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es kann nicht bleiben und gehen wie bisher. Des Königs Absicht ist, sie selbst zu ihrem eignen Besten einzuschränken, ihr eigenes Heil, wenn's sein muß, ihnen aufzudringen, die schädlichen Bürger aufzuopfern, damit die übrigen Ruhe finden, des Glücks einer weisen Regierung genießen können. Dieß ist sein Entschluß; diesen dem Adel kund zu machen, habe ich Befehl; und Rath verlang' ich in seinem Namen, wie es zu thun sei, nicht was: denn das hat Er beschlossen.

Egmont. Leider rechtfertigen deine Worte die Furcht des Volks, die allgemeine Furcht! So hat er denn beschlossen, was kein Fürst beschließen sollte. Die Kraft seines Volks, ihr Gemüth, den Begriff, den sie von sich selbst haben, will er schwächen, niederdrücken, zerstören, um sie bequem regieren zu können. Er will den innern Kern ihrer Eigenheit verderben, gewiß in der Absicht, sie glücklicher zu machen. Er will sie vernichten, damit sie etwas werden, ein ander Etwas. O wenn seine Absicht gut ist, so wird sie mißgeleitet! Nicht dem Könige widersezt man sich; man stellt sich nur dem Könige entgegen, der einen falschen Weg zu wandeln die ersten unglücklichen Schritte macht.

Alba. Wie du gesinnt bist, scheint es ein vergeblicher Versuch, uns vereinigen zu wollen. Du denkst gering vom Könige und verächtlich von seinen Räthen, wenn du zweifelst, das Alles sei nicht schon gedacht, geprüft, gewogen worden. Ich habe keinen Auftrag, jedes Für und Wider noch einmal durchzugehen. Gehorsam fordre ich von dem Volke und von Euch, ihr Ersten, Edelsten, Rath und That, als Bürgen dieser unbedingten Pflicht.

Egmont. Fordre unsre Häupter, so ist es auf Einmal gethan. Ob sich der Nacken diesem Joche biegen, ob er sich vor dem Beile ducken soll, kann einer edeln Seele gleich sein. Umsonst hab' ich so viel gesprochen; die Luft hab' ich erschüttert, weiter nichts gewonnen.

Ferdinand kommt.

Ferdinand. Verzeiht, daß ich euer Gespräch unterbreche! Hier ist ein Brief, dessen Ueberbringer die Antwort dringend macht.

Alba. Erlaubt mir, daß ich sehe, was er enthält.

(Tritt an die Seite.)

Ferdinand (zu Egmont). Es ist ein schönes Pferd, das eure Leute gebracht haben, euch abzuholen.

Egmont. Es ist nicht das schlimmste. Ich hab' es schon eine Weile; ich denk' es wegzugeben. Wenn es euch gefällt, so werden wir vielleicht des Handels einig.

Ferdinand. Gut, wir wollen sehn.

Alba (winkt seinem Sohne, der sich in den Grund zurückzieht). Egmont. Lebt wohl! entlaßt mich: denn ich wüßte bei Gott! nicht mehr zu sagen.

Alba. Glücklich hat dich der Zufall verhindert, deinen Sinn noch weiter zu verrathen. Unvorsichtig entwickelst du die Falten deines Herzens und klagst dich selbst weit strenger an, als ein Widersacher gehässig thun könnte.

Egmont. Dieser Vorwurf rührt mich nicht; ich kenne mich selbst genug und weiß, wie ich dem König angehöre; weit mehr als viele, die in seinem Dienst sich selber dienen. Ungern scheid' ich aus diesem Streite, ohne ihn beigelegt zu sehen, und wünsche nur, daß uns der Dienst des Herrn, das Wohl des Landes bald vereinigen möge. Es wirkt vielleicht ein wiederholtes Gespräch, die Gegenwart der übrigen Fürsten, die heute fehlen, in einem. glücklichern Augenblick, was heute unmöglich scheint. Mit dieser Hoffnung entfern' ich mich.

Alba (der zugleich seinem Sohn Ferdinand ein Zeichen giebt). Halt, Egmont! Deinen Degen! (Die Mittelthür öffnet sich: man sieht

die Galerie mit Wache besett, die unbeweglich bleibt.)

Egmont (der staunend eine Weile geschwiegen). Dieß war die

Absicht? Dazu hast du mich berufen? Nach dem Degen greifend, als wenn er sich vertheidigen wollte.) Bin ich denn wehrlos?

