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Eigentum. Zwischen der Wellenbewegung des Lichtäthers und der Empfindung der roten Farbe ist eine unendliche Kluft, welche, solange wir sinnliche Menschen sind, niemals ausgefüllt werden kann. Wir sind niemals im stande, anderen Menschen klar zu machen, wie uns die rote Farbe erscheint, wir müssen uns vielmehr auf die Annahme beschränken, daß das bei jedem anderen ebenso sei wie bei uns. Vergleichen lassen sich nur Zeit- und Raumgrößen, aber nicht Qualitäten.

Wie schwach es bestellt ist mit der Lokalisierung der Empfindungen an unserem eigenen Körper, wie sehr diese abhängt von der Ausbildung der Raumvorstellung, von der Vergleichung und Verbindung der verschiedenen Sinnesvor= stellungen, mit einem Wort: von unserem Urteil, das zeigt sehr deutlich die jubjektive Heterotopie der Gliedmaßen, wie sie Guéniot beschreibt (Journal de la Physiologie XV. IV), eine Gefühlshallucination bei Amputierten, welche darin besteht, daß der Operierte nicht bloß den weggenommenen Teil empfindet, sondern auch der Täuschung unterliegt, als ob das amputierte Glied sich dem Stumpfe nach und nach nähere und sich mit diesem in Verbindung zu sehen strebe. Man findet diese Erscheinung in der Hälfte der Fälle, wo die Wunde in regelmäßiger Vernarbung begriffen ist, und dieselbe giebt eine günstige Prognose. Verschieden von dieser Heterotopie ist ein besonderes Gefühl bei Amputierten, nämlich die Empfindung einer sehr starken und sehr schmerzhaften Flerion. in den verschiedenen Abteilungen des entfernten Gliedes, wobei indessen die Empfindung der normalen Verhältnisse bleibt1).

Was ist es nun eigentlich, was zwischen bloßen subjektiven Gefühlen und ästhetischer Empfindung die Grenze zicht? Woran fönnen wir das Schöne erkennen und es vom bloß Angenehmen unterscheiden?

Der Unterschied besteht in der genauen und vollständigen Konstruktion in Zeit und Raum. Dadurch entstehen Bilder. Bilder sind schön, Gefühle sind bloß angenehm.

In diesem Punkt aber kann ich nicht mit Eduard von Hartmann übereinstimmen, wenn derselbe sagt:2) „Das sinnlich Angenehme kann für sich allein betrachtet niemals Gegenstand einer ästhetischen Auffassung werden, weil es eine subjektive Erscheinung ist, welche durch die Realität des unmittelbar durch sie erweckten Gefühls unfähig gemacht wird, zu einem ästhetischen, d. h. von der Realität abgelösten Schein verklärt zu werden, so lange sie in ihrer Isolierung verharrt. Ein angenehmer Gefühlsausdruck, Geschmack, Duft, Klang, Farbenempfindung bleibt der Realität verhaftet, und daran ändert sich zunächst auch dann nichts, wenn sinnlich angenehme Eindrücke verschiedener Sinnesorgane oder desjelben Sinnesorgans gleichzeitig oder nach einander percipiert werden, so lange die sinnlich angenehmen Eindrücke als solche die Aufmerksamkeit fesseln. Erst dann, wenn sich geordnete Verhältnisse unter den das Gefühl des Angenehmen auslösenden Sinnesempfindungen herausstellen, und diese Verhältnisse soviel interessanter werden als die Annehmlichkeit der Empfindungen, daß die Aufmerksamkeit sich ihnen in erster Reihe zuwendet und von ihnen einen ästhetischen Schein ablöst, erst dann können die sinnlich angenehmen oder unangenehmen Empfindungen in diesen ästhetischen Schein und durch ihn ins Gebiet des Schönen mit eingehen. Bedingung bleibt dabei aber immer, daß sie sich nicht in den Vordergrund oder gar in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit drängen, denn damit würde sofort ihr Verhaftetsein an die Realität wieder spürbar und der ästhetische

1) Dr. Eijelt in der Prager Vierteljahrsschrift für die prakt. Medizin, XX. Jahrgang 1863, Bd. 4 (Vd. 80 der ganzen Folge) Analekten. S. 5.

) Eduard von Hartmann, Philosophie des Schönen. Zweiter, systematischer Teil der Aesthetik. Berlin, Carl Dunders Verlag 1887. S. 72. 73.

