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lesenen Werken fand, und auf die zum Theil wie gerufen kommenden Funde, welche mir ein glücklicher Zufall in die Hände spielte. Ohne Zweifel hatte diese Beschränkung in den Hülfsmitteln ihre grossen Mängel, aber ich war mir dieser Mängel damals nicht bewusst, und fand später, dass sie auf den Inhalt meiner Arbeit keinen erheblich beeinträchtigenden Einfluss geübt hatten. Ich verliess mich wesentlich auf einen gewissen natürlichen Instinct betreffs der Unterscheidung bedeutender und unbedeutender Schriftsteller und betreffs der Sonderung des Bedeutenden von dem Unbedeutenden in den einzelnen Büchern, und bin hiermit, wie ich nachträglich wohl constatiren darf, leidlich gut gefahren, jedenfalls im Ganzen tausendmal besser, als wenn ich mich der Leitung eines Philosophieprofessors anvertraut hätte, wodurch mir freilich vieles erleichtert und manche unnütze Mühe erspart worden wäre.

Im Frühjahr 1865 gelangte ich bis Abschn. B. Cap. II, im Frühjahr 66 bis C. Cap. V, im April 1867 war das Werk vollendet. In den Sommern 65 und 66 lebte ich nur der Erholung und Zerstreuung, freilich auch der Lectüre, und im Herbst 66 verfasste ich, durch die Lecture Immermann's angeregt, in fünf Wochen das Drama,,Tristan und Isolde", ohne von den früheren dramatischen Bearbeitungen etwas zu wissen, und hauptsächlich in dem Wunsche, dass ein so prächtiger Tragödienstoff nicht unverwerthet bleibe. Wie zu meinem dicken philosophischen Manuscript der leise, so fehlte mir hier bei diesem Eintritt in den Dienst der tragischen Muse der laute Spott nicht.

Und doch war in der oben geschilderten Situation nur meine Fähigkeit und Kraft zur Objectivation meine Rettung vor geistigem Untergange gewesen. In ihr fand ich einen zunächst freilich rein innerlichen Beruf, und die höchste Befriedigung schöpferischer Thätigkeit, in ihr fand ich aber auch das Mittel, mich von demjenigen zu befreien, was unausgesprochen die Seele zernagt. Mit dem Pessimismuscapitel habe ich mir für immer den Weltschmerz als solchen vom Halse geschrieben und ihn in ein objectives affectloses Wissen vom Elend des Daseins geläutert, dadurch aber auch die ungetrübte Heiterkeit des im Aether des reinen Gedankens schwebenden, und von ihm aus die Welt und sein eigenes Leid wie ein fremdes Untersuchungsobject betrachtenden Philosophen mir zurückerobert. Dass der Schopenhauer'sche Pessimismus auch da be

geisterte Jünger finden, der Weltschmerz auch da sich spontan erzeugen kann, wo die bei mir zusammengetroffenen äusseren Verhältnisse fehlen, beweisen zahllose Beispiele; es wäre daher logisch ganz ungerechtfertigt, meinen Pessimismus aus meinen äusseren Lebensumständen erklären zu wollen. Vor allem spricht das dagegen, dass nicht der Pessimismus das mir Eigenthümliche ist, sondern seine Verschmelzung mit der optimistischen Entwickelungstheorie und die hieraus sich ergebende Ueberwindung des Schopenhauer'schen Quietismus und seiner Verneinung des Willens zum Leben; diese Ueberwindung aber habe ich mir nicht wegen, sondern gerade trotz der niederdrückenden äusseren Umstände errungen.

Ich weiss sehr wohl, dass das Werk, welches meinen Namen bekannt gemacht hat, ein Jugendwerk mit den Vorzügen und Fehlern eines solchen ist; ich gestehe offen, dass ich heute manches anders eintheilen, darstellen und ausdrücken würde. Aber ich weiss ebenso gut, dass es schade darum wäre, das Werk umzugestalten, und dem Publikum die weitere Benutzung desselben in seiner ursprünglichen Gestalt zu entziehen, in welcher es nun einmal Eigenthum der Geschichte der Philosophie geworden ist und als solches eine charakteristische Entwickelungsphase derselben repräsentirt. Deshalb habe ich in den späteren Auflagen von A enderungen Abstand genommen und mich auf erläuternde und vertiefende Zusätze beschränkt, und habe es vorgezogen, die etwa in Rede kommenden Modificationen in besonderen Schriften und Abhandlungen niederzulegen. Um Missverständnissen vorzubeugen, will ich jedoch ausdrücklich hinzufügen, dass die beiden Punkte, welche die heftigsten, sinnlosesten und unfläthigsten Angriffe gegen mich hervorgerufen haben, ich meine meine Ansichten über die Geschlechtsliebe und das Elend des Daseins, von solchen Modificationen nicht betroffen werden, sondern sich mir im Laufe der Zeit nur bestätigt und verschärft haben.

