ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

Notizen.

Sind die Awaren spurlos verschwunden? Nach den furchtbaren Niederlagen, welche die Heere der Karolinger den A waren beigebracht haben, verschwindet dieses Volk gänzlich aus der Geschichte. Soll man annehmen, dass die A waren von den fränkischen Heeren vollständig ausgerottet wurden? Eine solche Annahme ist rein unmöglich und widerspricht allen sonstigen Analogien in der Ethnologie Europa's. Es ist anzunehmen, dass die Reste der Awaren unter den von ihnen früher beherrschten Südslawen verschwunden sind, und in der That findet sich noch ein Volkrest von etwa 3300 Seelen, Rezjane genannt, an der österreichisch-italienischen Grenze, der zwar slawisch spricht, dessen Grammatik aber noch türkische Lautgesetze befolgt. Die Gesetze der Lautharmonie, denen die türkischen und ural-altaischen Sprachen unterworfen sind, kennt auch die Sprache der Rezja ner. Professor BAUDOUIN DE COURTENAY in Kasan hat sich dieses Phänomen nicht erklären können. Durch die Annahme, dass die Rezjaner bei Udine Nachkommen der Awaren sind, die ich später ausführlich begründen werde, ist alles erklärt. Die Sprache der Awaren war aber nach VȧMBERY'S neuesten Forschungen eine türkische. Dr. FLIGIER.

Ueber das Brüten des afrikanischen Strausses hatte G. J. ROMANES in seinem Buche über „Thierische Intelligenz" die Bemerkung gemacht, dass sich beide Geschlechter in das Brütgeschäft theilten. Dies gab den Anlass zu einer Discussion zwischen ihm, einem Kritiker im Spectator, welcher die Theilnahme der Strauss weibchen in Abrede stellte, und J. E. HARTING, dessen Buch über den Strauss (1876) als Zeugniss beigezogen worden war. Der erstere bringt nun die Frage durch Zusammenstellung folgender Thatsachen wie es scheint zum endgültigen Abschluss.

LE VAILLANT überwachte längere Zeit ein Straussnest und sah tagsüber vier Hennen nach einander auf den Eiern sitzen, während am späten Abend ein Männchen kam, (wohl die Nacht über) seinen Antheil am Geschäft zu übernehmen. Fürst DEMIDOFF

um

hatte 1859 und 1860 bei Florenz Zuchtversuche mit Straussen begonnen und sagt darüber: Das Weibchen begann, sobald das

erste Ei gelegt war, darauf zu sitzen; es that dies täglich drei Stunden und machte dann für die übrige Zeit dem Männchen Platz. Ein auf gründliche Kenntniss gestützter Bericht an die Zool. Gesellschaft in Victoria vom Jahre 1873 enthält die bestimmte Angabe, dass Männchen und Weibchen abwechselnd brüten, wobei das eine stets Wache hält und Nahrung für das andere herbeischafft. Nicht minder zuverlässig erscheint der Bericht von Dr. ATHERSTONE in Grahamstown über die dortigen Strausszüchtereien, worin es heisst: Sie wechseln mit einander ab: während der Nacht grast das Männchen und bewacht die Weibchen; tagsüber variirt die Zeit, welche es auf dem Nest zubringt, je nach der Brütperiode ein wenig, ebenso auch die Pause zwischen dem Verlassen des Nestes durch das Weibchen und seiner Besetzung durch das Männchen, indem die Abkühlung der Eier wahrscheinlich je nach dem Grade des Brütfiebers in den verschiedenen Perioden geregelt wird. E. BIGGAR be

schreibt ausführlich die Straussformen der Capcolonie: ... Manche (Männchen) brüten während der ganzen Zeit mit der lebhaftesten mütterlichen Sorgfalt; ... andere sind so eifrig, dass, wenn das Weibchen am Morgen zu spät kommt, um sein Brütgeschäft anzutreten, der Mann sie eiligst aufsucht und in höchst ungalanter Weise mit Fusstritten zum Neste treibt.... In der Regel bereitet der Hahn das Nest, sitzt weitaus am längsten auf den Eiern und nimmt die Hauptlast des Ausbrütens und Aufziehens der Jungen auf sich. Im Gegensatz zur landläufigen Ansicht brütet während der Nacht nicht die Henne, sondern der Hahn. Dies ist offenbar eine sehr weise Einrichtung, denn gerade des Nachts erscheinen die schlimmsten Feinde des Nestes, welche das stärkere und muthigere Männchen leichter abzuwehren vermag; überdies würde dieses, da seine Federn schwarz sind, bei Tage zu sehr von den Strahlen der Sonne leiden, während zugleich das grau befiederte Weibchen dann weniger augenfällig wird. An einer anderen Stelle heisst es: Nachdem sie die Eier eins um's andere mit ihrem Schnabel umgewendet, sitzt die Henne ungefähr vier Stunden lang darauf, Hals und Kopf wie eine Schlange flach auf dem Boden ausgestreckt, der Körper so regungslos wie ein Erdhaufen. An heissen Tagen kann man gelegentlich sehen, wie sie

