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und fürchten wie ein gemeiner Philister; daher ist das Geschwäß der Aerzte und ihr Trösten mir am allermeisten zuwider. Unterh. mit Kanzler Müller, den 3. Apr. 1824.

436.

Des Menschen Leben scheint ein herrlich Loos;
Der Tag wie lieblich und die Nacht wie groß!
Und wir, gepflanzt in Paradieses Wonne,
Genießen kaum der hocherlauchten Sonne,
Da kämpft sogleich verworrene Bestrebung
Bald mit uns selbst und bald mit der Umgebung.
Kein's wird vom Andern wünschenswerth ergänzt,
Von außen düstert's, wenn es innen glänzt,
Ein glänzend Aeußres deckt mein trüber Blick,
Da steht es nah und man verkennt das Glück.

437.

An Werther (1824). H. 1, 185.

Der Schauplah meiner fast dreißigjährigen liebevollen. Mühe liegt in Trümmern. Gespr. mit Eckermann, den 23. März 1825.

438.

Sie erscheinen mir wie Herkules, der dem Atlas, dem Prometheus zu Hilfe kommt. Wüßten Sie, was ich dieses Jahr gelitten habe; Sie würden solche Bildlichkeiten nicht übertrieben finden.

439.

An S. Boisserée, den 3. Febr. 1826.

Alles, was wir treiben und thun, ist ein Abmüden. Wohl dem, der nicht müde wird!

Spr. iu Prosa, Eth. III Nr. 262 (1826). H. 19, 62.

440.

'Lange leben heißt viele überleben'. So klingt das leidige Ritornell unseres vaudevilleartig hinschludernden Lebensganges. Es kommt immer wieder an die Reihe, ärgert uns und treibt uns doch wieder zu neuem ernstlichen Streben. Mir erscheint der zunächst mich berührende Personenkreis wie ein Convolut Sibyllinischer Blätter, deren eines nach dem anderen, von Lebensflammen aufgezehrt, in der Luft zerstiebt und dabei den überlebenden von Augenblick zu Augenblick höheren Werth verleiht. Wirken wir fort, bis wir vor oder nach einander, vom Weltgeist berufen, in den Aether zurückkehren.

An Zelter, den 19. März 1827.

441.

Viele Leidende sind vor mir hingegangen; mir aber ward die Pflicht auferlegt, auszudauern und eine Folge von Freude und Schmerz zu ertragen, wovon das Einzelne wohl schon hätte tödtlich sein können.

442.

An Rauch, den 21. Okt. 1827.

Ich hatte gedacht, ich wollte vor ihm (dem Großherzog) hingehen. Aber Gott fügt es, wie er es für gut findet und uns armen Sterblichen bleibt weiter nichts als zu tragen und uns emporzuhalten, so gut und so lange es gehen will.

Gespr. m. Eckermann, den 15. Juni 1828.

443.

Ich kann sagen, daß ich nur in Rom empfunden habe, was eigentlich ein Mensch sei. Zu dieser Höhe, zu diesem Glücke der Empfindung bin ich später nie wieder gekommen. Ich bin, mit meinem Zustande in Rom verglichen, eigentlich nachher nie wieder froh geworden.

Gespr m. Eckermann, den 9. Oft. 1828.

444.

Es wäre nicht der Mühe werth, 70 Jahre alt zu werden, wenn alle Weisheit der Welt Thorheit wäre vor Gott.

Spr. in Prosa VI Nr. 429 (Wanderjahre III., 1829). H. 19, 92.

445.

Mit den Jahren steigern sich die Prüfungen.

Spr. in Prosa, Eth. VI Nr. 472 (1829). H. 19, 102.

446.

Im Weiterschreiten find' er Qual und Glück,
Er, unbefriedigt jeden Augenblick.

Dämonen, weiß ich, wird man schwerlich los,
Das geistig-strenge Band ist nicht zu trennen,
Doch deine Macht, o Sorge, schleichend groß,
Ich werde sie nicht anerkennen. -

Die Nacht scheint tiefer, tief hereinzudringen,
Allein im Innern leuchtet helles Licht.

Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Aeonen untergehn

Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß ich jezt den höchsten Augenblick.

447.

Faust II 5. H. 13, 220-25.

Wir müssen sehen, wie wir uns mit dem Leben wieder. zurechtsezen! Ich muß mit Gewalt arbeiten, um mich oben. zu halten.

448.

Gespr. mit Soret, den 14. Febr. 1830.

Was ist denn überhaupt am Leben? Man macht alberne Streiche, beschäftigt sich mit niederträchtigem Zeug, geht dumm auf's Rathhaus, flüger herunter, am andern Morgen noch dümmer hinauf.

Unterh. mit Kanzler Müller, den 20. März 1830.

449.

