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sei, er werde den Leuten in einem solchen Augenblicke durch persönliches Entgegentreten imponiren, daß er mithin sich und die Schwester, die sich nicht von ihm trennen wollte, voraussichtlich ganz nußlos einer dringenden Gefahr ausseße.

In diesem Augenblicke entstand eine Bewegung und Geschrei unter den Leuten auf der Rampe. Dazwischen rief eine vor Angst und Eile erschöpfte Stimme: Lassen Sie mich durch - um Gotteswillen, schnell!

Ein junges Mädchen, in welchem Charlotte sofort des Schulmeisters Schwester erkannte, kam auf den Vorsaal gestürzt. Ihre Kleider waren naß und hie und da eingerisfen, ihre Stiefel mit hartgefrornem Schnee überdeckt; von ihren langen schwarzen Zöpfen, die sich zum Theil aufgenestelt hatten, tropfte das Wasser; ihre grauen Augen fuhren unruhig suchend umher und blieben auf Charlotte haften.

Was willst Du, mein Kind? fragte Charlotte, indem fie auf sie zutrat.

Sie kommen, fie kommen! rief Eve, Charlotte anstierend. Beruhige Dich, besinne Dich, sprich deutlich, sagte Charlotte, das Mädchen bei der kalten Hand ergreifend; von wem weißt Du es?

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Von ihm von meinem Bruder und von Herrn Leo. Die Tannenstädter sollten auch kommen, aber die werden nun nicht kommen, das hat er davon und Eve lachte gellend auf und fiel dann wie todt in die Arme von Miß Jones und einer der Dienerinnen, die sich neugierig herzugedrängt hatten.

Wir wollen sie in das Zimmer schaffen, sagte Charlotte. Nach einigen Augenblicken trat Charlotte wieder zu den Männern.

Es ist mir kein Zweifel, sagte sie, daß die Eve eine ganz bestimmte Kunde von den Plänen ihres Bruders hat. Warum sie ihn verräth, weiß ich nicht; aber daß sie ihn verräth, ist offenbar. Sei versichert, Karl, es ist, wie das Mädchen gesagt hat.

So müssen wir das Schloß in Vertheidigungszustand sezen! rief der Freiherr.

Ich glaube, daß Ihnen nichts Anderes übrig bleibt, sagte der Förster.

Dem Freiherrn röthete sich die Stirn; diesmal aber nicht vor Zorn, vielmehr vor einer seltsamen freudigen Erregung, die ihm durch die Adern rieselte, in dem Augenblicke, als der Ruf zu den Waffen an sein Ohr und sein Herz drang. Seine Augen blißten, seine Brust hob sich.

Wie viel Gewehre haben wir? rief er.

Ein Dußend in Allem, erwiederte der Förster; das heißt, wenn Walter meine Gewehre, wie ich ihm geheißen habe, im Schlitten heraufgebracht hat. Ich erwarte ihn jeden Augenblick.

Und auf wie viel Leute glaubst Du, daß wir rechnen können.

Auf ungefähr eben so viel, sagte der Förster.

Unmöglich! rief der Freiherr, wo sollten die herkommen? Sechs find wir, uns eingerechnet, hier im Schloffe, antwortete der Förster; die sechs Anderen habe ich heute Nachmittag auf jeden Fall geworben. Es sind alles zuverlässige Leute von Ihren Gütern, die für Sie wie für das gnädige Fräulein durch Feuer und Wasser gehen. Punkt sechs Uhr brechen sie auf, um sieben ist der Lezte hier.

Der Freiherr blickte seine Schwester, dann den Förster an; er legte Frit Gutmann die Hand auf die Schulter und wollte etwas sagen, aber seine Lippen zuckten nur leise. Dann wendete er sich rasch ab und rief mit starker Stimme:

Halloh! Ihr da! Was steht und gafft Ihr! Kommt herein, und seid ruhig und verständig, und thut das, genau das, was ich und Herr Gutmann Euch zu thun heißen!

Zweinnddreißigftes Capitel.

Leo war seit vorgestern Abend, wo er in der Kirche mit Tusky die Unterredung gehabt hatte, wie in einem schweren Traume umbergeirrt. Was der Freund auch gesagt hatte, ihn vom Gegentheil zu überzeugen: er fühlte es wie ein zermalmendes Gewicht auf seiner Seele, daß er in dem Hause des Pfarrers nicht mehr bleiben könne, daß er das Band, das ihn an die Familie des Freiherrn, an seine eigene Familie knüpfen sollte und innerlich längst zerrissen war, auch äußerlich, in Aller Augen, lösen müsse.

