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Der Pastor lächelte; es war ein sonderbares, unheimliches Lächeln.

Sie verlangen viel zu wissen, lieber Leo, sagte er endlich; ich könnte Ihnen beim besten Willen dies Alles nicht so auf der Stelle und so auf einmal beantworten; aber da Sie ein guter Kopf sind und ich Respect vor Ihnen habe - was ich von sehr wenigen Menschen sagen kann, lieber Leo so will ich Sie wenigstens nicht ganz ohne Antwort lassen, wenn ich auch hie und da für Sie werde in Räthseln zu sprechen scheinen. Etwas, das nothwendig ist, ist vernünftig, und selbst wenn es nicht vernünftig ist, muß man es doch gelten lassen. Der Glaube aber ist nothwendig; ich will nicht sagen für alle Menschen, nicht für die zum Beispiel, welche, wie wir, den wahren Zusammenhang der Dinge durchschauen, wohl aber für den Pöbel, der eben, weil er seine Blindheit nicht los werden kann, Pöbel ist und immer bleiben wird. Wollen Sie, um mit dem Dichter zu reden - dem Dichter der Freiheit, lieber Leo! - daß man dem ewig Blinden des Lichtes Himmelsfackel leihe? Eine Welt in Flammen ist das Resultat noch jedes Versuches der Art gewesen. Das haben die Weisen aller Zeiten gewußt und haben danach gehandelt. Sie werden den Schlüffel zu diesem Räthsel finden, wenn Sie älter sind. Es ist im Menschenleben nicht anders, als in der ganzen Natur. Damit der Starke nicht auch zum Schwächling werde, müssen die Schwächlinge Schwächlinge bleiben. Fragen Sie Ihren Onkel, ob er es anders in seinen Schonungen hält. Sie find eine starke junge Tanne, Leo, und dürfen und werden fich durch Ihre Nebenbäume ich hätte beinahe Nebenmenschen gesagt nicht in Ihrem Wachsthum hemmen laffen. Ich glaubte eine Zeit lang, das Schicksal habe noch in anderer Weise für Sie gesorgt; aber gleichviel, bei einem Kopf und einer Arbeitskraft, wie Sie sie besigen, fönnen Sie füglich des Geburtsadels entbehren. Vielleicht wer kann es wiffen kommt einmal die Zeit, wo Sie mir wiedererstatten können, was ich jetzt für Sie thue; vielleicht

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erklimmen Sie eine Höhe, auf welcher Sie nur die Menschen achten werden, die zu verachten gelernt haben; wo es Ihnen vollkommen klar sein wird, daß dies scheinbar so fürchterliche Gesetz von der Herrschaft der Starken und Klugen über die Schwachen und Dummen auch eine Ordnung Gottes ist, die aufrecht erhalten sein will, und am besten, sichersten durch gewisse Mittel, deren sich, wie geagt, die Weisen aller Zeiten bedient haben, aufrecht erhalten wird. Und Leo, wenn Sie einmal auf jene Höhe sich hinaufgeschwungen haben, dann erinnern Sie sich dieser Worte, und erinnern Sie sich auch dessen, der sie Ihnen gesagt hat. Doch da höre ich die Anderen nach Hause kommen. Was wir hier mit einander verhandelt haben, bleibt natürlich unter uns. Der Anfang der Weisheit ist Verschwiegenheit.

Der Pastor lächelte abermals und reichte Leo die Hand eine große, kalte, etwas feuchte Hand, die der Knabe mit einem gewissen Schauder berührte. Bis heute war er stumm und trauernd um die Pforten des Paradieses geschlichen, immer harrend, sie könnten sich doch noch einmal wieder öffnen. Nun war auch diese Hoffnung ihm geraubt; die Thür war und blieb verschlossen. Und warum sollte sie nicht verschlossen bleiben? Was dahinter lag, war ja fein Etwas war nur eine glänzende Phantasmagorie, ein schöner kindischer Traum, ein Nichts.

Achtzehntes Capitel.

Die Monde rollen dahin. Aus dem Winter ist Frühling, aus dem Frühling wieder Sommer geworden. Die liebliche Tuchheimer Landschaft prangt im vollsten Schmuck. Wälder und Felder, Wiesen und Gärten haben sich zu einem

Riesenteppich vereinigt, durch den sich die Silberfäden krystallener Bäche schlingen. Unendlicher Thau fällt in den milden Nächten, und die Sommersonne, wenn sie nach kurzer Rast am wolkenlosen Himmel aufglüht, findet eine erfrischte Welt. In den blauen Lüften jubiliren die Lerchen; sie fingen aus einer Brust, so voll der innigsten Lebensfreude; es scheint ein Wunder fast, daß diese kleine Brust nicht springt.

Unterdessen sorgen und schaffen die Menschen, wie ste's gewohnt sind und die Zeit es heischt. Der Freiherr hat den Winter hindurch viel gearbeitet und gerechnet; er hat sich entschlossen, die Güter, die zu Martini außer Pacht kommen, von da an selbst zu bewirthschaften. Er trägt sich mit großen Verbesserungsplänen; Fräulein Charlotte hat genug zu thun, seinen Eifer in Schranken zu halten, seine Aufmerksamkeit auf das Nothwendige zu richten. Der Förster tommt jest kaum vom Schlosse fort, und wenn er nicht auf das Schloß kommen kann, so steht des Freiherrn Pferd oft stundenlang im Schatten der Linde vor dem Forsthause. Friz Gutmann weiß nicht blos seinen Forst zu verwalten, er kann eine Scheune oder einen Pferdestall projectiren, berechnen und billig herstellen troß dem besten Architekten, und was die Landwirthschaft betrifft, so gilt er in diesem Punkt drei Meilen in der Runde für die erste Autorität. Da giebt es nun zwischen dem Freiherrn und ihm gar viel zu ververhandeln und zu berathen. Der Freiherr wünscht, daß Friß die Försterei aufgiebt, weil er ihm als Verwalter in Feldheim und überhaupt als Stellvertreter viel besser nüßen kann; aber dazu kann sich Friß nicht entschließen. Wenn der Freiherr ihm ein kräftiges und schnelles Pferd in den Stall stellen will, glaubt er alles Nöthige vollkommen gut besorgen zu können. Der Freiherr erklärt sich damit einverstanden, vorausgeseßt, daß Friß sich eine bestimmte Summe als Zulage zu seinem bisherigen Gehalt gefallen läßt.

