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Faunistische Beweise für die ehemalige Vergletscherung

Norddeutschlands.

Von

Prof. Dr. Alfr. Nehring in Berlin.

Dass unser Erdtheil im Laufe der sog. Diluvialperiode eine Eiszeit oder Gletscherzeit erlebt hat, steht schon seit längerer Zeit fest und ist über jeden Zweifel erhaben. Dagegen herrscht noch viel Streit und Zweifel darüber, wie man sich das Eintreten jener merkwürdigen Epoche zu erklären und wie man sich die Verhältnisse der Eiszeit im Einzelnen vorzustellen habe.

Uns Norddeutsche interessirt ganz besonders die Frage, in welchem Zustande sich die norddeutsche Tiefebene während der Eiszeit befunden hat. Früher galt es als ausgemacht, dass dieselbe von dem sog. Diluvialmeere bedeckt gewesen und dass die erratischen Blöcke, deren nordische Herkunft man schon längst richtig erkannt hatte, auf schwimmenden Eisfeldern herbeigeführt und durch das Schmelzen der letzteren auf den Grund jenes Diluvialmeeres, also in die heutige norddeutsche Tiefebene, gelangt seien. Das ist die sog. Driftthe orie, die noch immer zahlreiche Anhänger besitzt.

Dieser Drifttheorie gegenüber hat sich neuerdings die sog. Glacial theorie mehr und mehr geltend gemacht, und zwar wesentlich auf Grund der Arbeiten von BERENDT, CREDNER, DAMES, NOETLING,

PENCK, TORELL, WAHNSCHAFFE u. A. m. Nach dieser Theorie haben wir uns die norddeutsche Tiefebene oder doch den grössten Theil derselben während der Eiszeit als mit gewaltigen GletschereisMassen bedeckt zu denken, mit Gletschereis-Massen, welche mit den Gletschern der skandinavischen Gebirge und des finnischen Plateaus in direktem Zusammenhange standen und die von dort stammenden Felsblöcke und Geschiebe auf ihrem Rücken bis in die norddeutsche Tiefebene und zum Theil bis an den Nordfuss der mitteldeutschen Gebirge. transportirten.

Je genauer man die diluvialen Ablagerungen nebst ihrer Unterlage in Norddeutschland und den angrenzenden Mittelgebirgen untersucht, um so mehr häufen sich die Beweise für die Richtigkeit der Glacialtheorie. Sowohl in der norddeutschen Ebene, als auch in den deutschen Mittelgebirgen erkennt man noch heutzutage die charakteristischen Spuren langjähriger Thätigkeit von gewaltigen Eismassen.

Es bedarf freilich eines scharfen Auges und einer genauen Bekanntschaft mit den Wirkungen der heutigen Gletscher, um jene Spuren zu erkennen und richtig zu deuten. Man hat im

Harz und den mitteldeutschen Gebirgen, welche alljährlich von Tausenden kenntnissreicher Männer besucht werden, bis vor Kurzem nichts von Gletscherspuren bemerkt; dennoch sind. letztere vorhanden, wie kürzlich E. KAYSER für den Harz, DATHE für den Frankenwald und das voigtländische Bergland, PARTSCH für das Riesengebirge nachgewiesen haben.

Herr Prof. Dr. E. KAYSER, königl. Landesgeologe in Berlin, hat seine Beobachtungen über Gletschererscheinungen im Harz in der Berliner Gesellschaft für Erdkunde (Sitzung vom 3. Dec. 1881) dargelegt und sich im Anschluss daran auch für die Annahme einer ehemaligen Vergletscherung Norddeutschlands ausgesprochen, also für die sog. Glacialtheorie und gegen die Drifttheorie.

Als die wichtigsten Beweise für die Vergletscherung Norddeutschlands führt. KAYSER (nach dem mir vorliegenden Berichte, der seiner Zeit in den Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin erschienen ist) folgende an:

1) Die Beschaffenheit des Geschiebelehms, einer vollkommen structurund schichtungslosen Masse, die nicht den Charakter einer unter Wasser gebildeten Ablagerung hat, dagegen der Grundmoräne unserer heutigen Gletscher auffallend ähnlich ist.

2) Die Beschaffenheit der Geschiebe selbst, welche nicht die gerundete Form der durch Wasser transportirten Gerölle haben, sondern eckig und kantig und zugleich oft polirt und mit Kritzen versehen sind, wie man die letzteren als eine ganz gewöhnliche und charakteristische Erscheinung auch an den Geschieben unserer jetzigen Gletscher beobachtet.

