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Zu solchen Utopien gehört nun vor allen Dingen der Glaube, dass Freundschaft und Liebe zwischen den Nationen oder Staaten als solchen herrschen könne oder müsse, oder gar gegenwärtig eigentlich schon herrsche. „Die Thatsache nun liegt vor als ausnahmslose Erscheinung von je an bis auf den heutigen Tag: zwischen Staat und Staat, zwischen Volk und Volk herrscht Feindschaft, ein durchaus gemüthloses Verhältniss des Wettstreites um alle Güter der Erde und um das Bestehen selber" (S. 8). „Dass ein Volk dem andern abgeneigt ist, dass diese Abneigung im Widerstreit der Interessen zum erbitterten tödtlichen Hass wird, diese repulsive Kraft des Bewusstseins des eigenen Werthes und des eigenen Wesens gehört unabtrennbar zur Gesundheit des Volkslebens. Ein Volk, welches das Fremde nicht hassen kann, ist ein erbärmliches Volk, unwerth der Selbständigkeit und nur bestimmt, geplündert und beraubt zu werden" (S. 34). Das klingt hart, aber es ist wahr, wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Fähigkeit, das Fremde zu hassen, eben nur hervortritt in Conflicten, welche dem nationalen Dasein an die Wurzel gehen. Nicht die Staaten hassen sich, denn diese sind so wenig des Hasses wie der Liebe fähig, wohl aber hassen sich die Völker, weil jedes in dem allgemeinen Kampf um's Dasein das andere in allen Mitteln und Grundlagen seiner Existenz in jedem Augenblicke bedroht, und diese gegenseitige Bedrohung in jedem Augenblick zum Ausbruch offener Feindseligkeit führen kann, Umstände, unter denen Liebe und Freundschaft wohl unter einzelnen Angehörigen zweier Völker, aber nicht unter den Nationen als solchen möglich sind. Das Höchste, wonach man streben könnte, wäre also das Verhindern solcher Conflicte, bei denen der natürliche schlummernde Völkerhass in voller Kraft auflodert; aber Liebe zu fordern zwischen den Völkern als solchen ist eine Chimäre, welche in der Lehre des jesuitischen Ultramontanismus, der die Absorption der Staaten in die Universaltheokratie des römischen Papstthums anstrebt, wohl noch einen gewissen Sinn hat, aber im Munde eines liberalen kosmopolitischen Humanismus eine Ausgeburt unverständiger Schwärmerei ist, die nur dazu dient, socialistische Umsturzparteien zu stärken, welche, wenn sie in mehreren Staaten an's Ruder gekommen wären, in ihrer ungebändigten Leidenschaftlichkeit das Naturgesetz des Völker- und Racenkampfes um's Dasein noch in ganz anderer Weise illustriren

würden als unsere bisherigen, diesen Kampf möglichst in friedliche Bahnen lenkenden Regierungen.

Benachbarte Völker oder Stämme ohne staatliche Organisation leben im beständigen Kriegszustand, und erst die Krystallisation zu organisirten Stammeshäuptlingschaften macht zeitweilige friedliche Unterbrechungen dieses Kriegszustandes möglich. Denn die Völker sind blosse Naturgewalten; erst in den Staaten tritt ein bewusst-vernünftiges Moment hinzu, welches den Drang der blinden Naturtriebe bis zu einem gewissen Maasse durch verständige Erwägung staatlicher Vortheile, d. h. durch klugen Egoismus bändigt, oder doch wenigstens mässigt und beschränkt, und in um so höherem Grade beschränkt, je höher die staatliche Organisation entwickelt, und je mächtiger dadurch der Einfluss einheitlicher bewusster Reflexion auf die politischen Handlungen der Nation geworden ist. Dem entsprechend sehen wir umgekehrt, dass, je mehr die staatliche Organisation in Auflösung und Zerrüttung geräth, desto lebhafter und ungezügelter die dämonischen Naturinstincte der Völker mit ihrem wilden Kampftrieb und Zerstörungsdrang sich hervordrängen, welche niemals um den oder die Führer in Verlegenheit gerathen, die diese dunklen Flammen schüren und zur Befriedigung ihrer persönlichen Ehr-, Herrsch- oder Gewinnsucht ausbeuten. Ganz verkehrt ist daher die Hoffnung, eine Verminderung der blutigen Völkerkämpfe von der wachsenden Friedensgesinnung der Völker zu erwarten; mögen die verhältnissmässig wenigen Wohlhabenden ein noch so grosses Interesse an der Friedenserhaltung haben, und mag es ihnen noch so gut gelingen, in friedlichen Perioden den Schein einer friedlichen öffentlichen Meinung zu erwecken, sobald ein Conflict auftaucht, den die Weisheit der Staaten nicht zu gegenseitiger Befriedigung beizulegen im Stande ist, werden jene Klassen mit einem Schlage ibren künstlichen Einfluss auf die Masse der Bevölkerung verlieren, es wird der nur die Oberfläche deckende reflectirte Firniss eines friedlichen Massenbewusstseins abfallen und der zu Grunde liegende instinctive Völkerhass wie ein seine Deiche durchbrechender Strom als Alles mit sich fortreissende Naturgewalt aus demselben hervorbrechen.

