Schuhmacher sollst du und Schäftemacher1 nur für dich selber sein; ist schlecht der Schuh und der Schaft nicht geraten, 126. Ich rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! 127. Ich rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! nimmer finde Gefallen am Bösen, 128. Ich rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! 129. Ich rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! verheiße ihr Schönes und halte dein Wort: 130.,,Jch rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! vorsichtig sei, doch furchtsam nicht, beim Weinkrug zumeist und beim Weibe des andern, als drittes nenn' ich der Diebe List. 1 Schäftemacher, d. h. Verfertiger von Speerschäften. 131. Ich rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! du hast Vorteil, wenn du ihm folgst, du hast Nugen, nimmst du ihn an: Fremde sollst du und Fahrende niemals behandeln mit Hohn und Spott. 132.,,Selten erfaßt, wer da sizt im Hause, völlig des Fremden Art: so gut ist kein Mann, daß er ganz ohne Fehl sei, noch so schlecht, daß er nüße zu nichts. 133.ch rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! du hast Vorteil, wenn du ihm folgst, du hast Nuzen, nimmst du ihn an: nicht höhne den Sänger, dem das Haar ergraut ist, Rätliches kommt oft aus runzligem Balg1, zwischen Fellen flattert im Wind 2 und bei Leder und Labmagen schwankt. 134. Ich rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! du hast Vorteil, wenn du ihm folgst, du hast Nußen, nimmst du ihn an: aus dem Thor nicht scheltend treibe den Fremden, bedenke den Dürftigen gern. 135.,,Der Riegel muß stark sein, der rastlos sich dreht und allen Einlaß gewährt; gewähr' einen Ring ihm, oder er wünschet 136. Ich rate dir, Loddfafnir, den Rat befolge! du hast Nuzen, nimmst du ihn an: 1 Der von Falten umgebene Mund eines Greises wird mit einer getrockneten Tierhaut verglichen. 2 Die Labmagen der Kälber werden in Island noch heute in der Küche aufgehängt, um, wenn sie getrocknet und durchräuchert sind, zur Molkenbereitung verwendet zu werden. 3 Diese Strophe warnt vor allzu großer Freigebigkeit. Ein Riegel, der sich allzu oft den Dürftigen öffnet, geht entzwei, daher muß man dafür sorgen, daß er auch durch einen Ring geschlossen werden kann (d. H. man muß auch eine Gabe versagen können). tranfst du dir Bierrausch, so bann' ihn durch Erdkraft1, und Feuer nimmt Siechtum, die Ähre Bezaub'rung, der Mond die Tobsucht, die Runen Vergiftung] das Feld zieht Feuchtigkeit ein." 137 Nun find Hars Sprüche in der Halle gesprochen, nüßlich den Söhnen der Menschen, Heil ihm, der sie sprach! unnütz den Söhnen der Riesen. Heil ihm, der sie kennt! Nüße sie, wer sie vernahm! V. 138. Ich weiß, daß ich hing neun Nächte hindurch, am windbewegten Baum verwundet vom Speer, geweiht dem Odin, ich selber mir selbst, [an dem mächtigen Baum, von dem Menschen nicht wissen, aus welchen Wurzeln er wuchs.] 139. Man bot mir kein Horn noch Brot zur Labung, nach unten spähte mein Aug', ächzend hob ich, hob aufwärts die Runen, zu Boden fiel ich alsbald. 140. [Bestlas Bruder, des Bolthorn Sohn, lehrte mich wirksamer Weisen neun, 1 Das Mittel, den Rausch dadurch zu bannen, daß man an Erde riecht, soll auch in Deutschland bekannt sein. geile 9 schließt sich unmittelbar an Zeile 4 an; 3. 5-8, die verschiedene Mittel aus der volkstümlichen Heilkunde zusammenstellen, sind ein späterer Zusaß. 