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kann bekanntlich uralte Züge bewahrt haben, die als Grundform für viel älter belegte Sprachen oder Religionen anzusetzen sind. Umgekehrt können Sprachen oder Religionen, die vom Morgen der Zeiten zu uns reden, eine verhältnissmässig junge und fortgeschrittene Entwickelungsstufe darstellen.

Die litauisch-lettische Sprache, die wir erst seit ca. 1500 nach Chr. kennen, ist z. B. in vielen Hinsichten älter als die Sprache der indischen vorchristlichen Vedahymnen, und die heidnische littauisch-lettische Religion ist eine der ältesten indogermanischen Religionen und muss nach neueren Forschern als Vorstufe der alten Vedareligion betrachtet werden1).

Es wäre also vorderhand nicht unmöglich, dass die arabische vorislamische Religion älter als die babylonische wäre, d. h. sie könnte sehr wohl eine ursprünglichere Stufe der gemeinsemitischen Religion sein.

Wie nun die wirkliche Sachlage ist, muss natürlich historisch untersucht werden, aber man darf nicht durch voreilig geschaffene Dogmen den Weg zum richtigen Verständniss sperren.

Die babylonische Religion gleicht auch darin der alten Vedareligion, dass sie ihrem ehrwürdigen Alter zum Trotz dennoch keine primitive Religion ist und deshalb nicht als Grundform der semitischen Religion angesetzt werden kann.

Diese Religion ist nicht einheitlich wie die anderen

1) Siehe W. Mannhardt: Die lettischen Sonnenmythen in Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 7, Berlin 1875. Max Müller: Contributions to the science of Mythologie, vol. 2, London 1897. Lettish Mythology, S. 430-434. E. Siecke: Mythologische Anschauungen der Littauer (Letten) in der Schrift »Götterattribute und sogenannte Symbole, Jena 1909, S. 21-49. [Vgl. auch H. Usener: Litauische Götter in seinen > Götternamen, Bonn 1896, S. 79-115.]

alten semitischen Religionen, sondern aus verschiedenen heterogenen Elementen zusammengesetzt. In anderen semitischen Ländern wohnten Semiten schon von der ältesten historischen Zeit an, aber im fruchtbaren Zweistromland hausten von Alters her fremde Völker, deren Kultur die semitischen Babylonier erbten. Die Schrift der semitischen Babylonier ist nicht semitisch, ihre Kultur, Religion und Sprache nur teilweise semitisch1).

Die Priesterlehre bemüht sich allerdings die verschiedenen heterogenen Elemente in ein System zu sammeln, aber dies ist ein ebenso künstlicher Versuch, wie wenn moderne christliche Theologen die grundverschiedene Religion des Alten und Neuen Testamentes zu einer dogmatischen Einheit zusammenschmelzen wollen. Die babylonische Astrallehre ist ein ähnliches philosophisches Kunstprodukt, sie ist von den Priestern geschaffen und war nicht die Religion des Volkes.

Das System selbst ist auch nicht von innern Disharmonien und Widersprüchen frei geblieben. Was hat, um nur ein Beispiel herauszugreifen, eine Trias wie Anu, En-lil (Bel) und Ea als Himmel-, Luft (Erde)- und Wassergott mit einer Gestirnreligion zu tun, oder wo werden diese Gottheiten sonst auf semitischem Gebiete verehrt? Sie sind alte, nicht-semitische Götter, die selbst bei den Babyloniern und Assyrern in der Praxis keine Rolle spielten. Als alte, heilige Landesgötter wurden sie ins Pantheon aufgenommen, führten hier ein schattenhaftes Dasein und

1) Die Assyrer haben zwar mit der babylonischen Schrift auch die offizielle babylonische Theologie übernommen, aber die assyrische Volksreligion trägt, wie schon Ed. Meyer vor Jahren richtig gesehen hat, ein viel reineres semitisches Gepräge. Siehe Roschers Lexikon der Griechischen und Römischen Mythologie, 1. Bd., Leipzig 18841890, Artikel Astartes, Sp. 649.

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haben ebensowenig wie die alte heilige, sogenannte >>sumerische Priestersprache im Volke gelebt.

