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Eine

homiletische Vierteljahrsschrift

für das evangelische Deutschland.

Unter besonderer Mitwirkung vieler namhafter Prediger

herausgegeben

von

Emil Ohly,

evang. Pfarrer in Mommenheim bei Mainz.

3. Often. Vierzehnter Jahrgang.

Wiesbaden.

Julius Niedner, Verlagshandlung.

1875.

Philadelphia,

bei Schäfer & Rotadi.

CAMBRIDGE. MASS.

2:14 1875

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Die Synodalfragen sind gegenwärtig so in den Vordergrund getreten, daß in den vorhandenen Kirchen-Zeitungen der Raum zu ihrer Besprechung nicht ausreicht, sondern eigene Organe ihnen gewidmet werden. Die Landtage beschäf= tigen sich mit ihnen, die, politischen Zeitungen bringen Nachrichten über ihren Stand, bald werden die Synodal-Verhandlungen ein Gebiet unseres öffentlichen Lebens sein, an dem Niemand vorübergehen kann, ohne mit den wichtigsten Erscheinungen der Zeit unbekannt geblieben zu sein.

Die kirchliche Entwickelung wie die Umgestaltung unserer öffentlichen Verhältnisse haben diesen Umschwung gleicher Weise nothwendig gemacht. Die strengsten Lutheraner, selbst solche, die, um reines lutherisches Kirchenthum behaupten zu können, das Vaterland verließen, haben Synoden errichtet, sobald sie den freien Boden Amerikas betreten hatten. Das landesherrliche Kirchenregiment kann der evangelischen Kirche mit dem besten Willen nicht mehr sein, was es ihr früher gewesen ist. Jede Bewilligung des Fürsten zu Gunsten der Kirche ist an den Beschluß der Volksvertretung gebunden. Ohne diese erlangt auch keine kirchliche Verordnung des Landesherrn Gesezeskraft, soweit fie irgendwie das Gebiet des Rechtes und des öffentlichen Lebens berührt. In allen Kreisen gestaltet sich die Selbstverwaltung des Bürgers. Die Gemeinde, der Kreis, die Provinz, Korporationen der mannichfaltigsten Art verfügen nach eigenem Ermessen über große Mittel, stellen Beamte an und richten sich selbstständig nach ihren eigenen Bedürfnissen ein. Wie sollte nun die Kirche ohne Vertretung bleiben, die, durch das Vertrauen der Kirchengenossen bezeichnet, ihre Nothstände offen legen, ihre Bedürfnisse berathen und über die Mittel zum Aufbau der Gemeinden sinnen? Ohne die Stüße einer solchen Vertretung muß jedes Kirchenregiment sich_schwach fühlen, ohne diese Ergänzung durch die gewählten Vertrauensmänner der Gemeinden kann keine Kirchenbehörde in unserer Zeit ihre Aufgabe erfüllen.

An geeigneten Persönlichkeiten fehlt es uns durchaus nicht. Die freie Vereinsthätigkeit hat uns vorgearbeitet. Wer als Vorsteher von Missions-, Bibel-, Gustav Adolfs - Vereinen gewöhnt ist, für christliche Zwecke mit Aufopferung zu arbeiten, warum sollte er es nicht auch mit Erfolg in Synodal-Angelegenheiten thun?

Die Erfahrungen der Kirchengebiete, welche sich seit langer Zeit synodaler Einrichtungen erfreuen, sprechen für Synoden, warnen aber auch zugleich vor Ueberschäßung. Synoden find menschliche Ordnungen, Organe der Kirche zur Ergänzung und gesegneten Ausübung ihres Regimentes. Das Leben der Kirche wird nicht durch menschliche Einrichtungen gewirkt, sondern durch den heiligen Geist, der sich durch die Predigt des Evangeliums und die Sakramente an den Herzen kräftig erweiset. Aber zur Bethätigung des Lebens gehören die Organe und diese müssen sich gestalten nach den Bedürfnissen der Zeit und des Ortes. Wir erwarten daher nicht, daß die neuen synodalen Ördnungen Leben schaffen, wo solches nicht vorhanden ist, dagegen sind wir berechtigt anzunehmen, daß die synodale Gliederung den wirklich gegebenen Kräften zum Organe dienen wird, um sie zum Aufbau der Kirche zu verwerthen.

