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zu bewegen; Henri und Silvia aber schienen froh zu sein, wenn der Plaz auf dem kleinen Wagen nicht unnöthig beengt wurde.

So kam der Tag nach der Ankunft des Königs heran. Für den Nachmittag hatte Henri einen Ausflug nach einem Hügel projectirt, von welchem aus man den König mit seinem ganzen Stabe und ein großes Artilleriegefecht, das vor den Augen Sr. Majestät stattfinden sollte, sicher würde übersehen können. Bereits hatte der Förster seine Einwilligung gegeben, die Pferde waren schon vor den Leiterwagen gespannt, als ein königlicher Reitknecht im vollen Jagen angesprengt kam und dem Förster ein Billet überbrachte, das dieser sofort erbrach und mit einer Miene las, die den harrenden Knaben nicht viel Gutes verkündete.

Was giebt's, Herr Gutmann? fragte Henri, ich soll doch wohl nicht nach Hause kommen?

Im Gegentheil, sagte der Förster, wieder in den Brief blickend; der Herr General schreibt, daß Sie sich unter feinen Umständen von hier entfernen dürften, da gegen fünf Uhr Se. königliche Hoheit der Kronprinz mit ganz kleinem Gefolge uns mit einem Besuche beehren werden.

Der Förster machte ein sehr nachdenkliches Gesicht und fing an mit langsamen Schritten vor dem Hause auf und ab zu gehen. Von Zeit zu Zeit warf er einen Blick in den Brief, wie um sich zu versichern, daß wirklich Alles so auf dem Papier stehe. Endlich rief er laut nach seiner Schwester.

Tante Malchen fam aus der Speisekammer, wo sie Butterbrode, welche die Kinder auf ihrer Ausfahrt mitnehmen sollten, gestrichen hatte, herbeigetrippelt. Die Nachricht von dem bevorstehenden Besuche des Prinzen, welche ihr der Bruder ohne weitere Einleitung mittheilte, brachte die gute Dame ganz außer sich. Sie wurde zuerst blaß vor Schreck, dann dunkelroth bei dem Gedanken, daß sie heute Nachmittag - es war gerade Samstag in der guten Stube hatte scheuern lassen. Außerdem habe sie heute

nichts, aber auch gar nichts im Hause, womit sie so hohe Gäste würdig bewirthen könne. Die Wirkung so vieler zu gleicher Zeit auf Tante Malchen einstürmender Schrecken war, daß sie sich auf die Bank vor der Thür seßte, das Gesicht mit der Schürze bedeckte und bitterlich zu weinen anfing.

Der Förster gerieth in die übelste Laune. Er sagte Malchen, daß durch ihre Thränen die gute Stube nicht trocken würde, und wünschte zu wissen, ob es eines Christenmenschen würdig sei, sich vor Jemandem, der doch schließlich auch Gottes Creatur wäre, so zu ängstigen. Ein Försterhaus sei kein Schloß das wüßte jedes Kind, und der Kronprinz habe schon längst die Kinderschuhe ausgetreten. Tante Malchen, die so harte Worte seit undenklicher Zeit nicht von ihres Bruders Lippen gehört hatte, eilte schluchzend in's Haus und versuchte in ihrer leeren Speisekammer sich über die Schelte ihres Bruders und über die Schande, welche dem Försterhause bevorstand, so gut es gehen wollte, zu trösten.

Der Wagen stand noch immer bespannt vor der Thür. Silvia, Henri und Walter saßen noch immer auf den Strohsäcken und sahen sich mit erstaunten Gesichtern an; der Förster fragte, ob sie denn ewig fizen bleiben wollten; der Knecht möge sich sputen, fertig zu werden, der Prinz werde alsbald kommen, und wer dann die Pferde in den Stall ziehen solle.

Leo hatte aus einiger Entfernung dieser Scene zugesehen. Jest trat er heran und bat den Onkel um die Erlaubniß, zu seinem Vater nach Feldheim hinübergehen zu dürfen. Mach' Du mir nicht auch noch den Kopf warm! rief der Förster ärgerlich, was willst Du denn heute in Feldheim? Ist Dir vielleicht die Gesellschaft des Kronprinzen nicht gut genug? Na, Junge, ich wollte Dir nicht weh' thun; aber Ihr solltet doch auch vernünftig sein und Einem nicht in solchem Augenblicke durch den Sinn fahren. Dachte ich es doch, da kommt der Kronprinz schon.

Eine Cavalcade von vier oder fünf Reitern kam den

breiten Weg durch den Wald daher gesprengt; voran auf einem feingebauten arabischen Pferdchen der fürstliche Knabe. Vor der Thür des Försterhauses hielten sie still. Die Begleiter schwangen sich aus den Sätteln. Der Förster eilte herbei, dem Prinzen das Pferd zu halten.

Sind Sie der Herr Gutmann? fragte der Prinz mit einer sehr hellen Stimme.

Zu Befehl, königliche Hoheit!

Und wer ist das hübsche Kind da auf dem Wagen? Meine Tochter, fönigliche Hoheit!

Der Prinz wendete sich um und rief dem General, der neben ihm stand, einige Worte in französischer Sprache zu, die der Förster, der sein Französisch ziemlich vergessen hatte, nicht verstand. Dann schwang er sich aus dem Sattel und reichte dem Förster die Hand.

Ich denke, es wird mir bei Ihnen gefallen, lieber Gutmann, sagte der Prinz.

Es würde mir das eine große Freude sein, königliche Hoheit, erwiederte der Förster.

Der Prinz wendete sich wieder zum General und flüs sterte ihm, abermals französisch, lächelnd etwas zu, worauf der General, ebenfalls lächelnd, in derselben Sprache ant

wortete.

Der Förster wurde roth und verlegen. Er hätte es lieber gehabt, wenn der Prinz lauter, und vor Allem, wenn er nur deutsch gesprochen hätte.

Zwölftes Capitel.

Indessen war der Prinz so leutselig, daß es gewiß nicht an ihm lag, wenn sich nicht Alle vollkommen frei fühlten. Er ließ sich sämmtliche Bewohner des Försterhauses vor

ftellen; dankte Tante Malchen, die jezt mit rothgeweinten Augen und einer frischen bänderreichen Müße erschien, für ihren guten Willen, aber er komme eben von der Tafel; bat dann die Knaben, ihn ein wenig in Hof und Garten umher zu führen, bewunderte ausnehmend den prächtigen Falken, die erst kürzlich gefangenen jungen Füchse, Silvia's zwei zahme Häschen und was denn sonst noch die Knaben Merkwürdiges und Interessantes von ihren langen Streifzügen im Walde zurückgebracht hatten.

Zulegt, als er von der großen Buche hörte, die sechs Mann nicht umflaftern könnten und deren Alter man auf tausend Jahre berechne, wendete er sich an den General und fragte, ob sie wohl Zeit hätten, bis dorthin zu gehen. Der General sah nach der Uhr und meinte, er glaube es verantworten zu können. So machte sich denn die ganze Gesellschaft auf den Weg, voran der Prinz in Begleitung der Knaben und Silvia's, denen der General und der Förster in einiger Entfernung folgten. Noch weiter zurück waren die beiden riesenhaften Bedienten, die durch die gemeine Umgebung, in welche sie die Laune ihres prinzlichen Gebieters versezt hatte, ernstlich beleidigt schienen.

Dem General war der Vorschlag des Prinzen sehr erwünscht gekommen; er mußte auf diesem Spaziergange Gelegenheit finden, sich mit dem Förster, der ihm bisher sichtlich ausgewichen war, ausführlich zu unterhalten. Der Förster seinerseits, der dies voraussah, hatte keine besonders freundliche Miene zu dem Vorschlag des Prinzen gemacht und ging jegt ernst und schweigsam neben dem General her.

Der Wind hatte sich erhoben und rauschte durch die Wipfel, über denen dunkle Wolken sich gegen Westen wälzten und die safranfarbene Helle, die von dort durch die Bäume schimmerte, mit jedem Augenblicke mehr verdunkelten. Unter den Füßen der Dahinschreitenden raschelte das dürre Laub. Dem Förster war es schier unheimlich. Er wußte nicht, was es war: der heraufziehende Sturm, den er bes reits in allen Gliedern spürte, oder die Nähe des vor

nehmen Mannes an seiner Seite, gegen den er so viel auf dem Herzen hatte.

Der General brach zuerst das Schweigen. Er sprach von vergangenen Zeiten, wo sie zusammen durch den Wald gestreift wären und Vogelnester gesucht hätten; er erinnerte sich Anton's als eines schlanken, vielversprechenden Knaben und bedauerte, daß dieser talentvolle, regsame Mensch in Folge seiner grenzenlosen Unbeständigkeit so ganz verarmt und körperlich wie geistig gebrochen sei. Dann kam er auf Fräulein Sara Gutmann zu sprechen, wie sie noch immer ihre schöne Wohnung im Schlosse habe und bis an ihr Lebensende behalten werde; in welcher hohen Gunst sie bei dem Prinzen, ja selbst beim Könige, in welchem Ansehen fie überhaupt bei Hofe stehe. Leider hätten gichtische Anfälle in letterer Zeit die sonst so bewunderungswerthe Rüstigfeit der trefflichen Dame beeinträchtigt und sie bei allen ihren gesellschaftlichen Verbindungen die Vereinsamung und die Trennung von ihrer Familie bitter empfinden lassen. Er sei vollkommen der Ansicht seiner Freundin, daß Mißhelligkeiten in der Familie zumeist auf Mißverständnissen beruhten, die, ohne daß man etwas zu ihrer Berichtigung thue, sich mit der Zeit ganz von selbst aufklärten.

Sehen Sie, lieber Herr Gutmann, sagte der General, ich bin davon so sest überzeugt, daß ich mich keinen Augenblick besonnen habe, von Seiten des Fräulein Gutmann der Ueberbringer einer Bitte zu sein, deren Erfüllung ganz von, Ihnen abhängt und durch deren Gewährung, glaube ich viel Gutes nach allen Seiten hin bewirkt werden könnte. Fräulein Gutmann fühlt sich, wie ich schon sagte, einsam, inmitten einer großen und anregenden Gesellschaft; sie verlangt nach einem Wesen, das sie lieben, dem sie, wenn sie dermaleinst stirbt, ein nicht unbedeutendes Vermögen, welches ihre Sparsamkeit im Laufe dieser Jahre aufhäufte, mit gutem Gewissen vermachen kann. Wo soll sie ein solches Wesen finden, als da, wo es des Suchens gar nicht bedarf, ich meine, im Schooße ihrer Familie? Mein lieber

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