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tagesgleiche, die Zwillinge1. Als Zwillinge werden von den Babyloniern Sin und Nergal angesehen, d. i. Mond und Sonne, wie wir S. 104 sehen werden, bez. ab- und zunehmender Mond. Bei Sonnen- und Mondrechnung gebührt aber in Babylonien dem Monde der Vorrang, denn er ist nach dem System der Lebenbringende im Gegensatz zur Sonne, die die Unterwelt repräsentiert. Deshalb ist das Zwillingszeitalter das Zeitalter des Mondgottes. Sargon sagt in seiner Prunkinschrift vom Könige von Meluhḥa, seine Väter hätten seit fernen Tagen, dem

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Abb. 23: Janus auf einem römischen Libralas.

Äon des Mondes (adî Nannar), keine Boten mehr an seine Vorgänger geschickt. Die königlichen Astrologen, die die Ereignisse mit den Gestirnen in Zusammenhang bringen, rechnen also nach dem alten Zeitalter. Auch andere Angaben bei Sargon zeigen die gleiche Erscheinung, daß statt des Nisan der um zwei

1) So sieht es wenigstens vom geschichtlich uns am besten bekannten Stierzeitalter rückwärts gesehen aus. Für das historische Zwillingszeitalter kam es nicht auf den Frühlingspunkt, sondern auf den Herbstpunkt an. Aber die Sache bleibt dieselbe. Wenn die Sonne in den Zwillingen bei der Frühjahrsgleiche stand, so stand der Vollmond im Herbstpunkte in Opposition.

Jeremias, A. Test. 2. Aufl.

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Stellen rückwärts liegende Sivan als Jahresanfang behandelt wird, als der Monat des die Geschicke regierenden Mondgottes (bêl purussê)1. Das Jahr begann im Zwillingszeitalter mit dem Sivan und schloß mit dem Ijjar; vgl. hierzu die Monatsliste S. 37 f.

Der römische Kalender beginnt das Jahr mit dem Janus, dessen Bild die beiden Mondhälften darstellt. Er entspricht also dem Zwillings(Mond-) Zeitalter, s. Abb. 23. Mit dem Dioskurenmythus ist deshalb auch der Anfang der römischen Geschichte ausgestattet, s. Winckler, I. c. Das scheint ein künstlicher Archaismus zu sein, der vielleicht auf die Etrusker zurückgeht. Der römische Kalender nennt den 7.-12. Monat Quinctilis bis Dezember; man weiß also, daß man an der Uhr des Weltjahrzeigers um zwei Stufen zurück ist 2.

Stierzeitalter.

Ungefähr von 3000 an stimmte der Kalender nicht mehr zur tatsächlichen Stellung des Frühlingsäquinoktialpunktes. Die Zeitrechnung mußte auf den Stier gestimmt werden, denn in das Zeichen des Stieres war der Frühlingspunkt gerückt. Das ist in der Tat geschehen, unter Sargon wird sich die Reform durchgesetzt haben. Hammurabi hat das Vorrücken des Frühlingspunktes zur Glorifizierung seiner Herrschaft als einer neuen Weltepoche benutzt. Es gelingt ihm,,die Erhebung des Marduk", des Stadtgottes von Babylon, zum König der Götter. Ein direktes Zeugnis, wie bei der Reform des Kalenders unter Nabonassar, besitzen wir nicht.

Der Jahresanfang müßte der Präzession entsprechend einen Monat rückwärts, in den Ijjar, verlegt worden sein und der Jahresschluß in den Nisan. Auch dafür haben wir keine direkten Zeugnisse. Aber wenn der König von Assyrien im zweiten Monat Ijjar inauguriert wird statt im Nisan, der im Widderzeitalter die Frühjahrstagesgleiche und damit das Neujahrsfest hat, so läßt sich das nur aus dieser Erscheinung erklären3. Man

1) Dieses Zeitalter war das der Einwanderung der semitischen Babylonier. Auf der Zwillingsrechnung ruhn die mythologischen Motive, die dem Beginn von Zeitaltern angehängt werden (Mondgestalt und Dioskurenmythus), s. Winckler, F. II, 370 ff., III, 289.

