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Damit rauschte Emma davon, und Leo folgte dem harrenden Diener in das Cabinet des Bankiers.

Herr von Sonnenstein empfing Leo heute mit besonderer Freundlichkeit. Er ließ Rheinwein bringen, schob eigenhändig die schweren Lehnstühle näher an den Kamin, fragte, wie Leo sich in seiner neuen Wohnung gefalle, und kam nach dieser Einleitung zu seinem Thema.

Einem klugen Mann wie Ihnen gegenüber, sagte er, an dem Wein nippend, ist unumwundene Aufrichtigkeit immer die beste Politik, und so sage ich Ihnen denn ganz aufrichtig, lieber Doctor, daß ich daß Sie mir einen großen Dienst leisten können, und daß ich im Begriffe bin, Sie um diesen Dienst zu ersuchen.

Leo erklärte seine Bereitwilligkeit und hoffte, daß er im Stande sei, sich so, wie er wünsche, dienstbar zu erweisen.

Sie sind dazu im Stande, sagte der Bankier, Sie oder Keiner, wie es im Lustspiel heißt schmeckt Ihnen der Wein?ja, Sie oder Keiner, denn Keiner steht den beiden Parteien so nahe, wie Sie, ohne von der einen oder der anderen Seite beeinflußt zu sein, und besigt zugleich Geschäftskenntniß genug, um in der Sache ein competentes Urtheil zu haben. Sie ahnen wohl schon, daß es sich um eine Differenz handelt, die zwischen meinem Schwager und mir nun schon seit vier Jahren obwaltet.

Ich ahnte etwas der Art, erwiederte Leo mit leichtem Lächeln; denn der Freiherr hat mir ganz kürzlich einige Andeutungen über dieselbe Angelegenheit gemacht.

Und was hat er Ihnen gesagt? rief der Bankier eifrig; aber warum frage ich danach? denn was er Ihnen auch gesagt haben mag, das Wahre haben Sie auf jeden Fall nicht erfahren; das können Sie nur von mir, von einem Geschäftsmanne hören, dem es schon tausendmal leid gewesen ist, daß er sich mit einem Grandseigneur in ein Geschäft eingelassen hat.

Herr von Sonnenstein sagte dies in einem spöttischen Ton, war überhaupt erregter, als Leo ihn je gesehen. Er

nippte an dem Wein und fuhr mit einer Stimme fort, welcher er vergeblich einen gleichmäßig ruhigen Klang zu geben versuchte:

Die Sache ist für Jemand, der überhaupt denken kann, die einfachste von der Welt. Ich brauche Ihnen die Motive, die mich vor nun sieben Jahren bewogen, auf den Gütern meines Schwagers die Fabriken anzulegen, nicht lange zu detailliren. Ich wollte Geld verdienen, das versteht sich, und hier lag es sozusagen auf der Straße: billige Arbeitslöhne, wohlfeile Betriebsmittel, Wasser in Fülle, Kohlen in der Nähe, fahrbare Straßen, in Aussicht stehende Eisenbahnen. Ich dachte sogleich an Eisenhämmer und Maschinenfabriken; es fonnten in dem Artikel große Geschäfte gemacht werden. Wir vereinigten uns auf Grund der folgenden Bestimmungen: Ich gab das ganze Anlageund Betriebskapital, nebenbei viermalhunderttausend Thaler, aus meiner Tasche, jedoch in der Weise, daß die Hälfte dieser Summe von mir für Rechnung meines Schwagers, der damals gerade keine baaren Mittel verfügbar hatte und dem es zu unbequem war, sich durch Hypotheken oder sons stigen Realcredit das nöthige Geld zu verschaffen, gezahlt wurde, natürlich gegen die üblichen Zinsen. Zu meiner Sicherheit ließ ich dieses Kapital als erste Hypothek auf die Fabrikgrundstücke eintragen. Der Werth des Grund und Bodens ward zu einem niedrigen Tarwerthe dem Unternehmen zur Last und dem Conto des Freiherrn gutgeschrieben. Ich habe mich Ihnen doch deutlich gemacht?

Vollkommen, sagte Leo. Sie hatten bei dieser Einrichtung von vornherein den Freiherrn in den Händen.

Der Bankier warf unter seinen buschigen Augenbrauen einen schnellen, prüfenden Blick auf seinen Gast; dann, als er Leo's unbewegtes Gesicht fah, sagte er lächelnd:

Nun ja, er hätte mit Jemand, der die Situation rücksichtslos ausgebeutet hätte, schlimmer fahren können: mit mir war das natürlich anders. Ich machte die Proposition, weil ich auf andere Weise nicht hoffen konnte, meinen Schwa

ger bei der Sache zu interesfiren, und dann, weil ich bei allem meinem guten Glauben an die Rentabilität der Unternehmung ein doch immer mögliches Risico als vorsichtiger Geschäftsmann nicht allein tragen mochte.

Gewiß, sagte Leo, denn, gaben Sie auch das ganze Kapital her, so war Ihnen der Freiherr doch für die Hälfte Garant und konnte Ihnen im Verlustfalle aus seinem Vermögen Ersatz leisten, ohne daß zu einer Subhastation der Fabriken geschritten zu werden brauchte. Im ungünstigsten Falle, wenn der Freiherr andere Zahlmittel nicht schaffen konnte, blieb Ihnen immer die Hypothek, durch welche Sie sich das Eigenthumsrecht auf das ganze Unternehmen sicherten. Ich bemerke dies blos, um Ihnen zu zeigen, daß ich Ihnen mit Aufmerksamkeit gefolgt und, wie ich glaube, au fait bin.

Durchaus, sagte der Bankier, Sie haben einen herrlichen Kopf für Geschäfte. Nun, die Sache kam in Gang. Fremde Arbeiter, die wir unter annehmbaren Bedingungen acquirirten, gaben den einheimischen die nöthige Anleitung; ein ansehnlicher Gewinn ward erzielt; die Harmonie zwischen mir und meinem Compagnon und Schwager, der, wie Sie wissen, unterdessen in die Stadt gezogen war und

unter uns

ein großes, ein zu großes Haus machte konnte nicht vollkommener sein; er war mit seinem Gewinnantheil sehr zufrieden und dankte mir wiederholt für die Hartnäckigkeit, mit der ich ihn in die Unternehmung gedrängt hatte. Aber schon gegen Ende des zweiten Jahres bekam das Ding ein anderes Aussehen. Ich hatte immer gefürchtet, daß die Concurrenz sich alsbald gierig auf die von mir aufgedeckte Fährte stürzen werde, und den etwaigen Ausfall auch von vornherein in Rechnung gebracht; aber es kam schlimmer, als ich gefürchtet hatte; die Fabriken wuchsen rings am Walde wie Pilze in die Höhe, zum Theil unter noch günstigeren Bedingungen; dazu wurden gerade damals die Conjuncturen in unserer Branche überhaupt schlechter; wir hatten an Außenständen große Verluste, und um das

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Unglück voll zu machen, brachten uns ein paar Waldbrände oben nach Tannenstädt und den anderen Dörfern hinauf die jedenfalls angelegt sind, obgleich die Untersuchung nichts herausgebracht hat einen solchen Wassermangel, daß wir uns entschließen mußten, einen artesischen Brunnen anzulegen. Sie wissen, was das sagen will! Kurz, es ward nicht nur kein Gewinn erzielt: es wurden neue Kapitaleinschüsse zur Deckung der Verluste erforderlich. Der Freiherr, der vertragsmäßig die Hälfte beizusteuern hatte

Zahlte natürlich nicht, warf Leo ein.

Zahlte natürlich nicht, wiederholte eifrig der Banfier; er verlangte vielmehr, daß ich seinen Theil mit übernähme unter denselben Bedingungen, wie den ursprünglichen Kapitalantheil. Das konnte ich nicht und das wollte ich nicht. Ich war in meinem Bankiergeschäft bedrängt; ich verlangte von meinem Schwager nicht allein die Zinsen des Anlagekapitals, sondern auch mit Bestimmtheit die neuen Einzahlungen.

Die der Freiherr verweigerte, sagte Leo.

Die der Freiherr verweigerte, fuhr der Bankier fort, trotzdem ich bat, wo ich ein Recht hatte, zu fordern, bis ich endlich sogar mit Subhastation drohte.

Zu der Sie es selbstverständlich nicht kommen ließen, sagte Leo.

Bewahre, sagte der Bankier, es sollte nur ein Schreckschuß für ihn sein; aber die Drohungen hatten nicht besseren Erfolg, als die Bitten. Können Sie sich ein solches Bes nehmen erklären?

Nur durch eine Annahme, erwiederte Leo.

Und die ist?

Der Freiherr traut Ihnen nicht.

Hat er das gesagt?

Ich erwähnte schon vorher, daß der Freiherr sich nur in den allgemeinsten Andeutungen gegen mich bewegt hat, erwiederte Leo ruhig, während Sonnenstein's schwarze Augen

fast ängstlich an seinem Gesichte hingen; oder vielleicht hat er wirklich kein Geld.

Unmöglich! rief der Bankier.

So bleibt eben nur die erste Annahme; aber Sie ha= ben mir die Sache noch nicht zu Ende erzählt. Wir waren bei den mageren Jahren; es folgten denselben, wenn ich nicht irre, respectabel fette, die ja wohl auch noch andauern.

Nun ja, sagte der Bankier; ich hatte die Fabrik natürlich fortwährend im Gange erhalten; ich lebte mich in die Concurrenz ein, machte sie zum Theil todt; die Preise stiegen, während die Arbeitslöhne so ziemlich auf der ursprünglichen Höhe blieben; das Geschäft ging gut und geht gut, aber

Verzeihen Sie, daß ich Sie unterbreche, sagte Leo, weiß das der Freiherr?

Nun ja, ohne Frage, das heißt

Das heißt, er hat seit dem Ausbruch des Conflicts nie wieder Abrechnung erhalten?

Aber mein Gott, rief Herr von Sonnenstein, das ist ja selbstverständlich. Was hilft es, mit einem Partner abrechnen, der todter als todt ist?

Dann ist es, wie ich vorhin muthmaßte, sagte Leo; der Freiherr kann sich nicht denken, daß ein Unternehmen, wel= ches in den ersten Jahren so gute Früchte getragen, sich von einigen Calamitäten, die es im dritten und vierten Jahre betroffen und deren Größe er jedenfalls unterschäßt, unter glücklicheren Conjuncturen, wie sie seitdem eingetreten sind, nicht schon längst erholt haben, und nicht die bedeutendsten Gewinne jest abwerfen sollte. Eine Rechnungsablegung, die ihn über den Stand der Dinge aufklären würde, kann er nicht gut fordern, da er zuvor zahlen müßte. Er ist also mißtrauisch und glaubt Ihnen nicht; er muthmaßt, daß Sie ihn hintergehen, daß Sie alleiniger Eigenthümer der Fabriken werden wollen, bildet sich auch vielleicht ein, daß Sie von vornherein die Sache darauf angelegt haben, denn ohne Zweifel ist für ihn die Eintragung seines Kapitalan

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