Das eigentliche Wunderliche und Bedeutende dieser Prüfung ist, daß ich alle Lasten, die ich demnächst, ja mit dem neuen Jahre, abzustreifen und einem Jüngerlebigen zu übertragen. glaubte, nunmehr selbst fortzuschleppen und sogar schwieriger weiter zu tragen haben werde. Hier kann allein der große Begriff der Pflicht uns aufrecht erhalten. Ich habe keine Sorge, als mich physisch im Gleichgewicht zu bewegen. Alles andre giebt sich von selbst. Der Körper muß, der Geist will und, wer seinem Wollen die nothwendigste Bahn vorgeschrieben sieht, der braucht sich nicht viel zu besinnen.

450.

An Zelter, den 21. Nov. 1830.

Da wir, mein Theuerster, mit gutem Glück auch über diesen Sturz (Blutsturz v. 24. Nov. nach dem Tode des Sohnes) hinausgekommen sind, so wollen wir der Tage genießen, die uns noch gegönnt sein mögen, es auch an Thätigkeit für uns und andere nicht fehlen lassen.

451.

An Knebel, den 15. Dec. 1830.

Man möchte wahrhaftig wie eine Raupe sich einspinnen. und abwarten können, bis Gott (in staatlichen Dingen) wieder flare, heitere Zeit werden läßt. An S. Boisserée, den 7. Jan. 1831.

452.

Ueber Gräber vorwärts!

An Zelter, den 23. Febr. 1831.

453.

Je älter ich werde, seh' ich mein Leben immer lückenhafter, indem es andere als ein Ganzes zu behandeln lieben und sich daran ergößen.

454.

An Zelter, den 20. Aug. 1831.

Im hohen Alter, wo uns die Jahre nach und nach wieder entziehen, was sie uns früher so freundlich und reichlich gebracht haben, halte ich für die erste Pflicht gegen uns selbst und gegen die Welt, genau zu bemerken, was uns noch übrig bleibt.

An Graf v. Brühl, den 15. Okt. 1831.

455.

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Was hat derjenige nicht zu erdulden, der andere überlebt! Er übernimmt ja gewissermaßen die Lebensbürden, die jenen im Naturlaufe zugedacht waren. In solchen Epochen (wie nach dem Tode des Sohnes) fühlt' ich erst recht den Werth eines allgemeinen Wissens, verbunden mit einer besonderen Theilnahme an dem Guten und Schönen, das die unendlich mannigfaltige Welterscheinung uns bietet. An Loder, den 7. April 1831.

456.

Auf einem einsamen Breterhäuschen des höchsten Gipfels der Tannenwälder recognoscirte ich die Inschrift vom 7. Sept. 1783 des Liedes, das Du auf den Fittigen der Musik so lieblichberuhigend in alle Welt getragen hast,Ueber allen Gipfeln ist Ruh" u. s. w. Nach so vielen Jahren war denn zu übersehen: das Dauernde, das Verschwundene. Das Gelungene trat vor und erheiterte, das Mißlungene war vergessen und verschmerzt.

An Zelter, den 4. Sept. 1831.

Einkehr und Buße.

Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust,

Die eine will sich von der andern trennen.
Die eine hält in derber Liebeslust

Sich an die Welt mit klammernden Organen,
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.

Faust I. 2.

457.

Sie (Frl. v. Klettenberg) fand an mir, was sie bedurfte, ein junges, lebhaftes, nach einem unbekannten Heile strebendes Wesen, das, ob es sich gleich nicht für außerordentlich fündhaft halten konnte, sich doch in keinem behaglichen Zustand befand und weder an Leib noch Seele ganz gesund war.

Dichtg. u. Wahrh. VIII. (1768) H. 21, 116.

458.

Meine Unruhe, meine Ungeduld, mein Streben, mein Suchen, Forschen, Sinnen und Schwanken legte sie (die Genannte) auf ihre Weise aus und verhehlte mir ihre Ueberzeugung nicht, das alles komme daher, weil ich keinen versöhnten Gott habe. Nun hatte ich von Jugend auf geglaubt, mit meinem Gott ganz gut zu stehen, ja bildete mir nach mancherlei Erfahrungen wohl ein, daß er gegen mich sogar im Rest stehen. könne. Und ich war kühn genug zu glauben, daß ich ihm einiges zu verzeihen hätte. Dieser Dünkel gründete sich auf meinen unendlich guten Willen, dem er, wie mir schien, besser hätte zu Hilfe kommen sollen.

459.

Ebendas. H. 21, 117.

Hier (gegenüber Friderike Brion) war ich zum ersten Male schuldig. Ich hatte das schönste Herz in seinem Tiefsten verwundet und so war die Epoche einer düsteren Reue höchst peinlich, ja unerträglich.

Dichtg. und Wahrh. XII (1771-72) H. 22, 71.

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