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selbst zu machen, kam zuletzt aus Petersburg, wo er mit Büsching bekannt geworden war und lebte nun in Königsberg auf Kosten seines gutmüthigen Verlegers Kanter. Am 15. März 1769 erwähnt Hamann seiner zuerst. „Habe ich Ihnen,“ schreibt er an Herder, schon von Starck geschrieben und kennen Sie diesen Mann? Sein libellus in Aeschyli Prom. vinct. liegt seit acht Tagen vor mir, ohne daß ich ihn noch habe ansehen können. Er ist dem Geh. R. Kloß dedicirt. Kanter verlegt jezt etwas von ihm, er fündigt eine Auslegung der Psalmen darin an. David mit Horaz verglichen. Sie verdienen sich einander kennen zu lernen. Sein lateinischer Styl ist gut und fließend. Wir erwarten hier noch eine deutsche Abhandlung von ihm; sobald ich felbige sehen werde, sollen Sie mehr Nachricht davon haben.“ In einem spätern Briefe an Herder bemerkt Hamann: „Er gab hier auch den Anfang philologischer Commentationen im Kemicottischen Geschmack heraus und hat ein lateinisches Exercitium de Aeschylo an seinen Freund Kloß drucken lassen. Ich hatte die Neckerei diese Commentation zu recensiren, und Kypke gab mir Stoff. Er war gleich mit einer bogenlangen Antwort fertig, und ich zog meine Recension aus Klugheit und Achtsamkeit zurück, so wenig furchtbar mir auch seine Antwort vorkam."

Auch studirten im Jahre 1769 und 70 zwei Jünglinge zu Königsberg, die später in der literarischen Welt nicht ohne Bedeutung blieben, nämlich Reichardt 1) und Lenz 2). Wir haben gesehen, daß Hamann schon als Jüngling im Reichardtschen Hause bekannt war, und daß der Vater des ebengenannten Reichardt ihn im Lautenspiel unterrichtete. Die Bekanntschaft mit dem Sohne, der ein großer Freund und Verehrer von ihm war,

1) Joh. Friedr. Reichardt, geb. zu Königsberg d. 25. Nov. 1751, gest. d. 27. Juni 1814.

2) Jacob Michael Reinhold Lenz, geb. zu Seszvegen in Liefland d. 12. Januar 1750, gest. d. 24. Mai 1792. In den gedruckten Schriften Hamann's wird seiner zwar nur zweimal gedacht, allein in den nicht mit abgedruckten Stellen wird er sehr häufig erwähnt.

schrieb sich schon aus sehr früher Zeit her. Was Lenz betrifft, so liegen darüber keine bestimmte Zeugnisse vor, allein der Antheil, den Hamann später an seinem traurigen Schicksale nimmt, berechtigen uns zu einer ähnlichen Annahme.

Die Verbindung, welche Hamann mit der treuen Pflegerin seines Vaters eingegangen war, die er seine Gewissensehe nannte, entstand wahrscheinlich gleich nach seiner Rückkunft nach Königsberg. Er hat bis an sein Ende dieses Verhältniß mit unverbrüchlicher Treue heilig gehalten, und es ist für ihn und seine Kinder eine Quelle reichen Segens geworden. Er hat diese Neigung anfangs, so viel in seinen Kräften stand, zu bekämpfen gesucht, und namentlich sind die Reisen zu dem Herrn von Moser und später zu dem Hofrath Tottien wohl hauptsächlich in dieser Absicht unternommen. In einem Briefe an Buchholz spricht er sich am ausführlichsten darüber aus. Es heißt daselbst: „Ein geheimer Instinct führte ein Bauermädchen 1) in meines Vaters Haus 2). Ihre blühende Jugend, eichenstarke Gesundheit, mannhafte Unschuld, Einfalt und Treue brachte in mir eine solche hypochondrische Wuth hervor, welche weder Religion, Vernunft, Wohlstand, noch Arzenei, Fasten, neue Reisen und Zerstreuungen überwältigen konnten. Diese Hamadryade wurde die liebste und beste Stüße meines alten gelähmten, verlassenen Vaters und seine Pflegetochter, der ich ihn und sein ganzes Haus anvertrauen konnte. Sie wurde nach seinem bittern Tode meine Haushälterin, und ist die Mutter meiner vier natürlichen und Gott Lob gefunden und frischen Kinder." Wie heiße Kämpfe er mit sich darüber zu bestehen gehabt hat, aber auch welches Glück ihm aus dieser Verbindung erwachsen ist, zeigt folgende Stelle

