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beiden ein anderer als ein gradueller Unterschied besteht. Wenn man Schiller wenn ich mich so ausdrücken darf

in eine höhere Potenz erheben würde, könnte niemals ein Göthe aus ihm werden, wohl aber ein Shakespeare.

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Während Göthe zur dichterischen Unterlage ,,in den eigenen Busen griff", lag bei Schiller der Keim seiner Dichtungen in der Aussenwelt; während Göthe die Dichtkunst nur als Mittel des Ausdrucks seiner Empfindungen auffasste, und er daher seine Dichtungen als ,,Bruchstücke einer grossen Konfession" bezeichnen konnte, sagte Schiller vom Zweck der Poesie, dass er kein anderer sei, als der Menschheit ihren möglichst vollständigen Ausdruck zu geben". Während Göthes Heldengestalten aus seinem eigenen Fleisch und Blut gemacht waren, entstanden in Schillers Phantasie idealisierte Verkörperungen der Charaktere, die er in der Aussenwelt beobachtet und studiert hatte; Schiller legte einen Hauptwert auf das äussere poetische Gewand, die klangvolle, metaphernreiche Sprache, den Wohllaut der Verse, den Aufbau des Dramas, Göthe hingegen erblickte in der äusseren Form nur das ,,Machwerk," weshalb auch Göthes Dichtungen bei weitem nicht mit der Sorgfalt ausgeführt sind als Schillers Werke. Schiller sagte von Wallenstein:,,Es ist mir fast alles abgeschnitten, wodurch ich diesem Stoffe nach meiner gewohnten Art beikommen könnte; von dem Inhalte habe ich fast nichts zu erwarten; alles muss durch eine glückliche Form bewerkstelligt werden“.

Der Aufbau der Form war genügend, ihn zur Begeisterung zu bringen, selbst wenn er seinen Figuren kein wirkliches Interesse abgewinnen konnte. So schreibt er in einem Briefe über den Wallenstein:,,Der Stoff und der Gegenstand ist so sehr ausser mir, dass ich ihm kaum eine Neigung abgewinnen kann; er lässt mich beinahe kalt und gleichgültig, und doch bin ich für die Arbeit begeistert. Zwei Figuren ausgenommen, an die mich Neigung fesselt, behandle ich alle übrigen und vorzüglich den Hauptcharakter blos mit der reinen Liebe des Künstlers, und ich verspreche dir, dass sie darum um nichts schlechter ausfallen sollen." Goethe hätte auf diese Weise niemals dichten können; wenn er seinen Empfindungen in einem dichterischen Entwurf Ausdruck verliehen hatte, so liess

er diesen bis zur endgiltigen Ausführung oft jahrelang liegen.

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Göthe dachte im tiefsten Herzen absolut anders als Schiller. Er erkannte nur Schillers Person, sein Streben, seine menschliche Grösse an. Was Schiller dagegen unter Dichten verstand, war für Göthe gar kein Dichten. Schillers poetisches Schaffen war Göthe etwas Fremdes. Schiller suchte seine Stoffe. Dann modellierte er so lange daran herum, bis sie ihm bequem lagen. Dann machte er kaltblütig die Disposition. Dann wurde tagewerkweise, wie Maurer einen Palast aufführen, nach bestimmtem Plane, das Werk emporgebracht. Dann der Bau geputzt, ornamentiert und meubliert und endlich mit einem gewissen Neuigkeitsglanze dem Gebrauche des Publikums anheimgestellt. Dieses Mechanische war Schillers Kraft. Er war Dichter von Profession und liess andere Dichter von Profession neben sich gelten. Göthe verstand das wohl, aber nicht für sich selber. Er behandelte die technischen Fragen, welche für Beurteilung von Dichtungen und deren Entstehung wertvoll sind, mit dem grössten Ernste, jedoch als Aussenstehender. Dichten war ihm ein unbegreiflicher Prozess. Wer sich an Göthe wandte, ob er Dichter werden solle, kam schön an. Junge, versificatorisch begabte Leute haben den natürlichen Glauben, es gäbe irgendwo einen Areopag, von dem ihnen feierlich und verbindlich die Erlaubnis erteilt werden könne, Verse zu machen, welche Erfolg haben, d. h. gelesen und bewundert werden müssen. Göthe wusste nur eins zu erwidern, was etwa auf das Gleichnis hinauslief, der echte Seidenwurm brauche nur Blätter zu fressen, die Seide werde schon nicht ausbleiben. Er antwortet ausweichend, abmahnend, bedenklich. Schiller geht frisch darauf ein. Er kritisiert die eingesandten Verse, und fordert auf, wenn sie ihm zusagen, fleissig fortzufahren. Er ermuntert, freilich, man müsse sich der Dichtkunst völlig weihen, wenn man etwas erreichen wolle, und dergleichen praktische Mahnungen mehr."*)