Charakter der Auffassung wäre zerstört; sie müssen als solche unbeachtet und unbemerkt bleiben wie die in bescheidenem Maße den Speisen zugesetzten Gewürze, und dürfen nur durch ihr Eingegangensein in den Gesamteindruck und durch ihr Aufgehobensein in demselben die Totalwirkung beeinflussen.“

Hiergegen ist einzuwenden, daß es einen ästhetischen Schein gar nicht giebt. Jeder ästhetische Eindruck ist Erscheinung, aber niemals bloßer Schein, denn ihm liegt ein durchaus realer Gegenstand der Natur oder der Kunst zur Grunde; er erfordert daher Aufmerksamkeit in der Anschauung ebenso gut wie jede andere Form derselben.

Hartmann hat hier dasselbe Unglück, welches so mancher Philosoph alter und neuer Schulen mit ihm teilt: das Unglück nämlich, durch eine abstruse, in krausen Fremdwörtern sich bewegende Sprache auf Abwege zu geraten. Auch läuft er seine Bahn rückwärts. Statt vom einfachen, konkreten Fall auszugehen, wie der Naturforscher, und so allmählich die Elemente einer allgemeineren Auffassung zu gewinnen, beginnt er mit allgemeinen theoretisierenden Säßen und sucht diesen hinterher die Fälle anzupassen.

Geahnt hat er wohl das Richtige, wenn er von geordneten Verhältnissen spricht; nur hätte er bestimmter sagen müssen, daß die Empfindungen des sinnlich Angenehmen erst dann ästhetischen Gefühlen zum Ausdruck verhelfen können, wenn sie sich räumlichen und zeitlichen, also mathematischen Verhältnissen einordnen und unterordnen, also, wenn sie mit einem Wort zu Bildern werden.

Nur zwei Sinne schaffen uns Bilder: Gesicht und Gehör. Das Gesicht schafft Raumbilder, das Gehör Zeitbilder. Wir wollen uns jetzt nicht auf die Frage einlassen, welcher dieser beiden Bildformen der höchste Wert beizumessen ist: dem Raumbild oder dem Zeitbild. Vielmehr wollen wir gleich hinzufügen, daß es noch eine dritte Art von Bildern giebt, aus Raumbildern und Zeitbildern zusammengesezt. Um deren notwendiges Vorhandensein sogleich einzusehen, bedienen wir uns eines Vergleichs. Die Mathematik führt uns Raumgrößen und Zahlengrößen vor die Anschauung. Diese sind Schemata, die wir füglich mit den Bildern nuserer beiden Sinne vergleichen können. Sollen diese Schemata aber für die Wissenschaft, für Physik, Astronomie einen Nußen haben, so müssen wir beide, Raumgrößen und Zahlengrößen, miteinander verbinden. Das geschicht in der Mechanik. Diese hat es mit der Anschauung der Bewegung zu thun, welche aus räumlichen und zeitlichen Anschauungen zusammengesezt ist. Aehnlich ist es in der Aesthetik mit den Raumbildern und Zeitbildern. Wie wir durch Verbindung von Raumgrößen und Zahlengrößen das Geschehen in der Natur, die Bewegung der Körper, die Veränderung ihrer Gestaltung wahrnehmen, so auch in Kunst und Natur in der ästhetischen Auffassung. Hier ist aber leicht zu bemerken, daß der Naturgenuß vor dem Kunstgenuß einen gewaltigen Vorzug genießt. Die Natur genießen wir fast niemals in bloßen Bildern. Das ist nur dann der Fall, wenn wir einen einzelnen Naturgegenstand, etwa eine Blume oder ein Injekt herausheben zu besonderer Betrachtung. Der Genuß einer Landschaft aber ist tein einfacher: er ist zusammengesezt aus Raumbildern und Zeitbildern. Die Frühlingslandschaft zeigt uns die Laubmassen des Waldes, die schlanken Säulen der Baumstämme, das frische Grün der Blätter und Kräuter, die Perlen und Edelsteine der Blumen des Waldbodens, die Millionen von Brillanten, mit welchen die von der Sonne beschienene Moosdecke der Felswand übersäet ist, den Silberfaden des Baches; zugleich aber hören wir auch des Baches Rieseln, das Säuseln der vom Zephir bewegten Wipfel, den fröhlichen Gesang der Vögel, das Treiben vergnügter Menschen u. s. w. Erst die Vereinigung dieser Zeitbilder mit jenen Raumbildern giebt uns wahren Naturgenuß. Wir erleben das Geschehen, das Werden, die Veränderung in der Natur, mit einem Wort: der Naturgenuß ist

dramatisch, er ist also analog der dramatischen Kunst, der höchsten aller Künste. Die sogenannten bildenden Künste: die Malerei, die Skulptur, die Architektur geben uns nur Raumbilder, die Musik giebt uns nur Zeitbilder; nur die dramatischen Künste vereinigen beides. Zu diesen müssen wir rechnen: 1) Dichtkunst, Redekunst und geschichtliche Schilderung; 2) mimische Künste, nämlich: Tanzkunst und Gymnastik, Drama, Oper.

