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knickten, mißhandelten Seelen! Dieses arme Geschöpf wagi es um ihrer Liebe willen zu einem jungen Manne, von dem fie nicht einmal weiß, ob er ihrer noch gedenkt, der möglicherweise nach ihren Begriffen sich aller der Verbrechen schuldig gemacht hat, deren man ihn zeiht fie wagt es, ihn zu warnen, wagt es auf die Gefahr hin, von ihrem Gatten über dieser Frevelthat, die er furchtbar an ihr rächen würde, ertappt zu werden. Wunderbare Mischung von Klugheit und Beschränktheit, von Muth und Zaghaftigkeit, von Energie und Schlaffheit! -Da ist Lieschen, die gute, ges dankenlose Frau! Sie war nahe daran, Walter zu verleugnen, und würde doch für ihn, wenn es sein müßte, durch Feuer und Wasser gehen. Aber die Sache mit Walter ist allerdings von größter Wichtigkeit. Er hat ihnen den Kampf angeboten, sie haben ihn angenommen, und nun geht es Los, Hurrah!

Ein Nachtwächter, der vorüberstrich, herrschte dem enthusiastischen kleinen Manne zu, er solle, wenn er nicht arretirt zu werden wünsche, sich ruhig verhalten. Man kenne seine Leute. In Rehbein's Herzen kochte es; er war schon unzählige Mal mit der Polizei in Conflict gerathen; es war Grundsatz bei ihm, daß man der Gewaltherrschaft, sie trete in einer Form auf, in welcher sie wolle, jedesmal und unter allen Umständen Widerstand leisten müsse, aber heute Abend machte er eine Ausnahme. Es drängte ihn, Walter zu sprechen. Er sah im Geiste Walter, wie er sich mit Flammenworten vor der obersten Schulbehörde verantwortete und die souveräne Freiheit der Bildung und Poesie vertheidigte. Das war doch ein anderes Ding, als der Schneidermeister Rehbein im Verhör vor dem Revierlieutenant auf dem Polizeibureau.

Einundfünfzigstes Capitel.

An demselben Abend und um dieselbe Stunde saßen an dem Kamin in dem Salon des Bankiers Fräulein Emma und ihre Cousine Josephe von Tuchheim. Emma las mit pathetischer Stimme aus einer Brochüre, die vor einigen Tagen erschienen war und in den politischen Kreisen der Residenz das größte Aufsehen gemacht hatte.

Ist es nicht prachtvoll? rief Emma, indem sie mit einer Miene des Triumphes das Schriftchen auf die Marmorplatte des neben ihr stehenden Tisches sinken ließ.

Du weißt, liebe Emma, ich verstehe nichts von diesen Dingen, erwiederte Josephe.

Und wenn Du nichts davon verstündest, sagte Emma eifrig — ich will es einmal annehmen, aber ich glaube es nicht so müßte doch die Grazie des Styls Dich entzücken. Und dann wieder diese foudroyante Suade, diese enfin, ich finde es himmlisch, göttlich. Professor Schneider, der heute bei uns dinirte, sagte, es habe seit den Lettres of Junius oder Julius ich weiß nicht, wie er heißt er soll ein berühmter englischer Publicist, ich weiß nicht, um welche Zeit gewesen sein Niemand die Geißel der Ironie mit solcher Meisterschaft geschwungen.

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In der That! sagte Josephe, die schöngeschweiften Augenbrauen hebend.

Geißel der Fronie! Ist das nicht auch schön gesagt, fuhr Emma fort; aber so ist es immer! Ein Funke vermählt sich mit dem andern; wie oft habe ich mir das gesagt, wenn ich mich in der Gesellschaft eines geistreichen Mannes befand. Wie oft ist mir da schon gewesen, als müsse ich laut rufen: Anch' io son' pittore! Ach, der Geist, der Geist! Freilich, ein Unterschied ist es immer; aber wer könnte sich auch mit ihm messen!

Mit wem? fragte Josephe, ein leises Gähnen mühsam unterdrückend.

Emma ließ ihren Fächer spielen und lächelte.

Nun, sagte fie, es ist am Ende ein öffentliches Geheimnig, oder: wie der Professor Schneider wahrhaft geistreich sagt: Er kann Alles, nur nicht sich selbst verleugnen. Sie ist von ihm ich meine von Doctor Gutmann.

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Emma sagte dies in einem Tone, der gleichgiltig klingen sollte, aber ihre Augen verriethen die Begierde, zu erfahren, wie ihre Cousine diese Nachricht aufnehmen würde. In der That belebten sich die schönen, kalten Züge der Dame ein wenig. Derselbe, sagte sie, der den Roman geschrieben hat, von dem sie jezt allenthalben reden?

Bewahre! rief Emma, das ist sein Vetter ein jun ger, unbedeutender Mensch, den ich hin und wieder bei dem Onkel getroffen habe und der, unter uns, unserer geistreichen Cousine in etwas auffallender Weise den Hof macht. Uebrigens soll an dem Roman gar nichts sein, sagte mir vor einigen Tagen Henri unbedeutend, wie der Verfasser. Nein, dieser Doctor Gutmann aber Du hast ihn ja erinnerst Du Dich nicht,

selbst schon bei mir gesehen

die

vor einigen Wochen, oder ist es schon länger her? vielen Gesellschaften machen einen ganz confus! - der schöne dunkle Mann, den ich Dir hier o, jetzt erinnere ich mich ganz genau, als wir hernach in die Bach-Soirée fuhren. Du kannst ihn unmöglich vergessen haben.