Schiller seinerseits betrachtete solche Dichtungen, die einem inneren Gefühle entsprangen, also in der Weise wie

*) Hermann Grimm, Göthe.

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Göthe stets dichtete, überhaupt nicht als eigentliche Poesie. Ueber eine seiner wenigen Schöpfungen, die auf solche Weise entstanden sind, über ,,die Ideale" äusserte sich Schiller: Dies Gedicht ist mehr ein Naturlaut, wie Herder es nennen würde, und als eine Stimme des Schmerzes, die kunstlos und vergleichungsweise auch formlos ist, zu betrachten. Es ist zu individuell wahr, um als eigentliche Poesie beurteilt werden zu können: denn das Inviduum befriedigt dabei ein Bedürfnis, es erleichtert sich von einer Last, anstatt dass es in Gesängen von anderer Art, von einem Ueberflusse getrieben, dem Schöpfungsdrange nachgiebt. Die Empfindung, aus der es entsprang, teilt es auch mit, und auf mehr macht es, seinem Geschlechte nach, nicht Anspruch".

Diese Unterschiede zwischen den beiden Dichtern beruhten nicht auf principiellen Verschiedenheiten, waren nicht die Folge einer Differenz theoretischer Anschauungen, sondern gingen unmittelbar hervor aus der Verschiedenheit der psychologischen Verhältnisse.

Göthe wurde, wie er selber schildert, von den ihn beherrschenden Stimmungen,,aus einem Extrem in das andere geworfen."

Freudvoll und leidvoll
Gedankenvoll sein;
Hangen und Bangen
In schwebender Pein,
Himmelhoch jauchzend
Zum Tode betrübt . . .

...

Das war Göthe selber, diese Worte entrangen sich seinem innersten Herzen. Die Stimmungen in Göthe waren der feinsten Schattierungen fähig, sie entstanden spontan in ihm, er konnte sich keine Rechenschaft über dieselben geben, sie beeinflussten seine Vorstellungen, die üppige Phantasie wurde von den Gefühlen und Stimmungen angefacht und drängte zu künstlerischer Verkörperung. Göthe ist sich häufig selber ein Rätsel. Er betrachtet seine Phantasie als objektiver Beschauer, das bunte Gemisch wird zur Quelle seiner dichterischen Ideen. Die starke Verstandesthätigkeit in ihm setzt aber der schwärmerischen Phantasie Schranken,

lässt sich von den schwankenden Stimmungen nicht unterjochen und weiss so das innere Gleichgewicht stets aufrecht zu erhalten.

In Schiller waren es nicht spontan entstandene Stimmungen, die seine Phantasie erregten und zu künstlerischem Ausdruck drängten. Seine Stimmungen hingen von den Vorstellungen ab, wurden von ihnen erzeugt und beeinflusst. Schillers Phantasie bot zwar dem suchenden Verstande die poetischen Ideen dar, sie arbeitete aber nicht selbständig wie bei Göthe, sie war ein Werkzeug des Willens, und Schiller konnte daher nicht von sich sagen, seine Werke seien,,wie im Traume" entstanden, er habe sie,,gleich einem Nachtwandler" gedichtet. Schiller fühlte sich nicht ,,unbewusst" schaffen, seine Werke entstanden in zielbewusster Absicht.