Es ist völlig unbegreiflich, wie es Aesthetiker hat geben können, welche den ästhetischen Genuß lediglich in der Kunst suchten. Jeder Künstler kann seine Ideen nur der Natur ablauschen; sie ist die große Lehrmeisterin für alle Künste. Es ist also Thorheit, die Geseze der Schönheitslehre der Kunst entnehmen zu wollen. In der Natur muß man sie studieren, und man wird ihre Wahrheit in der Kunst bestätigt finden, nicht aber umgekehrt.

Wir haben gesehen, daß die Sinnesanschauung, soweit sie durch Auge und Ohr vermittelt wird, Bilder schafft; daß aber alle übrigen Sinne uns nur unauflösliche Gefühle mitteilen. Untersuchen wir nun, was bei den Bildern eigentlich Neues hinzukommnt.

Schon durch das Tastgefühl beim Saugen an der Mutterbrust, bei Berührung des Gaumens mit der Zunge, besonders aber später bei Betastung des eigenen Körpers und fremder Gegenstände muß dem Kinde nach und nach klar werden, daß es außer seinem seelischen Empfindungsleben noch eine körperliche Auffassung der Dinge giebt. Durch das Betasten äußerer Körper bildet sich dann nach und nach eine kleine Welt um ihn her, anfänglich höchst unbestimmt, sobald Auge und Ohr erwachen, nach und nach klarer und bestimmter. Die Lichteindrücke find für das Kind am lehrreichsten. Es sieht seine Mutter beim Saugen und kann sie betasten. Dadurch schon, daß das zu anderen Zeiten nicht möglich ist, daß es die Mutter zwar sieht, aber nicht erreichen kann, erwacht bei ihm nach und nach die Vorstellung von der Entfernung, vom Raum. Es streckt nun seine Händchen aus nach dem Bilde der Mutter und wird gewahr, daß auch dieser Maßstab häufig nicht ausreicht. Rousseau giebt für solche Fälle kindlichen Begehrens die weise pädagogische Regel, daß man womöglich das Kind dem begehrten Gegenstand nähern jolle, nicht aber umgekehrt den Gegenstand dem Kinde. Denn hierdurch erweckt man seinen Eigensinn, der ja fast ausschließlich Folge falscher mütterlicher Erziehung ist, durch jenes erstgenannte Verfahren aber kommt man der Entwic= lung seiner Raumvorstellung bedeutend zu Hilfe. Diese Vorstellung hellt sich nun an der Hand der Erfahrung immer mehr und mehr auf. Das Licht kann das Kind ausblasen; beim Mond will es ihm nicht gelingen. Es lernt die Umrisse der Gegenstände unterscheiden: die Figur der Mutter von der Figur anderer Personen.

Bald kommt das Gehör hinzu. Dasselbe dient dem Kinde nicht bloß zur Unterscheidung verschiedener Arten des Schalles und der Töne, nicht nur zur Unterscheidung der väterlichen von der mütterlichen Stimme, sondern sehr bald auch von der Auffassung der Zeitfolge. Ohne die Worte der Mutter zu verstehen, muß es doch gewahr werden, daß dieselben aus verschiedenen gegen einander abgesezten Geräuschen bestehen. So erwacht ihm die Anschauung der Zeitfolge, des Nacheinander durch das Ohr, wie ihm die Anschauung des Hintereinander und Nebeneinander durch das Auge zum Bewußtsein gekommen war. Das Tictack der Wanduhr ist das beste Hilfsmittel zur Vervollständigung der Anschauung von der Zeitfolge. Ohne die Vermittelung des Gehörsinnes würde jedenfalls die Zeitanschauung uns weit später zu klarem Bewußtsein gelangen.