den Körper etwas vom Neste abhebt, um die Luft zu den Eiern treten zu lassen, und manchmal verlässt sie das Nest sogar für zwei bis drei Stunden, bis der Instinct ihr sagt, dass die sinkende Temperatur ihre Rückkehr erfordert. Mit Uebergehung mehrerer anderer Zeugnisse sei endlich nur noch das von ROMANES selbst angeführt, der kürzlich im Zool. Garten in Florenz persönlich Erkundigungen über diese Sache einzog und die bestimmte Auskunft erhielt, dass 1. die Henne stets dem Männchen beim Brüten hilft, und 2. letzteres immer während der Nacht ausschliesslich das Brütgeschäft übernimmt. (Nature Nr. 699.) Die oben citirte gegentheilige Angabe von Dr. ATHERSTONE scheint sonach entweder auf Irrthum oder vielleicht auf thatsächlichen, durch locale klimatische Verhältnisse bedingten Abweichungen des Instincts der Thiere zu beruhen. Bei allen übrigen Gliedern der Familie der Struthioniden soll bekanntlich das Männchen allein brüten; dies berichtet z. B. auch DARWIN (Reise e. Naturforschers um die Welt, S. 103) vom amerikanischen Strauss, wo aber zugleich eine Angabe LICHTENSTEIN's (Reisen, II, 25) citirt ist wohl den afrikanischen Strauss betreffend, dass sich vier oder fünf Hennen zur Bebrütung mit einem männlichen Vogel verbänden, welcher nur des Nachts sitze. *

Die Grenzen des während der Glacialzeit mit Eis bedeckten Gebietes werden von den russischen Geologen immer mehr erweitert, je genauer sie die postpliocänen Formationen Russlands kennen lernen. In einer neulich erschienenen Monographie über die Geologie der Wolga spricht sich KROTOFF nach eingehender Untersuchung dafür aus, dass die schon von Prof. MILLER aus den südlichen Theilen des Gouvernements Nischni Nowgorod beschriebenen Glacialbildungen der Thätigkeit von Gletschern und nicht von schwimmendem Eise zuzuschreiben seien. (Nature Nr. 699.)

Ein vortreffliches Bild von DARWIN ist die in Ernst Günther's Verlag in Leipzig erschienene letzte Aufnahme" unseres ehrwürdigen Meisters. Die Züge sind sehr lebendig und scharf, namentlich treten aber das freundliche grosse Auge und der kräftige Oberkörper charakteristischer hervor als auf den bei uns vorzugsweise verbreiteten Bildern DARWIN'S. Die Photographie ist in drei Formaten (Visite, Cabinet und Folio) zu den billigen Preisen von 1, 2 und 3 Mark hergestellt, das letztere zum Einrahmen geeignet. Ein Hinweis auf dieses schöne Andenken an den grossen Todten wird gewiss manchem unserer Leser willkommen sein.

Offene Briefe und Antworten.

Berlin, d. 22. April 1883.

Seite 78 des 12. Bandes des „Kosmos" finde ich zu meinem Bedauern erst jetzt ein mein Buch „Das Weltall und seine Entwickelung" betreffendes Referat, auf welches ich, da es mir in seiner absprechenden Fassung lediglich auf Missverständnissen zu beruhen scheint, Einiges erwidern will.

