11. Vor dir (dem Straßburger Münster) wie vor dem Schaum stürmenden Sturze des gewaltigen Rheins, wie vor der glänzenden Krone der ewigen Schneegebirge, wie vor dem Anblick des heiter ausgebreiteten See's und deiner Wolkenfesten und wüsten. Thäler, grauer Gotthardt, wie vor jedem großen Gedanken der Schöpfung wird in der Seele reg, was auch Schöpfungskraft in ihr ist. In Dichtung stammelt sie über, in krigelnden Strichen wühlt sie auf dem Papier Anbetung dem Schaffenden, ewiges Leben, umfassendes, unauslöschliches Gefühl dessen, das da ist, das da war und da sein wird. Dritte Wallfahrt nach Erwin's Grabe, Juli 1775. H. 28, 354. 12. Ich führe mein Leben in Klüften, Höhlen, Wäldern, in Teichen, unter Wasserfällen, bei den Unterirdischen und weide mich aus in Gottes Welt. An Herder, den 9. Aug. 1776. 13. Altar des lieblichsten Dankes Wird ihm des gefürchteten Gipfels Schneebehangener Scheitel, Den mit Geisterreihen Kränzten ahnende Völker. Harzreise im Winter, Dec. 1777. H. 1, 147. 14. Möge die Idee des Reinen, die sich bis auf den Bissen erstreckt, den ich in den Mund nehme, immer lichter in mir werden! 15. Tagebuch vom 7. Aug. 1779. Gebe Gott, daß unter mehr großen Vortheilen auch dieser uns nach Hause begleite, daß wir unsere Seelen offen behalten und wir die guten Seelen auch zu öffnen vermögen. 16. An Fr. v. Stein, den 30. Nov. 1779. Ich bin geneigter als Jemand, noch eine Welt außer der sichtbaren zu glauben, und ich habe Lebens- und Dichtungskraft genug, sogar mein eigenes Selbst zu einem Schwedenborgischen Geisteruniversum erweitert zu sehen. Alsdann mag ich aber gern, daß das Alberne und Ekelhafte menschlicher Exkremente durch eine feine Gährung abgesondert und der reinlichste Zustand, in den wir versezt werden können, empfunden werde. 17. An Lavater, den 14. Nov. 1781. Frisch hinaus, da wo wir hingehören. In's Feld, wo aus der Erde dampfend jede nächste Wohlthat der Natur und, durch die Himmel webend, alle Segen der Gestirne uns umwittern, wo wir dem erdgebornen Riesen gleich, von der Berührung unserer Mutter kräftiger, uns in die Höhe reißen! 18. Egmont, V. Aft. 1782 (?) H. 7, 79. Welche Seligkeit ward mir Sterblichem! Träum' ich? Empfänget 19. Röm. Elegien VII (1789?). H. 2, 22. Irrthum verläßt uns nie; doch ziehet ein höher Bedürfniß Immer den strebenden Geist leise zur Wahrheit hinan. Vier Jahreszeiten Nr. 58 (1796). H. 2, 170. 20. Was ist das Heiligste? Das, was heute und ewig die Geister, Tiefer und tiefer gefühlt, immer nur einiger macht. 21. Ebendas. Nr. 69. H. 2, 172. Die Sonne tönt nach alter Weise Ihr Anblick giebt den Engeln Stärke; Und schnell und unbegreiflich schnelle Es schäumt das Meer in breiten Flüssen Faust I, Vorsp. im Himmel (1797?). H. 12, 11. 22. Sonst stürzte sich der Himmelsliebe Kuß Ein unbegreiflich holdes Sehnen Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn, Fühlt' ich mir eine Welt entstehn. 23. -Jedem ist es eingeboren, Ebendas. I. 1. H. 12, 29. Daß sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt, Wenn über schroffen Fichtenhöhen Der Adler ausgebreitet schwebt Der Kranich nach der Heimat strebt. 24. Ebendas. I. 2. H. 12, 38. Verlassen hab' ich Feld und Auen, 25. Ebendas. I. 3. H. 12, 41. Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig, Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen, 26. Faust II. 1 (1798?). H. 13, 5. Keine Umgebung, selbst die gemeinste nicht, soll in uns das Gefühl des Göttlichen stören, das uns überall hin begleiten und jede Stätte zu einem Tempel einweihen kann. Wahlverwandtschaften II. 7 (1809). H. 15, 173. 27. Ich habe geglaubt, nun glaub' ich erst recht, So düster es oft und so dunkel es war 28. Ich habe geliebt. 1813. H. 1, 79. Ob ich Ird'sches denk und sinne, 29. Divan I. 4 (1814). H. 4, 9. Werdet ihr in jeder Lampe Brennen Fromm den Abglanz höhern Lichts erkennen, Und, was nur am Lob des Höchsten stammelt, Ist in Kreis' um Kreise dort versammelt. Vermächtniß altpers. Glaubens. 1815 (Divan XI). H. 4, 201. 30. Wenn sich über mannichfaltige Vorkommenheiten der Zeit die Menschen entzweien, so vereinigt Religion und Poesie auf ihrem ernsteren, tieferen Grunde die sämmtliche Welt. Zur ausw. Litteratur (1818). H. 29, 622. 31. Der Mensch, wie sehr ihn auch die Erde anzieht mit ihren tausend und abertausend Erscheinungen, hebt doch den Blick sehnend zum Himmel auf, der sich in unermeßnen Räumen über ihn wölbt, weil er tief und klar in sich fühlt, daß er ein Bürger jenes geistigen Reiches sei, woran wir den Glauben nicht abzulehnen noch aufzugeben vermögen. Unterh. mit Kanzler Müller vom 29. April 1818. 32. Der geistreiche Mensch, nicht zufrieden mit dem, was man ihm darstellt, betrachtet alles, was sich den Sinnen darbietet, als eine Vermummung, wohinter ein höheres geistiges Leben sich schalthaft-eigensinnig versteckt, um uns anzuziehen und in edlere Regionen aufzulocken. Noten zum Divan (1819?). H. 4, 302. 33. Große Gedanken und ein reines Herz, das ist's, was wir uns von Gott erbitten sollten. Wanderjahre I. 10 (1821). H. 18, 131. 34. Der Glaube ist ein häuslich-heimlich Kapital, wie es öffentliche Spar- und Hilfskassen giebt, woraus man in Tagen der Noth Einzelnen ihr Bedürfniß reicht. Hier nimmt der Gläubige sich seine Zinsen im Stillen selbst. Sprüche in Prosa, Eth. II. Nr. 150 (1821). H. 19, 42. 35. Alles dieses Vorübergehende lassen wir uns gefallen. Bleibt uns nur das Ewige jeden Augenblick gegenwärtig, so leiden wir nicht an der vergänglichen Zeit. An Auguste geb. Gräfin Stolberg, den 17. April 1823. 36. In unsres Busens Reine wogt ein Streben, Wir heißen's: fromm sein. Elegie, Aug. 1823. H. 1, 187. 37. Wie doch alles Höhere im Wissenschaftlichen und so alsbald ethisch wirkt und so viel sittlichen Vortheil An Nees von Esenbeck, den 22. August 1823 (Bratran. 2, 58). durchaus bringt! 38. Das holde Thal hat schon die Sonne wieder |