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ungen zuzuschreiben, welche sich viel einfacher als unmittelbare Folgen des Ernährungszustandes erklären lassen. So insbesondere die Thatsache, dass die Organismen allgemein bei Nahrungsüberfluss sich stärker vermehren als bei Nahrungsmangel. Daraus wird dann vollends abgeleitet, dass, weil das Weibchen oder mindestens sein Genitalsystem mehr Nahrung verbraucht als das Männchen, die vortheilhafte Eigenschaft sich ausgebildet habe, im Ueberfluss, also dann, wenn stärkere Vermehrung nützlich ist, besonders mehr Weibchen zu produciren, durch welche dann eben die Vermehrung erst recht stark von statten gehen könne. Allerdings stehen auch zur Stütze dieses Satzes mancherlei Zeugnisse zu gebote, aber erstens. tritt der Autor damit selbst einigermaassen in Widerspruch mit dem über den Einfluss mangelhafter Ernährung Behaupteten, und zweitens müsste die natürliche Zuchtwahl doch eine wahrhaft wunderbare Voraussicht entwickeln, um denselben Wesen, die für normale Zeiten sich einem ganz constanten Sexualverhältniss angepasst haben, auch noch die Tendenz einpflanzen zu können, unter abnormen Umständen eine ganz andere Richtung einzuschlagen. Wenn letzteres wirklich geschieht, so muss der Zusammenhang mit der Ursache dieser Erscheinung ein viel unmittelbarer sein.

Können wir auch in diesem Punkte nicht mit dem Verfasser übereinstimmen, so halten wir doch seine übrigen Ausführungen für sehr beachtenswerth; die versprochene grössere Arbeit wird sicherlich unsere Kenntniss auf dem noch so dunkeln Gebiet der Physiologie der Zeugung um einen bedeutenden Schritt vorwärts bringen. Schon jetzt aber lassen sich einige der anfangs aufgestellten Fragen mit Bestimmtheit beantworten. Es ist nach dem Obigen selbstverständlich, dass das Ei nicht von seiner ersten Anlage an zum einen oder

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andern Geschlecht prädestinirt wird; das Geschlecht vererbt sich auch nicht vom Erzeuger auf die Nachkommen, sondern vom ersten Augenblick ihrer Existenz bis zu einem gewissen Stadium der Ausbildung wirken zahlreiche einander widerstreitende Factoren auf die Eizelle ein; sie wird oft eine Zeit lang dem einen folgen, um später doch noch durch einen anderen umgestimmt zu werden, und selbst zuletzt, nach bereits getroffener Entscheidung, kann doch gelegentlich noch ein theilweises Ueberwiegen entgegengesetzter Einflüsse stattfinden, und es entsteht ein Zwitter. Je vollständiger die zuerst wirkenden Momente in ihren Wirkungen sich gegenseitig aufheben, desto leichter werden. natürlich die folgenden ihren Einfluss zur Geltung bringen können. Mit diesen wenigen Sätzen eröffnen sich für Experiment und Beobachtung zahlreiche neue Untersuchungsrichtungen, die wir hoffentlich recht bald eifrig gepflegt sehen werden.

V.

Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere, auf Grundlage der Entwicklungsgeschichte bearbeitet von Prof. Dr. ROBERT WIEDERSHEIM. Zweiter Theil. Mit 261 Holzschnitten. Jena, Gust. Fischer, 1883. 430 S. 8°.

Den ersten Theil dieses Lehrbuches, den wir bereits im Februarheft des laufenden Jahrgangs besprochen haben1, ist zu unserer angenehmen Ueberraschung schon jetzt der zweite (Schluss) Band gefolgt. Derselbe behandelt die Organe der Ernährung, der Athmung, des Kreislaufs, des Harn- und Geschlechtsapparats und bringt im Anhang ein sehr ausführliches Litteraturverzeichniss sowie ein alphabetisches Register. Die hohen Vorzüge, welche dem ersten Bande

1 s. Kosmos Bd. XII, S. 399.

