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obgleich die Naturforscher die natürlichen Ursachen der Entstehung des Regenbogens recht wohl kennen, weil Gott den Regenbogen zu einem solchen Zeichen gemacht und demselben jene Bedeutung gegeben hat: so sind und blei ben auch alle Sonnen- und Mondfinsternisse und alle andern seltsamen Himmelserschei= nungen, ja, selbst das greuliche Brausen des Meeres unwidersprechlich gewisse Zeichen des jüngsten Tages, mag man immerhin die na türlichen Ursachen dieser Erscheinungen nach weisen können, weil Christus dieselben zu Vorzeichen des jüngsten Tages gemacht und denselben diese Bedeutung gegeben hat. Wie jedes wiederkehrende leibliche Unwohlsein eines Menschen ihm wieder und immer wieder zu ruft: Bestelle dein Haus, du mußt sterben!" so haben auch alle jene in allen Jahrhunderten wiederkehrenden Zeichen der ganzen Welt wie der und immer wieder zugerufen: Bald wird, o Welt, auch deine lezte Stunde schlagen!

Was kann also thörichter sein als hören, wie Gott nun schon seit achtzehnhundert Jahren fort und fort durch Creaturen über uns und neben uns und unter uns wie mit Posaunenton das nahe Ende aller Dinge verkündigt, und dennoch ruhig, sicher und sorglos bleiben und sagen: „Mein Herr kommt noch lange nicht"? Vor solcher Sicherheit bewahre uns der HErr in Gnaden!

Mel: Auf meinen lieben Gott.

Die Zeit ist nunmehr nah,
HErr JEju, du bist da!
Die Zeichen, die den Leuten
Dein Ankunft jollen deuten,
Die sind, wie wir gesehen,
In großer Zahl geschehen.
Doch du weißt deine Zeit,
Mir ziemt nur, stets bereit
Und fröhlich da zu stehen
Und so einher zu gehen,
Daß alle Stund und Tage
Mein Herz mich zu dir trage.
Dies gib, HErr, und verleih,
Auf daß dein Huld und Treu
Ohn Unterlaß mich wecke,

Daß mich dein Tag nicht schrecke,
Da unser Schreck auf Erden

Soll Fried und Freude werden. Amen.

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In diesen Worten warnt Christus die Christen, daß sie sich nicht in das Wesen der leßten Welt hineinziehen lassen, welches theils in sicherem, sorglosem, üppigem Leben, in Fressen, Saufen und Schwelgen, theils in Sorgen, Geizen und Sichabmühen um das Zeitliche bestehen werde.

Halten wir nun den Zustand der Welt in unsern Tagen gegen dieses Bild, welches die heilige Schrift von dem Zustand der Welt in der Zeit kurz vor dem jüngsten Tage entwirft, können wir dann auch nur noch einen Augenblick zweifeln, daß wir in der lezten Zeit leben? Es ist kein Zweifel, der Feigenbaum hat Blätter und Blüthen gewonnen; die heiße Sonnengluth des jüngsten Tages naht. Wir können es nicht leugnen, mögen wir nun hierbei auf die Lehre oder auf das Leben sehen. Was die Lehre betrifft, so wird zwar auch jezt, wie Christus verkündigt hat, das Evangelium vom Reich unter allen Völkern gepredigt, aber dabei offenbart sich unter der Christenheit selbst der voraus gesagte große Abfall, einestheils zum Pabstthum, anderntheils zum offenbarsten Unglauben. Denn jezt von den vielen schwärmerischen Secten und von der Religionsmengerei unserer Tage zu geschweigen, so sind ganze Heere von getauften Spöttern und Lästerern jezt aufgestanden, die die ganze Religion unter dem Deckmantel des Fortschritts und der Aufklärung umzustürzen trachten und alle heiligen geheimnißvollen Lehren und Stiftungen Christi als Aberglauben verwerfen, mit Bibel, Gott, Christus, Himmel und Hölle nur Scherz treiben und des Glau= bens an einen jüngsten Tag nur lachen und spotten. Was hingegen das Leben betrifft, so leben jezt die meisten nach dem Grundsay: Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir todt. Alle Sünden gehen ganz offenbar im Schwange, als gäbe es keinen Gott

