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allen seinen Schwächen Gott weiß welche liebenswürdigen Eigenschaften.

Und die hatte er auch! rief Walter eifrig; er war ein aufgeweckter, gewandter, wißiger Bursch, der kein Spiel verdarb und überall, wohin er seinen Lockenkopf und seine schelmischen Augen brachte, Lust und Leben trug. Nun, aufgeweckt, gewandt und wißig ist der Herr Assessor freilich auch, aber bei alledem verbreitet er feine Heiterkeit mehr um sich her, wenigstens nicht in dem Kreise seiner Familie. In der Politik ist er natürlich royalistischer als der König. Sein einzig Verdienst in diesem Punkte ist, daß er von Anfang an consequent gewesen ist. Er hat sich selbst während der Revolution über die Strohfeuer-Begeisterung, wie er es nannte, moquirt und den Kazenjammer, der folgen würde, mit einer Sicherheit vorausgesagt, die leider die Folgezeit nur zu sehr gerechtfertigt hat. Uebrigens ist er ein ausgezeichneter Jurist, und man prophezeit ihm allgemein eine glänzende Carrière.

Was sagt denn der Freiherr zu dem Allen?

Walter schüttelte den Kopf.

Der arme Herr! sagte er; es ist vielleicht das schwerste Unglück seines Lebens, daß er in seinem einzigen Sohn einen Fremden sieht, mit dem er kaum einen Gedanken, ein Gefühl gemein hat. - Auf jeden Fall ist dies Verhältniß zwischen Vater und Sohn das Skelet, das, nach dem Ausspruche des satirischen englischen Dichters, in jedem Hause irgendwo in einem verborgenen Winkel steht.

Du verkehrst viel in der Familie?

Nein; das heißt, ich komme so alle acht Tage einmal, wenn sie ihren öffentlichen Abend haben manchmal allerdings auch außer der Zeit aber meistens nur so im Vorübergehen wir wohnen ziemlich weit auseinander beinahe eine Viertelstunde

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Das ist keine große Entfernung für eine
Nein, es ist aber immer ein Hinderniß

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habe ich ja auch viel zu thun, weißt Du

indessen, wenn ich es recht überlege, bin ich doch ziemlich häufig dort.

Auf Walter's offenem Gesicht lag eine leichte Verlegenheit, während er so sprach. Auch hatte er die Augen niedergeschlagen, und als er jegt die Wimpern hob, lag in dem Blid, mit dem er Leo ansah, ein eigenthümlicher, halb fragender und halb bittender Ausdruck. Leo lächelte. Walter wurde roth und lächelte ebenfalls.

Warum lachst Du? fragte er.

Warum lachten die römischen Auguren, wenn sie einander in's Gesicht sahen?

Weil sie wußten, daß sie einander nichts weismachen könnten.

Vielleicht lachen wir eben Beide aus einem ähnlichen Grunde. Trink aus, Walter! Ich sehe, Du bedarfst des Weines, den Rest der Schüchternheit, die Dir noch aus den Tagen Deiner holden Jugend anklebt, zu besiegen. Was scheust Du Dich, mir zu sagen, daß Du Amélie liebst?

Ja, ich liebe ste! rief Walter, indem er aufsprang und lebhaft gesticulirend im Zimmer auf und ab zu gehen begann; ich liebe fie, aber woher weißt Du es?

Denkst Du, erwiederte Leo, sich in die Sophaecke zus rücklehnend, des schönen Sommerabends, als wir uns in dem Hohlwege, der nach Tannenstädt hinaufführt, begegneten und Du mir unter der großen Buche das Gedicht vorlasest, in welchem Du den Reim Façade auf Serenade zweimal angebracht hattest und von einem gewissen Paar brauner Augen nicht genug Rühmens machen konntest? Ich befand mich damals gerade in dem ersten Stadium politischer Glühhige und hatte wenig Sympathie für Dein Liebesfeuer, aber soviel sah ich denn doch, daß Du in der Narrheit Orden getreten warst; ich wußte auch, welcher Dame Handschuh Du an den Helm gesteckt hattest, und daß Du der treueste der treuen Ritter sein würdest.

Ja, beim großen Gott der Liebe, rief Walter, ich bin ihr treu gewesen mit jedem Schlag meines Herzens, mit

jedem Gedanken meiner Seele. Ich schaudere, wenn ich denke, was ich ohne diese Liebe wäre; oder vielmehr, ich kann dies gar nicht denken. In die erste Dämmerung meines Bewußtseins leuchten mir ihre Augen wie zwei glänzende Sterne, und haben mir seitdem geleuchtet Tag und Nacht. Oft, wenn ich es am wenigsten vermuthete in der Wüstheit einer Studentenkneiperei, in dem Morgengrauen durch die Fenster einer Wachtstube, in den schrägen Nachmittags-Sonnenstrahlen eines schläfrigen Hörsaales, in der schwülen Luft eines Examinations-Zimmers - sah ich plötzlich die lieben, lieben Augen, und ich wußte, was ich sollte, was ich wollte. Ich habe mich oft gefragt, wie dies möglich sei, wie ein Menschenkind eine solche Gewalt über uns ausüben könne, daß wir im eigentlichsten Sinne ihm gehören. Aber, Leo, was würde dies Wesen sein, was könnte es uns gelten, wenn es nicht die Verkörperung des Schönen und Guten wäre, wenn wir in ihm nicht die Idee anbeteten, die eben in ihm zur Erscheinung kommt!

