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4. Da aber, wie bemerkt worden ist, im empirischen Processe die Sinneswahrnehmung die Voraussetzung des eigentlichen Wissens ist, so ist erklärlich, dass eigentlich keine Wissenschait, am wenigsten die philosophische, ohne Sinneswahrnehmung entstehen kann. So haben also die Materialisten darin Recht, dass all unser Wissen abhängig ist von den Functionen der Nerven und des Gehirnes, kurz der Sinnlichkeit; nur irren sie darin, dass sie die Bedingung mit der Ursache das Organ mit dem Princip verwechseln und die zeitliche Priorität, welche der Sinnlichkeit im empirischen Processe zukommt, mit der Causalität identificiren. Immer zeigt sich bei der Analyse solcher Irrthümer in der Erkenntnisslehre, dass der empirische Process von dem wissenschaftlichen nicht unterschieden wird. Was hier das Letzte ist, ist dort das Erste aber nicht das Alleinige. Den einseitigen Empirikern, welche den Sinn verabsolutiren, mag L. Feuerbachs Ausspruch ins Gedächtniss gerufen werden: „Das Sinnliche selbst ist ein Werdendes und Flüssiges, keineswegs die letzte Instanz, ein fester Stillstands-, Ausgangs- und Anhaltspunkt, ein unmittelbar Erstes, ein zureichender Erklärungsgrund, wofür der Empiriker es hält ein Dogma, das eben das Wesen des Empirismus constituirt. Er glaubt den Ursprung der Ideen erklärt zu haben, wenn er sie aus den Sinnen ableitet; er bricht beim Sinnlichen ab, erkennt in ihm keine Noth, kein Bedürfniss einer Abhängigkeit und weitern Erklärung an, es ist ihm etwas, was sich unmittelbar von sich selbst versteht, das durch sich selbst Klare, Gewisse und Reelle, und er macht so die Bedingung zur Ursache, das Materielle zum Formellen, das Leidende zum Thätigen, und das Thätige, die Seele, den Geist, zum Leidenden.“ (Sämmtl. W. 5. Bd. S. 145).

5. Man kann sagen, ohne Sensation bliebe die Seele tabula rasa, das will sagen: ohne Sinneswahrnehmung würde der Intellectus weder die Gegenstände (das Nicht-Ich), noch das Ich und sein Attribut erfassen, womit aber nicht gesagt sein kann, dass die Sensation die tabula rasa beschreibe; die Seele wäre wie eine tabula rasa, aber nicht: Sie ist überhaupt eine tabula rasa. „Sich von einer Wahrheit überzeugen, oder sie als Wahrheit er

kennen, heisst eben nichts Anderes, als sie in der Identität mit der Vernunft erkennen; sie aber als identisch mit der Vernunft erkennen, heisst nichts Anderes, denn sie als a priori in der Vernunft begründet, ihr immanent, ihr eingeboren erkennen, wenn gleich die Erfahrung diese Ueberzeugung vermittelt haben. mag. Aber die Vermittlung ist nur die Bedingung, nicht die Genesis, der Ursprung. Das von Aussen scheinbar Gegebene lag „der Kraft, der Möglichkeit nach" in uns. Ohne Luft und Wasser, Licht und Wärme bringt die Pflanze keine Blume aus sich hervor. Aber so roh und falsch es wäre, aus diesen bedingenden Stoffen die Blume selbst ableiten zu wollen, so roh und falsch ist es, die Sinne als die Quellen der Ideen zu fassen, obgleich, wie sich von selbst versteht, die sinnlichen Vorstellungen, eben weil sie sinnliche sind, in den Sinnen ihren Sitz und Ursprung haben." (L. Feuerbach, Werke 5. Bd. S. 144).