2) Zur Bedeutung der römischen Namen vgl. S. 38.

3) Ganz korrekt entspricht dem Widderzeitalter das Eponymat des Sargon, der dem dritten Zeitalter entsprechend im dritten Jahre seiner Regierung Eponym ist. Die gleiche Rechnung zeigt sich bei Nebukadnezar. Sargon bewies durch diese Anerkennung des Nabonassar-Kalenders seine Babylon-Freundlichkeit. Aber man hat eben zu gewissen Zeiten in Assyrien vielleicht im bewußten Gegensatz zu Babylonien den Fortschritt nicht mit gemacht; man ist beim alten Kalender geblieben, wie heutzutage die Russen.

mußte erwarten, daß dieses auf den Zwillings- bez. ,,Mond-Äon" folgende Zeitalter Sonnencharakter trägt, schon deshalb, weil die Hammurabi-Dynastie aus der Sonnenstadt Sippar stammt. Und das stimmt auch insofern, als Marduk wesentlich Sonnengott ist. Aber die Sonne erscheint hier nicht als Partnerin des Mondes, sondern in ihrer Zwei- und Vierteilung. Der Hauptpunkt ist dabei in jedem Falle der Punkt, in dem sich die Frühjahrstagesgleiche offenbart, der Sieg des Sommers über die finstere Macht. Dieser Punkt im Weltall gebührt ursprünglich Nebo; Nabû heißt,,Verkünder", als Morgenstern verkündigt er den neuen Tag im Jahres- und Weltjahrlauf. Aber wir wissen, daß Marduk an seine Stelle trat, s. S. 24. So wurde die Prärogative Babylons durch Vorgänge des astralen Weltlaufs begründet. Hammurabi rühmt sich, daß ihm die Erhebung Mar

1) Hommels Ansicht, daß der Sonnenkult genuin babylonisch und der Mondkult westsemitisch ist (Gesch. u. Geogr. Babyloniens S. 84 u. ö.) ist in der vorgetragenen Form unhaltbar. Nur soviel ist richtig, daß die Ackerbau treibenden Babylonier den Kult der Sonne von jeher besonders gepflegt haben (die Sonne bringt Wachstum und Ernte), während die nomadisierenden Babylonier westlich vom Euphrat den Mondkult besonders gepflegt haben; denn die heiße Sonne ist ihr Feind, der Mond des Nachts ist ihr Freund. Aber Sonnenkult und Mondkult haben immer nebeneinander bestanden. Der astrale Charakter macht, wie wir sehen, die altorientalischen Religionen geradezu zu Kalenderreligionen. Jeder Kalender aber, der mit den Jahreszeiten rechnet (und es handelt sich überall um die astralen Beziehungen zu den Erscheinungen des Naturlebens) ruht auf dem Ausgleich von Sonne und Mond. Gewiß gibt es eine kultische Hervorhebung des Sonnen- und des Mondkultus. Sie kann auf örtlichem Kult beruhen, sie kann durch die Interessen des Nomadenlebens einerseits und des Ackerbaulebens andererseits verursacht sein, sie kann auf einem die ganze orientalische Welt umspannenden System ruhen, für das Babylonien Mondland und Ägypten Sonnenland ist, aber weder in der Lehre noch in der die Lehre popularisierenden Mythologie des Orients kann irgendwie von der Sonne die Rede sein, ohne daß die Beziehungen zum Monde in Betracht kommen und umgekehrt. In der Theorie hatte in der ältesten uns bekannten Zeit der Mond, später die Sonne den Vorzug. Wenn von der Sargon-Zeit an die Sonne in den Vordergrund tritt, so ist doch der Mondkult auch zu seinem Rechte gekommen (z. B.: Hammurabi erhält die Gesetze vom Sonnengott, aber er sorgt auch für die Ausstattung der Mondstadt Ur), und er ist nie von seinen Kultorten verdrängt worden. Die Hervorhebung der Sonne in dem späteren Zeitalter beruht aber auf der geistigen Übermacht Babylons. Sehr spät ist noch einmal der Mond zur Vorherrschaft im vordern Orient gekommen : durch die Reform Muhammeds, der an die Kalender und Institutionen der Mondstadt Haran mit Bewußtsein angeknüpft hat. Das Werk Muhammeds bedeutet wie in diesem, so in manchem andern Punkte die letzte altbabylonische Renaissance, s. Winckler, MVAG 1901, 237 ff.