Wenn wir seit Jahren hin und wieder den Ruf vernommen haben: „Schafft nur schnell eine constituirende Synode, dann wird es Leben in der Kirche geben“ so verwechseln diese Leute Leben und Aufregung. Sie meinen, kirchliches Interesse bewiesen zu haben, wenn sie ihren Wahlzettel in die Urne geworfen, einige Versammlungen besucht und Beifall geklatscht oder mit Füßen gescharrt haben. Sind fie gar Mitglieder eines Comités oder Sprecher auf einer Synode geworden, so dünken sie sich bedeutende kirchliche Persönlichkeiten zu sein. Sie haben nur Interesse, so lange es gilt, gewisse Prinzipien zu verfechten, den eigenen Willen durchzusehen, über den Gegner zu triumphiren. Für die Arbeit im Dienste der Kirche haben sie weder Liebe noch Fähigkeit. Eine äußere Kirchenherrlichkeit wird es niemals auf Erden geben. Wer solchen Prunk, Macht und Herrlichkeit in ihr sucht, taugt nicht für die stille Arbeit in dem Weinberge des Herrn. Für die Synoden sind nur Männer geeignet, welche auch außer der Synode im Dienste der Gemeinde arbeiten, Männer, welche das Wohl der Kirche auf betendem Herzen tragen, die sich nicht scheuen auch, wo es noth thut, mit dem Klingelbeutel zu gehen, die wirklich Mitarbeiter des Geistlichen in der Verwaltung der GemeindeAngelegenheiten, in der Seelsorge und Armenpflege sind.

Ist einmal die Zeit der Neugestaltungen vorüber, ist die Bewegung zu einem vorläufigen Abschlusse gekommen, so daß die Synoden zu den regelmäßig wiederkehrenden Functionen der kirchlichen Verwaltung gehören, dann ist zu erstreben, daß die Synoden niemals zu einem leeren Mechanismus erstarren. Sie sollen Höhenpuncte des christlichen Gemeindelebens darstellen, wo eine Schaar von Männern, die im Dienste der Kirche ergraut sind, unter Gebet und Flehen Alles in ernste Erwägung ziehen, was zur Besserung vorhandener Schäden, wie zum Aufbau der Gemeinden geboten ist.

Es würde nicht in diese Zeitschrift gehören, wollten wir diese Mittel hier darlegen, nur eins derselben ist Gegenstand unserer Untersuchung: die SynodalPredigt. Provinzial- sowie außerordentliche Landes-Synoden werden wohl ohne Ausnahme mit einem Predigt-Gottesdienste eröffnet. Der Einwand, den einst ein Synodal-Mitglied erhob, es dürfe ein solcher Gottesdienst nicht vorherbestimmt werden, da man nicht wissen könne, ob man sich in der Stimmung für denselben befinden werde, ist als das Geschwäß von Menschen anzusehen, welche meinen, daß von unserer Laune die Veranstaltung eines Gottesdienstes abhinge, während es für eine kirchliche Versammlung selbstverständlich sein muß, daß sie unter An= rufung des Herrn, mit öffentlichem Bekenntniß seines Namens, mit dem Gelübde seinem Worte gehorsam zu sein zusammentritt. In den alten Synodal-Kirchen versammelte sich auch keine Kreis-Synode ohne vorhergehenden Gottesdienst. Viele neuere Synodal-Ordnungen haben diese Bestimmung unterlassen. Man hat damit Zeit für die Verhandlungen gewinnen wollen, da die Dauer der Kreis-SynodalVersammlung auf einen Tag beschränkt zu sein pflegt. Indessen ist der Gottes