3) Das Vorhandensein von Schlif

*In den Sandsteinbrüchen bei Velpke entdeckte Herr Dr. Wahnschaffe die wunderbar schön erhaltenen Gletscher

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4) Die vielfachen Schichtenstörungen im Untergrunde des Geschiebelehms, und

5) die divergent - radiale Verbreitungsweise der Geschiebe von Skandinavien aus nach Norddeutschland und Süd-England.

Diesen Beweisen, welche lediglich auf geologische Beobachtungen sich stützen, möchte ich hier vom Standpunkte des Zoologen noch einige faunistische oder paläo zoologische Beweise hinzufügen, welche meines Erachtens ebenso viel Beachtung verdienen, wie die von Herrn Prof. KAYSER angeführten Thatsachen aus dem Gebiete der Geologie. Eine so merkwürdige, für die Geschichte unseres Weltkörpers so bedeutsame Epoche wie die Eiszeit bedarf einer allseitigen Beleuchtung; es muss jeder Beitrag willkommen sein, welcher uns über die Verhältnisse jener Epoche aufklären kann.

Die Gründe, welche ich hier für die Annahme einer Vergletscherung Norddeutschlands vom zoologischen Standpunkte aus anführen möchte, bestehen wesentlich in Folgendem.

1. Faunistische Beweisgründe gegen die Drifttheorie.

Wenn es richtig wäre, dass, wie man noch vor Kurzem allgemein annahm, das sog. Diluvialmeer während der Eiszeit die norddeutsche Ebene bis zum Fusse der Mittelgebirge bedeckt hätte, so würde man mit voller Bestimmtheit erwarten dürfen, dass in den aus jener Epoche stammenden Ablagerungen thierische Reste enthalten wären, welche jenem Zustande entsprächen; Schliffe und -Schrammen, von denen die grosse, in der geologischen Landesanstalt aufgestellte Sandsteinplatte Zeugniss ablegt.

wir würden also in den betr. Ablagerungen zahlreiche Schalen von Meeresconchylien, Reste von Krebsen, Fischen, Seevögeln, Seehunden, überhaupt von solchen Thieren vorfinden müssen, wie sie heutzutage für die nordischen Meere charakteristisch sind. Wir würden besonders auf der ganzen Linie, welche bei Annahme des oben angedeuteten Diluvialmeeres die damalige Nordküste Deutschlands gebildet hätte, also auf der Südgrenze der heutigen norddeutschen Tiefebene, zahlreiche Reste einer Strand- oder Küsten - Fauna erwarten dürfen.

Jeder, der einmal längere Zeit am Meere sich aufgehalten hat, weiss, ein wie reges Thierleben gerade auf der Grenze zwischen Festland und Meer zu herrschen pflegt, und wie viele thierische Reste dort zur Ablagerung kommen. Man denke sich, dass heutzutage die Nordsee durch eine Hebung des Meeresbodens trocken gelegt würde; es wäre ganz unzweifelhaft, dass die auf dem Grunde der Nordsee abgelagerten Sandund Schlammschichten zahllose und zum Theil sehr wohlerhaltene Reste von Seethieren enthalten, dass die bisherigen Küsten der Nordsee durch Ablagerungen mit Resten einer Strand- oder KüstenFauna für immer gekennzeichnet sein würden.

Wenn wir nun die Ablagerungen, welche die Diluvialzeit in Norddeutschland zurückgelassen hat, auf die darin enthaltenen Reste prüfen, so finden wir, dass in dem bei weitem grössten Theile Norddeutschlands Reste von Meeresthieren gänzlich fehlen, dass speciell an dem Südrande der norddeutschen Tiefebene die mit Sicherheit zu erwartenden Reste einer ehemaligen Strandfauna nirgends beobachtet sind.

Ich selbst kenne die Gegend von Braunschweig und Helmstedt durch jahrelangen Aufenthalt sehr genau; ich habe dort von Kindheit an Fossilien gesammelt, habe aber niemals in

den dortigen Diluvial-Ablagerungen die Reste einer Strandfauna beobachtet, obgleich doch jene Gegend einen Theil der Südküste des vielgenannten Diluvialmeeres gebildet haben müsste. Ebensowenig habe ich bei Westeregeln in der Gegend zwischen Magdeburg und Halberstadt oder bei Halle a. S. oder bei Wesel a. Rh. gelegentlich meiner Ausgrabungen, resp. beim Sammeln von Petrefacten irgend welche Reste von marinen Thieren in diluvialen Ablagerungen beobachtet, abgesehen von vereinzelten Exemplaren solcher Conchylien, welche aus tertiären Schichten ausgewaschen und in diluviale Ablagerungen hineingerathen waren, also nicht mehr auf ursprünglicher Lagerstätte lagen.