duks gelungen ist. Babylon ist Weltmetropole, weil Marduk, der durch den Stier symbolisiert ist, in dem Sonnenzeitalter als der siegreiche Jahrgott gilt, der dann auch den gesamten astralen Weltkreislauf repräsentiert 1.

Widderzeitalter.

Mit dem achten vorchristlichen Jahrhundert ist der Frühlingspunkt in das Zeitalter des Widders gerückt. Die astronomische Anerkennung und Festlegung dieser Tatsache gibt dem sonst unbedeutenden König Nabonassar (Nabû-naşir 747 bis 734) ein bedeutendes Relief. Sowohl die keilinschriftliche ,,babylonische Chronik" wie der ptolemäische Kanon fangen mit ihm an2, denn er beginnt astronomisch angesehen ein neues Zeitalter und wir müssen annehmen, daß er eine Kalender- und Zeitrechnungsreform durchgeführt hat, welche für Babylon als maßgebend anerkannt wurde. Und Syncellus sagt, Nabonassar habe nach dem Zeugnis des Alexander Polyhistor und Berosus sämtliche historische Urkunden, die seine Vorgänger betrafen, zerbrochen, damit nur noch nach ihm datiert werde 3. Die babylonische

1) Jedenfalls spielte der Zufall dabei eine Rolle. Die politische und wirtschaftliche Lage kam der Kalenderreform zu Hilfe, vgl. meine Monotheistischen Strömungen innerhalb der babyl. Religion, S. 7 ff. Auch der Jupiter-Charakter Marduks wird in Betracht gekommen sein. Jupiter ist nach Venus der leuchtendste Planet. Stand Jupiter, der etwa jährlich ein Tierkreiszeichen durchläuft, etwa in entscheidender Zeit im Stiere? Und wie steht es mit dem Stier - Symbol? Marduk wird auf dem Stiere stehend abgebildet. Ist die Stier-Symbolisierung des Marduk dem neuen Äon zuliebe und zur Bestätigung des Marduk als Obersten der Götter erfunden? Oder hat bei der Verlegung der Residenz von Sippar (denn dort residierte doch wohl vorher die Hammurabi-Dynastie) nach Babylon der Stier-Charakter des Stadtgottes Merodach den Ausschlag gegeben? Man könnte dazu die Rolle vergleichen, die das Widderheiligtum in der Ammon-Oase im Widderzeitalter erhielt, als die wissenschaftliche Zentrale von Babylonien nach Ägypten verlegt wurde. Zu beachten ist, daß das Ideogramm des Planeten Jupiter „Sonnenstier" bedeutet und als,,Furche des Himmels" (die der Sonnenstier pflügt) erklärt wird, s. Hommel, Aufs. und Abhandl. S. 356 u. vgl. oben S. 53 f. Welchen mächtigen Einfluß übrigens das Marduk-Jupiter-Zeitalter über seine Grenzen hinaus ausgeübt hat, mag man auch daran erkennen, daß sowohl die Griechen, wie die Römer statt ihres Stadtgottes den an sich durchaus nicht hervorragenden Zeus-Jupiter zum summus deus erhoben. — Auf das Stierzeitalter als Entstehungszeit deutet auch die dem Mithraskult zugrunde liegende Lehre.

