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wahrnehmbaren Dahingleiten auf fester Unterlage, wobei der ganze Körper fortwährende beträchtliche Formveränderungen erfährt, welche ganz an diejenigen mancher Rhizopoden, z. B. von Pelomyxa, erinnern. Am auffallendsten ist, dass häufig von einer, oft aber auch zu gleicher Zeit von mehreren Stellen des Randes aus schlanke Vorsprünge entsendet werden, die sich immer mehr ausdehnen, bis sie 20 mm und noch längere, äusserst dünne Fäden darstellen, die verschiedene Biegungen und Schleifen bilden, sich aber nie verästeln. Solche Formveränderungen scheinen periodisch einzutreten, denn manchmal haben fast sämmtliche Individuen eines Aquariums die Gestalt von runden Scheiben, zu anderen Zeiten von langen Fäden. Nie wurde ein freiwilliges sich Ablösen von der Unterlage oder gar ein actives Schwimmen beobachtet. Die Uebertragung der weichen, leicht zerreisslichen Thiere unter das Mikroskop gelingt nur dadurch, dass man sie durch einen mässig starken Wasserstrahl von ihrer Unterlage abspült und dann mit der Glasröhre auffängt.

Nach dem Bisherigen würde man das Wesen unzweifelhaft für ein aus nacktem strömendem Protoplasma bestehendes Protozoon von ansehnlicher Grösse zu erklären geneigt sein. Nun zeigt sich aber schon bei mässiger Vergrösserung, dass seine ganze Oberfläche, oben wie unten, lebhaft Himmert (daher der Name desselben, von Jois, τριχός Haar, und πλάξ Platte), und schreitet man zu genauerer Untersuchung mit Härtungs- und Färbemitteln, so ergibt sich das folgende überraschende Resultat.

Das Thier entspricht nicht etwa einer einzigen Zelle, sondern besteht aus zwei verschiedenen Epithelschichten, welche eine ausgebildete Bindegewebslage zwischen sich fassen. Das Epi

thel der Oberseite wird von einer einfachen Lage ganz flacher dünner Zellen von 0,008 bis 0,012 mm Durchmesser gebildet, die mit ihren polygonalen Rändern aneinanderstossen und auf ihrer nach oben gekehrten breiten Fläche zahlreiche Flimmerhaare tragen, während sich an ihrer Unterseite die unregelmässig gestalteten, meist spindelförmigen oder schwach verästelten Zellen der Bindegewebsschicht befestigen. Die langgestreckten, wahrscheinlich contractilen Plasmakörper der letzteren enthalten je einen kleinen, aber deutlichen ovalen Kern und neben diesem meist noch ein stark lichtbrechendes Körnchen; sie sind vorwiegend von oben nach unten, seltener schräg ausgespannt und lassen zwischen sich ansehnliche Lücken, so dass ein weitmaschiges Netzwerk, entsteht, dessen Hohlräume von einer ganz hell und flüssig erscheinenden Grundsubstanz ausgefüllt werden. Ausserdem sind in manche der oberflächlicher gelegenen > Bindegewebszellen grosse glänzende Kugeln und in einige aus der tieferen Schicht gelblich gefärbte Knollen und Körner von ziemlich starkem Lichtbrechungsvermögen eingelagert beides wahrscheinlich eine Art von Reservematerial, wie man es auch im Mesoderm der Schwämme vielfach antrifft.

Die Epithelzellen der Unterfläche gleichen solchen eines typischen Flimmerepithels, d. h. es sind unregelmässig prismatische Körper, deren abgestutzte, nach aussen sehende Endflächen (von blos 3-4 μ Durchmesser) dicht zusammenschliessen und Flimmern tragen, während sie mit dem anderen Ende zugespitzt oder verästelt an den nächstgelegenen Bindegewebszellen sich befestigen oder eigentlich ohne scharfe Grenze in diese übergehen. (Kerne werden im Text weder für diese noch für die oberen Epithelzellen beschrieben; der (leider verkehrt eingesetzte)

Holzschnitt dagegen zeigt solche sehr deutlich in jeder Zelle der unteren, nicht aber in den flachen Zellen der oberen Schicht, so dass es zweifelhaft bleibt, ob wir auch den letzteren Kerne zusprechen dürfen oder nicht.)