mehr, vor dem sich der Mensch fürchten, und kein Gericht, vor welchem der Mensch einst erscheinen und Rechenschaft geben muß. Man hat seiner Sünden kein Hehl, rühmt sich derselben, und trägt Leid, daß man es nicht ärger machen könne. Wie zur Zeit der Sündfluth und des Untergangs der Städte Sodom und Gomorrha geht alles in tiefster Sicherheit und Sorglosigkeit dahin, und trachtet nur darnach, Geld zu sammeln, Häuser zu bauen und die Welt zu genießen; und treten hie und da noch Zeugen für die Wahrheit auf, die Gottes Drohungen, Zorn, Strafe, Gericht und Hölle verkündigen, so ist es den meisten, wie den Einwohnern zu Sodom, nur lächerlich. Immer mehr Gesellschaften bilden sich, die den Zweck haben, alle christliche Zucht und Ordnung auf zuheben, die Kinder wider die Eltern, die Bür ger wider die Obrigkeit, die Zuhörer wider die Lehrer, und die Armen wider die Reichen auf zuheben; ja, man entblödet sich jezt nicht, selbst die Ordnung der Ehe zu verlästern und Hurerei, Ehebruch und alle andern Sünden für erlaubt zu erklären.

Wer aus diesem allem nicht sieht, daß wir jezt auf die Hefe der Weltzeit gekommen sind, wahrlich! der muß schon selbst von dem Taumelkelch dieser leßten, schändlichen Zeit ge trunken haben und davon trunken geworden sein.

Wie? dürfen wir also sicher sein? Owahr lich nicht! Himmel und Erde rufen uns wie mit Donnerstimme allenthalben zu:,,Der Richter ist vor der Thür", und Satan selbst läutet mit allen Glocken zum lezten Aufruhr der Menschheit wider ihren Schöpfer: o laßt uns darum nicht schlafen, sondern uns rüsten, daß wir bereit sein, wenn JEsus Christus kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Todten, ihn mit Freuden zu empfahen.

Mel.: Vater unser im Himmelreich.
JEsu Christe, der du mich
Aus Finsterniß so gnädiglich
Berufen hast zu deinem Licht,
Hilf, daß ich mich gleich stelle nicht
Dem Wesen diejer argen Welt,
Die ganz mit Bosheit ist vergällt.

Verleih, daß ich aus aller Macht
Die Welt mit ihrer Luft veracht
Und trachte stets nach deinem Reich,
Da ich werd sein den Engeln gleich,
Da man dein auserwählten Kind
In höchster Freud beisammen findt. Amen,

Dienstag.

Luc. 21, 35. 36. Denn wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf Erden wohnen. So

seid nun wacker allezeit, und betet, daß ihr würdig werden möget, zu entfliehen diesem allem, das ge= schehen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn.

Meldete Gott den jüngsten Tag den Menschen auch nur einen Tag, ja, nur eine Stunde vorher an, so möchte wohl mancher meinen, er könne es wohl wagen, bis auf diese Meldung mit seiner Befehrung und Vorbereitung zu warten; er könnte sich damit trösten, daß er in der kurzen ihm vorher gesezten Gnadenfrist sich doch noch zu Gott bekehren und sich seine Gnade da noch erbitten und erseufzen könne, denn Gott sei ja ein barmherziger Gott.

Aber Gott hat uns Menschen diesen falschen Trost abgeschnitten; der jüngste Tag wird unversehener und plößlicher kommen als bei den meisten Menschen der Tod. Kein besonderes Uebelbefinden, keine Krankheit, keine Altersschwäche, kurz, nichts wird ihn anmelden, was ihn nicht schon längst angemeldet hätte. Er wird kommen unangemeldet wie ein Dieb in der Nacht, plößlich wie ein Bliz aus heiterem Himmel, und, wie es in unserm Terte heißt, ungeahnt,,wie ein Fallstrick", und zwar über alle, die auf Erden wohnen"; selbst die Frommen werden also darüber keinen Wink erhalten haben.

Wie nämlich der Jäger den Fallstrick für das Wild, das er fangen will, im Verborgenen zurecht legt und jedes Geräusch, das seine Nähe verrathen könnte, ängstlich vermeidet; wie er hierauf, während das Wild sorglos und fröhlich im Grase weidet, schnell und plößlich aus dem Dickicht heraus bricht und ihm den Fallstrick an Hals und Füße wirft, das zitternde und bebende Wild sich plötzlich gebunden und

gefangen sieht, sich nicht mehr regen kann und eilends hinweggeschleppt wird, um mit dem scharfen blinkenden Stahl den Todesstoß zu empfangen: so rüstet Gott auch im Verborge nen seinen jüngsten Tag für die sichere Welt zu, und läßt keine menschliche Seele, ja, keinen Engel und keine Creatur den Augenblick wissen, wenn er hervorbrechen will. Schon schwebt dieser große schreckliche Tag über der Welt, aber niemand im Himmel und auf Erden ahnt den Tag des erschrecklichen Ereignisses.