sofort die allgemeinste Anerkennung erwerben, sind auch dem vorliegenden in vollsten Maasse nachzurühmen, ja die hier befolgte Methode hat insofern noch eine Verbesserung erfahren, als jedem Hauptabschnitt eine vergleichende Zusammenfassung der Resultate angehängt ist, welche ein knappes übersichtliches Bild von genetischem Standpunkt gewährt. Als ganz besonders gelungen seien die Capitel über den Darmkanal und den Urogenitalapparat hervorgehoben, in welchen Entwicklungsgeschichte und Histologie eine aussergewöhnliche Berücksichtigung gefunden haben, wodurch es möglich wurde, diese complicirten Organsymptome in morphogenetischer Hinsicht sowohl als bezüglich ihrer in einzelnen Theilen mehrfach wechselnden physiologischen Bedeutung für die verschiedenen Abtheilungen anschaulich darzustellen. Auch der Abschnitt über den fötalen Kreislauf ist geradezu als Muster einer kurzen prä

cisen Schilderung verwickelter Gebilde. und Vorgänge, und als höchst werthvolle Einleituug in die Morphologie des Blutgefässsystems zu nennen. Als vorzügliches Hilfsmittel zur Erläuterung der oft so schwierig zu veranschaulichenden Kreislaufverhältnisse erweist sich eine Anzahl von in Farbendruck ausgeführten Holzschnitten, welche zusammen mit den übrigen Abbildungen und der ganzen Ausstattung das beste Lob verdienen. So ist denn mit diesem Werke in der That dem Studirenden ein höchst brauchbares und den heutigen Stand unserer Kenntnisse und Auffassungen in anschaulicher Weise wiedergebendes Lehrbuch in die Hand gegeben, das wohl berufen ist, recht Viele zum tieferen Eindringen in die vergleichende Formenlehre anzuregen und das wahre Verständniss des menschlichen Organismus auf genetischer Grundlage energisch zu fördern.

V.

Notizen.

Archäologisches. Im Westen der an hervorragenden Alterthümern reichen Rheinpfalz wurden im Laufe des August bei Waldfischbach auf der sogenannten „Heidelsburg" Ausgrabungen gemacht. Eine von N. nach S. ziehende Felsennase von 200 m Länge und 25-50 m Breite war sowohl in vorrömischer wie in römischer Epoche als Refugium von den Umwohnern benützt worden; auf drei Seiten ist diese natürliche Felsenburg von der Burgalb umzogen, auf der vierten nach Norden trennen das Plateau zwei z. T. künstlich eingeschaltete Gräben vom Bergrücken. Aus ersterer Zeit stammen cyclopische Mauerlager, welche am Osteingang noch erhalten sind, Münzen, welche einen Krieger mit Schwert und Torques in plumper Weise

darstellen, ein Steinbeil, geschliffen, von zierlicher Form u. A. Die Hauptfundstelle für Alterthümer römischer Abkunft bildete der nach Norden gelagerte Stumpf eines Rundthurmes. Der dem Graben zugewandte Theil desselben besteht in einer Länge von 27 m, einer Breite von 2 m und einer von 1,50-2 m wechselnden Höhe aus lauter Skulpturen und architektonischen Bautheilen, meist wohlerhalten. Unter diesen mehr als 30 beachtenswerthen mächtigen aus Sandstein gearbeiteten Hausteinen befinden sich allein acht Inschriftsteine. Dieselben tragen privaten Charakter und gehören offenbar zu einem römischen Friedhof des 3.-4. Jahrhunderts nach Christus. Von den vorkommenden Namen seien erwähnt: Catonius Catullinus,

Ammo Drappo, Sinnaius Indu (tiomarus), Cianaius Collinus, Courunus, Puster, Dagilius, Sena, Marinius Januarius, Vetidonneta, Tertia u. A. Drei der erhaltenen Skulpturen stellen je ein Ehepaar im Hochrelief dar, welche zum Theil im Brustbild, zum Theil in ganzer Figur erscheinen. Die Männer zeichnen sich durch einen starken Torques, sowie durch die in der Linken getragene Francisca aus, die Frauen durch ein eigenthümliches Haartoupet; in der Hand trägt eine einen Kelch, eine andere einen Korb. Von hervorragender Schönheit ist die als Seitenbild erhaltene Darstellung eines Genius, eines Atys, sowie einer opfernden Jungfrau. Nach den im Schutt gefundenen Münzen (Constantine), sowie den Gefässstücken wurde dieser Thurm, nebst der den Ostabhang der Felsenburg umziehenden Burgmauer Ende des 4. Jahrhunderts nach Christus aus nahegelegenen Skulpturen und Bausteinen, welche zu einem Templum und einem Friedhofe gehörten, in der Eile von den letzten Resten der römischen