So lange das Thier seiner Unterlage überall fest anhaftet, können die Wimpern der Unterseite natürlich nicht. schwingen; in der Regel aber erhebt sich der Rand der Platte hie und da in niedrige Falten, so dass flache, gegen die Mitte der Unterseite spitz'zulaufende Höhlungen entstehen, und in diesen wird dann von den Flimmerhaaren ein stets nach innen, d. h. unter die Platte führender Wasserstrudel erregt. Man möchte hienach an der Unterseite derselben einen Mund oder irgend eine zur Aufnahme von Nahrung geeignete Einrichtung zu finden erwarten, um so mehr, als das Wesen bei seinem Fortkriechen an den Glaswänden des Aquariums alle denselben anhaftenden mikroskopischen Organismen und sonstigen Partikelchen, wahrscheinlich behufs seiner Ernährung, mit sich fortnimmt und so eine deutlich sichtbare Zugstrasse hinter sich lässt. Allein von einem Mund ist nichts zu finden und ebenso fehlt jedes andere Organ und damit der letzte Anhalt, um ein vorn und hinten, ein rechts und links unterscheiden oder etwa eine radiäre Symmetrie feststellen zu können.

Auch die auf etwaige Anzeichen einer Metamorphose oder Fortpflanzungserscheinung gerichteten Beobachtungen blieben bisher ganz erfolglos: jedoch war bald nach jener in den Spätherbst (October und Anfang November) fallenden Periode, in welcher fast sämmtliche Thiere sich zu langen schmalen Fäden ausgezogen hatten, eine bei weitem grössere Menge kleiner Trichoplax von einfach rundlicher Scheibenform an den Glaswänden der Aquarien zu sehen als vorher, während alsdann jene fadenförmigen Gestalten ganz verschwun

den waren. Obwohl also die Abschnürung von Theilstücken nicht direct beobachtet wurde, so scheint doch angenommen werden zu dürfen, dass sich die Thiere durch einfache Theilung vermehrten.

Wenn somit die Annahme, dass es sich um eine Larvenform oder dergleichen handle, nach der Ansicht des Verfassers, ausgeschlossen scheint, so müssen wir dem Thiere seinen definitiven Platz im System anzuweisen versuchen. Es ist aus drei differenzirten Geweben aufgebaut, gehört also jedenfalls zu den echten Metazoen. Hier lässt es sich aber weder den Coelenteraten noch irgend einer Abtheilung der Würmer einordnen, da ihm einerseits eine Gastralhöhle, anderseits ein Hautmuskelschlauch und bilaterale Symmetrie fehlen. Immerhin aber dürfen wohl die drei beschriebenen Gewebeschichten dem Ekto-, Meso- und Entoderm der übrigen Metazoen verglichen werden, obwohl sie nicht wie bei diesen als dreifach übereinandergelagerte Hüllen eines inneren Hohlraumes erscheinen, sondern vielmehr in ihrer Lagerung an eine auf grossem Nahrungsdotter ausgebreitete dreiblätterige Keimscheibe erinnern.

Der Verf. unterlässt es mit Recht, auf diesen vereinzelten Befund hin einen neuen Typus des Thierreichs mit neuem Namen und Definition seiner systematischen Merkmale aufzustellen, scheint aber doch anzunehmen, dass die Kenntniss der Entwicklungsgeschichte dieses Thieres eine solche Bereicherung unserer Classification nothwendig machen werde. Wir möchten uns gestatten, hier nur mit ein paar Worten noch eine Frage aufzuwerfen, welche sich der kenntnissreiche und verdienstvolle Spongienforscher gewiss selbst schon mehrfach vorgelegt hat: sollte Trichoplax trotz ihrer Fähigkeit, sich durch Theilung zu vermehren, nicht doch vielleicht eine Spongienlarve sein, die unter den abnormen Verhältnissen, wie sie in