Das, was ich hier zunächst von einigen mir persönlich näher bekannten Gegenden Norddeutschlands gesagt habe, gilt ebenso von dem bei weitem grössten Theile der ganzen norddeutschen Tiefebene. Die diluvialen Ablagerungen derselben sind entweder ganz frei von thierischen Resten, oder sie enthalten Reste von Land- und Süsswasser-Thieren, und zwar meistens von solchen Arten, welche nicht an der Küste, sondern im Binnenlande zu leben pflegen.

Nun liegt es ja freilich im Bereiche der Möglichkeit, dass Land- und Süsswasser-Thiere durch die Flüsse in das Meer hinausgetragen werden, und es geschieht dieses auch thatsächlich. Aber die Reste der auf diese Weise in das Meer getragenen Thiere kommen meistens schon direct vor den Flussmündungen zur Ablagerung, ohne eine allgemeine Verbreitung auf dem Meeresgrunde zu erlangen; ausserdem kann ihre Zahl nur verschwindend gering sein gegenüber den Millionen von Thieren, welche das Meer dauernd bewohnen. Wenn nun hiernach das Vorkommen der Reste von Land- und SüsswasserThieren in den Ablagerungen des sog. Diluvialmeeres an und für sich nicht ausgeschlossen wäre, so ist es doch ganz

unmöglich anzunehmen, dass nur diese Reste sich erhalten hätten, diejenigen der Meeresthiere aber, welche doch viel zahlreicher sein müssten und viel mehr Aussicht auf eine gute Erhaltung gehabt hätten, spurlos verschwunden

wären.

Das Fehlen der Meeresthiere oder ihrer Fossilreste spricht also entschieden gegen die Annahme, dass Norddeutschland während der Eiszeit von dem sog. Diluvialmeere bedeckt gewesen sei.

Wir werden eine solche Meeresbedeckung nur für diejenigen Gebiete annehmen dürfen, in denen die diluvialen und speciell die eiszeitlichen Ablagerungen Reste von Meeresthieren enthalten. Solche Gebiete fehlen nicht gänzlich; aber sie sind verhältnissmässig klein und liegen nicht weit ab von der heutigen Ostsee und Nordsee.

BERENDT und JENTZSCH haben das Verdienst, eine Anzahl von Fundorten constatirt zu haben, an denen Reste von Meeres-Conchylien, von Seefischen, Seehunden u. dergl. abgelagert sind, und zwar von solchen Species, welche theils noch jetzt in der Ostsee, resp. Nordsee leben, theils nur noch in den nordischen Meeren zu finden sind.* Jene Fundorte liegen fast sämmtlich in Ost- und WestPreussen; einige wenige sind auf Rügen, in Holstein und bei Hamburg beobachtet worden. Wenn die betr. Ablagerungen wirklich der Glacialzeit angehören und nicht etwa präglacial, interglacial oder postglacial sind, so lässt sich aus ihnen doch kein wesentlicher Einwurf gegen die Glacialtheorie im Allgemeinen herleiten; sie würden nur beweisen, dass gewisse

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beschränkte Gebiete Norddeutschlands während der Eiszeit entweder dauernd oder vielleicht auch nur zeitweise vom Meere bedeckt waren. **

Uebrigens könnte man auch noch einige andere Möglichkeiten sich denken, um das Vorkommen von marinen Thierresten an den von BERENDT und JENTZSCH constatirten Fundorten zu erklären. So z. B. könnten jene Thierreste zunächst in den seichten Gewässern der Ostseeküste zur Ablagerung gelangt und erst nachträglich mitsammt den umgebenden Thon- oder Sandschichten durch den Druck der gewaltigen, von den skandinavischen Gebirgen herab und vorwärts drängenden Gletschermassen einerseits nach dem Festland hinein südwärts geschoben, anderseits hoch über. das Niveau der Ostsee emporgehoben sein.

Ich möchte ferner auch noch auf eine andere Möglichkeit hinweisen, wie die Reste von Meeresthieren landeinwärts und hoch über das Niveau des Meeres transportirt werden können, ohne dass irgend welche Aenderungen in der Vertheilung von Land und Wasser einzutreten brauchen. Als ich im vorigen Sommer mich sechs Wochen in dem Seebade Goehren auf der Insel Rügen aufhielt, hatte ich oft Gelegenheit zu beobachten, dass die Krähen, Möven, Seeadler und vielleicht auch noch manche andere Vögel die Gewohnheit haben, See muscheln (wie Mytilus edulis, Cardium edule) und Fische aus der See herauszufischen und landeinwärts zu transportiren, um sie dort mit Ruhe zu verzehren. In Folge dessen findet man die Dünen sowie die aus sog. Geschiebemergel bestehenden Uferhöhen bei Goehren, welche eine an

stalt in Berlin, 1881, S. 546 ff.