Es ist leicht einzusehen, daß in die Raumwelt uns vorwiegend die Gesichtsvorstellungen einführen. Sie sind in Bezug auf die räumlichen Dinge bei weitem die klarsten aller unserer Sinnesanschauungen. Ferner ist klar, daß wir,

die Dinge objektiv betrachtend, zweierlei zu unterscheiden haben, nämlich das Bild, welches, erregt durch die Wellenbewegung des Lichtäthers, der optische Apparat unseres Auges entwirft, und das Bild, welches unser Ich aufnimmt. Beide Bilder stehen in Beziehung zu einander; sie sind aber nicht ein und dasselbe. Die Bilder der Retina treten zugleich als Empfindungen der Seele auf1).

Diese einfachste aller Abstraktionen pflegt gleichwohl nicht jedermann leicht zu werden. Man identifiziert so leicht das physiologische Bild mit der Vorstellung, welche das Ich davon hat. Und doch sind beide Dinge himmelweit verschieden. Diese Verbindung eines physiologischen Vorganges mit einer psychischen Empfindung ist eins der größten Rätsel des menschlichen Daseins; aber sie ist thatsächlich vorhanden und läßt sich nicht hinwegdemonstrieren.

Ich empfinde einen Schmerz. Dieser Schmerz ist unmittelbare Folge von bestimmten Veränderungen im Nervensystem. Diese Veränderungen sind Bewegungen, also räumliche Veränderungen. Der Schmerz aber ist ein psychischer Eindruck. Niemand wird auf den Einfall kommen, die Empfindung dieses Schmerzes mit jenen Vorgängen im Nervensystem zu identifizieren, wenn sie auch von diesen abhängig ist. In diesem Sinne ist der Materialismus leicht widerlegt. Der Geschlagene empfindet den Schmerz psychisch. Empfindung hat die Materie nicht. Dazu ist ein Ich, eine empfindende Seele notwendig.

Es giebt also eigentlich auch niemand, der die Existenz einer empfindenden Seele ableugnet; der Streit kann nur ihre Beziehungen zum Körper, die Art ihrer Abhängigkeit von demselben treffen.

Mit dem Sehen ist es nicht anders wie mit der Schmerzempfindung: Ich empfinde die Bilder, welche das Auge mir zuführt. Diese Bilder nenne ich Vorstellungen. Der Bilder auf der Nezhaut werde ich mir dabei nicht einmal bewußt; vielmehr sage ich: ich sehe die Dinge der Außenwelt selbst.

Ich sehe also gewissermaßen als selbstverständlich zwei Dinge beim Sehen voraus: mein Ich, welches die Gegenstände als Bilder vorstellt, und diese Gegenstände selbst. Die Bilder sind beim Kinde lange Zeit sehr unbestimmter Natur.

Nach und nach erweitert sich dem Kinde die Raumwelt. Langsam hebt die Anschauung des Raumes von der Anschauung der Dinge sich ab. Langsam entwickelt sich die Anschauung von der Entfernung der Dinge, von ihrer relativen Größe. Weit später noch gesellen sich klarere Anschauungen von den Gestalten hinzu.

Das Kind, nachdem man ihm gelehrt hat, ein Licht auszublasen, macht den Versuch mit der Straßenlaterne, mit dem Monde, mit den Sternen. Als mein ältester Sohn etwa fünf Jahr alt war, sagte er zu mir abends beim Anblick des gestirnten Himmels: „Lieber Papa, du hast mir schon oft gesagt, daß die Sterne da oben große Kugeln seien, wie die Erde, und daß sie sich durch den Himmel bewegten. Da müssen wir uns nur in acht nehmen, daß sie dem lieben Gott nicht die Beine entzwei schmeißen.“ Ein auf der Ebene geborenes Kind fürchtet beim ersten Anblick von Gebirgen, daß sie herabfallen werden, weil es sie so nahe glaubt wie Häuser, und die wahre Gestalt des Berges nicht kennt. Ich selbst habe bis zum vollendeten 16. Lebensjahre auf der norddeutschen Tiefebene gelebt, und als ich dann zum erstenmal im Jahre 1848 auf der Eisenbahn in das untere Thüringer Saalthal einfuhr, hatte ich ein ängstliches Gefühl, ähnlich dem Schwindel, als müßten die Bergwände mich erdrücken.