Aber auch zwischen ihm und dem Freunde war es nicht mehr, wie es gewesen war. Es war Leo nicht entgangen, daß Tusky sein Versprechen, ihn nach und nach in alle Einzelheiten des Bundes einzuweihen, nicht erfüllte. Es gingen Dinge in der Gemeinde und in der Nachbarschaft vor, die Leo auf Tusky zurückführen mußte, und über die doch Tusky vorher nicht mit ihm gesprochen hatte und hernach nicht mit ihm sprechen wollte. Wer hatte die Kornschober auf den Hasenburg'schen Gütern, auf dem Hey'schen Vorwerk ange= zündet? Wer hatte die drei großen Dreschmaschinen, die der Freiherr auf seinen Gütern hatte aufstellen lassen, in einer Nacht zerstört? Tusky wollte, als er ihn fragte, nichts davon wissen. Dergleichen führt zu nichts, antwortete er, oder höchstens den, welcher sich mit solchen Albernheiten abgiebt, in's Zuchthaus. Welchen Nußen hätte dies Brandstiften für meine, für unsere Sache? — Vielleicht den, erwiederte Leo, daß die gegenseitige Erbitterung immer größer wird und die Leute sich nach und nach an Gewaltthaten gewöhnen, ohne die es schließlich, wie Du mir oft gesagt hast, doch nicht abgeht.

In Tusky's Augen hatte es, als Leo so sprach, seltsam geleuchtet; aber auch diesmal hatte er geschwiegen, war er Leo ausgewichen, wie früher.

Und nun kamen die Nachrichten aus der Residenz, und mit diesen Nachrichten Verwirrung für die ganze Gemeinde, eine sonderbare Aufregung, die jedem Scharfblickenden beweisen mußte, daß hier seit langer Zeit mit kluger Hand ein Zunder aufgehäuft war, den der erste Funke in Flammen seßen mußte.

Und die Flammen hatten nicht gezögert, hervorzubrechen, als der folgende Morgen die Nachrichten des vorigen nicht nur bestätigte, sondern noch viel wunderbarere brachte, die von den scharfen Winden in der Luft umhergewirbelt zu werden und, wo es ihnen beliebte, hinzufallen schienen, wie die Schneeflocken. Die ganze Gegend war in Aufregung, zumeist aber das Dorf Tuchheim, das von jeher durch seine Größe es zählte über tausend Seelen - den Mittelpunkt der Landschaft abgegeben hatte. Von allen Seiten strömte es aus den umliegenden Ortschaften herbei Bauern, Hinterhäusler, Tagelöhner und alle hatten ihre besonderen, ganz besonderen Nachrichten, von denen die einen immer abenteuerlicher waren, als die andern. Der alte König hatte abgedankt, war gefangen, war ermordet; die Residenz hatte gestern gebrannt, brannte heute noch, war ein Schutthaufen nein, nicht die Residenz, wohl aber die benachbarte Festung und Kreisstadt. Die Truppen waren mit klingendem Spiele zum Volke übergegangen; alle Reichen sollten ermordet werden, waren schon ermordet; ihr Geld war unter die Armen vertheilt. Jeder hatte dreißig - nein, hundert Thaler bekommen. Das mußte auch auf dem Lande geschehen; hier war die Sache noch einfacher; wie viel Pastoren und Herren gab es denn todtzuschlagen, und wer sollte sie daran hindern?

Solche Reden hörte man schon am Morgen.

Im Laufe des Vormittags, während dessen die Schänktische in den drei oder vier Wirthshäusern, die Tuchheim hatte, von rohen, zechenden Gesellen belagert waren, steigerte fich die Wuth. Man sprach, man schrie, man umarmte sich, die Bier- und Schnapsgläser in der Hand; man zankte, man

tobte, weil man sich über die Vertheilung der Beute, die in Aussicht stand, nicht verständigen konnte.

In dem Pfarrhause, das abseits des Dorfes und von dem Dorfe durch den Ausläufer des Kirchberges eigentlich getrennt lag, hatte man erst gegen Mittag von der großen Aufregung, die in Tuchheim herrschte, Kunde erhalten. Doctor Urban hatte die Sache leicht genommen und spöttisch gemeint: es sei doch eigentlich ein gutes Zeichen für den Wohlstand in der Gemeinde, daß die Männer an einem Werkeltage feiern könnten; aber Leo war vom Hause fort geschlichen, um zu sehen, was es gäbe, und womöglich den Freund zu sprechen, den er seit vorgestern Abend nicht gesehen hatte. Er fand Tusky vor der Thür des größten Wirthshauses auf einer Bank stehend und einen Kreis von vielleicht fünfzig Menschen anredend, die nach jedem seiner Säße Hurrah schrieen. Gerade als Leo herantrat, sprang Tusky von der Bank herunter, drängte sich durch die Halbbetrunkenen, die mit den vollen Gläsern auf ihn eindrangen, faßte seinen jungen Freund unter den Arm und führte ihn etwas abseits.

Es geht vortrefflich, Leo, sagte er; ich glaube, der Tag der Ernte ist gekommen; ich will versuchen, wie weit ich's treibe.

Glaubst Du denn wirklich an die Nachrichten aus der Residenz ?

Sie enthalten wenigstens nichts, was unmöglich wäre. Und da es mir nun einmal paßt, das Mögliche für wirklich zu nehmen, so habe ich den braven Burschen die Köpfe ge= hörig heiß gemacht.

Fürchtest Du nichts für Dich selbst? Das kann nicht verborgen bleiben und was dann?

Was dann? wiederholte Tusky; ja, Bester, das weiß ich nicht. Einmal mußte doch die Maske fallen; habe ich fie zu früh, habe ich sie zur rechten Zeit fallen lassen der Erfolg wird's lehren.

So hat auch für mich die Stunde der Freiheit geschlagen! rief Leo.

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