1) aus einem Königsberg benachbarten Dorfe. Sie hieß Anna Regine Schumacherin. Ihr Geburtstag, der erst im Jahre 1786 aus den Taufbüchern in Cremiß ausgemittelt wurde, war der 27. Juli 1736. Sie starb im April 1789.

2) Wann dies geschehen, läßt sich nicht genau ermitteln. Sie wird indeß schon in einem Briefe v. 18. Juli 1765 erwähnt. Sie muß aber schon viel früher zu dem Vater gekommen sein.

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aus einem frühern Briefe an Moser: Eine der seltsamsten Leidenschaften, die sich aus einer Hölle auf Erden für mich in einen irdischen Himmel verwandelt, trieb mich von meiner fruchtlosen Wallfahrt (der Reise zu Herrn von Moser)" zu einer noch weit fruchtlosern, nach Curland, und ich war im Begriff dem wirksamen und bei mir vorzüglich lebhaften Grundgeseße der Selbsterhaltung alles aufzuopfern." Indessen hatte dieses Verhältniß für ihn eine sehr drückende Seite, die er tief empfand. In einem Briefe an Herder, dem man es anfühlt, daß er aus tief bewegter Brust kommt, schüttet er sein Herz aus. „Ungeachtet in keinem andern Lande," heißt es darin, eine Gewissensehe oder wie man meinen Fuß zu leben nennen will, so gesetzmäßig als in Preußen ist, so scheint doch wirklich selbige gewissen Leuten anstößiger zu sein, als Hurerei und Ehebruch, weil Mode-Sünden über Geseze und Gewissen sind. Ungeachtet meiner großen Zufriedenheit, in der ich lebe und die das ganze Glück meines Lebens ausmacht, fühle ich diese Seite des bürgerlichen Uebelstandes lebhafter, als irgend einer jener weisen Leute. Eben das Bauermädchen, dessen vollblütige, blühende und eben so vierschrötige, eigensinnige dumme Ehrlichkeit und Standhaftigkeit so vielen Eindruck auf mich gemacht, daß Abwesenheit und Versuche der höchsten Verzweifelung und kältesten Ueberlegung ihn nicht haben auslöschen können. Diese Magd, die Kindesstelle an meinem alten, unvermögenden, gelähmten Vater vertreten, und die er als eine leibliche Tochter geliebt, und ihr mit sterbender Hand ein gleiches Legat mit unsern nächsten Anverwandten verschrieben würde vielleicht als meine Ehefrau, ich weiß nicht was sein. Nicht aus Stolz, dazu bin ich zu dankbar, sondern weil ich die innere Ueberzeugung habe, daß diese Lage ihre eigne Glückseligkeit mindern und vielleicht dem Glück ihrer Kinder nachtheilig werden fönnte."

Auch in neuerer Zeit ist Hamann wegen dieses Verhältnisses mehrfach sehr scharf getadelt und verurtheilt. Ja manche find mit wunderbarer Behendigkeit mit ihrem Endurtheil fertig

geworden. Sollten nicht aber in dem Vorhergehenden und namentlich in der zuleßt angeführten Aeußerung einige Andeutungen liegen, die einem gewissenhaften Richter den Urtheilsspruch sehr erschweren dürften?

