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In der ganz primitiven menschlichen Gesellschaft wie bei den arabischen Nomaden besteht nur eine Art von Gemeinschaft, die absolut und unverletzlich ist. Für den rohen Menschen zerfallen alle andern Menschen in zwei Klassen solche, denen sein Leben heilig ist und solche, bei denen dies nicht der Fall ist. Die ersteren sind seine Stammesgenossen, die letzteren sind Fremde und Feinde. Hier ist also Gemeinschaft Stammesgemeinschaft, und dies. wiederum dasselbe wie Verwandtschaft. Die religiöse Gemeinschaft besteht hier darin, dass Gott als ein Wesen des gleichen Stammes wie seine Anhänger, in der Regel als Urvater des Stammes gedacht wird. >> Es war demgemäss natürlich, dass die Stammesgenossen und der Stammesgott ihre Gemeinschaft dadurch besiegelten und festigten, dass sie von Zeit zu Zeit zusammenkamen, um ihr gemeinsames Leben durch ein gemeinsames Mahl zu erhalten, zu dem kein Stammesfremder Zutritt hatte<. Dieses Mahl war das Stammesopfer. Wie aber die religiöse Gemeinschaft nicht als eine geistige, sondern als eine rein physische Verwandtschaft gedacht wurde, so ist auch die Speisegemeinschaft eine rein mechanische materielle Verbindung, indem die Verwandtschaft durch das Essen der gleichen materiellen Substanzen gestärkt wird (Kap. 8, S. 208-211)1).

Ausserdem hat aber das Tieropfer, wie R. Smith

1) Aus praktischen Gründen bekommt der Gott dabei stets die flüssige Substanz, beim Schlachtopfer das Blut, denn diese verschwindet in die Erde, so dass man leichter annehmen kann, dass Gott diesen Teil des Opfers verzehrt. Überdies ist Durst für einen Gott eine weniger materielle Begierde als Hunger. In den höher entwickelten Formen des semitischen Kultus hat sich, dem mehr geistigen Charakter der Götter entsprechend, das Brandopfer entwickelt. Hier geht der Anteil Gottes in dem zum Himmel steigenden Rauch und Geruch auf (Gen. 4), und wird in dieser verflüchtigten Form vom Gott angenommen (Kap. 6 S. 173-174, S. 176-178).

im 9. Kapitel ausführt, eine sakramentale mystische Wirkung, indem bei den alten arabischen Nomaden nicht allein der Gott, sondern auch die Haustiere des Stammes, die Kamele oder Schafe, im oben erwähnten Sinne zum Stamme gehörten und als heilig betrachtet wurden. »Das gleiche Blut fliesst nach ihrer Anschauung auch in den Adern des Opfertiers, sodass sein Tod zugleich ein Vergiessen des Stammesbluts und eine Verletzung der Heiligkeit des göttlichen Lebens ist, das jedes Mitglied des heiligen Kreises, menschliche wie vernunftlose Wesen, durchströmt. Trotzdem ist das Schlachten eines solchen Tieres bei festlichen Gelegenheiten erlaubt ja erforderlich, und alle Stammesgenossen haben an dem Genuss des Fleisches Anteil, um dadurch die mystische Einheit unter einander und mit ihrem Gott zu festigen und zu besiegeln«. >> Das Mysterium seines Todes findet seine Rechtfertigung in der Erwägung, dass nur auf diese Weise das heilige Bindemittel gewonnen werden kann, durch das ein Band lebendiger Einheit zwischen den Verehrern und ihrem Gotte geschaffen oder in voller Kraft erhalten werden kann«. Dabei wird das Blut nach der antiken Anschauung der Sitz oder Träger des Lebens — als die eigentliche res sacramenti betrachtet, und im späteren semitischen Sühnritus spielt daher das Blut des Opfers die Hauptrolle (Kap. 9, besonders S. 239, 240, 266).

Die Bedeutung dieser ganzen Beweisführung reicht weit über das semitische Heidentum hinaus. Erstens hat Rob. Smith die ursprüngliche Form des Verhältniss zwischen Gott und Mensch als physische Verwandtschaft richtig erkannt, eine Beobachtung, die nicht allein für das Verständniss des semitischen Opferwesen sondern auch für die Erforschung der Natur der semitischen Götter von fundamentaler Bedeutung ist.

Weiter hat dieser Forscher, indem er das semitische

Opfer als eine Institution erklärt, die auf diese Verwandtschaft basiert ist, die grundlegende Ideen des semitischen Opfers blossgelegt. Wir gewinnen dadurch eine treffende Erklärung der vielen Rätsel im komplizierten späteren nordsemitischen, besonders im hebräischen, Opferritual1), und die semitischen Opferriten werden auf eine Grundlage zurückgeführt die mit anderen primitiven Religionen gemeinsam ist2).

Endlich stossen wir in diesem Milieu und das ist unstreitbar das wichtigste Resultat der ganzen Untersuchung - auf die historischen Wurzeln der wichtigsten Elemente des christlichen Kultus und der christlichen Götterlehre. Man sucht ja in neuerer Zeit eifrig nach einer religionshistorischen Basis der jüdischen und christlichen Religion und ist gewöhnlich geneigt die Wurzel des Christentums im späteren Judentum und die Grundlage des Judentums, nach der in Kap. 1 geschilderten babylonistischen Tendenz, in der babylonischen Religion zu suchen.

