- Homerischen Tones willen, der ohne Affectation darin beobachtet sei, während Körner meinte, Goethe habe bei der darauf verwandten Zeit und Mühe etwas Bedeutenderes geben können; vieles darin sei doch trocken und Langweilig ein Urtheil, das bei Körners feinem Verständniß poetischer Werke auffällig erscheinen könnte, wenn die verhältnißmäßig geringe Theils nahme des damaligen Publikums für dieses Gedicht nicht fast dasselbe andeutete. Den Stoff hat Goethe nicht erfunden, nicht einmal entdect; er lag in vielen Bearbeitungen seit Jahrhunderten vor und war niemals in Vergessenheit gerathen; nur in hochdeutscher Sprache hatte er seit längerer Zeit keine Erneuerung mehr gefunden, während die niederdeutsche Fassung im nördlichen Deutschland wenigstens noch allgemein verbreitet und bekannt war. Diese Form erscheint dem naiven Gegenstande am angemessensten, da die Thiere, die wesentlich als verkleidete Menschen handeln, doch ohne ihre specifisch thierische Natur abgelegt zu haben, nun auch durch die Sprache den unteren Volksschichten anzugehören scheinen und ihre derbere Natur auch den derberen Ausdruck findet. In der hochdeutschen Fassung erscheinen fie wie verfeinert und mancher kräftige Zug mußte der Sprache der allgemeinen Bildung und der Decenz, schon vor Goethe, geopfert werden, ge= hörte doch aber einmal zum Charakter des Ganzen.. Goethes Bearbeitung, obwol sie im Allgemeinen treu dem Originale folgte, hatte den Stoff, schon der gebildeteren Natur des Dichters wegen und um des Zweckes willen, aus dem heitern Thiergedichte einen hellen Spiegel des Welttreibens zu schaffen, noch mehr ins Feine und Weltmännische hinaufgehoben, ohne das Thierische zerstören zu wollen. Doch ungeachtet der inneren Umwandlungen, welche durch diese Art der Bearbeitung in dem Gedichte vorgegangen find, hat Goethes Reineke fast nur den Charakter des Niedrig-Komischen abgestreift und dafür das Heiter-Komische um so anmuthiger durchgeführt. Er gibt eine Wiederbelebung des Stoffes, wie fie für die allgemeine Bildung und für die feinere Gesittung unsrer Zeiten allein möglich erscheint und steht in der neueren Literatur als einziges Beispiel einer rein naiven Thierdichtung von hoher Bedeutung da. Goethes Reineke hat sich aller außerhalb des Stoffes liegender Anspielungen, aller modernen zeitlichen und örtlichen Anknüpfungen enthalten und steht in dieser Beziehung über dem niederdeutschen Original, das solche Anlehnungen keineswegs verschmäht hat. Innerhalb der Gränzen dieses reinen Stils hat der bearbeitende Dichter alle Schattierungen der Laune, des Humors, der anmuthigen Schalkhaftigkeit verwendet, um in dem heiter bewegten Leben der Thierwelt, deren Schmerzen selbst uns noch komisch erscheinen, ein lachendes Bild des leidenschaftlichen ränkevollen Menschentreibens farbenreich auszuführen. R. Goedete. Erster Gesang. Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen; es grünten und blühten Feld und Wald; auf Hügeln und Höhn, in Büschen und Hecken Uebten ein fröhliches Lied die neuermunterten Vögel; Jede Wiese sproßte von Blumen in duftenden Gründen, Festlich heiter glänzte der Himmel und farbig die Erde. Nobel, der König, versammelt den Hof, und seine Vasallen Denn der König gedenkt mit allen seinen Baronen Goethe, Reineke Fuchs. 1 Jsegrim aber, der Wolf, begann die Klage; von allen Seinen Vettern und Gönnern, von allen Freunden begleitet, Trat er vor den König und sprach die gerichtlichen Worte: Gnädigster König und Herr! vernehmet meine Beschwerden. Edel seid ihr und groß und ehrenvoll, jedeni erzeigt ihr Recht und Gnade: so laßt euch denn auch des Schadens erbarmen, Den ich von Reineke Fuchs mit großer Schande gelitten. Alle zu Pergament, sie faßte die Streiche nicht alle, Als nun Isegrim so mit traurigem Muthe gesprochen, Trat ein Hündchen hervor, hieß Wackerlos, redte französisch Vor dem König: wie arm es gewesen und nichts ihm geblieben, Als ein Stückchen Wurst in einem Wintergebüsche; Reineke hab' auch das ihm genommen! Jest sprang auch der Kater Hinze zornig hervor und sprach: Erhabner Gebieter, Und der Panther begann: Was helfen Klagen und Wenig richten sie aus; genug, das Uebel ist ruchtbar. Laßt euch erzählen, wie er so übel an Lampen, dem Hasen, Kannt' ich Reineken stracks, er hatte Lampen beim Kragen; Wollt ihr Herren es leiden, daß so des Königes Friede, Isegrim sagte darauf: So wird es bleiben, und leider Wird uns Reineke nie was Gutes erzeigen. O! läg' er Lange todt; das wäre das Beste für friedliche Leute; Aber wird ihm dießmal verziehn, so wird er in kurzem Etliche kühnlich berücken, die nun es am wenigsten glauben. Reinekens Neffe, der Dachs, nahm jezt die Rede, und muthig Sprach er zu Reinekens Bestem, so falsch auch dieser bekannt war. Alt und wahr, Herr Isegrim! sagt' er, beweist sich das Sprüchwort: Feindes Mund frommt selten. So hat auch wahrlich mein Oheim Eurer Worte sich nicht zu getrösten. Doch ist es ein Leichtes. Wär' er hier am Hofe so gut als ihr, und erfreut' er Sich des Königes Gnade, so möcht' es euch sicher gereuen, Daß ihr so hämisch gesprochen und alte Geschichten erneuert. Aber was ihr Uebels an Reineken selber verübet, Uebergeht ihr; und doch, es wissen es manche der Herren, |