2) KB II, 274. 290.

3) Chronographia 207 (vgl. ob. S. 55): συναγαγῶν τὰς πράξεις τῶν πρὸ αὐτοῦ βασιλέων ἠφάνισεν, ὅπως ἀπ ̓ αὐτοῦ ἡ καθαρίθμησις γένηται τῶν Χαλδαίων βασιLéor. Dem Tafelzerbrechen entspricht bei andern Zeitalter - Reformen das

Reform des Widderzeitalters ist in Babylonien nicht recht zur Geltung gekommen; denn sein astronomischer Beginn fiel mit dem allmählichen Niedergang Babyloniens zusammen. Aber die überwältigende Macht der babylonischen Kultur zeigt sich noch durch jahrtausendelange Nachwirkung der Normen des MardukStier-Zeitalters. Bis Xerxes blieb Babylon Herrin des Orients. Nach der Zerstörung des Marduk-Tempels ging die Pflege der Tradition auf Ägypten über. Das Orakel des Jupiter Amon in der Ammonoase gewinnt bei den Griechen besondere Bedeutung. Alexander der Große befragt das Orakel. Jupiter Amon ist seinem Wesen nach identisch mit Marduk. Aber er wird widderköpfig verehrt entsprechend dem neuen Zeitalter. Ein Zeugnis für die Durchführung der Widderrechnung liegt vielleicht bei Manetho vor. Er sagt, daß unter Bokchoris „ein dovíov sprach"; dovíov ist der Widder des Tierkreises1. Christus ist in der Apokalypse als Bringer des neuen Zeitalters ȧovíov, s. mein BNT 16ff.

XIII. Weltzeitaltermotive und astralmythologische Motive in der Geschichtsdarstellung.

Eine orientalische Geschichtsdarstellung ohne Rechnung mit Weltzeitaltern ist nicht denkbar. Die Gestirne regieren den Wechsel der Zeiten. Wenn die älteren biblischen Schriftsteller

sagenhafte Verbrennen der Bücher, in Persien unter Alexander, in China 213 v. Chr. unter Tschin-schi-hoang. Auch bei dem Brand der Bibliothek von Alexandrien wird dies Motiv mit in Betracht zu ziehen

sein. Es bedeutet den Beginn der islamischen Ära in Ägypten unter Omar, s. Winckler, Ex or. lux II, 2, 63.

1) Unser Kalender nennt heute noch den Frühlingspunkt den Widderpunkt, obwohl die Präzession längst in die Fische gerückt ist, und er spricht vom Wendekreis des Krebses und Steinbocks, obwohl er längst Wendekreis der Zwillinge und des Schützen heißen müßte. Vielleicht erklärt sich aus den „,Fischen“ das Fisch-Symbol der ersten Christenheit; in den Katakomben - Lampen sind es zwei Fische, von denen einer den andern verschlingt; die Erklärung aus den Buchstaben des Wortes izdvs: Ιησούς Χριστος θεου υἱος σωτηρ ist eine späte (vgl. Augustin civ. dei 18, 23) geistvolle Spielerei. Die Christen haben vielleicht unter dem Einfluß der orientalischen Gepflogenheit, die Zeitalter nach der Präzession zu charakterisieren, die neu angebrochene Aera mit den Fischen symbolisiert, um sie vom heidnischen Widderzeitalter zu unterscheiden. Die Tierkreisbilder nehmen verschiedenen Raum ein. Das Bild der Fische ist langgestreckt und beginnt dicht beim Widder. Der Talmud nennt den Messias, der ein neues Gesetz bringen wird. Das ist doch wohl Wortspiel mit nûn Fisch". Ein jüdischer Kommentar zu Daniel (14. Jahrh.) erwartet den Messias im Zeichen der Fische.

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