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wohl sehe, und weil ich keine Beweise in Händen hatte und anders Euren sicheren Glauben zu erschüttern nicht hoffen durfte.

Ja, ja, sagte der Freiherr, Du hast es schon damals gesagt; erinnern Sie sich, Herr Doctor? Ich fragte Sie nach dem Menschen, Sie stellten ihm ein günstiges Zeugniß aus.

Er hat mich getäuscht, wie er mit Ausnahme des gnädigen Fräuleins uns Alle getäuscht hat, murmelte Doctor Urban.

Nun, und was will er denn, was wollen denn die Leute? fragte der Freiherr.

Ich weiß es nicht, erwiederte Doctor Urban; es war mir unmöglich, aus den zwanzig oder dreißig Stimmen, die zu gleicher Zeit auf mich einschrieen, flug zu werden; überdies habe ich mich natürlich entfernt, als ich sah, daß meine Anwesenheit den Tumult offenbar nur vermehrte. Ich bin heraufgeeilt, Ihnen die Nachricht zu bringen, bevor die Bösewichter kommen.

Das werden sie nicht wagen! rief der Freiherr.
Doctor Urban zuckte die Achseln.

Da sind sie schon! rief Charlotte.

Auf dem Hausflur ließen sich laute, heisere Stimmen vernehmen, die in drohendem Tone nach dem Freiherrn fragten und riefen, dazwischen die ärgerliche, hohe Stimme Christian's, des alten Kammerdieners, der sich vergeblich Gehör verschaffen zu wollen schien.

Der Landrath und Doctor Urban sahen sich mit blassen, erschrockenen Mienen an; Charlotten's Blicke hingen an dem Gesichte des Bruders, auf dessen hoher Stirn eine rothe Zorneswolke lag. Seine braunen Augen blißten, er wendete sich hastig nach der Thür.

Was willst Du thun? rief Charlotte, sich ihm in den Weg werfend.

Mein Hausrecht wahren! erwiederte der Freiherr, indem er die Schwester von sich weg zu drängen versuchte.

Da erscholl neuer Lärm: Er muß zu Hause sein! Er soll zu Hause sein!

Laß sie herein und sprich ruhig mit ihnen! flehte Charlotte.
Um Deinetwillen, erwiederte der Freiherr.

Er ging und öffnete die Thür und rief, auf der Schwelle stehen bleibend:

Was will man von mir?

Wir sind hier im Namen der Gemeinde, antwortete eine Stimme, und wünschen eine Unterredung mit Herrn von Tuchheim.

So fommen Sie herein! sagte der Freiherr.

Von ein paar Männern gefolgt, trat Tusky in das Zimmer. Die Männer drängten sich, Verlegenheit in Haltung und Mienen, um die Thür; Tusky aber fam festen Schrittes näher und blieb vor der am Kamin versammelten Gesellschaft, welche die Unruhe schon längst von ihren Sißen aufgetrieben hatte, stehen, herausfordernden Troß in den strengen Zügen.

Was wünschen Sie von mir? fragte der Freiherr.

Ich wünsche Ihnen die Forderungen vortragen zu dürfen, welche foeben von der versammelten Gemeinde einstimmig beschlossen worden sind.

Ich gehöre auch zur Gemeinde, sagte der Freiherr mit Fronie; ist meine Stimme schon mitgezählt?

Wir kommen eben, uns Ihre Zustimmung zu erbitten, antwortete Tusky sehr ruhig. Wir verlangen nichts, als was Sie nicht verweigern können!

Warum nicht verweigern können?

Aus zwei Gründen. Einmal, weil wir, wie ich glaube, die Macht in Händen haben; sodann, weil Ihr Gerechtig= keitssinn Ihnen nicht erlauben wird, uns vorzuenthalten, was Ihnen nicht gebührt.

Und worin bestände das?

In Folgendem: Wir verlangen zuerst unentgeltliche Befreiung von allen Spann- und Hofdiensten, welcher Art sie auch immer seien; zweitens den sofortigen Wegfall des Zehents

an den Pfarrer und aller Naturalienlieferungen an den Hof, auf welchen scheinbaren Rechtstitel sie sich auch gründen; drittens das Aufhören aller und jeder Privilegien, die sonst noch auf diesem Gute und auf Ihren anderen Gütern haften, insonderheit das Freigeben der Gemeindewiesen zur Vertheilung an die Dürftigen in der Gemeinde; viertens die Ausstellung eines Reverses, daß Sie dies Alles aus voller Ueberzeugung von dem guten Rechte der Gemeinde und somit ganz aus freien Stücken für sich und Ihre Nachkommen auf ewige Zeiten abgetreten haben.

Und wenn ich mich zu nichts von dem Allen verstehe, was dann?

Dann würden wir, wie gesagt, was man uns ehemals mit Gewalt genommen, uns mit Gewalt zurückholen.

