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licher Kraft das Gegentheil von dem, was er forderte, that. Gegen Fleischeslust geißelte er sich, gegen Völlerei seßte er das Fasten, gegen Pußsucht Barfüßigkeit und hårenes Gewand, gegen Faulheit angestrengtes Wachen, gegen den Geiz das Gelübde der Armuth, gegen die Todesfurcht Todeslust. So knechtete er den Leib, flatt sich von ihm knechten zu lassen. Das mußte ges schehen, weil die Menschen vor der Erscheinung Christi ganz der Macht des natürlichen leiblichen Lebens unterworfen waren. Dies Aeußerste mußte durch das entgegengeseßte Aeußerste besiegt wers den, natürliche Gewalt durch sittliche.

Allmålig

scheinen fich beide Gewalten zu versöhnen. AlG nächstes Ziel erscheint Duldung und fittliche MåFigung der Naturtriebe, als entfernteres, wie wir sahen, nicht Ertödtung sondern chriftliche Verkläs rung derselben. Das zeigt sich auch in der Ers ziehung. Sie meint: wie das Tonwerkzeug rein gestimmt seyn müsse, auf welchem der Meister spielen will, so müsse der Leib rein gestimmt seyn vor aller Leibesübung und Leibesbildung höherer geistiger Art. Darum erneute und verdoppelte sich beim Entstehen der Turnkunft die Anforderung an die Jugend zur Reinigung von leiblichen Sünden,

D

zur Keuschheit und Mäßigkeit. Diese Anforderung war um so dringender, als vorher nicht bloß die Roheren sich¦ den Ausschweifungen ergaben, sondern unter den Gebildeteren eine vornehme Vers achtung alles ehrbaren Lebenswandels frech hers vortrat. Ein genialer Mensch, wähnte man, könne bei seinem großen weiten Daseyn nicht zugleich Im engen Lebenskreise Maaß und Ordnung halten, das könne nur der Spießbürger, welcher beschränkt auf den Lebenskreis einzig in und für denselben lebe. Christi Beispiel wird vergessen, der bei eis nem unergründlichen göttlichen Daseyn seine Feinde als Zeugen seines täglichen Lebenswandels fragte: wer von euch kann mich einer Sünde zeihen? Unchristlich erlag man aber nicht bloß großen Leis denschaften, sondern einer Menge Angewohnheiten, die leider für unschuldig galten und noch gelten, aber in unserer Zeit die Menschen fast mehr knechten, als jene großen Leidenschaften selbst.

D. Meinst du den Genuß des Thees, Kaffees, hite figer Getränke, das Tabakrauchen?

G. Diese meine ich, nicht aber den menschlichen Genuß des edeln, durch das Abendmahl selbst ges heiligten Weines.

D. Wie darfst du aber den ersten Stein aufheben? G. Ich hebe ihn gegen Niemand auf, sonst wäre

ich mir selbst der Nächste *), wohl aber gegen die Tyrannei der Angewohnheiten überhaupt, welche ich redlich in mir niederkämpfte. Möchten nur erst Allen die Augen aufgehen über das Unheims liche, Unsittliche dieser Angewohnheiten, welche in den letzten zwanzig Jahren unglaublich zu der überspannten frånklichen Reizbarkeit und scheinbas ren Lebhaftigkeit der Gebildetern mitwirkten. Wie die mephistophelischen Geister den Faust durch Bils der und Gefühle berücken, so täuschte ein inneres Blendwerk geistig ätherischen Lebens durch seine unheimlichen Mittel heraufgezaubert. Geißtige Ers schlaffung folgte der geistigen Ueberspannung. Selbst in manchen tiefsinnigen Schöpfungen der größten Geister unserer Zeit fühlt sich so etwas Unheimliches durch, ein halb magnetischer phans tastischer Zustand durch Reizmittel gehegt, seltsam mit einer großen überwachen Klarheit und Ber weglichkeit des Verstandes gepaart. Herrliche Winterblumen scheinen in Brownschen Mistbeeten erzeugt und der Frühling noch ferne zu feyn, da

"Der Verfasser meint sich.

* Propheten bei Heuschrecken und wildem Honig geistesmächtig seyn werden.

Möchte durch die Turnkunft wieder ächte Gesundheit bezielt, daß Nervensystem nicht mehr auf Kosten des übrigen Leibes überbildet, sondern ebermäßig und im Einklang`mit ihm ausgebildet, werden. Tritt auch für eine Zeit jene unnatürlich überzarte Geistigkeit zurück, so darf das nicht irren. Eine neue Art wird sich entwickeln, eine gesundere sittlichere Geistigkeit, kurz eine christlich natürliche von unheimlicher Naturgewalt freie.

4. Sinnena u s b i l d un g.

D. Ich gebe dir zu, was du in unserem leßten Ges spräche gegen Ueberreizung des Nervensystems

fagtest; allein gegen eine gesunde Ausbildung der Sinne wirst du doch nichts einwenden ?

G. Bewahre!

D. So life mir einen Zweifel. Du sagtest: Turs nen beziele höchste geistige Belebung und Verklås rung des Leibes. Wie kommt es nun, daß es gerade den leiblichsten Theil des Leibes, die Muss kelkraft, übt, den geistigeren, die Sinne, so gut wie nicht? Auge und Ohr gehören doch auch dem

Leibe an, Aug- und Ohr-Uebungen sind doch auch Leibesübungen.

G. Wenn ich von dem sprach was das Turnen bes

ziele, so wundre dich nicht, wenn das Ziel noch nicht erreicht ist, da man eben erst anfångt. Früs her oder später wird sich die Kunst der Sinnenausbildung nn nicht aus der gegenwärtigen Turnkunst entwickeln, doch gewiß an dieselbe an- schließen.

D. Brachte nicht Gutsmuths dies schon in Anregung? G. Ja, nur auf eine sich an Rousseau anschließende, wie mir scheint, einseitige Weife..

D. Wie kommt es aber, daß Jahn, der doch nach Gutsmuths auftrat, die Sinnenausbildung so wenig beachtete?

G. Dazu hatte er mehr als einen guten Grund. Jede Bildung schreitet vom Gröberen zum Feineren fort, so auch die des Leibes. Wie der Früh, lingsfaft erst Stamm und Zweige neu belebt, ehe er Blåtter und Blüten treibt, so mußte Beles bung der roheren Muskelkräfte der Sinnenbeles bung vorangehen. Auge und Dhr ausbilden bei einem übrigens schwächlichen Körper, ist widernas türlich und überspannt. Einer neuen Belebung der Muskelkräfte bedurfte es aber, besonders in

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