ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

dies gütigst entschuldigen zu wollen. Es kam mir darauf an, nachzuweisen, dass es zur Beurteilung eines geistigen Gesundheitszustandes nicht genügt, diese oder jene ungewöhnliche oder scheinbar absurde Handlung oder Eigenschaft anzuführen, dass es ferner nicht sowohl die Handlungen selber sind, die wir einer genauen Prüfung zu unterziehen haben, als besonders die den Handlungen zu Grunde liegenden Motive, dass wir schliesslich nicht nur einen Teil der geistigen Thätigkeit des Betreffenden zu prüfen haben, sondern dass wir uns ein möglichst klares Bild seiner gesammten psychischen Vorgänge machen müssen, um zu einem massgebenden Urteil zu gelangen. Ich habe ferner nachzuweisen versucht, dass innerhalb der einzelnen Symptome eine scharfe Grenze zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit nicht gezogen werden kann. Gerade so, wie es körperlich grosse und kleine, starke und schwächliche Menschen giebt, die sich alle innerhalb der Grenzen der Gesundheit bewegen, giebt es auch geistig starke und schwächliche Menschen, welche die Grenzen der physiologischen Breite nicht überschritten haben. Gerade so, wie es keine zwei Menschen giebt, die sich körperlich vollkommen einander gleichen, ebensowenig giebt es zwei gleiche Charaktere auf der Welt. Gerade so, wie es körperlich gesunde Menschen giebt mit ungewöhnlichen Gesichtszügen oder sonstigen eigenartigen Formationen, gerade so giebt es auch Eigenheiten und Sonderheiten anf geistigem Gebiete, deren genaue Beobachtung vom psychologischen Standpunkte aus interessant und gerechtfertigt ist, die jedoch mit der psychischen Pathologie, mit der Irrenheilkunde, direkt nichts zu thun haben.

Psychologie des Genies.

Wenn wir das Wesen und die Geschichte der Psychologie betrachten, werden wir zugestehen müssen, dass keine andere Wissenschaft mit annähernd ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Da man zur unmittelbaren Erkenntnis psychischer Vorgänge nur durch Selbstbeobachtung gelangen kann, ist von jeher diese das Fundament des wissenschaftlichen Aufbaues gewesen, und erst mittelst der durch Selbstbeobachtung entstandenen Begriffe konnte man zur Verallgemeinerung der Beobachtung übergehen. Wenn diese Methode schon den grossen Nachteil hat, dass ihr im Vergleiche zu anderen Wissenschaften die nötige Objektivität der Beobachtung fehlt, indem Beobachtungssubjekt und -objekt zusammenfallen, so wird dieser Nachteil noch dadurch erhöht, dass die Möglichkeit der Wiederholung eines und desselben Vorganges fortfällt, und dadurch der Psychologie das anderen Wissenschaften so wertvolle „Experiment" verenthalten ist.

Wie unsere Kenntnis der Physiologie des menschlichen Körpers durch die Lehre der Pathologie beträchtlich bereichert worden ist, indem einige Zweige dieser Wissenschaft ohne Erkenntnis der entsprechenden pathologischen Verhältnisse uns vielleicht für immer verschlossen geblieben wären, so hat auch die Psychologie seit Erforschung der Geisteskrankheiten einen wesentlichen Umschwung erfahren, und die beiden

Wissenschaften Psychologie und Psychiatrie sind heute so eng mit einander verknüpft, und so unmittelbar von einander abhängig, dass die eine kaum noch ohne die andre gedacht werden kann.

Während die Psychologie, wie sie von den griechischen Philosophen getrieben wurde, zu den rein spekulativen Wissenschaften zählte und diesen Charakter auch noch lange Zeit bewahrte, ist sie in neuerer Zeit in wesentlich andere Bahnen übergegangen, so dass sie heute den übrigen Naturwissenschaften an die Seite gestellt werden kann, indem sie sich gleich ihnen auf den Boden skeptischer Beobachtung und zum Teil allerdings noch in bescheidenem Masse menteller Untersuchung gestellt hat.

experi

Wie jede Beobachtungs- und Erfahrungswissenschaft nach sorgfältigem Studium der alltäglichen Erscheinungen sich mit besonderem Interesse den aussergewöhnlichen Fällen, den Seltenheiten und Phänomenen zuwandte und aus dem Studium dieser Sonderheiten und durch deren Vergleiche mit dem Gewöhnlichen neue Kenntnisse schöpfte, so hat sich auch die Psychologie besonders in neuerer Zeit mit einer eingehenden Betrachtung jener phaenomenalen Erscheinungen befasst, die man nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch als Genies zu bezeichnen pflegt.

Die Ergebnisse, zu denen diese Forschungen geführt haben, sind recht verschiedenartiger Natur, und wie bei so vielen wissenschaftlichen Problemen sehen wir auch hier die bedeutendsten Männer sich mit ihrer Ansicht krass gegenüberstehen.

Versuchen wir einmal, ob wir an der Hand der bisherigen Forschungen zu einer klaren Vorstellung des Begriffs des Genies gelangen können.