Herr Referent K. schreibt in Bezug auf meine Auslassungen über die Konstituirung der Erde: „Wer da glauben kann, dass kieselsaurer Thon und kohlensaurer Kalk jemals in den mittleren Regionen der Erdatmosphäre zu Hause gewesen und in sehr bedeutenden Quantitäten dort existirt haben, und die

Vgl. hiezu auch Kosmos IX, 328, wo Herr W. Hülken in Capetown die bestimmte Angabe macht, dass sowohl das Männchen wie das Weibchen brüten, und zwar lösen sie sich dabei mit einer Regelmässigkeit ab, welche an Genauigkeit die Bauern-Uhren weit übertreffen soll." Wann und wie oft aber diese Ablösung erfolgt, ist

Phantastereien von O. HAHN über zelligen Ursprung der Urgesteine als jeden ferneren Zweifel ausschliessend hinnimmt, der wird sich sofort bei besonnenen Lesern um allen Credit bringen."

Was die atmosphärischen Thon- und Kalkmassen anbelangt, so handelt es sich in ihnen nicht nur um nichts Neues, sondern um die ganz allgemeine, auf solidesten Grundlagen beruhende und von sehr ,,besonnenen" Forschern vertretene Annahme, dass der heutige Erdball bezw. seine Feste mittelst Kondensation aus einem ehemaligen, sehr umfangreichen Dunstballe hervorgegangen ist. Wer sich zu dieser Annahme versteht für deren Berechtigung ich eingetreten bin, aber nicht, ohne Schritt für Schritt die Gründe zu ent

leider nicht gesagt. Ausserdem darf nicht übersehen werden, dass sich diese und so viele andere ähnliche Angaben auf das Leben des Strausses in der Gefangenschaft beziehen, wo man, wie es scheint, einem Männchen immer nur je ein Weibchen beigesellt, während im freien Zustande wohl meistens mehrere Weibchen auf ein Männchen kommen.

[blocks in formation]
[ocr errors]

Betreffs der HAHN'schen „Phantastereien" über den organischen Ursprung der Urgesteine bezw. der ganzen Erde lasse ich meine eigenen Worte folgen. Es heisst in meinem Buche (Bd. II, S. 221) bezüglich dieser Angelegenheit: Ein gründlicher Blick in den. Bau unseres Sonnensystems genügt, um jede Idee einer Entstehung der Weltkörper auf organischem Wege ohne Weiteres und aufs bestimmteste abzuweisen. Unsere Erde ist sicher kein Organismenprodukt, so sicher, wie der Glutball der Sonne keines ist und keines war, als der Embryo des Erdplaneten sich aus ihm formte." Ich habe also die Ansichten Dr. O. HAHN's nicht nur nicht acceptirt, sondern sie direkt zurückgewiesen. Wenn ich Letzteres nicht in schroffer Form gethan habe, so möge man es mir als Lebensgewohnheit zu Gute halten, dass ich alle auf den Fortschritt menschlicher Erkenntniss gerichteten ernsten Bestrebungen, mögen sie das Ziel treffen oder nicht, hochachte. Nur in einem Punkte welchem sich augenscheinlich das Missverständniss herschreibt habe ich Dr. O. HAHN zugestimmt, seiner Entdeckung nämlich, dass das seither von namhaftesten Forschern für eine Foraminifere genommene Zellgebilde im Laurentiankalke eine Alge sei. Diese Entdeckung muss ich nach den von Dr. O. HAHN gegebenen Abbildungen für reell halten. Wäre sie es aber auch nicht, so spielt sie in meinem Buche eine völlig untergeordnete Rolle.

aus

Weitere Punkte greift Herr K. aus dem ,,Chaos von Hypothesen", welches nach ihm mein Buch deshalb enthalten muss, weil bis jetzt zu wenig Feststehendes über die Entwickelung des Weltalls ausgesagt werden kann, nicht heraus. Sie sind also wohl die Hauptbedenken, und ist dem so, dann - kann ich auf Weiteres verzichten.