Provinzialbevölkerung erbaut. Der Schutz an dieser schon in früheren Jahrhunderten als Vertheidigungsplatz benützten Stelle richtete sich offenbar gegen die vom Rhein her vorbrechenden Alamannen und andere germanische Stämme. Nach den verglasten Mörtelstücken im Thurmstumpfe, nach Kohlen und anderen Anzeichen, die sich daselbst fanden, wurde die Heidelsburg durch Feuer zerstört und blieb wohl 1 Jahrtausende öde liegen, bis man ihre Trümmer anno 1883 durchforschte. Die von dem Berichterstatter entdeckten, wichtigeren Skulpturen (25 Stück) wurden im Oktober in das Provinzialmuseum nach Speyer überführt. Dieselben sind ohne Zweifel für die archäologischen und ethnologischen Verhältnisse der Rheinlande im 3. und 4. Jahrhundert von grosser Bedeutung und reihen sich an den zu Neumagen (Noviomagus) bei Trier gemachten Fund römischer Skulpturen würdig an.

Dürkheim, Nov. 1883. Dr. C. MEHLIS.

Ausgegeben den 30. November 1883.

Leopold von Buch und Charles Darwin.

Von

Moritz Wagner.

LEOPOLD VON BUCH hat die äussere Ursache der Artbildung richtiger erkannt als DARWIN und er hat diese Erkenntniss in seiner Physikalischen Beschreibung der canarischen Inseln durch eine geistvolle Hypothese schon 34 Jahre vor dem Erscheinen des berühmten Buches: On the origin of species in kurzen, aber bedeutsamen Worten niedergelegt. Leider war seine geniale Hypothese weder in ihrer formellen Fassung genügend, noch auch durch die Mittheilung bezüglicher Thatsachen hinreichend unterstützt. Wohl aus diesem Grunde ist dieselbe von seinen Zeitgenossen, unter welchen die alten Ansichten LINNE's und CUVIER'S von der Unwandelbarkeit der Species, von abgeschlossenen Schöpfungen und allgemeinen Vernichtungskatastrophen noch alle Geister beherrschten, völlig unbeachtet geblieben und bald ganz vergessen worden. Dennoch steht nach unserem heutigen unbefangenen Urtheil die einfache Auffassung, welche der deutsche Geologe damals schon von dem Process der Artbildung und seiner zwingenden Ursache hegte, der Wirklichkeit näher als die viel später bekannt gewordene complicirtere Lehre DARWIN'S von der Entstehung der organischen Typen mittelst einer rastlos wirksamen

Kosmos, VII, Jahrgang (Bd. XIII).

> natürlichen Auslese im Kampfe um's Dasein <.

Wenn der Verfasser diese von ihm schon früher ausgesprochene Ueberzeugung hier nochmals nachdrucksvoll betont, so glaubt er dies einfach zur Steuer der Wahrheit thun zu müssen, nicht aber aus einem ihm völlig fremden falschen Patriotismus, welcher versucht wäre, das wissenschaftliche Verdienst eines grossen deutschen Naturforschers auf Kosten eines gewiss noch grösseren britischen Forschers zu verherrlichen.

Die betreffenden Stellen in L. VON BUCH's Werk lauten wie folgt: >Die Individuen der Gattungen (Arten) auf Continenten breiten sich aus, entfernen sich weit, bilden durch Verschiedenheit der Standorte, Nahrungs- und Bodenverhältnisse Varietäten, welche, in ihrer Entfernung nie von anderen Varietäten gekreuzt und dadurch auch nie zum Haupttypus zurückgebracht, endlich constant und zur eigenen Art werden. Dann erreichen sie vielleicht auf anderen Wegen auf das neue die ebenfalls veränderte vorige Varietät, beide nun als sehr verschiedene und sich nicht wieder mit einander vermischende Arten. Nicht so auf Inseln.