Auch nach Ausscheidung solcher protosemitischen oder >> sumerischen Göttergestalten bleiben mehrere Elemente übrig, die zum Grundstock der semitischen Religion oder zum gemein- oder ursemitischen Götterkreis nicht gehören können, da sie nur in Babylonien belegt sind, und nur als Resultat einer hoch entwickelten Sonderkultur zu verstehen sind.

Hierher gehört von allem die Verehrung der 4 Planeten Merkur, Mars, Jupiter und Saturn. Diese Gestirngötter fehlen völlig bei den Südsemiten, und, soweit man jetzt das Material übersehen kann, auch bei den älteren Hebräern, Phöniziern und Aramäern.

Die babylonisch-assyrische Religion ist überhaupt eine hoch entwickelte Kulturreligion, wie man schon aus dem komplizierten Opfer-, Orakel- und Beschwörungswesen ersehen kann1), etwa wie die ägyptische oder altindische Vedareligion, die anderen primitiven semitischen Religionsformen können unmöglich aus ihr erklärt werden.

Man begeht hier denselben Fehler, wie damals als man eine gemeinarische Religion durch das Studium der komplizierten indischen und griechischen Mythologie rekonstruiren wollte. Man hat, wie Tylor treffend gesagt hat, »taken up the study of mythology at the wrong end« *). Im schroffen Gegensatz zur dieser Richtung, die von den ältesten semitischen Denkmälern und von der höchsten semitischen Kultur ausgeht, hat in der neuesten Zeit S. I. Curtiss in Übereinstimmung mit mehr modernen

1) Vgl. M. Jastrow: Die Religion Babyloniens und Assyriens, 2. Bd., Giessen 1912.

2) E. B. Tylor: Primitiv Culture, 1. Edition, 1871, Vol. I, S. 257.

Arbeitsmethoden den Versuch gemacht aus dem heutigen, primitiven Volksleben in entlegenen, von der Kultur ziemlich unberührten, Gegenden von Syrien und Palästina eine ursemitische Religion zu rekonstruieren 1).

Als Korrektiv zum einseitigen Babylonismus hat diese Methode gewiss seine Berechtigung. Ebensowohl und wohl eher als bei den Babyloniern werden sich hier uralte Züge bewahrt haben. Es ist aber, wie schon von anderen bemerkt worden ist, äusserst schwierig und manchmal direkt unmöglich, das ursprüngliche und primitive von der entarteten oder entlehnten zu unterscheiden. Das heutige Volksleben ist eine Quelle, die für das semitische Religionsstudium von grosser Bedeutung werden kann, aber der Maassstab, mit welchem wir hier die wirklich alten und ursemitischen Elemente finden sollen, muss von anderer Seite geholt werden.

Wenn man überhaupt eine bestimmte semitische Religionsform als Typus der ältesten semitischen Religion ansehen will, dann kommt die alte arabische Religion eher in Frage. Denn bei den alten Arabern treffen wir auf allen anderen Punkten, in Kultur, socialen Zuständen, Sprache u. s. w. sehr primitive und von fremder Kultur ziemlich unberührte Zustände. In Arabien sucht man ja auch gewöhnlich die Urheimat der Semiten.

Mit der altarabischen Mythologie hat man aber bisher nicht operieren können, weil man sie nicht gekannt hat. Es ist treffend und bezeichnend, dass Wellhausen sein verdienstvolles Werk über das arabische Heidentum >>Reste arabischen Heidentums « genannt hat, denn einerseits existierten zu Muhammeds Zeit besonders im nord

1) Samuel Ives Curtiss: Primitive Semitic Religion to-day, Chicago 1902. Deutsche Ausgabe, Ursemitische Religion im Volksleben des heutigen Orients, Leipzig 1903, 378 S. 8vo.

westlichen Arabien nur kümmerliche Reste von der ehemaligen Religion des Landes, anderseits geben uns die muslimischen Berichterstatter ein so unvolkommenes und verworrenes Bild von dieser Religion, dass man mit diesen späten und unzulänglichen Quellen die wirkliche altarabische Religion nicht rekonstruieren kann.

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