E. F. THEODOR MOLDENHAUER.

Berlin, d. 29. April 1883. Zu vorstehender Antikritik muss Referent zunächst darauf hinweisen, dass der Herr

[ocr errors][merged small][merged small]

Was die HAHN'schen Hypothesen betrifft, so versichert uns Verf. (Bd. II, S. 218), dass der laurentische Marmor, in welchem HAHN Pflanzenreste entdeckt haben will, ein Gestein sei, „das sich mit voller und unabweis barer Entschiedenheit als aus einem Zu

stand hochgradiger Gluth hervorgegangen" kundgebe, so dass kein Thier in ihm gelebt haben könne, um zehn Zeilen darauf anzunehmen, dass in diesem aus „hochgradiger Gluth" hervorgegangenen Gesteine HAHN'S Urpflanze gelebt habe. Verf. sagt darüber wörtlich: In seinem Buche „die Urzelle" (1879) und dem später (1881) erschienenen: „Die Meteorite und ihre Organismen" zeigt Dr. HAHN mittelst Zeichnung und Photographie, dass die feinen Aederchen mikroskopische Algengebilde sind. Der Nachweis ist so positiv geführt, dass jeder fernere Zweifel ausgeschlossen erscheint. Es handelt sich um unzweideutigste Zellenbildung, nicht um bizarre, nur pflanzenähnliche, anorganische Gebilde etwa, wie wir sie in den Dendriten beobachten."

Wir denken, das aus hochgradiger Gluth hervorgegangene Urgestein mit seinen organischen Zellen darin war von uns noch sehr milde beurtheilt worden, und von ähnlichen Widersprüchen wimmelt das meist seine Ansichten als positive Ergebnisse der Wissenschaft hinstellende Buch. Es ist inzwischen mit der achtzehnten Lieferung fertig geworden und mag allen denen empfohlen werden, die an solchen Träumen Gefallen finden. Was uns betrifft, so halten wir es ganz abgesehen von diesem Buche überhaupt vom Uebel, eingehende populäre Schilderungen von Vorgängen geben zu wollen, über die wir höchstens Muthmaassungen in den allgemeinsten, auf zehn Seiten zu erschöpfenden Umrissen zu geben im Stande sind. ERNST KRAUSE.

Ausgegeben 25. Mai 1883.

Die Quelle der Ideen,

vom anthropologischen Standpunkt betrachtet.

Von

B. Carneri.

Wir möchten allen, welche ohne Weiteres annehmen, es sei das Wohlwollen dem Menschen überhaupt von Haus aus eigen, JOHN LUBBOCK'S: Die vorgeschichtliche Zeit, erläutert durch die Ueberreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden, deutsch von A. Passow, Jena 1874, zur Beherzigung empfehlen. Durch dieses ausgezeichnete Werk, das wegen des Reichthums an mitgetheilten Thatsachen und der Unbefangenheit seiner Darstellung einer allgemeinen Anerkennung sich erfreut, gelangen wir zu einem klaren Bilde dessen, was der Mensch zu leisten und zu werden vermag, so lang er darauf angewiesen ist, direct aus sich zu schöpfen. Dieses » direct aus sich bedarf aber einer kleinen Erläuterung, und die Linie, welche wir damit ziehen werden, wird unter Einem feststellen, um was es uns hier hauptsächlich zu thun ist.

Die Entwickelungslehre kennt kein Linienziehen im gemeinen Sinn. Strenggenommen wirkt nichts ausschliesslich aus sich selbst. Jede Wirkung ist be dingt durch die Verhältnisse, unter welchen sie stattfindet, und im eigentlichen Sinn des Wortes geschieht alles indirect. Der ächteste Wilde kann nur Kosmos, VII. Jahrgang (Bd. XIII).

handeln nach Maassgabe der gegebenen Verhältnisse, zu welchen auch das Zusammensein mit Seinesgleichen gehört. Einen vollständig vereinzelt aufwachsenden und dahinlebenden Menschen brauchen wir gar nicht einer näheren Betrachtung zu unterziehen, weil heut zu Tage kein Zweifel mehr darüber besteht, dass er fort und fort zum Thiere herabsinken würde. Wir brauchen aber eine Grenze, und diese können wir nur abstecken, indem wir alle jene Wilden. ausscheiden, die unter dem Einflusse civilisirter Nationen stehen und von ihnen mehr oder weniger beherrscht oder auch nur unterstützt werden; dann jene, die es zu einem Gemeinwesen gebracht haben, das den Namen Staat verdient. Bei den letztern ist vielleicht der Ausscheidungsgrund nicht so rasch einleuchtend, als bei den erstern. Wie sind Staaten geartet wird man fragen