Der verhängnißvolle Tag bricht an, aber die Welt, in Sünden schlafend, wird auch an diesem Tage dahin leben, wie sie immer dahin gelebt hat: in Essen und Trinken, in Freien und sich freien lassen, in Kaufen und Verkaufen, in Bauen und Pflanzen, in Lachen und Scherzen, in Spotten und Lästern. Da wird die Welt noch immer zu den Gläubigen jagen: Schweig mir von deinem jüngsten Tage, von deiner Hölle und von deinem Gericht, das alles sind Possen, Schreckbilder, von Pfaffen ersonnen, um Kinder und Weiber zu schrecken." Aber siehe! - während sie noch so spotten, während sie noch saufen und fressen, huren und buben, und lachend und scherzend die Sünde frevelnd begehen da thut sich urplößlich der Himmel auf, und JEsus Christus, angethan mit allen Schrecken eines Weltrichters, erscheint auf der Wolke des Himmels; tausendmal tausend Engel umgeben ihn mit flammenden Schwertern; der Erzengel stößt in die Posaune, und wie tausend Gewitter durchdonnert ihr schmetternder Ton die bebende Schöpfung. Die Todten stehen auf; alle Welt zittert und zagt; die Feinde Christi fühlen schon die ihrer wartende Verdammniß in ihren Herzen, und ihr Geheul erfüllt Himmel und Erde, und nur die Schaar der Frommen singt jubelnd bei dem Erblicken ihres Heilandes ein millionenstimmiges Halleluja voll seligen Entzückens.

Da wird für die noch Unbekehrten keine Zeit sein, sich noch zu befehren; denn die Gnadenzeit ist nun mit der Erscheinung des Richters zu Ende. Gottes Zorn lagert sich in dem Augenblicke wie Berge auf die Seelen

aller, die sich auf den Tag des Zornes nicht mit wahrer Buße bereiteten. Da werden nun diese alle über sich selbst Wehe und Zeter schreien; den Tag ihrer Geburt verfluchen; entfliehen wollen, und nicht entfliehen können; sich verstecken wollen, und sich nicht verstecken können; fruchtlos wird ihr Jammergeschrei verhallen: Ihr Berge und Felsen fallet auf uns, und verberget uns vor dem Angesicht deß, der auf dem Stuhl sigt, und vor dem Zorn des Lammes. Denn es ist gekommen. der große Tag seines Zornes, und wer kann bestehen?" Krachend stürzt endlich nach abgehaltenem Gericht das Weltgebäude zusammen; die Hölle rauscht daher, öffnet ihren feurigen Rachen und verschlingt nun auf ewig alle ihre Kinder.

Diese schreckliche Scene können wir noch. heute, noch diese Stunde erleben. Auf denn, lasset uns eilends durch den Glauben in das Zoar der Wunden JEsu Christi fliehen. Und da lasset uns bleiben, und dann „wacker sein allezeit, und beten, daß wir würdig werden mögen, zu entfliehen diesem allem, das geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen. Sohn".

Mel.: Es ist gewißlich an der Zeit.

Auf dein Zukunft, HErr JEsu Christ,
Hoffen wir alle Stunden;

Der jüngste Tag nicht fern mehr ist,
Dran werden wir entbunden.
Hilf nur, daß wir fein wacker sein,
Wenn du mit deinen Engelein
Zu dem Gericht wirst fommen. Amen.

Mittwoch.