Diese Bedingung kann der Förster nicht annehmen; er meint, der Arbeiter sei freilich seines Lohnes werth; wenn

aber Jemand über seine Arbeit hinaus bezahlt werde, so komme ihm das vor, als ob man Hasen mit der Büchse schießen wolle. Der Freiherr habe schon, indem er die Pension für die beiden Inngen bei dem Pastor bezahle, genug und mehr als genug gethan. Damit müsse aber der Freiherr seiner Güte ein Ziel seßen. Fräulein Charlotte, welcher der Bruder den Fall vorlegt, sagt, Frit Gutmann habe vollständig Recht.

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Silvia ist noch immer ein Gast auf dem Schloffe. Sie hatte ursprünglich nur während Leo's Krankheit auf einige Wochen aus dem niedrigen Hause in dem herbstlich-feuchten Walde entfernt werden sollen; aber man kann sich nicht so schnell von dem lieben Kinde trennen. Es sprechen auch gar so viele Gründe für ihr Bleiben. Die beiden Mädchen Lieben sich so sehr wenigstens behauptet Amélie, daß sie sterben müsse und werde, wenn man ihr ihre Silvia, ihre Silvi raube. Miß Jones ist aus pädagogischen Gründen ebenfalls gegen die Rückkehr Silvia's in ihr Vaterhaus. Sie behauptet, daß Tante Malchen sich zur Erzieherin eines so begabten und so gearteten Kindes genau so gut eigne, wie eine kleine Gartengießkanne zur Bewässerung eines Weizenfeldes; daß es ihres Wissens überhaupt nur eine Person gebe, welche diesem Unternehmen gewachsen, und daß diese Person eine Dame sei, deren Namen zu nennen ihr die Bescheidenheit verbiete.

Der Förster hat nichts dagegen, wenn Silvia oben bleibt; er gönnt dem Kinde von ganzem Herzen die gute Gesellschaft, den guten Unterricht und die Liebkosungen, mit denen man sie von allen Seiten überhäuft, wenn er auch manchmal — besonders des Abends nach abgethanen Geschäften schmerzlich nach seinem Liebling verlangt. Und dann sieht er sie ja doch auch alle Tage, oder so ziemlich alle Tage. Das muß ihm genügen. Was soll denn aus den Kindern werden, wenn die Eltern nicht die Entsagung haben, fie beizeiten der Welt abzutreten, für die sie gebo= ren sind!

In dem Pastorhause ist, so viel man sehen kann, Alles beim Alten geblieben.

Doctor Urban zum mindesten sieht so stark und kräftig aus, wie nur je; auch hat sein Lächeln nichts von seiner Kälte verloren, haben seine Zähne nichts an ihrer Weiße eingebüßt. Frau Urban ist vielleicht noch einen Ton blasser geworden und ihre Augen etwa um ebenso viel röther; auch scheint ihr Verhältniß mit den Tellern und Schüsseln in der Küche noch immer kein ganz geregeltes zu sein; dafür ist sie aber von derselben Verbindlichkeit gegen Jedermann, Hoch und Niedrig, Reich und Arm, und noch immer kann ein freundliches Wort, das man ihr sagt, die geringste Aufmerksamkeit, die man ihr erweist, sie zu Thränen rühren.

Sie hat von dergleichen wenig zu erzählen, die arme Frau. Auf das Schloß oder überhaupt in Gesellschaft kommt sie sehr selten, da ihr Gemahl ihr gesagt hat, er habe nicht geheirathet, um anderen Leuten ebenfalls den Genuß der Ungeschicklichkeit und Unwissenheit einer gewissen Dame zu gewähren; und in ihrem eigenen Hause zittert sie vor ihrem Gatten, zittert sie vor Leo, der noch nicht drei Worte mit ihr gewechselt hat, zittert sie vor Henri, der ihr stets die Flaschen und Gläser bei Tische so stellt, daß sie fie umwerfen muß, zittert sie selbst vor ihren beiden Dienst= mädchen, welche sie verhöhnen, sobald sie es wagt, einen Wunsch auszusprechen; und nur in Ein Paar treuer Augen blickt sie ohne Furcht, nur Eine Hand hält ihre bebenden Finger mit warmem, treuherzigem Druck. Dafür aber liebt fie auch Walter, wie sie ihre Zwillinge (wenn sie nicht gleich nach der Geburt gestorben wären) geliebt haben würde, und in ihrer einsamen Kammer vor dem Einschlafen vergißt sie nie zu ihrem Gott zu beten, er möge den lieben Walter tausend- und tausendfältig belohnen für seine Güte und Treue gegen eine unglückliche, von aller Welt sonst verlaffene Frau.

Der arme Walter! Er ist gegen alle Menschen gut, und so würde er es ohne Zweifel gegen Frau Urban ge=

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