1) Hier werden die äusseren mechanischen Mittel, womit der unkultivierte primitive Naturmensch die Götter günstig stimmen will, durch eine Fülle von juristischen Detailgesetzen weiter ausgeformt. Wenn man das altsemitische Opfer als ein gemeinschaftliches Mahl mit Gott bestimmen kann, so ist das jüdische Opferritual ein detailliertes Kochbuch für die Wahl und Zubereitung des Essens Gottes und des Essens der Menschen. Das Blut ist heilig als Essen Gottes; so versteht man die sühnende Kraft des Blutes und das Gebot, dass die Menschen kein Blut essen dürfen.

2) Man vergl. die Ausführungen H. Useners in seiner Abhandlung >> Mythologie, Archiv für Rel.wissensch. 7. Bd., 1904, S. 15-20, wo Usener richtig das sakramentale Wesen des primitiven Opfers erkannt hat. Vgl. auch Frazer: The Golden Bough, 3. edit., Part 1. The magic Art, London 1911, Chap. 4, Magic and religion, S. 220-243, und Söderbloms richtige Bemerkungen über Religion und Magie: Das Werden des Gottesglaubens. Deutsche Bearbeitung, Leipzig 1916, Kap. 5, S. 186-223.

Wenn es sich hier um das christliche Opfer und die christliche Opferlehre handelt, so hat das Christentum wenn man mit diesem Wort die von Jesus gepredigte Religion versteht zunächst nichts mit Opfern und dergleichen äusseren Handlungen zu tun. Jesus Lehre kann in dem Wort eines anderen grossen jüdischen Propheten zusammengefasst werden: Hesed hafaști we lo zebaḥ. »An Liebe habe ich Wohlgefallen und nicht an Opfer« (Hos. 66). Im echten geistigen Christentum ist für das Opfer kein Platz. Anschluss an die hebräische Opferlehre wird aber dadurch gewonnen, dass der Tod Jesus als ein abschliessendes und endgiltiges zebaḥ, blutiges Opfer, betrachtet wird. Ferner wird in der christlichen Dogmatik wie schon in der altchristlichen und neutestamentlichen Literatur, besonders im sogenannten Hebräerbrief (Kap. 9-11), dieses zebaḥ als ein Sünd- oder Sühnopfer (hatta'at ašam)1) erklärt, ein stellvertretendes Opfer, wo Jesus als das Opferlamm die Sünde der Welt trägt (Joh. 1 29). Endlich lässt ein solches stellvertretendes Sühnopfer sich auch wirklich in den babylonischen Inschriften belegen*), sodass die Sache also scheinbar in der schönsten Ordnung ist.

In Wirklichkeit sind aber die babylonischen Sühnopfer nur bemerkenswerte Parallelen zu den hebräischen, sie zeigen, dass ähnliche Ideen auch bei den übrigen

1) Vgl. J. Wellhausen: Prolegomena zur Geschichte Israels. 6. Ausgabe, Berlin 1905. A. Geschichte des Kultus, Kap. 2, Die Opfer, S. 71-74.

2) H. Zimmern: Die Keilinschrift. u. das Alte Testament. 3. Aufl., Berlin 1903, S. 596-597, S. 601-602. Keilinschriften und Bibel, ibid. 1903, S. 27-28. A. Jeremias: Das Alte Testament im Lichte des Alten Orients, 2. Aufl., Leipzig 1906, S. 431. Julian Morgenstern: The Doctrine of Sin in the Babylonian Religion, Mitteil. der Vorderas. Gesellsch., 10. Jahrg. 1905, Heft 3; vgl. Otto Schmitz: Die Opferanschauung des späteren Judentums, Tübingen 1910, S. 38-40.

Nordsemiten schon in sehr alter Zeit vorhanden waren 1). Der Ursprung des Sühnopfers wird dadurch nicht erklärt, es wird nur verständlich als ein sekundäres späteres Glied der vielen Phasen des über mehrere Jahrtausend sich erstreckendes semitischen Opferwesens, das »in gerader Linie aus dem alten Ritual der im Opfer dargestellten Gemeinschaft zwischen den Verehrern und ihrem Gotte entwickelt ist (Kap. 9, S. 270, vgl. Kap. 11: Der Ursprung der Sühnopfer, S. 307-310).

Das stellvertretende Sühn- und Sündopfer ist kein neues Opfer, sondern nur eine neue Deutung des alten Rituals. Die alte Deutung, dass das Leben eines heiligen Tieres dazu dienen muss, um die Lebensgemeinschaft zwischen dem Gott und seinen Verehrern wieder anzuknüpfen kam nicht mehr zur Geltung, als die Verwandtschaft zwischen Menschengeschlechtern und Tierarten vergessen war. Man musste eine neue Erklärung suchen; dafür lag nichts näher als der Gedanke, dass sich die Sünde der Gemeinschaft auf das Opfer konzentriere, und dass sein Tod als ein der göttlichen Gerechtigkeit gebrachtes Opfer angenommen werde. Diese Erklärung war natürlich und fand offenbar eine weite Verbreitung, wiewohl sie kaum ein formales Dogma wurde; denn die alte Religion kannte keine offiziellen Dogmen, sondern begnügte sich damit, die alten Riten auszuüben und überliess es jedem, sie zu erklären, wie er wollte« (Kap. 11, S. 324).

Die Lehre von der Stellvertretung, die satisfactio vicaria, ist also was man gewöhnlich eine ätiologische Er

1) Unter den heutigen primitiven Nordsemiten will Curtiss viele Belege dafür gesammelt haben, dass die Vorstellung vom stellvertretenden Tode bei den Ursemiten weit verbreitet war, Ursemitische Religion, Leipzig 1903, Kap. 24, Die Bedeutung des Opfers, S. 252 -261, S. 259, vgl. auch Kap. 23, Das Aussöhnungsopfer, S. 244–251.

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