dienst ein wesentliches Stück der Tagesordnung. Auf der Provinzial-Synode ist nur eine geringe Anzahl von Geistlichen, auf der Kreis-Synode sind Alle versammelt. Wie Noth thut es dem allein Stehenden, daß ihm auch einmal Gottes Wort gepredigt und daß dabei gerade die Bedürfnisse seines Standes berücksichtigt werden! Sind die Verhandlungen durch gründliche Vorberathungen und Referate, durch Commissionen und Gutachten des Präses allseitig vorbereitet, werden ungehörige Dinge sofort abgelehnt und selbstgefälligen Synodal-Schwäßern durch bündige Schluß-Anträge der Faden ihrer langen Rede durchgeschnitten — so genügen fünf Stunden zur Erledigung einer reichen Tagesordnung und bleibt für den Gottesdienst die eine Stunde gewiß zu gewinnen. Man halte uns nicht entgegen, daß erfahrungsgemäß die Gemeinde des Synodal-Ortes an demselben keinen Antheil zu nehmen pflegt. Kommen nur die Pfarrer und Deputirten, so kann der Prediger um so mehr specialisiren und eine SynodalPredigt im engsten Sinne des Wortes halten.

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Noch könnte der Einwand gegen die Synodal-Predigt erhoben werden, daß ein liturgischer Gottesdienst ohne Predigt zur feierlichen Eröffnung der Synode als Akt der gemeinsamen Anbetung und des gemeinsamen Bekenntnisses fachgemäßer sei. Indessen besteht in einem großen Gebiete der evangelischen Kirche der Altardienst" nur aus Gebet und Schriftvorlesung, da ließe sich also kein bloß liturgischer Gottesdienst veranstalten. An den meisten Orten fehlt der geschulte Sängerchor, um eine Festliturgie zu veranstalten. Abgesehen von dieser in der Cultussitte und in den technischen Schwierigkeiten begründeten Bedenken, ist aber auch ganz insbesondere für die Synodalordnung geboten, ihr das Wort Gottes zum Troste und zur Mahnung zu verkündigen, damit ihre Beurtheilungen in der Furcht Gottes geschehen und jeder Synodale einen Segen für sein Herz, sein Amt und seine Gemeinde heimbringe.

Wer soll aber predigen? Natürlich nicht der Präses, der mit den Vorbereitungen zur Synode hinlänglich beschäftigt ist, und der bei Kirchenvifitationen und ähnlichen Veranlassungen genug Gelegenheit hat, zu den Kirchen-Vorständen zu reden. Die Wahl des Concionators ist aber durch die Praxis der alten Synoden nach zwar ganz verschiedenen Gesichtspuukten geübt worden. Einige Synoden hatten und haben die Gewohnheit jedesmal den zuleht in die Synode eingetretenen Amtsbruder zum Prediger zu bestimmen. Man will den Neuling_kennen lernen, fich über seine Gaben, seine Richtung und Predigtweise ein Urtheil verschaffen, ihm selbst auch wohl freundliche Gelegenheit bieten, sich der Synode vortheilhaft bekannt zu machen. Diese Auffassung nimmt der Synodal-Predigt ihre eigentliche Bedeutung, macht aus den Zuhörern Kritiker, aus dem Prediger einen Probekandidaten. Ganz anders stellte sich jene Märkische Synode zur Sache, welche den Beschluß faßte, daß der Synodal-Prediger mindestens fünf Jahre im Pfarr-Amte gestanden haben müsse. Reife Amtserfahrung, erprobte Treue, ein echt kirchlicher Charakter und gediegene theologische Bildung sind unerläßliche Bedingungen für den zu wählenden Synodal-Prediger.

Welche Anforderungen sind nun an eine Synodal-Predigt zu stellen?

Daß im Allgemeinen eine Synodal-Predigt wie jede evangelische Verkündi gung Buße und Glauben predigen und das Heil in Christo einem Jeden darbieten muß, sollte nicht erst gesagt werden. Doch mag die Bemerkung nicht überflüssig sein, da Jemand auf den Gedanken gerathen könnte, die Geistlichen wüßten das ja Alles, ihnen dürfte man nur ausgesuchte Feinheiten der Erkenntniß, ganz besonders seltene Früchte der Eregese bieten. Ach nein, es thut uns Predigern so recht dringend Noth, daß uns zugerufen werde: Du bist der Mann!" Wenn man beständig das Wort Gottes an Andere austheilt, geräth man in Gefahr allzu freigebig nichts für sich zu behalten und den eigenen Besiß der verkündigten

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