Wie die Ethymologie des Wortes, das von genius oder ingenium hergeleitet ist, bereits anzeigt, glaubten die Alten, ihrer Weltanschauung entsprechend, dass den hervorragenden Menschen, jenen Männern, welche die Geschicke der Völker leiteten oder auf dem Gebiete der Kunst oder Wissenschaft Phaenomenales zu leisten vermochten, ein göttlicher Geist innewohne. Das Genie war der Geist, der durch die pythische

Priesterin zum Volke sprach, der als Schutzgeist dem Socrates den Quell alles Wissens erschloss, den Homer begeisterte zu göttlichem Gesang und ihn die Welt in ihrer ganzen Pracht voll herrlicher Gestalten erschauen liess. Als Schutzgeist führte er den Miltiades durch Kampfesgetümmel zu herrlichem Siege, ebnete dem Plato den Weg zu unsterblicher Weisheit und führte so durch Vermittlung der Auserkornen die Menschheit zu höchstem Glück und reinster Erkenntnis.

[ocr errors]

Diese idealistische Anschauungsweise hat sich von Jahrhundert zu Jahrhundert bis auf unsere Zeit vererbt. In den Heiligen des Mittelalters sehen wir die Idee des,,göttlichen Geistes verkörpert, durch die Priester und Seher spricht Gott" zu dem Volke, die Herrscher der Völker sind durch göttliche Macht" eingesetzt, durch sie offenbart sich der „göttliche Wille", und in den mächtigen Denkern, welche die Welt durch grosse Entdeckungen in neue Bahnen leiteten, die thatkräftig in den Gang der Geschichte, in die Entwickelung der Kultur eingriffen, in den „gottbegnadeten“ Künstlern, die durch ihre Kunst die Welt verschönten, die Menge belehrten und läuterten, in ihnen glomm ein,,göttlicher Funke", ein Teil des göttlichen Geistes, durch sie sprach die Gottheit zum Menschen und führte ihn dem endlichen Ziele irdischen Strebens entgegen. Unsterblich wie die Gottheit war auch das Genie, unergründlich und unerfasslich sein ganzes Wesen. Unendlich und unbegrenzt war sein Wissen und sein Können, das sich nur in verschiedenen Individuen auf verschiedene Weise äusserte.

Da legte die moderne Wissenschaft das Seciermesser an diese phantastischen Gewebe spekulativer Philosophie, zerlegte alles in seine einzelnen Bestandteile, befreite die rein natürlichen Erscheinungen vom Gewande des Aberglaubens und des Mysticismus, zerstörte hierdurch freilich manch teures Ideal, handelte aber in dem Bewusstsein des Strebens nach wirklicher Erkenntnis und Wahrheit.

Nachdem die Psychologie auf dem Wege der Selbstbeobachtung eine Reihe von Begriffen aufgestellt hatte, nachdem man zu der Erkenntnis gelangt war, dass sämmtliche psychischen Vorgänge in derselben Weise wie alle andern.

Naturerscheinungen bestimmten Gesetzen unterliegen, versuchte man, auch die Gesetze genialer Geistesvorgänge zu ergründen, man versuchte, eine auf nunmehr wissenschaftlich begründeten Thatsachen beruhende Definition des Wortes Genie zu geben.

Hierin aber liegt der gewaltige Irrtum, der grosse Fehler, der zu so vielen ergebnislosen Kämpfen auf dem Gebiete der Wissenschaft geführt hat. Seit Jahrhunderten bemühen sich die Philosophen, eine Definition des Genies zu finden aber vergebens. In neuester Zeit glauben einige Gelehrte, den Stein der Weisen gefunden zu haben, indem sie das Genie schlechthin als eine Erscheinung des Irrsinns erklären dies, ohne sich über die Definition des Genies auch die des Irrsinns im Klaren zu sein.

und

und vielleicht

Eine korrekte Wissenschaft darf nur für erkannte Erscheinungen Namen schaffen, sie darf einen Komplex von Erscheinungen zusammenfassen und hierfür Kollektivnamen einsetzen, um dann wiederum innerhalb deren Grenzen zu specialisieren. Sie wird aber stets fehl gehen und um Schatten kämpfen, wenn sie a priori ein Wort als etwas gewissermassen selbständig Gegebenes annimmt und nun versucht, aus den Erscheinungen genügendes Material herbeizuschleppen, um einen diesem Worte etwa innewohnenden Begriff zu erklären. Die Erscheinungen sind das Primäre, und die sie bezeichnenden, durch Konvention geschaffenen Namen dienen nur zur Erleichterung des gegenseitigen Verständnisses. Jede Umkehrung dieses natürlichen Verhältnisses muss als unlogisch und unwissenschaftlich bezeichnet werden.

Dies ist eine so handgreifliche und unwiderlegliche Wahrheit, dass es eigentlich überflüssig erscheinen muss, an dieselbe zu erinnern. Und doch wie viel ist schon von der Wissenschaft gegen diese Wahrheit gesündigt worden! Unzählig viele Bücher sind geschrieben worden über die Frage, ob der menschliche Wille „frei" oder „,unfrei" sei, die erbittertsten Kämpfe sind über diesen Gegenstand von den grössten Philosophen geführt worden, und schliesslich

war

es nur ein Kampf um ,,Worte", denn jeder verband mit dem Worte,, Willen" einen andern Begriff, über den er sich häufig

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »