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lich komplizierten Gebilde. Die Entwicklungsgeschichte der semitischen Muttergöttin, die im Ganzen siebenmal und schon als Naturgottheit dreimal Gestalt wechselt, lässt die entsprechenden Entwicklungsphasen der beiden anderen Gottheiten klarer hervortreten, weil die Göttin eben überall eine deutliche, greifbare Gestalt ist, die von dem qualitativen, nationalen und lokalen Spaltungsprozess (S. 177-182) wenig berührt wird, und weil die verschiedenen Phasen in ihrer Entwicklung ebenso deutlich vorliegen.

So bestätigt ihre Entwicklung von Sonnengöttin zu Venusgöttin, dass der Gottessohn die umgekehrte Entwicklung von Venusgott zu Sonnengott durchgemacht hat (S. 253-255), ohne dass der Vater dabei als Naturgolt Gestalt wechselt, und dass der Gottessohn schliesslich in den Mythen, wo die Muttergöttin als Erdegöttin auftritt, mit der Vegetation der Erde identifiziert wird, während hier der Vater als Himmelsgott gedacht wird.

Im nordsemitischen Kulturkreis sind zahlreiche Reste dieser ursemitischen solaren Muttergöttin erhalten, aber schon in sehr alter Zeit ist sie hier zur Venusgöttin und Erdegöttin geworden, ohne dass dies in wesentlichem Grad ihr Wesen als Muttergöttin beeinflusst. Wichtiger ist, dass sie sich hier wie der Vater und der Sohn von der Naturgottheit zu einem ethischen persönlichen Wesen, zu einer barmherzigen Mutter oder keuschen Jungfrau, verwandelt, die in Dichtung und bildender Kunst vollständig als menschenähnliche Person auftritt, dass sie als eine solche ethische Gestalt in Kleinasien und Karthago sogar als die wichtigste Gottheit erscheint, während in Cypern, Syrien und Babylonien in der ethischen Entwicklung eine

unheilvolle Änderung eintritt, sodass die sittsame Jungfraumutter hier schliesslich eine ausschweifende Hure wird.

In der gewöhnlichen nordsemitischen Naturmythologie ist die Sonne ein Gott gevorden, und das Wort Šamaš » Sonne<< demzufolge männlich. Daneben finden sich aber sporadische Rudimente der ursprüngliehen ursemitischen Auffassung der Sonne als Muttergöttin. Im Hebräischen kommt z. B. relativ häufig neben dem gewöhnlichen männlichen Samas auch eine weibliche Samas vor1). Diese weibliche Samaš ist die ursemitische Muttergöttin wie aus Gen. 399-10 ersichtlich ist. Hier träumt Joseph: >> Mich deuchte, die Sonne und der Mond und elf Sterne neigten sich vor mir.<< Da Joseph elf Brüder hat, liegt das ursemitische Himmelsbild hier deutlich vor. Mond und Sonne als Vater und Mutter, zwölf Sterne als ihre Kinder, entsprechen den zwölf Jakobs-söhnen mit ihrem Vater und ihrer Mutter. So fasst auch Jakob den Traum auf: >>Soll ich und deine Mutter und deine Brüder kommen und vor dir niederfallen?« Der Mond, der bei allen Semiten männlich ist und stets als Vater betrachtet wird, stellt im Traume den Vater Josephs vor, die Sonne seine Mutter, die Sterne seine Brüder, wie bereits Hugo Winckler richtig erkannt hat2).

1) Vgl. Die Statistik von Karl Albrecht: Das Geschlecht der hebräischen Hauptwörter in der Zeitschr. für alttestam. Wissenschaft, 15. Jahrg. 1895, S. 324. Albrecht hat richtig gesehen, dass die weibliche Form hier die ursprüngliche Auffassung darstellt.

2) Vgl. Hugo Winckler: Geschichte Israels, 2. Teil (Völker und Staaten des alten Orients 3), Leipzig 1900, S. 70. >Hier spielt die Anschauung eines andern mythologischen Kreises als des rein babylonischen hinein, der uns vorläufig nur im Südarabischen, Sabäischen, inschriftlich bezeugt ist. . . Das ist auch offenbar das ursprünglichsemitische. Assyrische Belege für eine weibliche Sonne, d. h. für die Sonne als Muttergöttin, führt Winckler in der Fussnote an, weitere hebräische Belege findet man bei Robert Eisler: Jahves Hochzeit