einem kleinen Aquarium doch unzweifelhaft für ein solches Wesen bestehen, verhindert war, sich zur fertigen Form zu entwickeln, gleichwohl aber wenigstens einige Charaktere der letzteren zu erwerben vermochte? Als solche hätten wir die Umbildung des Ektoderms zu einem flachen Pflasterepithel, die starke Entwicklung des Mesoderms (die bei einem sonst so niedrig organisirten Wesen überhaupt nur unter den Schwämmen angetroffen wird), vielleicht auch das Vorkommen von Reservematerial in Form von Glanzkugeln und Knollen in diesem Gewebe, sowie endlich die Bewimperung des Entoderms aufzufassen, als Larvencharaktere dagegen die flache Ausbreitung des Körpers und

zwar speciell der dem Entoderm entsprechenden Schicht auf der Unterlage, den beständigen Wechsel der äusseren Form unter Aussendung von protoplasmatischen Fortsätzen und den Mangel von Skeletgebilden (wenn nicht die flüssige Zwischensubstanz des Mesoderms als solche zu beurtheilen ist). Es wäre zur Entscheidung dieser Frage sehr wichtig, zu erfahren, von welcher Gewebeschicht die fadenförmigen Verlängerungen ausgehen und inwiefern sich die einzelnen Schichten an der Vermehrung betheiligen. Dieser letztere Vorgang für sich allein kann aber unseres Erachtens keineswegs als Beweis für die volle Ausbildung von Trichoplax geltend gemacht werden.

Ausgegeben den 25. Juli 1883.

Das Erinnerungsvermögen.

1. Einleitung.

Von

Carl du Prel,

Wir besitzen unsere Vergangenheit in Form von Phantasiebildern, die als Abbilder der Wirklichkeit in unserer Erinnerung liegen. Dadurch kommt Zusammenhang in unser empirisches Selbstbewusstsein, und entsteht auch das sogenannte reine Selbstbewusstsein, das Persönlichkeitsgefühl, indem die Reihe. unserer Erlebnisse auf ein identisches Subject bezogen wird, das sich bei allem Wechsel der Empfindungen als bleibend erkennt. Wären die aufeinanderfolgenden Empfindungen durch Erinnerungslosigkeit getrennt und atomistisch vereinzelt, so könnte ein persönliches Bewusstsein ebensowenig entstehen, als wenn die Anzahl dieser Empfindungen auf eine gleiche Anzahl von Individuen vertheilt wäre. Es würde nur ein beständig alternirendes Bewusstsein stattfinden, mit jeder neuen Empfindung ein neues Ich erwachen. Erst indem die wechselnden Empfindungen am Faden der Erinnerung aneinandergereiht werden, kommt ein identisches Selbstbewusstsein zu Stande, das demnach ohne Erinnerung nicht denkbar ist. Weil ferner ein vernünftiges Denken und Handeln abhängig ist von der Klarheit, womit wir die vergangenen Er

Kosmos, VII. Jahrgang (Bd. XIII).

fahrungen bewahren, und von der Besonnenheit, womit wir daraus Schlüsse auf die Zukunft ziehen, muss das Erinnerungsvermögen als die Wurzel aller höheren Geisteskräfte anerkannt werden.

In einer früheren Untersuchung (Ueber die wissenschaftliche Bedeutung des Traumes, Kosmos XII, S. 23) ist auf deductivem Wege der Satz gewonnen worden, dass, wenn der metaphysische Individualismus richtig sein sollte, d. h. um die dortigen Worte zu gebrauchen wenn unser Selbstbewusstsein seinen Gegenstand, das Ich, nicht erschöpfen sollte, mit der Hervorkehrung unseres hinter dem Selbstbewusstsein liegenden Wesenskernes gewisse Modifikationen des Erinnerungsvermögens verbunden sein müssen. Daraus ergibt sich umgekehrt der Schluss, dass aus der Analyse des Erinnerungsvermögens, und besonders seiner gelegentlichen Modifikationen, der inductive Beweis gewonnen werden muss, dass das Selbstbewusstsein seinen Gegenstand nicht erschöpft, d. h. dass der metaphysische Individualismus richtig ist.

Wenn nun unser Ich mehr ist, als unser Selbstbewusstsein davon aussagt, so ist damit von selbst gesagt, dass wir für dieses Selbstbewusstsein dieses Mehr nur unbewusster Weise sein können.