Für's erste haben wir erfahren, daß Hamann nicht aus Leichtsinn, sondern nach schweren Kämpfen mit sich selbst dieses Verhältniß beibehalten hat. Ferner hat er, wie er betheuert und es ist kein Grund vorhanden, seinen Worten nicht unbedingten Glauben zu schenken nicht aus Rücksicht gegen sich selbst sondern weil er es zum Wohlergehen seiner Kinder und ihrer Mutter für zuträglicher erachtete, sich nach reiflicher Ueberlegung entschlossen, keine Aenderung eintreten zu lassen. Aber wird man fragen, hat er sich darin nicht getäuscht? Hat er namentlich dadurch nicht gegen die Mutter seiner Kinder ein Unrecht begangen? Um diese Fragen beantworten zu können, würde Zweierlei erforderlich sein. Zunächst müßte man mindestens eben so genau, wie er, die Persönlichkeit seiner Hausmutter wir bedienen uns in Zukunft dieser von ihm selbst oft gebrauchten Bezeichnung gekannt haben, um beurtheilen zu können, ob seine Furcht gegründet gewesen sei, die er in den Worten ausspricht: sie würde vielleicht als meine Ehefrau, ich weiß nicht was sein." Ferner müßte man seine damaligen Umstände so gut zu durchschauen und zu beurtheilen im Stande sein, wie er, um entscheiden zu können, ob seine innere Ueberlegung, daß diese Lage (als Ehefrau nämlich) ihre eigne Glückseligkeit mindern und vielleicht dem Glück ihrer Kinder nachtheilig werden könnte,“ eine richtige oder falsche gewesen sei. Was zweitens das gegen die Mutter begangene Unrecht betrifft, so dürfte es sich doch wohl zunächst fragen, ob auch sie es dafür erkannt habe. Sollte nicht im entgegengeseßten Fall hier der Rechtsgrundsat volle Geltung haben: volenti non fit injuria? Wahrscheinlich hat sie auch in diesem Punkt dem Vater ihrer Kinder ein unbedingtes Vertrauen geschenkt. Es ist indeß keineswegs unsre Absicht, durch alles dieses das Verfahren Hamann's in dieser

Sache schlechthin zu rechtfertigen; es sollten nur die Prämissen angedeutet werden, deren Erledigung erfolgen muß, ehe man im Stande sein dürfte, dem Spruche zu genügen: Richtet nicht nach dem Ansehen, sondern richtet ein rechtes Gericht. Am sichersten möchte es jedenfalls sein, die Sache lieber dem Richter, der Herzen und Nieren prüft, anheimzustellen, dessen Competenz auch Hamann gewiß am liebsten anerkennt.

Daß in Königsberg diese Verbindung schon bei ihrer ersten Entstehung keinen Anstoß gegeben haben kann, darf man wohl daraus schließen, daß sie ihm von seinen Gegnern, die mit seinen häuslichen Verhältnissen genau bekannt waren, nicht zum Vorwurf gemacht wird. In der Eingabe derselben bei der Vormundschaftsbehörde, die jeden Umstand hervorhebt, der ein nachtheiliges Licht auf seine Verhältnisse zu werfen scheint, wird dieser Punkt gar nicht berührt. Von dieser Seite zog sich indeß ein immer drohender werdendes Gewitter über seinem Haupte zusammen.

Unter diesen Umständen war ihm die Abreise seines Freundes Herder von Riga, welche am 4. Juni erfolgte, gewiß doppelt schmerzlich. Sein unwiderstehlicher Drang in die Fremde hatte alle Hindernisse besiegt. Am 16. Juli ging er nach Nantes ab und Ende August schrieb er einen Brief an Hamann, der aber nicht abgeschickt wurde.

Doch wir dürfen nicht weiter vorgreifen, bevor wir nicht den Vorgang erzählt haben, der Hamann besonders wegen der dabei betheiligten Personen, die namentlich seinem sel. Vater verpflichtet waren, so großen Kummer verursachte. Sein Vetter Nuppenau, der Nachfolger seines Vaters in der altstädtischen Badstube, schuldete, wie bereits bemerkt ist, seinem Bruder und ihm aus der Erbschaft seines Vaters eine Summė Geldes, die denselben ungeachtet der schon längst eingetretenen Verfallzeit nicht zurückgezahlt wurde. Auch war der Schuldner mit den Zinsen im Rückstande. Hamann sah sich daher genöthigt, die Sache zur weitern Betreibung seinem Freunde, dem Kammeradvocaten Hippel, zu übergeben. „Sobald

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