.
Du hast mehr erlebt
Als Andere, Maria. Aber sprich
Von Deinem Sohn nun, da ihn Gott Dir gab. .
Du wunderst Dich mit Fug. Auch mir hat Niemand
Das Räthsel je gelöst! So muß ich glauben, Daß es unlösbar ist. Wer kennt die Wege,
Und wer den Rath des Herrn? Und wer darf sprechen: „Dies kann Er nicht?" Von jener Stunde aber Begann mein Leiden. Gott hat es gesendet!
Doch sprich, warum Du glaubst .
(Es ist vollkommen Tag geworden; ein Trupp Zeloten eilt über die Bühne in die Synagoge; es wird allmälig laut in dieser.)
Mein ganzes Wesen war seitdem gewandelt Ernst war ich, still und blieb's. Ja, wenn zuweilen Mich eine Gluth nach jenem Traum befiel, Die mich unheimlich wild erregte, ward ich Mir selbst verhaßt. Da, eines Tages nun Rief meine Sklavin meine Seele an, Beschwor mich weinend, alles zu gestehen,
Was sie mir erst entdeckte . . Zorn ergriff mich In Thränen, in Verzweiflung, rief ich Joseph Und sagt' ihm alles . . . . denn mit Blizes Macht Fiel gleich mir jene Stunde in die Seele.
Er stieß mich fort. Doch starb ich nicht. Mir gab Das Unerhörte Kraft und flößte mir
Wie einen Haß für Joseph in das Herz.
Ich ließ ihn nicht . . . Er mußte mich noch einmal Nach Juttah führen, hin zu jener Grotte,
Zu seiner Mutter hin. Ach, welche Tage Der finstern Qual, des thränenreichen Kampfes, Der Frömmigkeit und der Verzweiflung! O, Was sag' ich Dir, mein Kind? Das Dunkel blieb Doch Josephs Mutter ward mein guter Engel; Sie wies mich hin auf Den, der alles kennt, Den wunderbaren Gott, Jhn, der ja tief Längst in mir lebte. Da fand meine Seele Den Frieden und die Ruhe. Ja, noch mehr, Auch Joseph ward in Juttah wunderbar Gewandelt durch den Herrn denn eines Tages Kam er, der finster mich bisher verstoßen, Mild, liebevoll zu mir und lächelte
Voll Trost's in meine Thränen und ward neu Und väterlich ein Freund nach meinem Herzen. Gott lenkte ihn! denn Allen schwieg sein Mund, Doch still alsbald führt' er mich heim, sein Weib! (Ein größerer Trupp Zeloten eilt in die Synagoge; es wird alsbald sehr laut in ihr.)
Der Herr behalt' ihm ewig Seinen Segen! Dich aber, Mutter! Dich hat Gott geheiligt. (Stimmen im Innern der Synagoge.)
Hinaus! Hier ist kein Ort dazu! Jns Freie!
Mein Kind! komm fort! Hier nahet Sturm
Doch Ruhe ist im Tempel oben fomm!
(Beide verhüllen das Geficht; Maria führt die widerstrebende Magdalena nach dem Hintergrunde, wo sie zum Tempel hinaufsteigen.)
Eine große Versammlung jüdischer Bürger kommt in Aufregung aus der Synagoge auf den freien Play heraus. Darunter find: Jonathan ben Hannan, Gamaliel, Juda ben Tabai, Judas Iscarioth, Saul und andere Zeloten. Etwas später treten noch Jesus von Nazareth, Zeloten und fortwährend neues Volk zur Versammlung. Während der ersten Gespräche ein völliges Durcheinander bildend, formen die Versammelten bald einen weiten Halbkreis im Vordergrunde, welcher rechts wie links sich an Bäume und niedrige Ruhebänke lehnt, welch' lettere gegen Ende des Auftritts bestiegen werden.
Seht, auf der Antonia sind sie aufgepflanzt; aus allen Gassen von ganz Bezetha sieht man sie dort oben!
Wir haben sie gesehen, wir Alle!
In der obern Stadt nicht minder!
Und in der Zionsstadt auf dem Markte!
Ja, ja, von dort komme ich herab
Plate sah ich das Gößenbild! Eine ganze Eskorte steht schlagfertig um dasselbe herum.
Zebaoth! Zebaoth! Fluch den Römern! Tod den Römern!
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