Hier ist einzig und allein die Erfahrung Lehrmeisterin; daher bleiben wir

1) Ernst Hallier, Die Weltanschauung des Naturforschers. Jena 1875. S. 11. Vgl. E. Leyden, Ueber Sinneswahrnehmungen. Berlin (Lüderitz), 1868. Sammlung gemeinverständ licher wissenschaftlicher Vorträge, herausg. v. Virchow u. Holzendorff. III. Serie, Heft 63.

in Bezug auf Dinge, die wir nicht messen können, meist unwissend. Wenige Menschen können sich eine klare Vorstellung von der wirklichen Gestalt einer Wolke machen, weil nur wenigen vergönnt ist, sie in der Nähe und von verschiedenen . Seiten zu betrachten.

Angeregt durch den Vergleich verschiedener Entfernungen, kommt das Kind nach und nach zu der Vorstellung des Raums, den die Körper einnehmen, und der sich allseitig ausdehnt. Bei Kindern, welche nicht an Nachdenken gewöhnt werden, kommt diese Vorstellung spät oder gar nicht. Bei manchem kommt sie zeitlebens nicht zur Klarheit.

Die Vorstellung von der allseitigen unendlichen Ausdehnung des Raumes und von der unendlichen Folge der Zeit, sowohl vorwärts als rückwärts, muß jedem klar werden, der sich mit Naturgegenständen beschäftigt, sobald er überhaupt fähig ist zu abstrahieren.

Sobald die Anschauungen von Raum und Zeit in uns zur Klarheit erwachen, betreten wir das Land der Irrtümer und Täuschungen. Die bloßen Empfindungen von Geschmack, Wärme, Schmerz, Behagen u. s. w. führen noch teine Irrtümer herbei, denn sie sind innere Qualitäten unseres Seelenlebens. So lange wir sie nicht mit Dingen der Außenwelt in Verbindung bringen, kann von Irrtum nicht die Rede sein. Raum- und Zeitvorstellungen aber zwingen uns zu dieser Verbindung, und nun ist uns die Quelle des Irrtums gegeben.

Für den Gesichtssinn und Gehörssinn ist hier also zweierlei zu unterscheiden: Die Empfindung von Hell und Dunkel, Licht und Schatten, Farbe für die durch den Gesichtssinn vermittelte Anschauung. Die Empfindung des Schalles und der Töne für die Gehörsanschauung. Beide sind unser Eigentum ebenso gut wie die Empfindungen von Wärme, Kälte, Schmerz, Behagen, Geruch und Geschmack. Wir sagen zwar: der Baum ist grün. Das ist aber streng genommen. falsch ausgedrückt. Die Welt der Farben und des Lichtes ist nur in uns, außer uns überhaupt gar nicht vorhanden. Was hat denn die Wellenbewegung des Lichtäthers mit unserer Anschauung der grünen Farbe zu thun? Der Gesichtssinn zaubert uns also eine Welt des Lichtes und der Farben vor unser geistiges Auge, vor den inneren Sinn, welche außer uns gar nicht vorhanden ist. Ebenso ist es mit der Tonempfindung. Die Töne, wie sie unser innerer Sinn unterscheidet, sind außer uns gar nicht vorhanden. Auch hier ist außer uns nur Wellenbewegung, deren wir uns aber ebensowenig bewußt werden wie derjenigen des Lichtäthers.

Wir können die Farben und Töne das Material unserer Sinnesanschauungen nennen. Nun kommt aber zweitens noch die Form hinzu. Für diese haben wir zwei Anschauungsformen, nämlich den Raum und die Zeit. Diese beiden An= schauungen nennen wir im Gegensah zu der empirischen Anschauung von Farbe und Ton die reine Anschauung. Der Raum ist die reine Anschauung für die materielle Welt. Die Geisterwelt läßt sich nirgends im Raum nachweisen. Die Zeit ist die reine Anschauung für die körperliche wie für die geistige Welt.

Wenn uns nun der Gesichtssinn und Gehörssinn eine Welt des Lichtes und der Töne vor die Seele zaubert, welche außer uns gar nicht eristiert, so vermehren Raum und Zeit den Irrtum, indem sie ganz neue Quellen desselben hinzubringen.

Da die Retina nicht die Körper selbst berührt, sondern nur Bilder von ihnen entwirft, welche auf eine Fläche projiziert sind, so sieht sowohl das Kind wie der Erwachsene nur eine Fläche. Alle Körper erscheinen als Fläche, nur nach zwei Dimensionen ausgedehnt. Wenn nun auch das sogenannte stereoskopische Sehen, d. h. der Umstand, daß der gesunde Mensch die beiden verschiedenen Bilder seiner beiden Augen zu einem Gesamtbild verbindet, unserer Konstruktion zu Hilfe

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