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als einem halben Jahrhundert entstanden, unter der Maske einer bedeutungsvollen Phantasmagorie Leben und Bestandtheile gab; allein Göthe hat die FaustSage, zwar in ihren Grundzügen aufgenommen, aber verwandelt und mit kräftiger Genialität im zweiten Theile fortgebildet. Die gehaltreichsten, treff= lichsten Beziehungen auf Natur und Geschichte, auf Vergangenheit und Gegenwart finden wir in gediege= ner Reife mit den reichhaltigsten Schäßen der Ge= lehrsamkeit eng verschwistert, und aus den Tiefen dieses großartigen Kunstwerkes schwebt der Genius des jugendlichen Dichter-Greises in vielen Anklången und Erinnerungen herauf. Schon in den Tagen der Jugend wurde Göthe, durch das Zusammentreffen mancherlei Umstånde gereizt, von der Faust-Sage ergriffen, und mit dem Leben erst hat er dies früh begonnene Werk beschlossen. So liegt denn Faust vor uns als das sechszigjährige Kind des großen DichterGeistes, das die Merkmale dessen, was in und um Göthe vorging, an sich trågt, und also gewissermaßen historische Andeutungen liefert, die einen tiefen Blick in die geistige Entwickelung Göthe's gewähren.

Weil indeß das magische Dunkel, welches absichtlich über diese Tragödie ausgebreitet ist, durch scharf= sinnige Untersuchungen sich immer mehr erhellt; der Dichter selbst zur Lösung vieler Probleme Winke und Fingerzeige gegeben hat, die nicht wenig zum gründ

lichen Verständniß des Ganzen, wie des Einzelnen beitragen, wenn sie richtig aufgefaßt und gehörig ge= würdigt werden, und wir in seinen übrigen Werken, namentlich in „Kunst und Alterthum“, „Dichtung und Wahrheit“, in seinen Briefen 2. über so manches, was auf den ersten Blick dunkel und zweifelhaft scheint, Aufschluß finden, so ist es allerdings befremdend, die Kritik in so hohem Maße getheilt und die Ansichten so verschieden zn finden. Noch befremdender erscheint es jedoch, wenn das kritische Urtheil da von tiefsinnigen Räthseln, unauflöslichen Problemen und verwirrendem Dunkel redet, wo doch eigentlich nur glühende Empfindung, Kühnheit der Phantasie Dichterfreiheit zu bewundern ist!

Aber aus diesen abweichenden Ansichten gerade, aus den oft so widersprechenden Ergebnissen gelehrter Untersuchungen, besonders aber aus dem geheimnißvollen Hindeuten auf gewaltige Räthsel, ist es erklärlich, wie oft selbst Scharfsinn und Reflexion vor der sonderbaren Sphinx zurückbeben, die nach den Ansichten mancher Kunstrichter, dies Meisterwerk deutscher Kunst unzugänglich machen soll.

Sicher ist es indeß dem guten Dichter mit dem Hineingeheimnissen" über die Maßen gelungen, und Faust ist unter den Westhetikern gleichsam ein pomum Eridos geworden; aber dürfen wir deshalb annehmen, Göthe habe in seinem Meisterwerke ein endloses Irr

gewebe niedergelegt, an welchem der Verstand sich vergebens abmühen folle? Das hieße den großen Meister deutscher Kunst verkennen! Schon a priori dürfen wir es dem Dichter, in dessen übrigen Werken sich eine hohe, vollendete Objectivität offenbart, unmöglich zutrauen, daß er in diesem, nach Plan und Ausführung durchdachtesten Producte seiner Muse, sich einer krassen Willkür hingegeben habe; unmöglich dürfen wir annehmen, daß er statt einer gediegenen Ideenfülle, nur verworrene, regel- und ordnungslose Gedanken, während eines reichen, thätigen Lebens mit sich herumgetragen, in dem reichhaltigsten Werke seines Genius aufbewahrt und der Welt als ein Vermächtniß hinterlassen habe!

