ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub
[ocr errors]

dem Geist der Geschichte", wie Schmidt meint, obwohl auch die Natur ihre Geschichte hat. Hingegen ist es unbestreitbar, wenn Schmidt wie Vischer den Monolog in,,Wald und Höhle" einer späteren Entwicklungsstufe des Dichters zuschreibt, auf der dieser die Natur nicht mehr ,,mit wilder Sehnsucht", sondern mit dem Gefühl erwiederter Liebe geliebt habe, und dass diess nicht mehr die ursprüngliche Faust-Stimmung sei.

Wäre Schmidt diesem von ihm mit Recht als solchen bezeichneten Widerspruch zwischen den älteren Scenen und der Scene,,Wald und Höhle" tiefer nachgegangen, so hätte er der Sache auf den Grund kommen können, zumal er sein Verständniss des Goethe von 1770 bis 1775, in welchem die Faustidee gährte und lebendig war, durch mehrfache Andeutungen bekundet. Ich rechne dazu namentlich seine Hinweisung auf den ,,vergötterten Waldteufel". Er würde sich alsdann aber vor Fehlschlüssen gehütet haben wie folgender: „Die Hexenküche ist erst 1788 hinzugedichtet, also ist das ganze Motiv der Verjüngung erst nachträglich eingeschoben." Dieses Motiv gehört vielmehr recht eigentlich zur ursprünglichen Conception und ist zur Entwicklung der Handlung unentbehrlich; denn um in den Tiefen der Sinnlichkeit glühende Leidenschaften zu stillen, bedarf der schon alternde Faust bei seinem „,langen Bart" gerade der Zauberkräfte, und diese sind, wie v. Löper gegen Gottschall zu erinnern hatte, „ein nothwendiger Bestandtheil des Faust-Stoffs": wer sie nicht zulassen will,,,muss den Kern desselben, ohne den das Faust-Drama nicht denkbar ist, überhaupt verwerfen". Wir haben bei Vischer gesehen, dass es der modernen Faust-Exegese mit dieser Ver

werfung vollkommener Ernst ist, und auch Schmidts Grundauffassung läuft darauf hinaus.

Erst mit der zweiten Version" kommt nach. Schmidt „eine ernste Idee" in das Gedicht: aus dem Doctor des sechzehnten Jahrhunderts wird „allmählich unter Schillers Einfluss ein Repräsentant der strebenden Menschheit". Der wahre Beruf der Menschheit ist nach Schmidt „unablässig nach den Ideen zu streben mit dem Gefühl sie nie völlig erreichen zu können. Dieser Gedanke wurde nun der Grundaccord der ganzen Tragödie". Also auch wohl des ersten Theils, der unseren Repräsentanten mit seiner Ideenjagd zu Verführung und Todtschlag, auf den Blocksberg, zum Tanze mit den Hexen, zum Rabenstein und in den Kerker seines Opfers führt? liegt an diesem Teufelsspuk! er ist und bleibt „wüster Aberglaube", von welchem heutzutage selbst in der Poesie kein eigentlicher Gebrauch gemacht werden. darf. Aber Goethe hat es doch gethan, so ausgiebig gethan, dass dieser Spuk die Handlung vorn, hinten und in der Mitte bedingt! Einerlei, es ist alles nur Costüm; die lyrischen Ergüsse" das „Streben nach den Ideen", das „Streben in der Form des Contrastes" sind des Pudels Kern.

Was

Hienach sind Faust und Mephistopheles „nicht der Verführte und der Verführer, sondern der feurige Idealismus und die auf's Empirische sich steifende Ironie". Und diese „Form des Contrastes" war um desswillen geboten, weil die Zeit, die sich in dem Gedicht abspiegelt „ihre Gestalt nur in dieser Form findet". Diess könnte füglich von jeder Zeit behauptet werden, da beide Factoren thätig sind, so lange die Menschheit eine Geschichte hat, und läuft auf die beiden Seelen hinaus, die in Fausts Brust kämpfen,

keineswegs aber gleich Faust und Mephistopheles sind, sonst hätte es nicht zweier Personen bedurft. Neue Motive zu dieser zweiten Version" des Faust bilden, nach Schmidt, der transscendentale Idealismus und die Antike. Damit stehen wir schon ganz in den Phantasmagorien des zweiten Theils. Wir beschränken uns auf ein kurzes Referat über das Neue in Schmidts „Versuch". Dieses illustrirt seinen eigenen Satz: „Es hat sich über Goethes Faust ein Mythus gebildet, der an Umfang und Verwirrung den Mythus vom alten Faust bei weitem überragt". Nach Schmidt erlöst der Faust Goethes sich selbst durch fortgesetztes Streben. „Zum Streben gehört die Kunst". Natürlich! ebenso gut wie „das. ungeheure Streben" des Seismos und was nicht alles! „In diesem Sinn wurde jetzt das Motiv der Helena ganz symbolisch gewendet: Helena hatte Faust in einen Venusberg verlocken wollen (?), aber er bannt sie in das Gewölbe der absoluten Kunst". Höchst merkwürdig! wie geht diess vor sich? ,,Als umgekehrter Pygmalion verwandelt er die Schöne, die ihm erscheint, in ein Bild, er fasst sie als Künstler. Mikrokosmus und Makrokosmus krystallisiren sich dem dichterischen Blick in die Gestalt eines schönen Weibes. Allein die blosse reine Schönheit gehört dem bildenden Künstler, der Dichter kann damit nichts anfangen. Die Kunst, die von den sittlichen Ideen sich löst, gibt keine höchste Befriedigung." Deshalb ist die Helena,,nicht der Gipfel der Tragödie, nicht das versöhnende Motiv für Faust, d. h. (!) für Goethe gewesen", ja sie ist ,,wie in Goethes Leben. so auch ins Fausts Leben eine flüchtig spielende Erscheinung, die vorüberging". Trotz des Gewölbes der absoluten Kunst!