Also nicht auf die Völker, nur auf die Staaten, auf die Fortbildung ihrer Organisation und auf das damit in Wechselwirkung stehende Wachsthum des staatlichen Bewusstseins in den

Völkern kann die Hoffnung zunehmenden Friedens gegründet werden.

Der Staat ist moralische Person, er hat einheitlichen Willen im strengsten Sinne und Intelligenz; das Volk ist ein Conglomerat von Individuen, zwar von einer gewissen natürlichen und historischen Individualität, aber ohne Persönlichkeit, zwar von dunklem Drange getrieben und von zeitweiligen Willensströmungen durchzogen, aber ohne einheitlichen Willen, zwar von Raceninstincten getragen, aber ohne bewusste Intelligenz, welche sich erst im Rahmen des staatlichen Lebens entwickeln kann. Es ist deshalb streng genommen unrichtig, von einem Volkswillen zu sprechen, womit man gewöhnlich nur eine zeitweilig hervortretende Strömung in einer hervorragenden Zahl willensreifer Individuen des Volkes bezeichnen will, die oft nicht einmal die Mehrzahl der willensreifen Individuen, sondern nur die Mehrzahl der politisch Interessirten unter denselben umfasst. Insofern dieselben gewisse staatliche Functionen rechtmässig austiben (z. B. Wahlen), und in Bezug auf diese erst ihren Willen formuliren, werden sie ein Theil des staatlichen Organismus, eines der Momente, welche den Staatswillen erzeugen, und so kann der Volkswille selbst in einer so uneigentlichen und sprachlich unstatthaften Bedeutung doch nur als Moment des Staats willens und in Bezug auf diesen gedacht werden. Aber selbst so bleibt der jedesmalige Volkswille eine Summe von einzelnen Willensacten, während der jeweilige Stastswille ein einziger einheitlicher Act ist, welcher aus der Willensentscheidung der staatsrechtlich bestimmten Vertreter jener moralischen Person, die wir Staat nennen, resultirt, und welcher nur unter ganz besonderen Umständen bei embryonischen Staatsverhältnissen (Cantonverfassung) unmittelbar auf die Schultern der willensreifen männlichen Individuen des Volkes gelegt sein kann. So wenig ein Volks wille im eigentlichen Sinne existiren kann, so wenig eine Volks souveränität; auch diese kann nur der moralischen Person des Staates zukommen, und es ist gleich verkehrt, sie dem Volke oder dem Fürsten zuzuschreiben. Denn der Staat ist eine Corporation, und diese ist etwas wesentlich Anderes als die Summe ihrer Mitglieder, wie schon Savigny bemerkt.

Der Staat ist zugleich eine Anstalt und ein Verein und zugleich die Quelle des Rechts für alle anderen Anstalten und Vereine. Als Corporation ist er, wie schon erwähnt, eine ideelle oder moralische,

Person, wobei das Wort „moralisch" ohne moralisirende Nebenbedeutung als blosser Gegensatz von „physisch" zu verstehen ist, ähnlich wie in den Ausdrücken „moralische Ueberzeugung", "moralischer Zustand der Truppe". Das Wesen einer moralischen Person ist ein ,,substantieller Zweck" (substantiell ist hier im Hegel'schen Sinne zu verstehen), welcher dauernd physische Personen findet, die als seine Träger dienen, und in denen ihm Wille, Intelligenz und physische Ausführungskräfte dienstbar werden. Indem die moralische Person juridisch anerkannt wird als juristische Person, erlangt sie die rechtliche Vermögensfähigkeit und steht gesetzlich auf gleicher Stufe mit Unmündigen oder Wahnsinnigen, welche auch nur durch Vertreter handeln können. Keineswegs aber erschöpft das Vermögensrechtliche das Wesen der moralischen Person, so wenig wie der Fiscus die Staatspersönlichkeit erschöpft. Der Wille der moralischen Person ist absolut unfrei, weil durch den fixirten Zweck determinirt, und alle Willensentscheidung betrifft nur die Wahl der geeignetsten Mittel zum Zweck; insofern die Vertreter der moralischen Person andere Zwecke mit den Mitteln der moralischen Person verfolgen, verletzen sie einerseits ihre Pflicht als Mandatare, und haben andererseits aufgehört, den Willen der moralischen Person zu repräsentiren, indem sie diesen mit ihrem privaten Individual willen durchkreuzen. So z. B. wenn ein Bankdirector bedrängten Schuldnern ihre Schuld aus Wohlwollen erlassen wollte, oder wenn eine Staatsregierung die Staatsmittel dazu aufwenden wollte, um humane und philanthropische Principien in fernen Welttheilen zu fördern, von denen der Staat keinen Vortheil hätte. Da der Wille einer moralischen Person durch den in ihrem Statut oder Verfassung ausgesprochenen Zweck vollständig determinirt und in eine ganz bestimmte Sphäre eingeschränkt ist, über welche hinaus jeder Uebergriff das Wesen der moralischen Person aufhebt und als pflichtwidrige Privathandlung der Mandatare erscheint, da hiernach jedes andere Motiv des Handelns als die Zweckmässigkeit für den Zweck, welcher ihr Wesen selber, ihr eigentliches Selbst ist, d. h. als die klug berechnende Selbstsucht durch die Natur der Sache ausgeschlossen ist, so kann bei einer moralischen Person ihrem Begriffe nach weder von Gefühlsrücksichten noch von ethischen Gesichtspunkten die Rede sein. Der Staat als solcher ist jedes Gefühls (also auch der Zu- oder Abneigung) unfähig, er ist für Lob und

Tadel gleich unempfänglich, und kann ebensowenig sittlich wie unsittlich handeln. Die Staatsvertreter (Fürsten, Regierungen, Parlamente) sind zwar solcher Rücksichten fähig, aber sie haben als Staatsvertreter die Pflicht, ihre Erwägung der geeignetsten Mittel zum Staatszweck auf alle Fälle von diesen Rücksichten unabhängig zu erhalten, widrigenfalls sie den Staatswillen mit ihrem Privatwillen fälschen und so ihre staatlichen Pflichten verletzen.

Es giebt mithin für den Willen des Staates kein anderes Princip als die Zweckmässigkeit, welche zugleich Selbstsucht ist, aber nicht kurzsichtige, sondern klug berechnende Selbstsucht. Dieses Princip hat Machiavelli richtig erfasst, aber es fehlt ihm die weitschauende Klugheit, welche vor augenblicklichem Gewinn, der auf die Dauer gefährlich wird, zurückscheut und vor Allem so sehr als möglich das Vertrauen zu erwerben sucht, das allein durch Ehrlichkeit gewonnen wird. Diese Ehrlichkeit darf aber keinenfalls zur unzweckmässigen Principienreiterei werden; zur Herstellung des Vertrauens in einen Staat genügt es vollständig,,,dass man von ihm wisse, er bestrebe sich Treue zu bewahren bis dahin, wo er in seiner Selbsterhaltung dadurch gefährdet sein würde, wo also dringende Noth ihn zwingt, von der Treue zu weichen". Nur der Unverständige wird sein Vertrauen so weit treiben, mehr als dies von einem Staate zu erwarten. Unredlich zu sein in Nebensachen ist, wie für jeden Menschen, so in's Besondere für Staaten das Thörichtste und Unzweckmässigste, was sie thun können. Andererseits gelten aber auch alle noch so feierlich übernommenen Verpflichtungen und Verträge „nur bis dahin, wo für den Staat ein höheres Interesse als das des blossen Friedens und der Vertrauenswürdigkeit eintritt. Wer das nicht beachtet hat, als er den Willen des Staates zu binden unternahm, hat es auf eigene Gefahr gethan und den ihm dadurch erwachsenen Schaden sich selber zuzuschreiben". In formellen Nebendingen hat die Praxis seit den ältesten Zeiten eine Anzahl üblicher Observanzen herausgebildet, welche nicht aus philosophischen oder juristischen Motiven, sondern in Anerkenntniss ihrer überwiegenden Zweckmässigkeit für alle Theile so sehr als möglich inne gehalten werden; dies sind die allgemeinen völkerrechtlichen Bestimmungen. Es fehlt ihnen zum Begriff des stricten Rechtes sowohl die äussere Garantie durch eine über den Parteien stehende und diesen unbedingt überlegene Macht, als auch die

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