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Gewöhnlich in enge Thäler oder in den Bezirk schmaler Zonen gebannt, können sich die Individuen erreichen und jede gesuchte Fixirung einer Varietät wieder zerstören . .

> Desswegen ist es so wichtig, den Standort genau anzugeben und zu bezeichnen, auf welchem die Pflanzen auf den Inseln sich befinden. Er hat fast jederzeit etwas Eigenthümliches. Ist er durch natürliche Hindernisse, durch Bergreihen, welche mehr scheiden, als bedeutende Entfernungen über dem Meer, von andern Orten sehr getrennt, so kann man dort ganz neue, in anderen Theilen der Insel nicht vorkommende Pflanzenarten erwarten. Vielleicht hat ein glücklicher Zufall durch eine besondere Verbindung von Umständen den Samen über die Berge gebracht. Sich selbst an der abgeschlossenen Stelle überlassen, wird dann auch hier im Laufe der Zeiten die aus den neuen Bedingungen des Wachsthums entstandene Varietät zur eigenen Art, welche sich immer mehr von ihrer ersten ursprünglichen Form entfernt, je länger sie ungestört in dieser eingeschlossenen Gegend erhalten wird.<

Jeder unbefangene Naturforscher, welcher, mit den Thatsachen der geographischen Verbreitung der Organismen vertraut, diese Aussprüche L. vON BUCH'S aufmerksam prüft, dürfte unserer Ansicht beistimmen: dass der scharfsinnige Geologe bei seinem längern Aufenthalt im canarischen Archipel durch einen aus der vergleichenden Combination vielfacher Beobachtungen dort und anderwärts hervorgegangenen Gedankenblitz, den wir Intuition zu nennen pflegen, zuerst auf die richtige Spur jener mechanischen Hauptfactoren kam, mit welchen die Natur immer und überall operirt, um neue verjüngte Formenkreise durch räumliche Abzweigung von älteren Stammformen hervorzubringen.

Migration, Expansion und

Isolation sind diese äusseren Factoren, welche auf Grund der Variabilität und der Vererbungsfähigkeit persönlicher Merkmale vollständig genügen, um durch Fortbildung und Steigerung geringer individueller Eigenheiten der ersten Colonisten bei strenger Inzucht und durch die veränderten Lebensbedingungen, welche mit jeder isolirten Colonienbildung verbunden sind, neue Arten und Varietäten auszuprägen und bei genügender Dauer der Isolirung als stabile Formengruppen zu fixiren. Dieser Process vollzieht sich in der Regel in ganz friedlicher Weise ohne jeden wesentlichen Einfluss eines Concurrenzkampfes mit Artgenossen und anderen Organismen, welcher in jeder neuen Colonie meist geringer ist, als im Wohngebiet des Stammes.

L. VON BUCH hatte vor DARWIN den nicht zu unterschätzenden Vortheil voraus, dass er, lange bevor er den canarischen Archipel untersuchte, sehr ausgedehnte Forschungsreisen in vielen Theilen des europäischen Continents unternommen und hier zahlreiche wichtige Beobachtungen in Bezug auf das chorologische Vorkommen der Pflanzen angestellt hatte. Nicht nur sämmtliche Gebirge Deutschlands, besonders die Alpen hat er oft in den verschiedensten Richtungen durchwandert, sondern auch in den Gebirgen Skandinaviens, in den Pyrenäen, Apenninen und Karpathen hatte er vielfache Beobachtungen und Studien gemacht. L. VON BUCH Vollbrachte diese Reisen nicht flüchtig, sondern pflegte gewöhnlich an besonders interessanten Lokalitäten einen längern Aufenthalt zu nehmen. Obgleich die Erforschung der geognostischen Lagerungsverhältnisse stets seine Hauptbeschäftigung blieb, so war er doch auch ein kenntnissreicher Botaniker und besonders ein scharfsinniger Beobachter des chorologischen Vorkommens der Organismen, wie überhaupt des ganzen Naturcharakters der von ihm untersuch

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