2 Um die Runen zu erfinden und durch sie geheimer Weisheit mächtig zu werden, opferte sich Odin selbst, indem er an der Weltesche sich aufhängte und mit dem Speer sich verwundete. Daher heißt die Eiche Yggdrasil, d. h.,,Yggs (Ygg, der Schreckliche" = Odin) Roß“, wie der Galgen in einer skaldischen Dichtung einmal das Pferd des Geliebten der Signy" genannt wird (da König Sigar den Hagbard, der ein Liebesverhältnis mit seiner Tochter Signy unterhielt, aufhängen ließ). Die Art, wie Odin sich selbst opferte, ist auch sonst bezeugt: nach der Gautrekssaga C. 7 opferte Starkad dem Odin den König Wikar, indem er ihn mit einem Speere durchstieß und an einer Fichte aufhängte. Zeile 5, 6 sind ein Zusaß aus Fjolsvinnsmól 14. 3 Diese Strophe ist eine Interpolation, welche die Erzählung von Odins Selbstopferung störend unterbricht: sie stammt aus einem Liede, das von der Gewinnung des Dichtermets handelte (s zu Str. 103 fg.). 4 Bolthorn (d. h. „der Dorn des Unheils“), Bestias Vater ist der Groß und den Trank erlangt' ich des trefflichen Metes, aus Odrerirs1 Inhalt geschöpft.] 141. Zu gedeihn begann ich und bedacht zu werden, ein Wort fand mir das andere Wort, 142. 2Runen wirst du finden, geratene Stäbe, Stäbe voll Stärke, Stäbe voll Heilkraft, von dem Fürsten der Sänger gefärbt3, von mächtigen Göttern gemacht; es rizte sie Ragna - Hropt 4, 5bei den Asen Odin, bei den Elben Daïn, im Reiche der Zwerge Dwalin, bei den Riesen Alswinn®, einige rihte auch ich. 144. Jm Unmaß opfern ist ärger als gar nicht beten, Gabe schielt stets nach Entgelt; vater Odins, vgl Gylfag. C. 6 Einen Sohn des Bolthorn kennen die übrigen Quellen nicht, doch ist die Vermutung Rydbergs, daß Mimir dieser Sohn gewesen sei, sehr ansprechend. Mimir wäre demnach der Oheim Odins, und die Zauberlieder, die dieser von Mimir lernte, sezten ihn nach unserer Strophe in den Stand, den Dichtermet zu erlangen. 1 Odrerir, s. oben zu Str. 106. 2 Ist ein Fragment, das aus einem andern Liede hierher geraten ist. 3 Gefärbt. Es bezeugt, daß die eingerigten Runen mit roter Farbe ausgefüllt wurden, bei zauberischer Verwendung der Runen auch mit Blut (Grettissaga C. 81). Vgl. Str. 1432, 1563 und Guþrúnarkviþa I (Nr. 29) Str. 23. 4 Ragna-Hropt (d. h. „der Gott der Götter") Odin 5 6-8 enthalten einen jüngern Zusaß; über Daïn und Dwalin f. zu Grimn. 33. 6 Alfwinn (,,der vollkommen Weis.") kommt als Riesenname sonst nicht vor, 7 Str. 143 und 144 sind wieder als ein besonderes Bruchstück anzusehen. verschwendet ist schlimmer als nicht geschlachtet So rizte Thund1 in den Tagen der Vorzeit, dort, wo er heimkam, erhob er sich wieder. VI. 145. Ich weiß die Sprüche, die kein Weib des Königs und kein Menschenkind kennt: der erste heißt Hilfe, zu helfen vermag er wider Kummer und Kränkung und jegliche Not. 146. Einen zweiten kenn' ich, zuträglich den Menschen, die üben des Arztes Amt 147. Einen dritten kenn' ich, ist dringend der Anlaß, stumpf mach' ich den Stahl meiner Gegner 2, 148. Einen vierten kenn' ich, wenn der Feind mir legt an die biegsamen Glieder ein Band: ich murmle den Zauber, vermag zu schreiten, 149. Einen fünften kenn' ich, wenn vom Feind geschossen ein Pfeil in die mag hurtig er fliegen, Volksschar fährt: ich hemm' ihn im Flug, sobald ihn mein Auge ereilt. 150. Einen sechsten kenn' ich, versehrt mich ein Krieger durch Wurzeln von weichem Holz*: diesen Helden, der der Haß mir erregt, 2 Daß zauberkundige Menschen (besonders Berserker) die Waffen ihrer Gegner stumpf zu machen verstanden, wird oft in den Sagas erzählt. 3 Der Zauber, durch den man Fesseln löste, war auch in Deutschland bekannt: im ersten Merseburger Spruche geschieht seiner Erwähnung. 4 Durch eine Baumwurzel, auf welche eine Here Runen gerigt hatte, kam der isländische Held Grettir ums Leben (Grettissaga C. 81 ff). |