Das versöhnende Motiv ist vielmehr ,,die reine Menschlichkeit", welche nach Iphigenie alle menschlichen Gebrechen sühnt. Faust kehrt,,ins deutsche Leben zurück, nachdem im Hochgebirg aus Helenas Gewand die,,Seelenschönheit hervorgegangen und das Beste seines Innern mit sich fortgezogen." So steht es allerdings am Anfang des vierten Acts zweiten Theils zu lesen und muss also richtig sein.

[ocr errors]

In

Die dritte,,Version" der Dichtung,,krystallisirt sich allmählich in eine allgemeine Umwandlung der Cultur, mit welcher die poetische Verherrlichung des Orients (der westöstliche Divan) zusammenfällt." dieser seiner letzten,,Metamorphose" ergibt sich,,der alte Proteus", obwohl ,,Anhänger des Korans, reichlicherem Weingenuss (physisch und geistig) als in irgendeiner seiner früheren Metamorphosen." Da wird uns freilich alles verständlich! Die Versuche Herders, die Wanderung der Götterbilder zu verfolgen, waren von verschiedenen Seiten wieder aufgenommen. Der Wissenschaft gereichte diess zum Segen; denn mehr und mehr klärte sich die Gährung: die Sanskrit Literatur, die vergleichende Sprachforschung, die deutsche Mythologie blühten auf; aber für die Poesie ging daraus nur Verwirrung hervor. Diese nahm Goethe ironisch auf, und hatte er früher die Urwesen des deutschen Volksglaubens ausgemalt, so versuchte er es nun mit der classischen Walpurgisnacht. Diese ist der eigentliche Mittelpunkt für die dritte Version des Faust, vom Ganzen abgelöst, das köstlichste Possenspiel, das die Welt seit Aristophanes gesehen; aber in Verbindung mit dem Ganzen deutet sie zugleich rückwärts nach dem Blocksberg, vorwärts nach dem Himmel, der nun, da man an Bildlichkeit gewöhnt war, in den Formen der Mytho

logie vorgestellt wurde: das Bild der Sirenen klingt vernehmlich im Pater Seraphicus wieder."

Das heisst doch auf deutsch: zum richtigen. Verständniss von Himmel und Hölle im Faust, d. i. des tragisch ernsten Ein- und Ausgangs, muss man das Possenspiel in der Mitte zum Maasstabe nehmen; alles löst sich in höhere ,,Ironie" und das Ganze in ein Fastnachtspiel auf. Ironisirt sich die moderne Auslegung nicht selbst mit ihrer Illusion" und ,,Ironie"? Wo bleibt denn,,die ernste Idee" und die ,,Selbsterlösung durch thätigen Humanismus"? Bei diesem, dächte ich, hört die Mythologie doch auf. Ja gewiss:,,die Richtung auf das Gemeinwohl, die selbstverläugnende Resignation Fausts und der Glaube des Dichters an die Unsterblichkeit lösen allen Spass wieder aus; denn Fausts Uebergang in die Unsterblichkeit ist nicht der melodische Ausklang eines nicht recht fertig gewordenen Problems, er spricht Goethes heilige Ueberzeugung aus: Goethe hatte sich mehr und mehr sowohl von Spinoza als von Kant zu Leibniz gewendet und die Theorie der Monaden. angenommen."

[ocr errors]

Man sieht wie jenes ,,energische freie Wort" des sterbenden Faust,,gegen das Jenseits":

Thor, wer dorthin die Augen blinzend richtet, Sich über Wolken seinesgleichen dichtet u. s. w., nach Vischer,,eine der wenigen echten Kraftstellen des zweiten Theils", welche,,den ästhetischen Glauben an die Goldgrundbilder" der Himmelfahrt Fausts ,,todtschlägt“, sich hier willig in das Gegentheil, die ,,heilige Ueberzeugung" von der Unsterblichkeit der menschlichen Seele verwandelt. Beiläufig sei hier an die Aeusserung des Dichters vom Jahr 1815 an Boisserée erinnert, wonach das ,,sehr gut und

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »