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Pflichtenlehre.

Erster Abschnitt.

Von dem Sittengeseß und den daraus entspringenden Pflichten.

Sinnliche und vernünftige Natur (1). Sittengeset (2), Dessen Forberung (3). Pflichten (4). Tugend, Sittlichkeit, Sitten (5). Grade der Tugend (6). Verbindung derselben mit der Frömmigs teit (7).

1. Der Mensch hat, wie schon früher a) gezeigt wur de, beides, eine sinnliche und eine vernünftige Natur. Als sinnliches Wesen, strebt er nach sinnlicher Lust und sucht die Triebe darnach (Naturtriebe) vor Allem zu befriedigen. Als vernünftiges Wesen, folgt er seiner vernünftigen Natur und dem aus ihr entspringenden Geseße (Sittengesek), wel; ches jene Naturtriebe sich unterzuordnen, sle zu zügeln und zu beherrschen strebt.

a) Siehe Glaubenslehre, 4. Abschnitt §. 2 f. E. 53.

2. So wahr Du selbst bist, so gewiß spricht sich in Deiner vernünftigen Natur dieses Gesetz aus. Es ist nach der Schrift a) allen vernünftigen Wesen in's Herz geschrieben. Aber Jesus zeigt es Dir in seiner vollkommensten Klarheit. Nach ihm find weder Opfer noch Gebräuche, sondern nur reinsittliche, aus diesem Geseß entspringende Gesinnungen und Handlungen vor Gott angenehm b). Hier lernst Du das Sittengesetz zugleich als das ewige Gesek verehren, wornach der Vollkommenste die Welt richter c).

a) Röm. 2, 15. Die Heiden beweisen, des Gesezes Werk sey geschrieben in ihren Herzen, sintemal ihr Gewissen sie bezeuget (es bestätiget); dazu auch die Gedanken, die sich unter einander verFlagen oder entschuldigen.

b) Matth. 9, 13. Gott hat Wohlgefallen an Barma herzigkeit und nicht an Opfer. Jac. 1, 27. Siche oben S. 114.

c) Vergl. Glaubenslehre 1. Abschnitt §. 18. S. 18.

3. Dieses Sittengeseß verlangt, daß Du so handeln sollst, wie Du wünschest, daß alle vernünftige Wesen hans deln möchten. Es lehret Dich das Recht vom Unrecht un: terscheiden, und erweckt in Dir ein Gefühl, welches das Recht mit Wohlgefallen, das Unrecht mit Mißfallen betrachs. tet. Es dringt auf die Erfüllung aller Vorschriften, welche der Schöpfer schon in Dein Herz geschrieben, und Jesus durch feinen Unterricht zum klarsten Bewußtseyn erhoben hat.

4. Die Handlungen, wozu Dich das Sittengeseß vers bindet, nennst Du Pflichten. Alles was Du thun oder unterlassen sollst, gehört in den Kreis derselben. Sie wers den nach ihrer beschränkteren oder allgemeineren Beziehung, in bedingte und unbedingte a), auch in Zwangs- und Rechts: pflichten b), auch in Pflichten der Gerechtigkeit und Güte einger theilt. Jesus hat sie alle in ein Hauptgebot der Liebe gefaßt c),

und Gottesliebe, Selbstliebe, Menschenliebe d), sprechen Alles aus, was von Dir gefordert werden kann.

a) So war die Vorschrift, den Sabbath zu feiern nur eine bedingte, jene der Menschenrettung eine unbedingte Pflicht. Eur. 14, 3-6. Die Pflicht der Selbsterhaltung ist bedingt, jene, an der Wahrheit zu halten unbedingt. Matth. 10, 39. Im Falle des Zusammentreffens verschiedener Pflichten (Pflichtstreites), behaupten unbes bingte Pflichten ben Vorzug.

b) Für Dich sey die Erfüllung je der Pflicht kein Zwang, sondern Freude. Die Zwangspflichten kann einer erfüllen und doch kein guter Mensch seyn (Luk. 18, 10 ff.). Frrig, ja seelenverderblich ist der Glaube, es sey genug, sich nur von Lastern und groben Vergehen rein zu halten. Jeder Fehler sen er noch so klein, führt durch Wiederholung zur Fertigkeit, zum Lafter. Vgl. Glaus benslehre 4. Absch. §. 18, und die Anmerk.

c) Marci 12, 30-31. Luk. 10, 27. 1. Tim. 1, 5. Die Hauptsumme des Gebots (der Hauptzweck der Lehre Jesu und seiner Apostel) ist Liebe von reinem Herzen und von gutem Gewissen, und von ungefärbtem (unges heucheltem) Glauben.

d) Tit. 2, 11-12. Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes (die Lehre Jesu) Allen Menschen, und züchtiget (belehret) uns, daß wir sollen verläugnen (able= gen) das ungöttliche Wesen (den falschen Gottesdienst ) und die weltlichen Lüste (die finnlichen Begierden), und züchtig (Selbstpflichten), gerecht (Nächstenpflichten ), und gottselig (Pflichten gegen Gott) leben in dieser Welt.

5. Die Erfüllung der Pflichten, welche das Sittenges seß Dir vorschreibt, heißt Tugend a). Sie wird auch Sittlichkeit genannt, insofern Du nur die Gesinnung überhaupt, nicht auch die Handlung bezeichnen willst. Aber Sittlichkeit (eine sittlich gute Gesinnung) darf nicht mit Sitten verwechselt werden, die vorhanden und gut seyn köns nen ohne jene. Denn die Sittlichkeit, entspringt aus sittlichen

Grundsäßen; die Sitten sind das Werk der äußern Bildung. Die Sittlichkeit hat innern Gehalt, die Sitten haben äußern Werth.

a) Vergl. Glaubenslehre 4. Abschn. §. 18. . 61,

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6. Die Tugend, welche - vornämlich in den Schrif ten des alten Bundes nach ihrer nächsten Ursache auch Weisheit genannt wird a); hat verschiedene Stufen und Grade, Sie ist wie Deine geistige Erkenntniß schwächer oder stärker, je nachdem Du mit größerer oder geringerer Anstrengung gegen innere und äußere Versuchungen und Schwierigkeiten anzukämpfen hast. Sie wächst durch tägliche Uebung und Wachsamkeit auf Dich selbst b). Ueber ihren Werth ist zu allen Zeiten und bei allen Völkern nur Eine Stimme. Sie ist die geordnete Vernunft, die schönste Blüthe Deiner Kraft. Sie erhält, erhöhet, verschönert den Werth Deines Daseyns. Sie ist Dein höchstes Lebensziel und fändest Du sie auch hienieden nirgends vollkommen →→→ doch Annäherung zur Vollkommenheit,

a) Spr. Sal. 1. 2. 3. 9. 10.

b) 1. Kor. 10, 12. Wer sich läßt dunken, er stehe, mag wohl zu sehen, daß er nicht falle.

7. Die christliche Religion verbindet mit der Tugend ächte Frömmigkeit nach dem Beispiel ihres Stifters. Wie hätte Jesus die Wahrheit in ihrer höchsten Reinheit finden können, wäre nicht sein Gemüth so rein, sein Wandel so fleckenlos gewesen. (Vergl. Glaubenslehre 5. Abschnitt §. 19.) Er lehret alle Pflichten, welche Deine vernünftige Natur lehrt, er leitet sie alle von demselben Sittengesehe ab. Aber er gibt ihnen ein größeres Gewicht, indem er den Befehl und Beifall Gottes ihren Beweggründen beigesellt. Der Gedanke an den höchsten Ges feggeber ist dem Stifter des Christenthums so tief in die Secle gepflanzt, daß er jede Handlung seines Lebens nicht nur bes zeichnet, sondern durchdringt. Jesus redet, was er vom Vas

ter gesehen a), redet nicht von ihm selbst, sucht nur die Ehre dessen, der ihn gesandt hat b). So der Christ, Er thut Alles zu Gottes Ehre. Der Wille des Gesetzgebers ist der seinige, Er sucht nur vertraut zu werden mit der höchsten Vortrefflicht Eeit, um sich desto inniger an sie anzuschließen,

a) Joh. 8, 38.

b) Joh. 7, 16 f.

Zweiter Abschnitt.

Von den Pflichten

Pflichten gegen Gott,

Ursprung der Pflichten gegen Gott (1). Ehrfurcht (2), durch Liebe veredelt (3), ist Tugendquelle (4), wirkt Demuth (5) und Gehor: sam (6), Anbetung (7), Eid (8-10). Meineid (11). Ent: bindung vom Eide (12). Gelübde (13). Leichtsinniges Schwören (14). Mißbrauch des göttlichen Namens aus Aberglauben (15). Liebe zu Gott (16), ihr eigentliches Wesen ( 17—18), Ihre Früchte (19). Dankbarkeit gegen Gott (20). Opfer und Gebräuche (21). Vertrauen zu Gott (22—23) ist frei vom Aberglauben (24), wirkt Zufriedenheit (25) und Geduld (26).

1. Die Pflichten des Menschen gegen Gott, fließen aus dem Glauben an ihn, als den vollkommensten Geist, und sehen die Bekanntschaft mit seinen Vollkommenheiten als nothwendig voraus a).

a) Siehe Glaubenslehre 1, Abschn. §. 1 ff. S. 23 ff.

2. Du sollst Gott fürchten. Denn es liegt in Deiner vernünftigen Natur, zu achten, was fittlichen Werth bat.

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