Dunkel ist zwar vieles im Faust, besonders im zweiten Theile; aber dies Dunkel ist nicht unauflöslich, es låge sonst außer dem Bereich des menschlichen Horizonts, und das kann's nun einmal nicht, aus leicht aufzufindenden Gründen. Dem Geiste höchster Wahrheit huldigend, tritt Göthe als vollendeter Lebensund Seelenmaler auf, indem er eine hohe Lebenstendenz aufstellt, die sowohl der Welt: als Menschengeschichte angehört. Das Wahre, Schöne und Erhabene mußte also Gegenstand seines schaffenden Geistes sein, und wir finden es überall, wenn gleich in den eigenthümlichsten Gestalten. Mystisches Dunkel würde daher mit dem Wahren und Schönen, deren

Charakter Harmonie ist, nicht zu reimen sein, denn das
Gebiet des Schönen ist das Reich der Klarheit, und
Wahr und gut ist Eins,

Und Schönheit wohnt in beiden, und sie in ihr
In gleichem Maße.

(Akenside Plaes. of imag.)

Aber das Tiefe und Erhabene ist, seiner Natur nach, von dem Dunkeln, Geheimnißvollen unzertrennlich; die Wirkung dieses Dunkeln der Gedanken wie der Gefühle ist in ästhetischer Hinsicht von unermeßlicher, ganz eigenthümlicher Kraft, und diese hat der Dichter in vollem Maße zu benußen gewußt, indem er Einbildungskraft und Vernunft in wechselseitigem Verhältniß beschäftigt; da, wo die erste erliegt, an die zweite appellirt, und so die Vernunft, das höhere Vermögen der intellectuellen Kraft, an das Gefühl ihrer Uebermacht erinnert, die vor keinen Grenzen erzittert.

In dieser Beziehung aber hat das Dunkle, Geheimnißvolle, wie verschiedenartig auch immer dessen Wirkung sein mag, nichts mit unbestimmter, mystischer Nebelhaftigkeit gemein; es ist Eins mit dem Erhabenen, und wie dieses hat es für die Phantasie wie für die Vernunft einen unwiderstehlichen Reiz. Finden wir doch auch in den Werken griechischer Tragiker dieses Dunkele, Geheimnißvolle, ungeachtet auf Hellas klaffischem Boden zuerst das Schöne in hoher Klarheit leuchtete, und würden nicht so manche jener Muster

an,

werke ohne Scholiasten für uns undurchdringliche Räthsel sein! Freilich gehören sie einer andern Welt Jahrtausende trennen uns von jenen Zeiten und ihrem Getriebe; aber um so befremdender ist es, wie die Gegenwart fast an dem Verständniß ihres Dichter-Heros verzweifelt und es unmaßgeblich der Nachwelt anheimstellt.

Hätte Göthe sich in einem Commentare über das Tiefe und Entlegnere seines Meisterwerkes erklårend ausgesprochen, so würde freilich den Wirren, die durch die verschiedenartigsten Ansichten entstanden sind, vorgebeugt, allein auch das Vergnügen, welches wir bei Entråthselung des Ganzen, unter dem Einflusse wohlwollender Genien empfinden, in demselben Maße geschwächt worden sein. Mährchenhaft ist die ganze Gestaltung des Faust, und das Tiefsinnigste, Verborgenste der poetischvn Fiction trägt das Gepräge der Allegorie; allein: L'Allegorie habite un palais diaphane, wie Lemierre sich allegorisch ausdrückt, und wir dürfen hier auf die Enthüllung der sinnreichen symbolischen Sprache, so wie auf die Uebereinstimmung der Ideen mit Ueberzeugung Göthe's eigne Worte anwenden:

Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,
Umfaß' euch mit der Liebe holden Schranken,
Und was in schwankender Erscheinung schwebt,
Befestiget mit dauernden Gedanken

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