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merchen hinter der Wohnstube, welches die Ehre genoß, des Vaters Stube" genannt zu werden.

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Der Förster saß vor einem aus gutem Tannenholz ge arbeiteten Bulte, das schon die Schäße und Geheimnisse von mindestens drei Generationen der Familie Gutmann bes wahrt hatte. Auf der Klappe vor ihm waren Briefschaften, Papiere, Pacete ausgebreitet. Neben dem Pulte stand Leo.

Du gehst nun fort, mein Junge, sagte der Förster, vorläufig nicht eben weit; aber wohin Du auch gehst, ich denke, Du wirst das alte Haus hier stets als Dein Vaterhaus betrachten. Ich will thun, was an mir ist, daß Du der Liebe eines Vaters nimmer entbehren sollst. Zwar werde ich Dir nach der einen Seite hin nicht viel oder besser gar nichts helfen können; Du bist jezt schon viel ge= lehrter, als ich es je in meinem Leben gewesen bin; aber Leo, es kommen gar viele Fälle im Leben vor, wo Einer mit aller seiner Gelehrsamkeit sich nicht zu rathen und zu helfen weiß, und wenn Du in solchen Stunden an Deinen alten Onkel denken willst, so wird es Dich hoffentlich nicht gereuen.

Des Försters Stimme wurde bei den letzten Worten ein klein wenig unsicher; er beugte sein Gesicht tiefer und kramte zwischen den Papieren.

Hier habe ich Alles, mein Junge, fuhr er fort, was man so braucht, um sich die Polizei vom Leibe zu halten: den Trauschein Deiner Eltern, Deinen Taufschein, Impfschein und was denn sonst dahin gehört. Ich will es Dir aufheben, Du kannst es zu jeder Zeit von mir bekommen. Dann sind hier auch die Hefte und Schreibereien, die ich bei Deinem Vater gefunden habe; es ist nicht viel, wie Du fiehst. Ich habe nur eben so darin geblättert und will nun Alles in ein Packet binden; auch darüber magst Du einmal später bestimmen. Dies, lieber Junge, ist Deines Baters ganze Hinterlassenschaft. Aber laß Dir das nicht zu Herzen gehen. So lange der Freiherr und ich leben, soll es Dir bis zu dem Augenblicke, wo Du Dir Dein

Brod selbst verdienen kannst, an nichts, was zu Deinem Fortkommen nöthig ist, fehlen; und, wie gesagt, Leo, da der Mensch einmal nicht vom Brod allein lebt, sondern zu dem Leben, wenn es nicht gar öde und unfruchtbar sein soll, ein wenig Liebe gehört, so weißt Du, wohin Du Dich dieserhalb zu wenden hast. Na, mein Junge, jezt habe ich Dir genug vorgepredigt, und es ist Zeit, daß Du in den Wagen kommst.

Der Förster, der während der leßten Worte die Papiere weggekramt und den Schrank verschlossen hatte, erhob sich, umarmte den Knaben und küßte ihn auf die Stirn. Dann gingen sie aus dem Hause, wo sich die übrige Bewohnerschaft desselben nebst einigen wedelnden Jagdhunden eingefunden hatte. Das Mädchen, der Forstgehilfe reichten dem Scheidenden die Hand; Tante Malchen weinte; der Förster rief: Fort! Die Pferde zogen an, die Hunde bellten; Henri und Walter riefen Hurrah, und der Wagen rollte davon.

Sechszehntes Capitel.

Eine Strecke vom Dorfe entfernt, an den Hügel, welchen die Kirche krönte, sich anlehnend, war der Pfarrhof von Tuchheim mit seinen alterthümlichen, epheu-umrankten Gebäuden, zwischen denen stattliche Bäume mächtig emporragten und ihre gewaltigen Arme wie segnend über die Dächer breiteten, ein Bild des tiefsten ungestörten Friedens. Das dumpfe Bellen der Dorfhunde, das Krächzen der Dohlen, wenn sie des Abends aus dem Walde kamen, der blecherne Ton der Thurmuhr, die in unendlicher Monotonie die Stunden zählte, das tiefe Summen der Glocke, welche die Gläubigen zur Andacht rief das waren so ziemlich die einzigen Töne, welche von außen her in die Stille des

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Pfarrhofes drangen, und dieser Stille draußen entsprach die Ruhe, die für den Eintretenden fast beklemmend in dem alten, weitläufigen Hause herrschte. Wenn Doctor Urban die weißgescheuerte Treppe hinaufstieg, um die Schlafzimmer der Knaben, die sich in dem breiten Giebel des Hauses befanden, zu revidiren, so hörte man das Knarren jeder einzelnen Stufe und jeden seiner schweren Tritte über den langen Corridor, und wenn in der Küche den unsicheren Händen der Frau Urban ein Teller entglitt und auf dem Estrich in Scherben brach, so konnte sie mit Sicherheit darauf rechnen, daß ihr Gatte über Tisch die lächelnde Frage an sie richtete: wer denn heute Morgen schon wieder das häusliche Concert arrangirt habe. Es war, als ob die dicken Wände nicht blos Ohren hätten, Alles zu hören, sondern auch einen Mund, Alles wieder zu erzählen, und als ob sie sich dieser Mühe einzig und allein im Auftrage und Interesse des Doctor Urban unterzögen.