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Wie die Pflanze im Lichte wächst, aber ihre Wurzeln in den dunklen Erdenschoss versenkt, so würde auch unser Ich mit einer metaphysischen Wurzel in eine jenseits unserer Erkenntniss liegende Ordnung der Dinge versenkt sein.

Für diesen unseren Wesenskern könnte man füglich das eingebürgerte Wort Seele beibehalten, nur müsste dieselbe anders definirt werden als bisher. Der bisherige Spiritualismus trennt nämlich den Menschen dualistisch in Leib und Seele; im Leben hält die Seele den Leib zusammen und besorgt die Gedankenfabrik, ihre wichtigste. Function liegt also innerhalb des Bewusstseins oder ist vielmehr das Bewusstsein; im Tode dagegen wird die Seele vom Leibe getrennt, in eine jenseitige Welt räumlich dislocirt und zu anderen Functionen berufen, welche von den religiösen Systemen verschieden ausgemalt werden.

Eine monistische Seelenlehre aber müsste ganz anders lauten: Es gibt keinen eigentlichen Gegensatz zwischen Leib und Seele, Kraft und Stoff- und, nebenbei gesagt, hat selbst die moderne Naturwissenschaft, besonders in der Atomenlehre, schon bedeutende Schritte in dieser Richtung gethan; es gibt ferner allerdings eine jenseitige, nämlich jenseits unseres Bewusstseins liegende Welt, d. h. unser sinnliches Bewusstsein hat eben an seinen Sinnen seine Schranke; wir selbst gehören dieser jenseitigen Welt schon jetzt an, soweit unser Ich über das Selbstbewusstsein hinausragt, also als vielleicht nur relativ unbewusste Wesen. Nicht zeitlich und räumlich sind wir also vom Jenseits getrennt, werden nicht erst durch den Tod dahin versetzt, sondern wurzeln darin schon jetzt, und was uns davon trennt, ist lediglich die subjective Schranke der Empfindungsschwelle. Die Empfindungsschwelle ist also Schranke, wie unseres Bewusstseins, SO auch unseres Selbstbewusstseins.

Da beides Entwicklungsproducte sind, so liegt der Gedanke an ihre weitere Entwicklungsfähigkeit sehr nahe. Dabei bleibt das Problem, von wie viel jenseitiger, transcendentaler, nicht transcendenter, Realität die Empfindungsschwelle uns abschliesst, vorerst noch ganz ungelöst und muss schon wegen seiner grossen Wichtigkeit einer eigenen Untersuchung vorbehalten bleiben.

Sehen wir nun zu, welche Resultate für eine monistische Seelenlehre aus der Analyse des Erinnerungsvermögens gewonnen werden können.

Eine Versetzung in die transcendentale Welt kann monistisch nur so gedacht werden, dass die Empfindungsschwelle unseres Bewusstseins und Selbstbewusstseins verschoben wird, wobei, was bisher unbewusster Rapport mit der Natur war, ein bewusster würde. Wenn nun aber bei dieser Gelegenheit zugleich unser normaler Rapport mit der Natur verändert oder unterdrückt würde, wenn unser normales Bewusstsein und Selbstbewusstsein eine Einbusse erleiden oder gar aufgehoben werden sollten, so käme das in der Wirkung allerdings einer räumlichen Versetzung in eine ganz andere Welt gleich. Wenn uns plötzlich unsere fünf Sinne genommen und ganz andersartige Sinne gegeben würden, so würden wir, auf dem gleichen Flecke stehend, doch einen anderen Stern zu bewohnen glauben.

Der Mensch erlebt nun erfahrungsmässig Zustände, in welchen durch Verschiebung der Empfindungsschwelle sein normales Bewusstsein schwindet und im gleichen Maasse sein Unbewusstes sich hervorkehrt. Diese Zustände haben das gemeinschaftliche Merkmal, dass sie in der Regel mit Schlaf verbunden auftreten. Wer also die Analyse unseres Erinnerungsvermögens vornehmen will, um daraus den inductiven Beweis zu gewinnen, dass unser Ich über die Grenze unseres normalen Bewusstseins hinausragt, der wird sich vornehmlich

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