Nun denn, sagte der Freiherr, indem er sich strack in den Hüften aufrichtete, so sagen Sie denen, die Sie aufges hezt haben und als deren Sprecher Sie sich hier geriren, daß, von einem Privaten zu verlangen, was nur der Staat auf dem Wege der Gesetzgebung gewähren kann, einfach ein Unsinn ist; und zweitens sagen Sie ihnen, daß ich an der Abschaffung so ziemlich alles deffen, was sie verlangen, seit ungefähr dreißig Jahren arbeite und also mehr dafür gethan habe, als Ihr Alle zusammengenommen; und drittens sagen Sie ihnen, daß ich nichtsdestoweniger jeden, der mir, was ich freiwillig freudig hingeben würde, mit Drohungen abfordert, als einen Räuber, der bei nächtlicher Weile in mein Haus dringt, ansehen und demgemäß behandeln werde. Das sagen Sie den armen Leuten, und damit wären wir ja wohl für heute fertig.

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Für heute, ja, ob auch für die Zukunft, hängt ganz von Ihnen ab.

Das heißt?

Das heißt, daß ich demnächst wieder anfragen werde, ob Sie noch derselben Meinung sind, und daß, wenn dies der Fall sein sollte, ich Sie allerdings für die Folgen verantwortlich machen müßte.

Man wird Mittel finden, Ihnen zu begegnen, rief hier Herr von Hey, dem die Festigkeit des Freiherrn Muth_ge= macht hatte.

Tusky wendete sein finsteres Gesicht nach dem Manne mit der Brille und sagte mit herbem Spott:

Ich rathe Ihnen, Herr Landrath, Ihre Anwesenheit hier so wenig wie möglich bemerklich zu machen. Ich kenne Leute, die Sie gern der Mühe, sich von hier nach Hause zu begeben, überheben würden.

Sie haben von Anfang an ein falsches Spiel mit uns getrieben, junger Mann, rief Doctor Urban, und Sie werden es verlieren!

Möglich, erwiederte Tusky, aber ich hoffe es noch lange genug fortzusehen, um Sie zu zwingen, Ihre Karten aufzudecken, Herr Pastor.

Genug! rief der Freiherr; ich bin des Geredes satt! Gehen Sie, Herr Tusky, und nehmen Sie die Ueberzeugung mit, daß Sie sich in Ihrer Hoffnung, mich einzuschüchtern, schmählich betrogen haben.

Ich habe weder die Hoffnung, noch den Wunsch gehabt, Sie einzuschüchtern; ganz im Gegentheil! Ich wünsche Ihnen einen guten Abend. Kommt, Leute!

Tusky ging nach der Thür. Er mußte dabei an Charlotten vorüber, die sich während der Unterredung, wie es schien absichtlich, an diese Stelle begeben hatte. Als Tusky in ihrer unmittelbaren Nähe war, sagte sie mit so leiser Stimme, daß nur er es hören konnte:

Denken Sie an Ihre alte Mutter!

Meine Mutter starb heute Morgen, erwiederte Tusky in demselben Tone; mögen die Todten die Todten begraben!

Es mußten vor dem Schloffe noch mehr Leute versam= melt gewesen sein, denn gleich nachdem Tusky das Zimmer verlassen hatte, hörte man draußen mißtönendes Geschrei, das sich aber bald entfernte.

Es dauerte eine geraume Zeit, bis die im Zimmer Versammelten ihren Zorn, ihre Entrüstung, ihren Schrecken

so weit bewältigt hatten, um mit der nöthigen Ruhe die Frage, was man unter diesen Umständen zu thun habe, erörtern zu können. Der Landrath war entschieden dafür, sofort Militär zu requiriren, die Rädelsführer, Tusky an der Spite, zu verhaften und so den Aufstand im Keime zu ersticken. Der Freiherr wollte davon nichts wissen. Diese Menschen, rief er, sind nur fürchterlich, wenn wir Furcht zeigen. Haben wir uns ein einzigesmal so weit einschüchtern lassen, daß wir offen gestehen, wir können ohne fremde Hilfe nicht mit ihnen fertig werden, so ist unser moralisches Ansehen für immer untergraben.

Der Pastor hatte die Ansicht des Landraths auf das Lebhafteste unterstützt. Von dem Freiherrn gedrängt, gab er zu, daß er, nach den Erfahrungen von vorhin, sich persönlich nicht mehr sicher fühle.

Der Freiherr maß ihn mit einem halb verwunderten, halb verächtlichen Blicke.

Das wäre freilich schlimm, sagte er; wenn Sie, Herr Doctor, der Sie von berufswegen nur Wohlthaten zu spenden haben, sich die Liebe der Leute nicht erwerben konnten, was soll dann aus uns werden, den Herren, auf denen sichtbar und unsichtbar der Fluch unserer Herrlichkeit ruht?

Die Gäste hatten sich verabschiedet. Der Landrath saß bereits in seinem Schlitten, als Doctor Urban noch einmal Herantrat.

Ist es nicht reine Tollheit? murmelte er, mit einer bes zeichnenden Kopfbewegung nach dem Schloffe.

Die reine Tollheit, erwiederte von Hey, aber ich werde nicht so toll sein, mich daran zu kehren. Wir dürfen ihn die Suppe, die er sich selber eingebrockt hat, nicht ausessen Lassen -um unsertwillen nicht. Ich fahre so schnell die Pferde laufen können in die Stadt. In drei Stunden spätestens kann eine Compagnie hier sein.

Ich darf mich darauf verlassen?

Ganz sicher.

Der Landrath hatte seinem Kutscher die Zügel abge

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