Also, was man in der Aesthetik ein Ideal nennt, sagte Leo, nur daß die unhöfliche Wissenschaft lehrt, daß diese verkörperte Idee, dies Ideal nur ein Kunstwerk, nimmermehr aber ein Mensch sein könne, der im Gedränge der Wirklichteit steht und somit an allen Mängeln der Endlichkeit Theil hat, woraus denn hervorgeht, daß ein lebendiger Mensch nicht im höchsten Sinne schön sein kann und das wirklich schöne Kunstwerk leider immer todt ist.

Walter war stehen geblieben und hatte aufmerksam, aber offenbar voller Ungeduld zugehört.

Ja, ja, rief er jegt, das ist richtig, gewiß richtig; es fällt mir nicht ein, etwas, das so klar ist, anzuzweifeln; aber, Leo, das Leben ist mächtiger als die Wissenschaft. Ich weiß, daß die Erde sich um die Sonne, und nicht umgekehrt die Sonne sich um die Erde dreht; wir Alle wissen es und werden deshalb doch in alle Ewigkeit nicht aufhören, von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang zu sprechen. So ist es mit der Liebe. Wir machen die Geliebte zum Centrum

des Daseins, um das sich Sonne, Mond und alle Sterne drehen, nicht, weil wir naiv genug sind, in treuem Ernste an diese Weltordnung zu glauben, sondern weil wir fühlen, daß wir in dem Wirbel der sich drängenden Erscheinungen eines Mittelpunktes bedürfen, auf den wir Alles, es sei, was es sei, zurückbeziehen, und daß, wenn ein solcher Mittels punkt nicht vorhanden wäre, wir uns ihn schaffen müßten. Aber weshalb zu diesem Mittelpunkt nicht lieber eine unsterbliche Idee, als einen sterblichen Menschen nehmen? fragte Leo.

Weil, erwiederte Walter, keine Idee die Wärme der ges liebten Hand, die in unserer Hand ruht, erseßen kann, und nicht den süßen Klang der geliebten Stimme, und nicht das holde Licht der geliebten Augen; weil das Wort, das über den Wolken schwebt, erst dann vernehmlich zu uns spricht, wenn es Fleisch geworden. Ach, Leo, was soll ich sagen, was unsäglich; was soll ich Dich lehren, was Du nicht minder gut weißt als ich! Ja, Leo, gestehe es nur, auch Du liebst; auch Du kennst ein Weib, in dessen Liebe Du die Vollendung Deines Wesens siehst. Komm, laß uns trinken auf ihr Wohl! Sprich mir von ihr, erzähle mir von ihr! Ich bin in einer Stimmung, Alles gestehen und Alles hören zu können; ich bin so zu sagen in einer allwissenden Simmung.

Dann solltest Du auch wissen, daß ich nach dieser Seite hin nichts mitzutheilen habe, erwiederte Leo lächelnd. Aber wir sind mit Dir noch nicht ganz fertig. Es scheint mir, daß der Weg zu Deinem Ziel nicht ganz so frei ist, wie es wohl in Deinem Interesse wünschenswerth wäre.

Daran habe ich noch gar nicht gedacht, sagte Walter. Hm! Das klingt fast wie Leichtsinn aber vielleicht ist diese holde Gedankenlosigkeit gerade das Geheimniß Deines Glückes, an das Du gar nicht rühren darfst, wenn Dir der funkelnde Schaß nicht zehntausend Klafter tief versinken soll. Du machst ein bedenkliches Gesicht. Das Thema ist Dir peinlich. Laß uns von was Anderem sprechen.

Nein, nein, sagte Walter eifrig; ich bitte Dich, sag'

mir, was Du meinst. Du meinst, ein Gymnasiallehrer mit sehshundert Thalern Gehalt, der noch dazu Novellen schreibt, die Niemand liest, ist gerade keine besondere Partie für die einzige Tochter eines reichen Edelmannes?

Genau das meine ich, erwiederte Leo; aber freilich, Du warst ja immer der Liebling des alten Herrn. Vielleicht hat er mittlerweile vergessen, daß Du der Sohn seines Försters bist; vielleicht antwortet er, wenn Du zu ihm kommst und um die Hand seiner Tochter bittest, mit wohlwollendem Lächeln, wie der gutmüthige Onkel in der Comödie: Da habt ihr euch, Kinder! Seid glücklich!

Du bist grausam, sagte Walter; Du weißt recht gut, daß er das nicht antworten wird; daß er o mein Gott! Ich habe mir das wahrlich nie so überlegt; ich habe, sozusagen, immer die Augen zugemacht, sobald ich an diesen Punkt tam. Aber Du hast Recht, es ist ein Abgrund, tief genug, um all' mein Glück zu verschlingen - all' mein Glück! all' mein Glück!

Und Walter lief in dem Zimmer umher und gesticulirte mit den Händen.

Was sagt denn Deine Schwester dazu? fragte Leo.

Ich habe nie mit ihr darüber gesprochen; ich weiß nicht, ich habe in diesem Punkt kein Herz zu Silvia; sie denkt über die Liebe so ganz anders wie ich, oder vielmehr, ich glaube, sie denkt nur eben über die Liebe und hat nie geliebt.

Wie hat sie sich denn entwickelt, Deine Schwester? Sie ist groß und schlank, nicht?

Hier ist sie, so ähnlich wie ein Bild einem lebendigen Menschen sein kann, sagte Walter, indem er aus einer Mappe eine sehr schöne Bleistiftzeichnung nahm und sie vor Leo hinlegte. Es ist ein Meisterstück Amélie's, der Wirklichkeit mit dem feinsten Verständniß abgelauscht. Hier dieser Zug um den Mund, dieser Troß um die Unterlippe, und die Melans cholie in den großen Augen das ist prachtvoll. Findest Du nicht?

Leo antwortete nicht; er blickte, die Stirn in die Hand

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