1 Moj. 3, 15.: Und ich will Feindschaft sehen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.

Moses erzählt uns: Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbilde. Wie das Kind seinen Vater liebt und ein argloses, herzliches Zutrauen zu ihm hegt, so wandelte auch der Mensch vor dem Angesichte seines Gottes und

Schöpfers, als vor seinem lieben Vater. Aber was ihm auch endlich gelang; furchtbar war ach! der Mensch fiel, verführt vom Satan, der der Fersenstich der höllischen Schlange, den sich ihm in der Gestalt einer Schlange näherte, Christus empfinden mußte; nach erduldeten in die Sünde. Dadurch gerieth der Mensch | Faustschlägen, Verspottung, Verspeiung, Dorin das Reich des Satans, in welchem Feind- nenfrönung und Geißelung mußte er endlich, schaft wider Gott und alles Göttliche alle Glie- durchbohrt an Händen und Füßen, sein Blut der regiert. am Kreuze vergießen. Doch zeigte es sich auch an Christo, daß die Schlange ihn nur in die Ferse gestochen habe, daß nur seine menschliche Natur den Tod erleiden konnte, denn der Tod konnte Christum nicht halten; nach dreien Tagen waren alle seine Wunden wieder geheilt.

Der Mensch hatte Gott verlassen, und ob er gleich dadurch in großes Elend, in Blind heit, Scham und Schande gefallen war, so hatte er doch kein Verlangen, zu Gott wieder zurückzukehren. Was Gott gedrohet hatte, war geschehen; da der Mensch wider Gottes Gebot gehandelt hatte, so war von Stund an nicht nur sein Leib sterblich geworden, sondern auch seine Seele des geistlichen Todes gestorben.

Doch wendete Gott dem Menschen sein Antlig wieder erbarmungsvoll zu. Er erschien in sichtbarer Gestalt wieder in dem Paradiese, und voll Furcht und Entsezen nahten nun die ersten Menschen wieder ihrem sie zurückrufenden Schöpfer. Als dieser aber ihnen ihren Fall vorgehalten hatte, wendete er sich zu der Schlange, unter deren Gestalt der Satan noch gegenwärtig war, und sprach zu ihr: „Ich will Feindschaft sezen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten; und du wirst ihn in die Ferse stechen."

Wer ist es nun, an dem jene Verheißung in Erfüllung gegangen ist? Es ist JEsus Christus; dieser ist der verheißene Weibessame, denn er hat keinen menschlichen Vater, sondern allein eine menschliche Mutter gehabt, nämlich die heilige, holdselige, gebene deite Jungfrau Maria, die ihn empfing durch Ueberschattung des Heiligen Geistes. Und JEsu Christo ist es bald frühzeitig offenbar worden, daß die höllische Schlange ihm nach schleiche. Kaum war er geboren, so gab der Satan es dem Herodes ein, ihn zu tödten; und sobald er auftrat, das Volk zu lehren, wie hezte da der böse Feind geistliche und welt liche Macht, die Pharisäer und Schriftgelehrten, Herodes und Pilatus und das ganze jüdische Volk zusammen, Christum zu tödten,

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Aber bei diesem allem ist auch an Christo die verheißene Zertretung des Schlangenkopfes erfüllt worden. Durch seine Menschwerdung betrat Christus den Kampfplay wider des Satans Macht; durch sein ganzes Leben, sein Predigen und seine Wunder griff er den Satan immer ernstlicher an; durch sein Leiden und Sterben, in welchem die höllische Schlange ihre giftigen, scharfen Zähne tief in seine Ferse sezte, zertrat er ihr endlich gänzlich den Kopf, indem Christus hierbei, als das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, sich schlachten und opfern ließ, dadurch die Strafen der menschlichen Sünden abbüßte, der Gerechtigkeit Gottes ein völliges Genüge leistete, und so alle Anklagen des Satans wider die gefallenen Menschen zu Schanden machte, sein Reich zerstörte und alle Bande des Todes und der Ver= dammniß für die Menschen zerriß. Durch seine Höllenfahrt, Auferstehung und Himmelfahrt aber feierte Christus endlich einen öffentlichen Triumph über den größten Feind des menschlichen Geschlechts und band ihn mit ewigen Banden der Finsterniß.

So ist es denn kein Zweifel, JEsus Christus ist es allein, und kein anderer, durch welchen jene erste Verheißung eines Weltheilandes in Erfüllung gegangen ist; denn er allein war der Same des Weibes oder, wie Jesaias ihn nennt, der Sohn der Jungfrau; er hat allein den Fersenstich der höllischen Schlange recht fühlen müssen; aber auch er allein hat ihr mit seinem Leben, Leiden und Sterben und durch seine glorreiche Auferstehung den Kopf auf immer zertreten.

Mel.: Nun komm der Heiden Heiland.

JEsu, tröste meinen Sinn,
Weil ich schwach und blöde bin,
und des Satans ichlaue Lift
Sich zu hoch an mir vermißt.