**Berendt hat sich in seinem bekannten Aufsatze:,,Gletschertheorie oder Drifttheorie in Norddeutschland ?" (Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1879. S. 1--20) für eine Combination beider Theorieen ausgesprochen.

sehnliche Höhe besitzen, an vielen Stellen übersäet mit den Schalen von Seemuscheln und den Resten von Fischen. Die Schalen der Muscheln sind theils wohlerhalten und nur des Bewohners beraubt, theils auch durch Schnabelhiebe zertrümmert; ich fand sie nicht selten schon tief vom Dünensande überschüttet oder selbst vom Diluvialmergel umhüllt, letzteres allerdings nur an solchen Stellen, wo der Diluvialmergel durch starke Regengüsse aufgeweicht, gerutscht oder sonstwie umgelagert war.

Ich fand auf der Höhe eines etwa 10 Minuten vom Strande entfernten und wohl 100 Fuss über das Niveau des Meeres emporragenden Hügels die Köpfe von fünf Hornhechten nebst zahlreichen Resten von Dorschen theils offen daliegend, theils halb vom Flugsande umhüllt. Ich fand den Oberarm nebst den beiden zugehörigen Unterarmknochen eines Seehundes in natürlicher Lage am Fusse einer Kiefer, welche mindestens 15 Minuten vom Strande entfernt war und mindestens 80 Fuss über dem Niveau des Meeres ihren Standort hatte. Die betr.Knochen waren vom Sande fast vollständig bedeckt; nur eine Stelle. des Oberarms ragte aus demselben hervor und führte zu ihrer Entdeckung. Da diese Knochen ohne alle Spuren der Benagung durch vierfüssige Raubthiere waren, so vermuthe ich, dass sie von einem Seehunde herrühren, dessen vordere Extremität durch einen Seeadler oder einen anderen Vogel von dem an den Strand getriebenen Cadaver losgerissen und landeinwärts geschleppt wurde.

Wenn nun solche Reste von charakteristischen Meeresthieren im Laufe der Zeit mehr und mehr von Flugsand bedeckt oder an den Uferhöhen bei den häufig vorkommenden Rutschungen vom Diluvialmergel umhüllt werden, so er

* Vergl. meinen Aufsatz im Correspondenzblatte d. d. anthrop. Gesellsch. 1879, Kosmos, VII, Jahrgang (Bd, XIII).

halten sie allmälig ein subfossiles Aussehen, und wenn sie dann später einmal nach Jahrtausenden von einem Geologen oder Paläontologen entdeckt würden, so würde sicherlich daraus der Schluss gezogen, dass die betr. Ablagerungen, welche solche Reste von Meeresthieren umschliessen, marinen Ursprungs seien, dass also seit ihrer Entstehung bedeutende Niveau - Veränderungen an der Küste statt gefunden hätten. doch wäre dieser Schluss ganz unrichtig!

*

Und

von

Ich behaupte durchaus nicht, dass meine obige Erklärung auf die von BERENDT und JENTZSCH in Ost- und West-Preussen nachgewiesenen Fundorte mariner Thierreste passt. Wo es sich um deutlich geschichtete, nach oben und unten scharf abgegrenzte Muschelbänke handelt, ist dieselbe offenbar nicht anwendbar. Aber ich möchte doch glauben, dass der von mir auch schon an anderer Stelle hervorgehobene Factor, nämlich die Thätigkeit der Vögel, zumal der Raubvögel, hinsichtlich des Transports Thieren in horizontaler und verticaler Richtung von den Geologen und Paläontologen noch viel zu wenig berücksichtigt ist, und dass manche gewagte Hypothese über bedeutende Niveauveränderungen der Flüsse und Meere durch seine Beachtung überflüssig gemacht wird. Da unsere Geologie von der Untersuchung der älteren Formationen ausgegangen und darauf basirt ist, so haben sich die Geologen gewöhnt, die Ablagerung von thierischen Resten in den Erdschichten regelmässig durch die Thätigkeit des Wassers zu erklären. So richtig dieses für die älteren Formationen ist, so passt es doch in vielen Fällen für die jüngeren Bildungen unserer Erdkruste nicht. Hier müssen auch andere Factoren mit

Nr. 8: Die Raubvögel und die prähistorischen Knochenlager.“

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