6. Da die Sinneswahrnehmung den Gegensatz bildet zur geistigen Erkenntnissweise, indem jene sich auf das Concrete, Erscheinende, Abgeleitete, Materielle bezicht, diese auf das Allgemeine, das Wesen, den Grund, das Metaphysische losgeht, andererseits aber das eigentliche Wissen empirisch doch durch die Sinnlichkeit bedingt ist: so erklärt sich, dass man von anderer Seite her die Sinnlichkeit als Schranke und Hemmniss des philosophischen Wissens betrachten konnte und den Dualismus statuirte, wie er bei den Platonikern vorkommt. Es entsteht derselbe Dualismus auf dem erkenntnisstheoretischen Gebiete, welcher auf dem ethischen sich zeigt. Zur Realisirung der ethischen Idee scheint die Sinnlichkeit ebenso Hemmniss wie Bedingung. Daher erklären sich die Klagen des Descartes über die Sinnlichkeit und über die auf der Sinnlichkeit ruhende Stärke des Gedächtnisses und den aus der Sinnlichkeit hervorgehenden Autoritätsglauben u. s. w. als Hemmniss der philosophischen Erkenntniss. Es reflectirt sich in diesem Dualismus auf dem erkenntnisstheoretischen wie ethischen Gebiete nur der metaphysische Dualismus von Natur und Geist und die grosse Schwierigkeit, die höhere Einheit zu finden. Es wird daher so lange die philosophische Wissenschaft nicht erzeugt werden, als man den

Dualismus betont, einseitig entweder die Sinnlichkeit oder den Geist als Erkenntnissquelle festhält, kurz einen Factor verabsolutirt und dem Geiste entweder nur die Reflexion über das durch die Sinnlichkeit gewonnene Material vindicirt, oder der Sinnlichkeit nur das Geschäft zuweist, den Geist an die in ihm liegenden, den im intellegiblen Orte seienden correspondirenden Ideen zu erinnern. Die beiden äussersten Enden dieser Verabsolutirungen treten uns in der Geschichte entgegen. Gewiss ist, dass auf Grund der Sinnlichkeit allein das philosophische Wissen nicht gewonnen werden kann, so wenig als auf Grund des Autoritätsglaubens oder des Zeugenbeweises. Ja, man kann in Hinsicht auf das Ziel des philosophischen Forschens eher behaupten, dass die Sinnlichkeit die Erzeugung des philosophischen Wissens erschwere, ganz so wie wir diess auf dem ethischen Gebiete erleben. Dasselbe Leben ist die gemeinsame Wurzel der theoretischen und ethischen Erscheinungen. Vom Standpunkte der Idee betrachtet erscheint aber die Sinnlichkeit weniger als Schranke denn als Medium, Unterlage, Substrat für die Realisirung der Idee des Wissens und des Guten. Zum vollkommenen Wissen um das Ich gehört auch das Wissen um das Nicht-Ich, und dieses ist nur durch den Sinn erreichbar. Bilden Sinn und Geist reale Gegensätze, so setzen sie sich auch gegenseitig und die Genesis des sinnlichen Bewusstseins erscheint als Analogon der Genesis des höheren Selbstbewusstseins, beide ruhen auf zurücklaufender Bewegung des Princips.

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7. Man kann über die erkenntnisstheoretische Bedeutung der Sinne nichts Besseres sagen, als was L. Feuerbach gesagt hat. Im Menschen erhalten die Sinne eine höhere von der blossen Beziehung auf die Noth des Lebens unterschiedene und unabhängige Bedeutung; sie bekommen eine theoretische Bedeutung. Die Sinne sind hier schon ursprünglich Emanationen des theoretischen Vermögens. Der Mensch ist geboren zur Theorie. Die Sinne sind die Mittel seiner Erkenntniss, aber die Mittel, die nur wirksam, ja nur Mittel sind unter Voraussetzung von dem Dasein ihres innern Zweckes, des theoretisch thätigen, des

SCHMID, Entwurf eines Systems der Philosophie.

denkenden Vermögens. Die Sinne erleuchten uns die Welt, aber ihr Licht ist nicht ihr eigenes, sondern kommt von der Centralsonne des Geistes. Bewunderung ist der Anfang der Erkenntniss; aber die Bewunderung entspringt nicht aus dem Sinne, sondern aus dem Geiste vermittelst der Sinne." (Sämmtl. W. 5. Bd. S. 146).

§. 4.

1. Wenn man den Ertrag des Inductionsverfahrens mit dem Ziele der philosophischen Wissenschaft vergleicht, so ergibt sich allsogleich, dass jenes zur Erzeugung dieser nicht ausreichend ist. Selbst angenommen, dass die durch die Induction gewonnene Definition über das Wesen des Dinges befriedigenden Aufschluss gewährt, so bleibt immer noch die Frage nach der Existenz, der Ursache und dem Zwecke des Dinges unerledigt. Aber die durch die Induction gewonnene Definition gewährt auch kein befriedigendes Wissen um das Wesen, den Kern des Dinges, wie sich aus der Analyse des Inductionsschlusses ergibt. Dieser ist ein Product zweier Factoren, der Sinneswahrnehmung und des logischen Denkens. Die Sinneswahrnehmung bezieht sich nur auf Erscheinungen, nicht auf das Wesen, ferner nur auf eine Vielheit jener, nicht auf die Allheit derselben und es fehlt der durch diese Wahrnehmung gewonnenen Kenntniss die nothwendige Allgemeinheit. Da die Sinneswahrnehmung nur Erscheinungen überhaupt also auch zufällige - zum Objecte hat, das Attribut des Grundes, aus dem die Erscheinungen mit Nothwendigkeit so und nicht anders hervorgehen, nicht mit Sicherheit erfasst, fehlt ihr auch die allgemeine Nothwendigkeit. Nothwendige Allgemeinheit und allgemeine Nothwendigkeit sind aber Erfordernisse der philosophischen Erkenntniss. Beide Attribute sollen nun durch das zur Sinneswahrnehmung hinzutretende logische Denken gewonnen werden. Aber dieses ist, wie später gezeigt werden wird, ein abgeleitetes und somit bedingtes. Es setzt das Wissen und die dasselbe bestimmenden Grundformen und Grundnormen des menschlichen Denkens überhaupt voraus, beschäftigt selbst sich nicht mit der Untersuchung der Genesis und Qualität dieser Normen und Formen, sondern entlehnt sie; seine Grundfesten sind

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also Lemmata. So kann das logische Denken nicht einmal subjectiver Seits Allgemeinheit und Nothwendigkeit erzielen, denn diese liegen in einem Attribute des Geistes, von dem das logische Denken nichts weiss. Es läuft so das inductive Verfahren auch von dieser Seite nur auf Wahrscheinlichkeit hinaus; was aber nur wahrscheinlich ist, ist eben nicht nothwendig wahr und kann eben so gut falsch sein. Flieht man von der Gränze des metalogischen Denkens wieder zurück zur „Beobachtung" und "Anschauung als auf das sichere Gebiet, so muss man sich von Ludwig Feuerbach sagen lassen, dass „Beobachtung als ihr Princip schon Denken voraussetze, wenn gleich das Denken im Anfange nur als Anschauung sich bethätigt. Der Mensch beginnt in der Einheit des Schauens und Denkens, sein Gegenstand sind keineswegs die einzelnen besondern sinnlichen Objecte, als einzelne, besondere; der Unterschied von Einzelheit, Besonderheit, Allgemeinheit ist ein späterer. Der Mensch beginnt mit der unterschiedslosen Totalität das Einzelne ist ihm selbst das Allgemeine; er beginnt, wie schon Campanella in seiner Weise behauptete und Lessing auch andeutete, mit der unbestimmten Allgemeinheit." (Vgl. S. W. V. Bd. S. 148.)

2. Der Ertrag des inductiven Verfahrens soll die Definition des Dinges sein. Der Sinn kann nicht definiren; das logische Denken bringt aber ebenfalls eine affirmative Definition, durch welche die Essenz des Dinges erkannt werden könnte, nicht zu Stande; es gibt höchstens eine Daseinsform des Dinges an, wodurch aber nicht die Einsicht in das grundwesentliche Attribut des Dinges, noch weniger aber der Substanz, aus der das Ding mit Nothwendigkeit hervorgegangen ist, gewonnen wird. Generalisiren ist überhaupt nicht Definiren.

3. Wenn es sich also um philosophische Wissenschaft, welche in der Erkenntniss der Existenz, des Wesens, des Grundes (der Ursache) und des Zweckes der Dinge besteht, handelt, ist der Inductionsschluss nicht ausreichend. Dasselbe gilt von der Analogie.

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