Josephe hatte allerdings die Scene mit Leo nicht vergessen; aber die Erinnerung war durchaus keine freundliche. So sagte sie denn, es thue ihr leid, aber ihr Gedächtniß für Personen, besonders solche, die sie nicht interessirten, sei sehr mangelhaft.

Emma schlug die fetten Händchen zusammen, daß die goldenen Armbänder klirrten. Wen Leo nicht interessirte, an wem nahm der dann noch Interesse? Josephe unterbrach die Begeisterte, indem sie in schneidendem Tone sagte:

Liebes Kind! Du beweist durch das Alles nur, daß der Herr Doctor Dich interessirt, und zwar sehr, wie es scheint. Ueber den Geschmack läßt sich ja nicht streiten; ich Spielhagen, In Reih' und Glied. I.

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hatte freilich geglaubt, daß Deine Ansprüche etwas höher hinauf reichten.

Emma ließ sich in die weiche Lehne ihres Stuhls sinken und blickte mit einem halb schmachtenden und halb verlegenen Blick nach der Decke.

Indessen, fuhr Josephe fort, Du mußt ja wissen, was Du thust. Der Reichthum Deines Vaters macht Vieles gut, und Du bist ja auch nicht gebunden, wie wir Anderen.

Emma nahm die Miene Jemandes an, der ein Unglück tief beklagt, aber weiß, daß er es nicht ändern kann, und entschlossen ist, es über sich ergehen zu lassen. Josephe war freilich sonst in Allem ihr Jdeal, aber in Herzensangelegenheiten war sie immer von auffallender Beschränktheit gewesen.

Die höchste Freiheit fing Emma an, war aber außer Stande, die Phrase zu vollenden, denn in diesem Augenblicke traten ihr Bruder Alfred und ihr Vetter Henri von Tuchheim in das Gemach.

Die Herren kamen von einem Diner, das sich über dem Nachtisch bei Wein und Würfeln etwas in die Länge ge= zogen hatte. Die rothen Flecke auf Alfred's Wangen waren heute größer als sonst, und seine großen langgeschlißten Augen hatten eine unheimliche gläserne Starrheit. Auch schien die Stimmung des jungen Mannes keine besonders freundliche. In der That hatte er sehr viel mehr getrunken, als er vertragen konnte, und so viel verloren, daß es selbst ihm, troz des fürstlichen Jahrgeldes, das ihm die Eitelkeit des Vaters sicherte, unbequem war. Henri dagegen war in seiner glänzendsten Laune. Er trank schon seit Jahren nie mehr, als er vertragen konnte, und hatte heute im Spiel ganz besonders Glück gehabt. Es lag ein schwacher Abglanz seiner frischen Jugend auf dem noch immer hübschen Gesicht, und seine Stimme flang hell und munter, als er jest auf die Damen am Kamin zutrat, ihnen die Hand reichte und sich neben sie in einen der Fauteuils sinken ließ. Alfred streckte sich in einiger Entfernung auf eine Causeuse

und betrachtete melancholisch die Spigen seiner Lackstiefel, die ihm keineswegs so bequem saßen, als es für Jemand, dessen Nerven angegriffen sind, wünschenswerth ist.

Ihr kommt gewiß einmal wieder von einem Eurer schwelgerischen Mahle, rief Emma; wenn ich doch nur einmal mit Sicherheit erfahren könnte, was Ihr lockeren Zeisige eigentlich treibt, wenn Ihr von vier bis neun Uhr an Euern Tafeln sist!

Mon dieu! Was sollen wir treiben? rief Henri lachend; wir stellen Betrachtungen an über die Vergänglichkeit und den Wechsel alles Irdischen und lassen dabei den Becher kreisen. Nicht wahr, Alfred?

Alfred stöhnte.

O, die Männer, die Männer! sagte Emma, die Herren der Schöpfung, denen Alles erlaubt ist, die Alles usurpiren; Alles für sich beanspruchen, überall das große Wort führen und in uns nur ein Spielzeug ihrer Laune sehen! Uns bücken und beugen, ihnen immerdar schmeicheln, das ist unsere interessante Aufgabe. Wehe uns, wenn wir zu denken, oder gar

Politik zu treiben wagen! unterbrach sie Henri, indem er die Broschüre, aus welcher Emma vorher der Cousine vorgelesen, von dem Marmortischchen nahm. Sich' einmal! Also auch damit beschäftigt sich unser allumfassender Geift! Und noch dazu mit dem Allerneuesten! Das hat Dich wohl sehr interessirt?

Sehr! sagte Emma; aber ihr Ton war nicht mehr so zuversichtlich wie vorher.

Nun natürlich! meinte Henri, wir lieben das Uebers raschende. Und überraschend ist es doch, seinen Vater und die Freunde, die er täglich um seinen Tisch versammelt, auch einmal in bengalischer Beleuchtung zu sehen. Es muß reizend sein! Zum Beispiel

Ach, bitte, lieber Henri, verschone mich! sagte Josephe; ich habe an einem Male vollkommen genug, und Emma liest wunderschön.

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