Ohne Zweifel war Se. Hochwürden die Seele des Hauses, und es war vielleicht eben deshalb, daß es so still und kühl und immer etwas dumpfig im Hause war, so oft und viel man auch die Fenster öffnete. Dabei war Doctor Urban keineswegs ein Kopfhänger oder schweigsamer Murrkopf. Im Gegentheil, er war sehr gesprächig, und selbst wo er sich genöthigt sah, einen Tadel auszusprechen, eine Rüge zu ertheilen, sehr höflich; ja er wurde immer höflicher und lächelte immer entschiedener, je kälter in solchen Momenten seine Augen blickten und je spiger er seine Worte sezte. Ich wollte lieber, er würfe mir einmal das Buch an den Kopf, als daß er mir jeden meiner Fehler lächelnd vorzählt, meinte Walter, und Henri, bei welchem doch die Phantasie gerade nicht vorzugsweise rege war, behauptete, Doctor Urban sei ein Vampyr und fräße heimlich Menschen. Henri bedeckte auch die Blätter seiner Diarien mit entseßlichen Carricaturen der starken Züge und der großen Gestalt des Doctors; er wußte die Stimme desselben auf das Ergöglichste nachzuahmen; besonders gelang ihm eine Scene

zwischen dem Pastor und der Pastorin, in welcher es sich um einen der vielen kleinen Unglücksfälle handelte, die der guten Dame so ziemlich täglich begegneten und die dem Doctor stets seine wizigsten und schärfsten Worte entloďten.

Walter, der ein unermüdlicher Zuhörer und Zuschauer von Henri's Schwänken und Schnurren war, wurde jedesmal böse, sobald der unbarmherzige Spötter auch Frau Urban nicht verschonte. Sie ist eine gute Frau, Henri, sagte der Knabe, und dabei glühten seine Wangen vor innerer Erregung; sie hat es nicht verdient, daß wir uns über sie lustig machen.

Meinetwegen, erwiederte Henri leichthin, und höre, Walter, wir haben ein paar Stunden frei, wollen wir die Mädchen abholen und sie Schlitten fahren? Das Eis auf dem Dorfteich ist excellent.

Dagegen hatte Walter nichts einzuwenden. Er hatte nie etwas gegen eine Partie einzuwenden, bei welcher er voraussichtlich in Amélie's braune Augen schauen konnte; und dergleichen Partien kamen jeßt oft zu Stande, da Silvia noch immer auf dem Schlosse zum Besuch war und Walter selbst sich der besonderen Gunst sowohl des Freiherrn als auch Fräulein Charlotten's erfreute. Auf Fräulein Charlotten's Wunsch, die jenen Abend, als die jungen Leute in dem Gartensaale sangen, nicht wieder vergessen hatte, war ein regelmäßiges Quartett eingerichtet worden, das unter der energischen Leitung der Miß Jones den erfreulichsten Fortgang nahm. Miß Jones unterzog sich auch der Mühe, ihre musikalischen Zöglinge in der Tanzkunst zu unterrichten, zum unsäglichen Ergößen Henri's, dessen mimisches Talent aus den grotesken Attitüden und entschiedenen Pas der etwas corpulenten Miß die fruchtbarste Nahrung zog. Nur Fräulein Charlotten's Gegenwart war im Stande, die tolle Laune des Uebermüthigen in Schranken zu halten. Glücklicherweise war die treffliche Erzieherin über den Verdacht, die Zielscheibe irgend eines Spottes zu sein, weit erhaben. Sie lebte ganz ihrem Berufe, freute sich jedes Fortschrittes

ihrer Zöglinge, liebte Alle und betete Silvia an, von der sie behauptete, daß sie mehr Genie besiße, als die sämmtlichen sechsunddreißig jungen Damen, die ihr bereits ihre accomplishments verdankten, zusammengenommen. Fräulein Charlotte gab der corpulenten Enthusiastin Recht, obgleich sie sich sehr hütete, die Bewunderung, welche ihr das junge Mädchen einflößte, merken zu lassen. Sie wird nur allzu früh erfahren, daß sie wenig ihresgleichen hat, meinte Fräulein Charlotte.

An diesen Uebungen und gesellschaftlichen Genüssen nahm Leo so gut wie feinen Theil. Den Aufforderungen, an den Musikabenden mitzuwirken, sezte er hartnäckig sein, ich kann nicht fingen" entgegen, und was das Tanzen anbetraf, so scheute selbst die resolute Miß Jones, die sonst Jedem Jedes zumuthete, vor dem Gedanken zurück, von dem düsteren Knaben im Ernste dergleichen zu verlangen.

Leo war zufrieden, wenn man ihn sich selbst überließ; er verlangte nichts weiter. Der Hunger nach Liebe, oder doch wenigstens Anerkennung, von dem er früher so viel gelitten hatte, war in dem Streben nach Heiligung, das seine leidenschaftliche junge Seele jetzt ganz erfaßt hatte, verschwunden.

Schon hier auf Erden heilig zu sein! Es war ja nicht unmöglich, hatte doch der Herr selbst die Vollkommenheit zum Gebote gemacht! Aber wie zu diesem Ziele gelangen? Durch die Flucht in die Einsamkeit, in jene Einsamkeit, in welche sich die großen Männer aller Zeiten begeben haben, um rein zu bleiben, oder im Kampf mit dem Teufel, dem Versucher, rein zu werden. O, das Leben eines Anachoreten, der am Rande der Wüste in der Grabkammer, die vor Jahrtausenden braune Hände in die Felsen meißelten, seine Wohnung nimmt! Wie groß die Stunde, wenn der glühende Sonnenball in dem wasserlosen Meere versinkt und nun das Dunkel heraufzieht mit den Myriaden leuchtender Gestirne! Wie beredt das feierliche Schweigen ringsumher! Wie innig die Zwiesprache mit dem Geiste, der über den

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