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§ 11.

Allgemeine Uebersicht.

Die gesammte bisherige Entwicklung hatte noch keine genügende Basis ergeben, auf welcher sich eine systematische Pädagogik hätte erbauen können. Das Wesen der Erziehung, das unmittelbare Objekt der Pädagogik als Wissenschaft, war noch nicht in seinem vollen Umfange und seinem ganzen Inhalte nach, sondern nur theilweise in vereinzelten Momenten erkannt, und je einseitiger diese Erkenntniss war, mit desto grösserer Energie wurde dieselbe bis zu ihren letzten Konsequenzen verfolgt. Das Wesen und der Begriff der Erziehung wird aber zunächst in dem Zwecke derselben erkannt, und gerade hierin machten sich bisher zwei verschiedene Richtungen geltend, die sich in ihren letzten Konsequenzen als zwei Extreme gegenüberstanden. Während die Erziehung im Alterthum, das Recht der Individualität durchaus verkennend, das Individuum der Gesammtheit aufopferte, so löste dagegen die Pädagogik des Mittelalters in ihren letzten Ausläufern das die Individuen zu einer Gesammtheit verknüpfende Band gänzlich auf, ihrerseits das Recht der Gesammtheit an dem Individuum verkennend. Lag so im Alterthum der Zweck der Erziehung ausserhalb des Individuums, so verlegte das Mittelalter denselben lediglich in das Individuum. Hiermit hing aber ein zweiter, nicht minder durchgreifender Gegensatz auf des Engste zusammen. Lag nämlich der Zweck der Erziehung ausserhalb des Menschen oder des Individuums, so bedurfte es für die Pädagogik weniger einer Kenntniss vom Wesen des Menschen, als der Wissenschaft von demjenigen Zwecke, für welchen derselbe erzogen wurde. Daher nahm die Staatswissenschaft nach der Philosophie im Alterthum den ersten Rang ein; denn das Individuum sollte für den Staat erzogen werden. Wird dagegen der Zweck

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der Erziehung in das Individuum selber verlegt, wie im Mittelalter, so ist die Erkenntniss vom Wesen desselben von höchster Wichtigkeit. Daher Locke's Untersuchung über den menschlichen Verstand, daher Rousseau's Bestreben, seine Erziehungstheorie durch psychologische Untersuchungen der Individualität zu begründen. Beide Antithesen des Alterthums und des Mittelalters zu einer Synthesis zu vereinen, das ist DAS WESEN DER NEUEREN PAEDAGOGIK. Der Zweck des Individuums liegt weder ausser ihm, noch ist es isolirter Selbstzweck; vielmehr sind Individuum sowohl als auch die Gesammtheit einem höheren, dem höchsten Zwecke untergeordnet, in welchem aber beide zugleich ihre relativen Zwecke erfüllen. Und ebenso wenig genügt der neueren Pädagogik die Erkenntniss der objektiven Welt ohne ihre innige Beziehung zu dem Individuum, noch die Erkenntniss der von ihrer höheren und höchsten Einheit losgelösten Individuen ihr ist das Individuum zugleich Individuum als auch ein Theil der Menschheit und ein Theil der Gottheit; der allgemeinste Begriff ist aber der höchste Begriff. Und desshalb sieht die neuere Pädagogik das wahre Ziel des Menschen in der Identität des menschlichen und göttlichen Willens, und das wahre Wesen desselben nicht in den individuellen Auswüchsen, sondern in der der ganzen Gattung gemeinsamen Natur, die in ihrem letzten Grunde wiederum ein Ausfluss des göttlichen Wesens ist. So sind Ethik und Psychologie die Grundpfeiler der Pädagogik der neueren Zeit, und dieselbe charakterisirt sich demnach im Gegensatze zu dem objektiven und subjektiven Naturalismus des Mittelalters als ein Realer Naturalismus, sofern nunmehr die Erziehung die Herausbildung der wahren Natur des Menschen zu ihrem Objekte hat.

Wenn jedoch in der neueren Pädagogik die ethischen Principien durchgehends auf dem traditionell überlieferten Christenthume beruhen, mögen sie auch noch so sehr von einander abweichen, so nehmen wir in Bezug auf die psychologischen Principien zwei entgegengesetzte Strömungen wahr, indem nämlich die eine von ihnen die überlieferten psychologischen Anschauungen, ohne weiter ihre Richtigkeit zu prüfen, auf

die Pädagogik anwendet, die andere dagegen mit der Tradition brechend von wesentlich neuen psychologischen Grundlagen aus die Pädagogik zu reformiren sucht. Wir bezeichnen daher jene erste Richtung als den dogmatisch-realen Naturalismus, diese aber als den kritisch-realen Naturalismus.

I. Der dogmatisch-reale Naturalismus.

Derjenige, welcher die Pädagogik in eine neue Bahn lenkte und zugleich der Begründer einer wissenschaftlichen Pädagogik wurde, ist Pestalozzi. Nach ihm fühlt sich der Mensch auf eine dreifache Art in der Welt: als ein Werk der Natur, als ein Werk des Geschlechts (oder der Welt) und als ein Werk seiner selbst. Diesem Gange der Natur müssen nun Erziehung und Gesetzgebung folgen. Sie müssen dem Menschen das thierische (natürliche) Wohlwollen durch das häusliche Leben zu einem menschlichen Wohlwollen umwandeln und selbiges durch die Treue und den Glauben, die der gesellschaftliche Zustand anspricht, mitten in der Gewaltsamkeit, mit welcher der gesellschaftliche Zustand auf das Verderben dieses Zustandes einwirkt, dennoch zu erhalten suchen. Sie müssen ihn endlich durch Selbstverleugnung zu der Kraft emporheben, durch die er allein im Stande ist, das Wesen der Unschuld in sich selbst durch seine sittliche Kraft wieder zu dem friedlichen, gutmüthigen und wohlwollenden Geschöpf zu machen, das er in der Unverdorbenheit seines thierischen Zustandes auch ist. Um nun dieses Ziel zu erreichen, muss die menschliche Erziehungskunst dem Gange der Natur in der Ausbildung unsrer Kräfte, und zwar nach jeder Richtung, nach welcher ihr diese vorgeht, in Uebereinstimmung mit ihr und ihr untergeordnet nachhelfen. Sie bedarf, um dieses zu können, in jedem Fall einer tiefen Erkenntniss und eines belebten Gefühls von dem Gang der Natur selber, in dessen Fusstapfen sie ihr nachfolgend und dienend eintreten soll. Sie ist aber hierfür immer nur in dem Grade fähig, als ihre Mittel aus den ewigen, der wahren Kunst zu Grunde liegenden Gesetzen der Menschennatur selber hervorgehen. Die Wahl der Mittel richtet sich also nach

der psychologischen Entfaltungsweise der menschlichen Kräfte und Anlagen.

Das Hauptverdienst Pestalozzi's bestand demnach darin, dass er auf die wahre Natur des Menschen hinwies und dass er der Pädagogik die Aufgabe vindicirte, die sinnliche Natur des Menschen zur sittlichen umzugestalten und zugleich auch die aus der eigensten menschlichen Natur geschöpften Mittel angab, die zur Realisirung jenes Zweckes führen sollten. Doch war es mehr ein glücklicher Wurf des Genius gewesen als die besonnene Forschung eines wissenschaftlichen Geistes, der Pestalozzi bisher ungebahnte und ungeahnte Wege wandeln hiess. Es blieb daher andern Denkern überlassen, dem, was Pestalozzi in seinem genialen Geiste gleichsam anticipirte, eine feste, wissenschaftliche Grundlage zu geben, eine Aufgabe, deren theilweise Lösung zunächst Kant versuchte.

Kant hatte in seiner „Kritik der reinen Vernunft" dargethan, dass die drei höchsten Begriffe: Freiheit, Gott, Unsterblichkeit wissenschaftlich freilich nicht zu erweisen seien, forderte jedoch in der „Kritik der praktischen Vernunft" ihre unbedingte Anerkennung als die drei nothwendigen Postulate der praktischen Vernunft. Den kategorischen Imperativ, ein allgemein gültiges und absolutes Sittengesetz, erweist Kant als das Princip der Freiheit und der Autonomie des Willens gegenüber der Heteronomie der Willkür. Die unbedingte Unterwerfung unter dieses Sittengesetz ohne jedweden Nebenzweck, das ist unsre Pflicht, die uns die Tugend in ihrem Kampfe gegen die sinnlichen Neigungen erfüllen hilft. Das höchste Gut ist die Glückseligkeit nur dann, wenn sie mit dem sittlichen Wohlverhalten vereinigt ist. Daher ist der wesentlichste Zweck der Erziehung die Moralisirung oder Sittlichmachung des Menschen, und ihr Princip: Kinder sollen der Idee der Menschheit und deren ganzer Bestimmung angemessen erzogen werden. Besonders übe man die oberen Kräfte, damit das Kind mit voller Einsicht nach vernünftigen Maximen handeln lerne.

In der wissenschaftlichen Untersuchung der ethischen Fundamente und in der Aufstellung eines absoluten Sittengesetzes,

dessen unbedingte Erfüllung die Pflicht eines Jeden ist, besteht das Hauptverdienst Kant's für die Pädagogik, welche er selber jedoch systematisch nicht bearbeitet hat. Dagegen haben Niemeyer und Schwarz ein vollständiges System der Pädagogik auf Kantischen Principien aufgestellt.

Während Kant's Untersuchungen auf die wahre sittliche Natur des Menschen gerichtet waren, und er das Wesen derselben in der unbedingten Uebereinstimmung des menschlichen Willens mit dem göttlichen gefunden hatte, im übrigen aber von ihm das Individuelle dem Allgemeinen durchaus geopfert wurde, so trat Schelling für das Recht des Individuums ein, das in seinem wahren Sein mit dem Absoluten identisch ist, und grade hierin besteht sein unmittelbares Verdienst um die Pädagogik. Anknüpfend an den Gedanken Schelling's, dass nichts als Glied in einer wahren Totalität begriffen werden kann, was in ihm bloss als Mittel wirkt, und dass eben dadurch, dass das Besondere in sich absolut ist, es auch wieder im Absoluten und integranter Theil desselben ist, und umgekehrt, an diesen Gedanken anknüpfend, verlangt Graser, dass die Erziehung eine individuelle sei, damit das Individuum grade mit diesen seinen Anlagen der Gesammtheit nütze. Die eigentliche Bestimmung des Menschen aber sei die Divinität, d. h. die Menschen sollen durch ein Selbstsein oder durch ein mit ihrer Idee identisches Leben. oder ein mit eigenem Geiste und eigener Thätigkeit durchaus und stets bestimmtes Sein, das Abbild des göttlichen Seins vorzugsweise darstellen.

Auch Schleiermacher, dessen philosophische Ansichten sich vielfach mit denen Schelling's berühren, bestimmte ausführlicher von der durch Kant gelegten sittlichen Grundlage aus das Recht der Individualität und der Anforderungen des gemeinsamen Lebens. Er wahrt bei der Erziehung der Individualität ihr volles Recht, will sie jedoch unter die höhere Potenz der Vernunft gestellt wissen. Wie der Einzelne aus dem Allgemeinen entstanden ist, so muss er auch durch das Allgemeine bestimmt und darf nicht aus dem Zusammenhange mit andern herausgerissen werden. Mit

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