Dem Triebe Göthes, sich zu entäussern, seine Empfindungen in künstlerischer Form darzustellen, entspricht bei Schiller der Schaffensdrang, der ,,vom Ueberfluss getriebene" Drang zu künstlerischen Schöpfungen. Bei ihm liegt der Schwerpunkt im Intellekt, der aus der Aussenwelt und auch wohl aus der Phantasie schöpft, um mit Sorgfalt und Fleiss ein mächtiges Kunstgebäude zu errichten. Die von ihm geschaffenen Gestalten waren nicht wie bei Göthe seiner Stimmung entsprungen, sondern waren in jeder Hinsicht ein künstlerisches Produkt.

Schiller sowohl wie Goethe, beide empfanden den gewaltigen Unterschied, der zwischen ihnen bestand. Nach ihrer ersten Begegnung schrieb Schiller an Körner: „,Sein ganzes Wesen ist schon von Anfang her anders angelegt, als das meinige, seine Welt ist nicht die meinige, unsere Vorstellungsarten scheinen wesentlich verschieden."

In der Erkenntnis, dass ihm Göthe auf manchen Gebieten überlegen war, schrieb Schiller: „Dass ich auf dem Wege, den ich nun einschlage, in Göthes Gebiet gerate und mich mit ihm werde messen müssen, ist freilich wahr: auch ist es ausgemacht, dass ich hierin neben ihm verlieren werde. Weil mir aber auch etwas übrig bleibt, was mein ist, und er nie erreichen kann, so wird sein Vorzug mir und meinem Produkte keinen Schaden thun, und ich hoffe, dass die Rechnung

sich ziemlich heben soll. Man wird uns, wie ich in meinen mutvollsten Augenblicken mir verspreche, verschieden specificieren, aber unsere Arten einander nicht unterordnen, sondern unter einem höheren idealischen Gattungsbegriff einander coordinieren."

Schiller hat also die verschiedenen ,,Arten", der sie angehörten, richtig erkannt und hat das richtige Gefühl gehabt, dass man hier nicht eine Art der anderen unterordnen könne.

Zwanzig Jahre nach Schiller's Tode urteilt Göthe folgendermassen über ihn:,,Schiller, der wahrhaft poetisches Naturell hatte, dessen Geist sich aber zur Reflexion hinneigte und manches, was beim Dichter unbewusst und freiwillig entspringen soll, durch die Gewalt des Nachdenkens zwang, zog viele junge Leute auf seinem Wege fort, die aber eigent lich nur seine Sprache ihm ablernen konnten."

Die gewaltigen Unterschiede dieser beiden Männer zeigten sich auch in mancherlei Zügen ihres Charakters. Göthe, der durch sein Dichten lediglich einem inneren Drange, einem natürlichen Bedürfnis entsprach, dichtete in erster Linie für sich selber und fragte nichts nach dem Publikum. Schillers Bestreben ging dahin, der Welt zu imponieren, dem Publikum zu gefallen. Er selber sagt: „Das Publikum ist mir jetzt alles, mein Studium, mein Souverain, mein Vertrauter. Ihm allein gehöre ich jetzt an. Vor diesem und keinem andern Tribunal werde ich mich stellen. Dieses nur fürcht' ich und verehr' ich.“ Göthe fürchtete weder, noch verehrte er das Publikum und kümmerte sich daher auch nicht darum, was die Kritik über ihn sagte, während Schiller offen zugesteht, dass die Kritiker einen erheblichen Einfluss auf sein Schaffen ausgeübt haben. Göthe verspürte keinen Trieb und kein Verlangen, seine Arbeiten schnell vor das Publikum zu bringen, während Schiller die Zeit nicht abwarten konnte, bis eine Schöpfung reif war, in die Oeffentlichkeit zu treten. So veröffentlichte er bereits Bruchstücke des Don Carlos in der Thalia, lange bevor die Dichtung vollendet war, was er übrigens später selber bereute, da er gern noch Einiges geändert hätte.

Wie ich schon andeutete. ist Shakespeare ein Schiller

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