ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub
[ocr errors]

und Seligkeit, müßte der Sündhafte der gerechten Strafe anheimgefallen sein; aber er kömmt, wie

[ocr errors]

durch ein Wunder in den Himmel statt in die Hölle, und zwar ohne das Mindeste für seine Seligkeit ge= than zu haben; ohne Reue und Buße, wie man wähnt. Dieser Einwurf scheint allerdings viel Ge= wicht zu haben. Daß Faust zu dem einen, wahren, überweltlichen Gott vor seinem Ende nicht zurückkehrte, ist Thatsache; daß sein besseres Ich sich aber regte, daß er Reue empfand, seines verflossenen fündhaften Lebens wegen, ist in dem Vorhergehenden schon angedeutet, und daß diese bessere Regung bei ihm, nach einem erfahrungsreichen Leben, ihre wohlthätige Wirkung nicht verfehlt haben würde, wenn ihr dazu die Zeit geworden wäre, ist schwerlich zu leugnen.

Der Knoten würde sich übrigens in strenger Form lösen lassen, in so ferne man sich auf die Lehre von der Reinigung der Seelen nach dem Tode beziehen könnte; aber diese Ansicht liegt im Faust nicht zu Grunde, mindestens nicht in kirchlicher Hinsicht; wenn gleich das Christenthum überall vor

waltet.

Man glaube indeß nicht, der Dichter habe des

halb, gegen die Ansicht des Christenthums, den Faust ohne förmliche Reue und Buße, ohne Laute

rung nach dem Tode, felig werden lassen, um sein Problem auf eine originelle Weise zu lösen; diese Lösung ist vielmehr schon in dem Grundprincip angedeutet, und folglich durch den Gang des Gedich= tes bedingt. Reue und Buße wären hier zwar den Ansichten vom theologischen Standpunkte aus, gemåß gewesen; würden aber alle Illusion vernichtet haben. Die Läuterung nach dem Tode, zweckmäßig angedeutet, hätte allerdings wirksam sein können, indem Faust nach der formellen Ansicht der katholischen Kirche etwa ins Fegefeuer verwiesen wåre; aber hierdurch würde der Dichter inkonsequent geworden sein. Das Wort des Herrn im Prolog:

Wenn er mir jezt auch nur verworren dient,
So werd' ich ihn bald in die Klarheit führen,

hebt indeß unbedingt alle Skrupel, denn Faust steht unter dem Einflusse einer äußerlichen Macht. Um indeß die Lösung des Knotens den mittelalter= lichen Begriffen anzupassen, ergriff Göthe die alt christliche Lehre von der Fürbitte der Heiligen, und ließ den vom rechten Wege abgeleiteten, von Gott abgefallenen Sünder, gerade weil er unter beding= tem höherem Einflusse stand, durch den Einfluß himmlischer Liebe, der göttlichen Gnade theilhaftig werden. Ein erhabener Gedanke! der ganz dem Geiste des Christenthums angemessen ist, und

kein pharisäisches Achselzucken verdient, wenn auch der todte Buchstabe dagegen hadert!

und hat denn Faust, seines sündhaften, gottlosen Wandels wegen, nicht lange und schwer büßen müssen? Bestraft sich das Böse nicht selbst? War Faust's Grübeln und Forschen, war seine ganze Thätigkeit, bei allem guten Willen, etwas anders, als Qual und Marter für ihn? Konnte sein sehnsüchtiges Streben für ihn etwas anderes sein, als ein nie befriedigter Durst nach dem Urquell der Begriffe? Konnte dieses Streben, dieses Umherschweifen unter grundlosen Begriffen, dieses Haschen nach dem Unerfaßlichen, von ihm nicht einmal Geahneten, etwas anderes bei ihm produciren und reproduciren als ewige Unruhe?

Unbefriedigt tritt er vom Schauplah; aber hoffend, im Vorgefühl der bessern Zukunft. Unwillig erträgt er die Nähe seines dimonischen Ge= hülfen, ordnet sich ihm nie unter, wird nie Eins mit ihm, weil das Böse in beiden ganz entgegenge= sester Natur ist, und dies wäre nach christlichen Be= griffen allein schon hinreichend, zu beweisen, daß er nicht in die Hölle gehöre, wie Viele sich und Andre so gerne überreden möchten.

Göthe's Faust aus dem hier angedeuteten Gesichtspunkte betrachtet, ist also weiter nichts als ein —

Gedicht; ein Gedicht in der Natur begründet und nach dem Leben entworfen, reich an Bedeutung und wahr, wie das Leben selbst, aus dessen verborgensten Quellen es geschöpft ist; ein Gedicht, welches die tief= ften Tiefen des Gemüths aufschließt, die Irrpfade des Truges blosstellt und mit unwiderstehlichem Ernst, warnend und mahnend auf den wahren Zweck des Lebens hindeutet.

VI.

Prolog.

Märchenhaft aber großartig erscheint die FaustTragödie in der Anlage, wie in ihrem ganzen Umfange. Wenn gleich die Faust-Sage als die eigentliche Quelle des Werkes zu betrachten ist, so hat der Dichter sie doch nur in so ferne benut, als sein Plan es er= heischte oder zuließ, und wir finden daher mannigfache Abweichungen. Die erste und eigentlich bedeu= tendste Abweichung enthält der Prolog im Himmel. In ihm offenbaret sich die Grundidee, die wie eine Richtschnur sich durch das Ganze hinwindet; er ist daher von der größten Bedeutung. Ihn richtig aufzufassen, ist die Hauptbedingung, von welcher das Hauptverständniß des Faust abhängt.

Der Form nach an das Buch Hiob erinnernd, führt uns der Prolog die himmlischen Heerscharen vor, wie sie sich um den Thron des Herrn versam= meln, die unbegreiflich hohen Werke der Schöpfung

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »