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Also doch! rief sie heftig, also doch das hoffärtige, eitle Geschöpf, die naseweise Försterdirn, die ist es, die Sie lieben! Nun, ich gratulire! Ich gratulire von ganzem Herzen! — und Eve brach in das kurze, rauhe Lachen aus, das Leo seit jenen Jugendtagen nicht wieder von ihr gehört hatte.

Die Kranke nebenan stöhnte.

Nehmen Sie wenigstens Rücksicht auf Ihre Tante, sagte Leo rauh; dann seßte er freundlicher hinzu: Sie sind sehr erregt; Eve, in solcher nächtlichen Stunde treiben die Dä monen ihr Spiel mit uns. Wir werden morgen Beide ruhiger sein. Leben Sie wohl, Eve.

Eve starrte ihn noch immer an; ihre zitternden Lippen murmelten etwas, das Leo nicht verstand, dann wendete sie fich von ihm und eilte in das Nebengemach, wo die Tante lag.

Und ich hätte ihr beinahe geglaubt, sagte Leo zu sich selbst, als er auf der Straße stand und noch einen Blick nach dem Palais warf, dessen plumpe Masse wie ein finsteres Geheimniß in die Nacht emporwuchs.

Fünfzigstes Capitel.

Einige Wochen später der Winter ging bereits zur Rüste, und der Frühling schaute durch die jagenden Wolken manchmal schon ganz dreift mit blauen Augen hernieder auf die Erde saß Frau Rehbein eines Abends in ihrem bes haglichen, mitten zwischen der Werkstatt und der Pugstube gelegenen Wohnzimmer. Es ging auf neun Uhr, die Stunde, in welcher Herr Rehbein, wenn er nicht abgesagt hatte, aus seiner bescheidenen Bierstube oder aus einem seiner zahlreichen Vereine nach Hause kam, mit seiner Frau den Thee

zu trinken. Die Minuten des Wartens an dem wohlvers sorgten Theetisch pflegte Frau Rehbein der Lectüre zu widmen; cs sei dies ihre einzige freie Zeit, behauptete sie.

Ob seine Frau wirklich lese, oder ob sie es sich nur einbilde, darüber konnte der würdige Meister niemals recht mit sich in's Klare kommen. Es war ihm kein einziger Fall bekannt, aus dem mit Sicherheit der Einfluß irgend welcher Lectüre auf ihre Denkart hätte nachgewiesen werden können, und so viel stand fest, daß er sie noch jedesmal, so oft er hereintrat, über ihrem Buche in ihrem Lehnstuhl eingenicht gefunden hatte. Es geht mir eigen, pflegte Frau Rehbein entschuldigend zu sagen, wenn ich ein Buch recht liebgewinnen soll, muß ich erst ein paarmal darüber eingeschlafen sein.

Aber heute schlief sie nicht; fie las, las sehr eifrig; die runden, gutmüthigen Augen starr durch die große Hornbrille auf das Buch gerichtet, das sie dicht neben der Flamme der Lampe etwas von sich entfernt hielt, unter fortwährender, langsamer Bewegung der dicken Lippen. Rehbein würde erstaunt, ja erschrocken gewesen sein, hätte er seine Gattin so gesehen; aber freilich war das Buch, das im Stande war, so die Gewohnheit eines langen Lebens umzustoßen, ein Buch ganz besonderer Art.

Frau Rehbein hatte einen speciellen Theil an diesem Buche; einen specielleren als alle anderen Menschen, be= hauptete fie. Sie hatte es entstehen sehen, Seite um Seite, wenn sie des Morgens, nachdem Walter zur Schule gegangen war, jedes der auf dem Tisch herumgestreuten Blätter mit irgend einem Gegenstand beschwerte, damit Walter beim Nachhausekommen Alles so wiederfand, wie er es verlassen hatte. Sie hatte Walter hundertmal über diese Blätter ge= beugt sigen sehen, wenn sie ihm am Abend den Thee brachte; fie hatte oft genug, wenn sie in der Nacht aufwachte und Alles im Hause still war, dumpfe Schritte gehört und gewußt, daß es Walter war, den sein Buch einmal wieder nicht schlafen ließ. Daß dieses Buch, sozusagen, das Buch

der Bücher und so groß wie die größte Bibel oder die dicken Lerika, die zu ihrem Jammer immer auf den Stühlen herumlagen, werden müsse das hatte die gute Frau sich nach und nach fest eingeredet, und sie war deshalb nicht wenig enttäuscht gewesen, als ihr Walter vor einiger Zeit ein paar mäßig große, zierlich gebundene Bände in die Hände legte.

Indessen: es war doch das Buch, das erwartete Buch! da stand es mit ordentlich schauerlich großen Lettern auf dem Titelblatte, und, wenn ja noch ein Zweifel übrig blieb, so war auf dem Schmußblatte in Walter's eigener Hand zu Lesen, daß der Verfasser dieses Exemplar in dankbarer Gefinnung seiner lieben Frau Rehbein gewidmet habe. Das gute Geschöpf weinte helle Freudenthränen, als sie das las, und jedesmal, wenn sie am Abend das Buch aufschlug, weilten ihre Augen einige Minuten lang mit zärtlichem Ausdruck auf den paar einfachen Zeilen.

Es ging nicht eben schnell mit der Lectüre. Frau Rehbein's Gewohnheit war es niemals gewesen, sich beim Lesen zu übereifen, und bei diesem Buche wäre es nun gar Frevel gewesen. Und dann war es zum Theil doch auch schwer verständlich, so daß man Manches zwei-, dreimal und auch öfter lesen mußte, und darüber hatte man wieder vergessen, wie die Heldin mit ihrer Mutter in Streit gerathen war, und man entschloß sich, lieber beim Capitel zwanzig noch einmal anzufangen. Indessen das that nichts. Frau Rehbein hatte Zeit; sie hatte um diese Stunde nichts zu verfäumen.

So saß sie denn heute Abend und las und las; die Brille glitt immer tiefer auf die kleine, stumpfe Nase, die dicken Lippen bewegten sich immer eifriger, das Theewasser kochte übersie achtete nicht darauf, sie hörte nicht, daß draußen auf dem halbdunklen Flur Jemand an allen Thüren herumhuschte und endlich auch auf den Drücker der Thür faßte, die zu ihrer Stube führte. Sie hörte und sah nichts, bis die Eingetretene dicht vor ihr stand und einige Laute

ausstieß, die halb ein verlegenes Husten, halb ein unterdrücktes Weinen waren, durch das man das Wort „Lieschen“ nur eben hindurchhören konnte.

Frau Rehbein fuhr erschrocken in die Höhe, warf einen ängstlichen Blick über die Hornbrille auf den Eindringling, stieß dann einen Schrei der Ueberraschung aus, der ungefähr wie „Jettchen!" klang, und breitete die Arme aus, in die sich die Andere mit ängstlicher Haft stürzte.

Es dauerte eine geraume Zeit, bevor sich Frau Rehbein von der großen Aufregung, in die sie das plögliche Erscheinen der Schwester versezt hatte, nur einigermaßen erholen und die Worte hervorstammeln konnte: Um Gottes willen, Jettchen, wie kommst Du hierher? Ist Dein Mann gestorben?

Frau Urban schüttelte den Kopf und lächelte. Der Gedanke, daß ihr Gatte, der ihr in jeder Beziehung ein Herkules erschien, vor ihr sterben könne, kam ihr wunderlich vor. Aber das Lächeln auf ihrem bleichen, abgehärmten Gesicht war wie ein flüchtiger Sonnenblick an einem melancholischen Herbsttage; alsbald traten ihr die Thränen wieder in die schüchternen, verweinten Augen. Sie drückte ihrer Schwester die Hände, die sie noch immer gefaßt hielt, und sagte:

Du meinst, weil ich während der vielen Jahre, die wir hier sind, nicht ein einziges Mal gewagt habe, zu Dir zu kommen, Lieschen; aber, wenn Du wüßtest

Ach, ich weiß Alles, mein armes, armes Jettchen, rief Frau Rehbein; aber seße Dich doch, Jettchen, Du zitterst ja an allen Gliedern, und Deine armen Hände sind ganz falt, und Dein Tuch ist ganz naß, Du armes Kind! Regnet es denn? Und nicht einmal einen Schirm erlaubt er Dir, der Barbar!

Ach schilt nur nicht auf ihn, schluchzte Frau Urban; er hat ja auch so viel in seinen Kopf zu nehmen; er hat gar nicht Zeit, sich um mich zu bekümmern. Ich darf schon einen Schirm nehmen, wenn ich einmal ausgehe; aber heute

Abend bin ich in solcher Eile und Haft vom Hause fortgestürzt; ich weiß noch gar nicht, wo mir der Kopf steht.

Und die arme Frau faßte sich mit beiden Händen nach den Schläfen und blickte so verwirrt umher, daß Frau Rehbein der entsetzliche Gedanke kam, die Schwester könne in Folge der Mißhandlungen des Mannes den Verstand verLoren haben.

Ach, wenn doch nur Rehbein nach Hause kommen wollte! seufzte sie aus der Tiefe ihres Herzens.

Als ob der wackere Schneidermeister gewußt hätte, wie nöthig seine Gegenwart sei, öffnete er in diesem Augenblicke die Thür und blieb, als er die weinenden Frauen erblickte, wie vom Blitz getroffen auf der Schwelle stehen. Frau Geheimerath Urban die Geliebte seiner Jugend, das Weib des Mannes, der ihn um das Glück seines Lebens betrogen, hier in seiner Wohnstube auch er hatte nur Eine Erklärung für ein so wunderbares Ereigniß.

Ist er todt? flüsterte er, indem er hastig an seine Frau herantrat.

Ach, das habe ich sie schon gefragt, erwiederte Frau Rehbein, aber sie sagt nein; ich weiß nicht, was es ist.

Dann gieb ihr eine Taffe Thee, und gieb mir auch eine, sagte Rehbein entschlossen, indem er seinen Hut mit Heftigkeit auf die Commode stellte. Gleichmuth der Seele, sagt Doctor Paulus, Gleichmuth der Seele! das ist die Hauptsache; dann findet sich das Andere schon.

Der kleine Mann lief mit ungleichen Schritten in dem kleinen Gemach auf und nieder, indem er sich dabei fortwährend sagte, daß es, angesichts dieser seltsamen Situation, seine Pflicht sei, ruhig zu sein. Endlich ging er auf Frau Urban zu, faßte ihre beiden zitternden Hände und sagte: Seien Sie mir herzlich gegrüßt, liebe Frau liebes Jettchen - und wenn Sie wieder sprechen können, so sagen Sie mir, was Sie hierher geführt hat, und seien Sie überzeugt, daß von meiner Seite Alles, was in meinen Kräften steht, geschehen soll.

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