Alba. Der König befiehlt's, du bist mein Gefangener. (3ugleich treten von beiden Seiten Gewaffnete herein.)

Egmont (nach einer Stille). Der König?- Oranien! Oranien ! (Nach einer Pause, seinen Degen hingebend.) So nimm ihn! Er hat weit öfter des Königs Sache vertheidigt, als diese Brust beschüßt. (Er geht durch die Mittelthür ab; die Gewaffneten, die im Zimmer find, folgen ihm; ingleichen Alba's Sohn. Alba bleibt stehen. Der Vorhang fällt.)

Fünfter Auf z u g.

Straße.

Dämmerung.

Klärchen. Brackenburg. Bürger.

Brackenburg. Liebchen, um Gottes willen, was nimmst

du vor?

Klärchen. Komm mit, Brackenburg! Du mußt die Menschen nicht kennen; wir befreien ihn gewiß. Denn was gleicht ihrer Liebe zu ihm? Jeder fühlt, ich schwör' es, in sich die brennende Begier, ihn zu retten, die Gefahr von einem kostbaren Leben abzuwenden und dem Freiesten die Freiheit wiederzugeben. Komm! Es fehlt nur an der Stimme, die sie zusammenruft. In ihrer Seele lebt noch ganz frisch, was sie ihm schuldig sind! und daß sein mächtiger Arm allein von ihnen das Verderben abhält, wissen sie. Um seinet und ihretwillen müssen sie Alles wagen. Und was wagen wir? Zum höchsten unser Leben, das zu erhalten nicht der Mühe werth ist, wenn er umkommt.

Brackenburg. Unglückliche! du siehst nicht die Gewalt, die uns mit ehernen Banden gefesselt hat.

Klärchen. Sie scheint mir nicht unüberwindlich. Laß uns nicht lang' vergebliche Worte wechseln. Hier kommen von den alten, redlichen, wackern Männern! Hört, Freunde! Nachbarn, hört! Sagt, wie ist es mit Egmont?

Goethe, Egmont.

6

Bimmermeister. Was will das Kind? Laß sie schweigen!

Klärchen. Tretet näher, daß wir sachte reden, bis wir einig sind und stärker. Wir dürfen nicht einen Augenblick versäumen! Die freche Tyrannei, die es wagt, ihn zu fesseln, zuckt schon den Dolch, ihn zu ermorden. O Freunde! mit jedem Schritt der Dämmerung werd' ich ängstlicher. Ich fürchte diese Nacht. Kommt wir wollen uns theilen; mit schnellem Lauf von Quartier zu Quartier rufen wir die Bürger heraus. Ein jeder greife zu seinen alten Waffen. Auf dem Markte treffen wir uns wieder, und unser Strom reißt einen jeden mit sich fort. Die Feinde sehen sich umringt und überschwemmt und sind erdrückt. Was kann uns eine Hand voll Knechte widerstehen? Und er in unsrer Mitte kehrt zurück, sieht sich befreit und kann uns einmal danken, uns, die wir ihm so tief verschuldet worden. Er sieht vielleicht gewiß, er sieht das Morgenroth am freien Himmel

wieder.

Bimmermeister. Wie ist dir, Mädchen?

Klärchen. Könnt ihr mich mißverstehn? Vom Grafen sprech' ich! Ich spreche von Egmont.

Jetter. Nennt den Namen nicht! Er ist tödtlich.

Klärchen. Den Namen nicht! Wie? Nicht diesen Namen? Wer nennt ihn nicht bei jeder Gelegenheit? Wo steht er nicht geschrieben? In diesen Sternen hab' ich oft mit allen seinen Lettern ihn gelesen. Nicht nennen? Was soll das? Freunde! Gute, theure Nachbarn, ihr träumt; besinnt euch. Seht mich nicht so starr und ängstlich an! Blickt nicht schüchtern hie und da bei Seite. Ich ruf' euch ja nur zu, was jeder wünscht. Ist meine Stimme nicht eures Herzens eigene Stimme? Wer würfe sich in dieser bangen Nacht, eh er sein unruhvolles Bette besteigt, nicht auf die Kniee, ihn mit ernstlichem Gebet vom Himmel zu erringen? Fragt euch einander! frage jeder sich selbst! und wer spricht mir nicht nach: Egmonts Freiheit oder den Tod!"

"

Jetter. Gott bewahr' uns! Da giebt's ein Unglück.

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