Der Grundirrthum in den betreffenden Angriffen ist die anscheinend durch keine Deutlichkeit meinerseits und durch keine Belehrung und Zurechtweisung von Seiten meiner Vertheidiger *)

*) Vergl. Oscar Blumenthal: „Der Begründer einer neuen Weltanschauung" im ,,Neuen Blatt" 1874 Nr. 46; A. Taubert: „Der Pessimismus und seine Geg

auszurottende Verwechselung zwischen dem Schopenhauer'schen Standpunkt der Verneinung des Willens zum Leben und dem meinigen der Bejahung desselben. Ihre Anknüpfung findet diese Verwechselung darin, dass ich die Ausrottung des Geschlechtstriebes, beziehungsweise den Selbstmord als die allein folgerichtige Consequenz des Egoismus oder Individual-Eudämonismus aufzeige, und dass die betreffenden Gegner gar nicht begreifen können, wie dieser ihnen allein geläufige Standpunkt des IndividualEudämonismus als ein schlechthin berechtigungsloser, nothwendig zu überwindender von mir hingestellt wird. Aus meinem philosophischen Gesichtspunkt, insbesondere aus dem meines Monismus, ist nun aber das Ganze das dem Einzelnen unbedingt Ueberlegene, und vom Standpunkte der hingebungsvollen Mitwirkung am Process des Ganzen sind demnach alle jene Instincte zu restituiren, welche vom Standpunkte des Individual-Eudämonismus als trügerische Illusionen entlarvt und verurtheilt werden. So wird unter andern auch die Liebe mit ihrer segensreichen unbewussten Wirksamkeit für die Veredelung der Menschheit und den Fortschritt des bewussten Geistes restituirt, und wie Luther dem katholischen Cölibat gegentiber, so habe ich der Schopenhauer'schen Askese und Willensverneinung gegenüber durch meine Verheirathung vor aller Welt documentirt, dass mein praktisches Verhalten sich mit meinen philosophischen Theorien im völligen Einklang befindet.

Die liebende Gattin, die verständnissvolle Genossin meiner idealen Bestrebungen, waltet in meiner bescheidenen aber freundlichen Häuslichkeit, in einer Wohnung, die dem parkartigen botanischen Garten Berlins gegenüber gelegen, die Annehmlichkeiten der Winter- und Sommerwohnung in sich vereinigt. In unserer Ehe vertritt sie das pessimistische Element, indem sie sich dem von mir verfochtenen evolutionistischen Optimismus gegenüber skeptisch verhält. Zu unseren Füssen spielt mit dem treuen vierfüssigen Gefährten ein schönes blühendes Kind, das eben mit der Verbindung von Zeit- und Hauptworten experimentirt, bereits bis zu dem

ner" S. 3, 37-41 und viele andere Stellen; M. Venetianer: „Der Allgeist" S. 64, 72 ff.; K. du Prel: „Der gesunde Menschenverstand vor den Problemen der Wissenschaft," u. a. m.

Fichte'schen Princip des „Ich" vorgedrungen ist, aber dasselbe, wie auch Fichte zu thun pflegt, vorläufig noch mit der dritten Person des Zeitworts verknüpft. Meine Eltern und Schwiegereltern sowie ein erlesener Freundeskreis sorgen für geistige Abwechselung und gemüthliche Anregung, und ein philosophischer Freund äusserte kürzlich: „wenn man wieder einmal zufriedene und heitere Gesichter sehen will, so muss man zu den Pessimisten gehen!"

II. Ueber wissenschaftliche Polemik.

(1874.)

„Kleine Fehler zu entdecken, ist von jeher die Eigenschaft solcher Köpfe gewesen, die wenig oder gar nicht über die mittelmässigen erhaben waren. Die wirklich erhabenen schweigen still oder sagen nur etwas gegen das Ganze, und die grossen Geister schaffen um, ohne zu tadeln.“ Lichtenberg.

,,Durch Irrthum zur Wahrheit!" Dies ist die allgemeine Signatur des Weges, den die Erkenntniss der Menschheit wandelt. Weil der Apostel recht behält, dass all unser Wissen Stückwerk ist, darum ist alles Erkennen mehr oder minder einseitig, nämlich durch die Seite des Ganzen bedingt, auf welche das Wissen gerade gerichtet ist. Indem die Sehnsucht nach einer Totalität des Erkennens aber unaustilgbar in des Menschen Herz gesenkt ist, macht auch trotz aller abstracten Einsicht in die Einseitigkeit unseres bruchstückweisen Wissens immer von neuem der Trieb sich geltend, den jeweilig erreichten Stand der Erkenntniss als eine Totalität der Wahrheit auszubauen. So wird das, was in gewissem Sinne richtig ist, als völlig und schlechthin richtig, die relative Wahrheit für eine absolute angesehen und damit wird die relative Wahrheit zugleich zur relativen Unwahrheit, was sie an und für sich noch nicht ist.

Der so entstandene Irrthum findet aber seine Correctur darin, dass ein anderes Individuum, ein anderes Volk oder ein anderes Zeitalter dieselbe Sache von der entgegengesetzten Seite betrachtet und diese für die wahre hält, gewöhnlich mit eben so viel und eben so wenig Recht. Bleibt die erstere Meinung diesem Volke nicht völlig unbekannt oder wird sie nicht als eine gänzlich verkehrte ignorirt oder als ein historisch erledigter Irrthum bei Seite geschoben, findet dieselbe vielmehr gewisse Vertreter neben der

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