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V.

(Gehalten am Neujahrstage, 1844.)

Der Name des Herrn sei gelobet! Amen.

Vater Unser u. s. w.

Text:

Luc. 2, 21: Und da acht Tage um waren, daß das Kind beschnitten würde, da ward sein Name genannt Jefus, welcher genannt war von dem Engel, ehe denn er im Mutterleibe empfangen ward".

Ein Wort ist heute auf unser Aller Lippe gewesen: ein Neujahrswunsch für einen Anderen; und Eine Regung ist heute in unser Aller Herzen gewesen: eine Neujahrshoffnung für uns selber; und die Hoffnung im Herzen und den Wunsch auf den Lippen sind wir hier zusam= men vor Gottes Angesicht getreten. Was könnten wir Anderes in dieser Stätte und Stunde wollen, als daß wir unsere Hoffnungen und Wünsche als Gebete vor Gott ausredeten? und was könnte meine Rede in dieser Stunde Anderes wollen, als daß sie unsere wünschenden und hoffenden Herzen zu dem rechten Gebete bereitete?

Und gewiß, damit unsere Hoffnungen zuversichtlich und gewiß, und unsere Wünsche weisssagend und verheißend werden wie Gebete, wie rechte, warme, gläubige Gebete, die ihr Amen, ihre Gewißheit, ihr Gefühl der Erhörung in sich selber tragen dazu brauchen wir einer Bereitung.

Es ist wahrlich nicht mit dem Glückauf, nicht mit dem „fröhlich Neujahr“, nicht mit dem Händedruck gethan, den wir heute Morgen Einer für den Anderen gehabt haben. Wie Mancher unter uns wohl in diesen Neujahrsmorgen ein Herz hineingetragen hat, das noch aus frischer Wunde blutet? und wie Manchem wohl seine Wunde nach außen vernarbt ist, und er spricht auch nicht mehr davon, sagt immer, es gehe ihm recht wohl, aber nach innen blutet sie immer noch und thut nur viel weher? und wie manchem Anderen wohl sein Schnitt durch's Herz geheilt und überwachsen ist durch den Balsam der Zeit, aber Ein scharfer Hauch der Luft kann die leichte Heilung wieder auf zu neuen Schmerzen reißen? O das möchten leicht

denn wen hätten das alte Jahr oder die alten Jahre nicht verwundet! unter uns Allen die übergroße Hälfte fein. Und wenn Du Dir nun nachdenkst, wie wohl solchem wunden Herzen zu Muthe werden muß unter dem fröhlichen Wechsel der Neujahrswünsche, wie's ihm nur die Schmerzen wecken oder steigern muß, und wie Manchem Du wohl selber wider Deinen Willen nur die Thräne in's Auge getrieben haft mit dem Glückauf, das Du ihm über die Straßenbreite zuriefft, - ob wir wohl nicht für unsere Neujahrswünsche Etwas brauchen, das sie zu Verheißungen mache, damit sie Wunden heilen, damit sie Herzen trösten, damit sie Thränen trocknen, damit sie eine gewisse Hoffnung und eine freudige Zuversicht in's Herz reden? ob's wohl nicht Noth ist, daß unsere Wünsche ein Amen haben?

Und Du kannst dasselbe Ding auch von einer anderen Seite ansehen; es wird die Sache damit nicht besser. Wenn auch unter uns Allen die zweite Hälfte ein lusti= ges Herz in das neue Jahr hinübergetragen haben, weil sie noch kein Leid gehabt, oder weil sie's vergaßen; wenn Euch auch das Herz gelacht hat vor Luft und Hoffnung

unter den Wünschen dieses Tages

aber habt Ihr für diese Hoffnungen eine Bürgschaft, habt Ihr ein Pfand, habt Ihr Brief und Siegel und Unterschrift darauf? Denn was die Menschen gewöhnlich als eine Bürgschaft ihrer Hoffnungen nehmen, das ist keine Bürgschaft. Wir pflügen etwa und säen, und fordern dann die Ernte als unseren Lohn, der gewiß sei; wir berechnen klüglich die Umstände gegen die Umstände und die Wahrscheinlichkeit, und meinen, daß es so kommen müsse schlechterdings, weil es damals und damals und damals so gekommen; wir trauen der Jugend langes Leben zu, und dem Fleiße seinen Lohn, und fatte Tage dem Reichthum, weil dafür die Gewohnheit spricht, wie wir aus dem Abendroth auf einen hellen Morgen schließen, so wachen wir fröhlich auf am Morgen, wenn der Abend heiter gewesen, und bauen uns das ganze neue Jahr voll Luftschlösser, weil das alte Jahr erträglich zu Ende ging. So betteln wir uns, ob wir's gleich tausend Mal erlebt haben, daß Alles anders kommt, als wir's gedacht, daß das Leid nie so schwer wird als wir's gefürchtet, und auch die Freude nie so groß, als wir's gehofft, betteln uns mit unseren Berechnungen, mit unseren Wahrscheinlichkeiten und Muthmaßungen vom Abend in den Morgen, und vom alten in das neue Jahr hinüber, und durch das ganze armselige Leben hindurch, und vergessen's trok aller Täuschungen immer wieder, daß wir wohl den Kelch zu der Lippe führen, aber es fallen noch viele Dinge vor zwischen dem Kelch und der Lippe; daß wir wohl das Loos über unser Leben werfen, aber es fällt ewig wie der Herr will; daß uns unsere heutige Epistel recht absichtlich in unseren Neujahrstag das Wort hinein ruft: „Alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume".

Und wir wollen doch ja nicht glauben, daß mit dem Fleisch und mit dem Gras bloß das gemeint wäre, was

leiblich, was von Erde, was vom groben Stoff der Sinne gewebt ist. Wenn wir ein wenig edler von Sinnen und ein wenig feiner von Gelüft find, da bauen wir unsere Hoffnungen und stühen unsere Berechnungen nicht auf Geld und Gut und Jugend und dergleichen; denn wer weiß nicht, daß das täuscht? aber wir sehen etwa unsere Tüchtigkeit an und zählen ganz fest auf Lob und Ehrez wir sehen das Herz voll warmer Liebe an, das wir zu Diesem und zu Dem tragen, und sind uns so sicher, daß sein Herz uns so ganz zufallen müsse als er das unsere hat; wir leben Tag und Nacht im Dienst für Andere, und nicht im Traume fällt's uns ein, daß der Dank je fehlen könnte. So machen die tieferen Menschen die Ehre, Lob und Liebe, Gunst und Dank, die man bei Menschen haben kann, zu den Pfosten und zu den Pfeilern des Hauses, in welchem sie mit ihrem Herzen und mit ihrer Hoff nung am Neujahrsmorgen und an jedem Morgen wohnen, vergessen aber auch, daß diese Pfosten auch morsch, und diese Pfeiler auch wankend sind. Ein Abweg von dem rechten Pfade, dessen Du Dich in Deines Herzens Sünde schuldig machst, Einer nur und alle die Zungen, die Dich erst überschwenglich gelobt, wandeln das Lob in Tadel ebenso maaßlos; oder Ein Wort nur, das eine Eitelkeit an ihrem wunden Fleck trifft, und Dein Freund ist zur Stunde Dein Feind. Glaub's gewiß: kein Ackerfeld, kein Gartenland ist ein so falscher Boden als der Menschen Herz ist; es giebt keine Frucht, die so mißlich wäre, täuschte und tröge als der Menschen Liebe, Lob und Gunst; und es mag ein hartes Wort sein, aber mindestens ist es eben so wahr als es hart ist: daß es keine ganze Liebe, keinen ewigen Dank, kein unerschütterliches Vertrauen, kein unlösbares Band in der Menschenwelt giebt, niemals und nirgendwo, weil's ja überall nichts Reines, nichts Ganzes, nichts Ewiges an uns irgendwo

giebt. Es ist eben Alles, was die Erde trägt und die Wolken beschatten, was leiblich und was geistig ist, Alles was in den Rahmen der Zeit und des Raumes gespannt ist das ist Wirbel und Taumel. Wer bewußt auf dem hohlen Boden steht, wer nicht absichtlich die Augen schließt, der muß entweder Nichts hoffen, Nichts fürchten, Nichts wünschen, Nichts meiden, Nichts lieben, Nichts hassen oder wenn ihn das der Tod dünkt, was es auch ist, so muß er für seine Hoffnung ein Pfand und für sein Wünschen eine Gewähr, muß in diesem Wirbel einen festen Punkt, muß unter den Füßen einen Boden, auf dem er stehe, und über sich einen Stern, auf den er sehe, haben; und das müssen wir Alle heute haben.

Wo ist der Grund für all unser Hoffen gelegt? wo ist der Stern aufgegangen, der uns der feste Lichtpunkt in all der wechselnden Erscheinung sein soll? O komm mit, und wenn's Dir bloß bei den Worten, schon bei der Beschreibung unseres Lebens bang geworden ist, laß uns nach dieser Nachtseite unseres Lebens auch seine Lichtseite suchen, und frag' mit nach dem Quell unseres Trostes. Wenn Du unter den Deinigen auch eine Seele haft, welcher Du gern einen Neujahrswunsch sagtest, ihr gebrochenes Herz auch fröhlich zu machen, welcher Du so gern ihre beiden Hände in Deine Hände faßtest und sprächst gern so recht in sie hinein, bis ihr Herz muthig und ihr Sinn getrost und ihr Auge leuchten würde; oder wenn Du selber an Deinem eignen Herzen eine Wunde hast, die Du gern geheilt hättest, denn Du hast sie lange mit Thränen ausgewaschen und davon heilt sie nicht; oder wenn Du auch ganz zukunftmuthig und ganz hoffnungstrunken bist, und doch unter der Decke dieser Hoffnungsträume innen im Herzen um das Ende Deiner Wünsche ein Bangen hast wenn Du so irgendwie mit von dem drohenden Rade der Zeit erfaßt und von

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