Tritt den Schlangenkopf entzwei,
Daß ich, aller Aengsten frei,
Dir im Glauben um und an
Selig bleibe zugethan. Amen.

Donnerstag.

Eph. 5, 14. Wache auf, der du schläfft, und stehe auf von den Todten, so wird dich Christus erleuchten.

Wie ein leiblich Schlafender nichts von der sichtbaren Sonne weiß, die bereits über ihm aufgegangen ist und ihre Strahlen in sein Schlafgemach wirft; wie er nichts von der Gefahr ahnt, in der er schweben mag, und weder das Böse noch das Gute wahrnimmt, das ihn umgibt; wie er aber, nur von nich tigen Traumbildern umgaukelt, bald ergößt, bald erschreckt wird; wie er nämlich bald von großem Glück, Reichthum und Ehren, bald von schwerem Unglück träumt, während weder: das eine, noch das andere Wirklichkeit hat: ähnlich ist im Geistlichen der Zustand aller Menschen, ehe sie das Gnadenwunder erfah ren haben, durch Gottes Wort und Geist um gewandelt worden zu sein.

Alle natürlichen Menschen liegen nämlich in einem tiefen geistlichen Schlafe. Sie erfahren nichts von dem alles erleuchtenden Lichte der bereits über ihnen aufgegangenen Sonne des Evangeliums. Die größte Anzahl der selben achtet vielmehr dieses himmlische Licht für Finsterniß, hält die göttliche Weisheit, die sie selig machen will, für Thorheit, ja, wüthet und tobt wohl gar dagegen, als gegen das furchtbarste Hinderniß des wahren menschlichen Glückes. Andere hingegen hören das Evangelium wohl noch, aber während es ihr leibliches Ohr hört, bleibt das Ohr ihres Gei stes dafür fest verschlossen. Sie sind jenen besonders gefährlich Kranken gleich, die bei offe nen Augen schlafen. Sie lassen sich von dem Licht des Evangeliums mit seinen himmlischen

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Strahlen beleuchten, aber ihr Verstand und ihr Herz bleiben unerleuchtet. Sie kommen nicht weiter, als bis zu einem kraftlosen historischen Wissen, zu einer unfruchtbaren buchstäblichen Erkenntniß, zu einem todten, nur im Kopfe befindlichen Glauben.

Sie lernen daher auch nie die Gefahr kennen, in der ihre Seele von Natur schwebt, ewig verloren zu gehen. Sie kommen nie zur Erkenntniß ihres großen natürlichen Verderbens. Sie sehen es nie ein, daß ihr natürlicher Sinn ein fleischlicher und daher nichts als eine Feindschaft wider Gott sei. Sie lernen das Böse von dem Guten, das Wichtige von dem Nichtigen, das Glück von dem Unglück nie recht unterscheiden. Sie erfahren es aber auch nie, welche große Gnade es für sie sei, daß Christus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen; JEsus wird in ihrem Herzen nie groß, herrlich, überschwänglich tröstlich, nie ihr Ein und Alles. Die Welt, und was die Welt einem Menschen verschaffen kann — das bleibt ihr höchstes Gut, um das sie vor allem täglich sorgen, darnach sie täglich am ersten trachten. Zu einem entschiedenen Haß der Sünde, auch ihrer Schooßsünde, und zu einer lebendigen Einsicht, daß die Welt mit allem, was sie enthält, und was der Mensch darin erstreben und gewinnen kann, nichts ist, kurz, zu der Weisheit Salomos: „Es ist alles eitel, es ist alles ganz eitel" - dazu kommen. sie nicht.

Ihr ganzes Leben bringen sie wie im Traume zu. Sie schlafen, und meinen doch zu wachen; sie sind todt, und meinen doch zu leben. Sie sind in einer steten Täuschung begriffen. Wenn sie Gott im Irdischen segnet, um sie durch seine Güte zur Buße zu leiten, so nehmen sie diese Güte für ein Zeichen ihres Gnadenstandes an und werden nur um fɔ sicherer; wenn ihnen Gott hingegen Noth und Jammer schickt, um sie von der Erde loszureißen und zu sich zu ziehen, so fangen sie an, mit Gott zu hadern und Gott um so feinder zu werden, als einem Ungerechten, der ihnen Härteres auflege, als sie verdienen.

Ach unselig ist der Mensch, welcher aus diesem natürlichen geistlichen Schlafe nicht

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