Gewöhnlich finden wir aber hier die Muttergöttin unter dem Namen Ištar-'Aštart in der Gestalt des Venussternes verehrt, wie ja auch diese semitische Göttin bei den Griechen und Römern unter dem Namen AphroditeVenus mit dem Venusstern identifiziert wird. Als solcher wird sie regelmässig neben Mond und Sonne als kunstvoll stilisierter 8-strahliger oder 16-strahliger Stern, manchmal auch einfach durch mehrere sich schneidende Linien dargestellt1). Als Morgenstern ist sie ilat sêrêti »Göttin des Morgens«, als Abendstern ilat simêtân »Göttin des Abends, als grösster Stern sarrat kakkabe »die Königin der Sterne«. Als Venusstern trägt sie im Sumerischen den Namen DIL-BAT, im Semitischen den Namen Ištar. Als Bezeichnung des Planeten Venus ist dieser Name noch in verschiedenen semitischen Dialekten (Mandäisch, Amharisch) erhalten. Ištar ('Astart) ist nämlich der uralte gemeinsemitische Name des Venussternes, genau wie Šams oder Šamas das alte gemeinsemitische Wort für >> Sonne << ist. Aus den verschiedenen Namensformen (Attar, Attar, Istar, 'Astar, 'Astart) ersieht man nicht allein, dass hier eine uralte Gottheit vorliegt, die mit den Semiten von ihrer Urheimat gewandert ist, und deren Namen daher in allen Dialekten die regelrechte semitische Lautverschiebung aufweisst), sondern auch, dass die

mit der Sonne, Hommel-Festschrift, 2. Bd. (Mitteil. der Vorderas. Gesellschaft, 22. Jahrg. 1917), S. 21-70.

1) Vgl. Hugo Prinz: Altorientalische Symbolik, Berlin 1915, Kap. 2, S. 75, 76, 142.

2) So schon Eduard Meyer in Roschers Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, 1. Bd., 1884-1886, Artikel > Astarte Sp. 647-648, und George A. Barton: The semitic Istar cult in der amerikanischen Zeitschrift >Hebraica Vol. 9 No. 3 and 4, April-July 1893, S. 131-165. Vol. 10 No. 1 and 2, October 1893-January 1894, S. 1-74 (§ 16 S. 67). In dieser Abhandlung hat Barton viel wertvolles semitisches und klassisches Material gesammelt.

Identifikation der Muttergöttin mit diesem Stern etwas sekundäres ist. Erst ziemlich spät prägt die neue Mythologie auch die Namensform, indem 'Aštar erst im 1. vorchr. Jahrtausend in Kanaan mit der femininen Endung versehen wird und zu Aštar-t wird. Hätte der Name Ištar-'Astart von Anfang an wie Barton und andere meinen - eine weibliche Gottheit bezeichnet, dann hätte dieser Name wohl auch von Anfang an die weibliche Endung gehabt.

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Abb. 40. Ištar als Mutter Erde. Hinter der sitzenden Göttin ein Stand-
bild der Göttin. Die Pflanzen (Ähren ?) brechen aus ihrem Leib hervor.
Siegelabdruck eines Beamten des Naram-Sin aus Tello.
Nach Eduard Meyer: Sumerier und Semiten, S. 27 (Abhandl. der
Berliner Akademie 1906).

Schliesslich wird die Muttergöttin in dem neuen Weltbild des nördlichen Kulturkreises mit der Erde identifiziert; dies Weltbild, wo die Muttergöttin als Mutter Erde, Ninlil, Ninharšag erscheint, ist in Babylonien schon in der sumerischen Zeit belegt1). Als Mutter Erde, aus deren Leib die Pflanzen emporschiessen (Abb. 40), ist sie vornehmlich die Mutter der irdischen Vegetation, die all

1) Hugo Radau: Bel, the Crist of ancient times, Chicago 1908. I. The babylonian pantheon, S. 19-30.

jährlich stirbt, aber im Frühjahr wieder lebendig wird. Als Mutter der Vegetation ist sie nicht allein 'Umm unkûd » die Mutter der Trauben«, sondern vornehmlich die Mutter

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des Getreides. Wie die griechisch-römische Mutter Erde Demeter-Ceres regelmässig mit Ähren abgebildet wird), so

1) Nach Hugo Gressmann: Altorientalische Texte und Bilder zum Alten Testament, 2. Bd. Bilder, Tübingen 1909, S. 63, Abb. 108: > Die rotbraune, lebensgrosse Kuh besteht aus Sandstein. Kopf, Nacken und Hörner waren ursprünglich mit dünnen Goldplatten bedeckt. Zwischen den Hörnern befindet sich die Sonnenscheibe . . . wie die allerdings schon früh zur Liebesgöttin gewordene Hathor selbst ursprünglich Sonnen- und Himmelsgöttin war.<

2) Vgl. Die Demeter-Bilder in Roschers Lexikon der griechischen und röm. Mythologie, 1. Bd., Artikel Ceres, Sp. 859-862.

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