-

Iwelche diesen Namen nicht verdienen? Wir meinen damit Staatswesen, welche entweder einer halbfabelhaften Vergangenheit oder einer fraglichen Zukunft angehören, von welchen wir daher wenig oder nichts Bestimmtes wissen können. Bilden Wilde wirklich einen Staat, so haben wir in ihnen keine eigentlichen Wilden vor uns. Der Staat 11

ist das Merkmal der civilisirten Völker, und zwar, wie sich bald zeigen wird, als die Grundbedingung der Civilisation. Das blosse Häuptlingswesen mag als eine Vorstufe des Staates gelten; ' jedoch so lang es nach oben nur einen Leithammelverstand, nach unten nur einen Herdenwillen entwickelt, ist es noch nicht einmal der Weg zum eigentlichen Staate. Wir sehen es am auffallendsten in Amerika, wie das Häuptlingswesen derart typisch sich festigen kann, dass der Contact mit einem civilisirten Volke, weit entfernt, solche Stämme einer höhern Entwicklung zuzuführen, vielmehr nur ihren Untergang beschleunigt.

Nach alledem dürfte es wohl kaum mehr zweifelhaft sein, was wir unter dem > direct aus sich schöpfen« verstehen. Wir denken dabei an ächte Wilde, welchen weder der Unterricht Nichtwilder zu Hilfe kommt, noch wenn wir uns das werdende Menschenthum als ein Aufleuchten der Thierwelt vorstellen der Staat jenes reflectirte Geisteslicht spendet, an dessen milden Strahlen allein der Mensch zum ethischen Menschen sich entwickelt. An den ächten Wilden müssen die

der Menschennatur eigenthümlichen Triebe zur Erscheinung kommen; sie bilden daher das richtige Feld für das Studium der sogenannten angeborenen Eigenschaften und des Fortschritts, der direct aus ihnen sich ergiebt. Fassen wir nun mit LUBBOCK alles, was man von den ächten Wilden weiss, fest in's Auge, so ist das Gesammtbild ein entsetzenerregendes. Wir scheuen uns. nicht, mit dem Satz zu beginnen, dass es keine Thierart gibt, deren Existenz so elend wäre, als die Existenz dieser Art Menschen. Bis zum Herrn der Schöpfung bringt's auch der Wilde: die gewaltigsten Bestien weiss er zu besiegen; aber dass die Herrschaft, je höher sie steigt, desto mehr sich erniedrigt, wenn sie nicht ebenso viel an Pflichten übernimmt, als sie an Rechten

erwirbt, das ist das grosse Geheimniss der Cultur, das ihm ein Räthsel bleibt und in seinem Dunkel wie ein Fluch auf seinem Dasein lastet. Die Sprache nennt er sein eigen, das Feuer hat er entdeckt, das Werkzeug hat er erfunden; aber es sind Schätze, die er nicht zu verwerthen weiss und mit welchen er ohnmächtig seinem Jammer gegenübersteht.

Bis auf die wenigen Begünstigten, welche ein ewig blühender Himmelsstrich das ganze Jahr hindurch mit Früchten versorgt, sehen wir die Wilden einen ungleichen Kampf mit den Unbilden der Natur und Beschwerden der ekelhaftesten Art durch eine nie sich verleugnende intellectuelle Ueberlegenheit siegreich bestehen, aber keinen Tag sicher sein vor den äussersten Qualen des Hungers. Der Kannibalismus ist keine Ausnahme: wir finden ihn verbreitet wie die Noth, und in der That musste diese alles Widerliche ihm abgestreift haben, dass schliesslich das Menschenfleisch zum Leckerbissen werden konnte. Es ist dies Letztere charakteristisch, wie die Bezeichnung des Menschenfleisches als puaka balava »langes Schwein« (a. a. O. II, S. 163), was zur Genüge sagt, dass diese armen Thiere nicht einmal ahnen, dass ihre Art es bis zum Menschen gebracht hat. Wo die Nahrungsmittel eben ausreichen, da genügt, im Bewusstsein sie nicht vermehren zu können, die blosse Angst vor dem möglichen Mangel, um Männer und Frauen, mit Vorliebe die letztern, sobald sie das Alter dienstuntauglich zu machen droht, um's Leben zu bringen, und ist der Kindesmord nach den Berichten der Missionare wurden in Tahiti nicht weniger als zwei Drittel der Kinder durch ihre Eltern umgebracht nahezu allgemein. Der Sinn für das, was wir Familie nennen, ist bei den ächten Wilden so selten, dass man sagen kann, er sei ihnen unbe

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »