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für unsere Zeit gesprochen zu seyn scheinen: die eine (S. 393.), wo er die besonnene Milde der Gesinnung schildert, mit welcher der über die wahren Bedürfnisse der Zeit Erleuchtete ihre Mängel und Unzulänglichkeiten beurtheilt, wie er überhaupt Nichts willkürlich verfrühend, nichts Historisches überspringend, einzuwirken habe; die andere, wo

er einen Blick der Wehmuth und des Mitleids wirft auf das Loos der Fürsten und Staatslenker, „die durch die geschichtlichen Verhältnisse gedrängt werden, die Schicksale der Völker zu leiten und auf sich zu nehmen, ohne dass es doch in ihnen vollkommen hell und klar ist; denen sich wohl oft die Einsicht aufdrängen muss, dass sie des Rathes bedürfen, und die doch ausser sich keinen finden, der ihnen Genüge thut" (S. 397, 98.).

Im zweiten Abschnitte: ,,über den Begriff des wahrhaften Krieges," wird die unmittelbare Gegenwart und die nächste Geschichte Deutschlands und Frankreichs gedeutet, bei deren Schilderung er den Gründen ihrer Nationalität bis in die tiefsten geschichtlichen Wurzeln nachspürt. Diese, so wie die Charakteristik Napoleons haben früher schon die verdiente Aufmerksamkeit erregt. Die Beurtheilung der damaligen nächsten Vergangenheit Deutschlands wird in den später mitzutheilenden Fragmenten über deutsche Geschichte weiteren Anhalt finden: und an diese schliesst sich eigentlich die Rede" an, welche wir am Schlusse des Bandes hinzugefügt haben.

Der dritte Abschnitt giebt endlich eine philosophische Construction der Weltgeschichte und ihres Fortgangs bis zum irdischen Ziele des Menschengeschlechts. Die Entwikkelung verläuft in grossen, klar durchgeführten Zügen, das Mannigfaltigste, Auseinanderliegende, wird unter einfache Ge

sichtspuncte gefasst, welche auch hier mit unabgelenkter Consequenz verfolgt werden; und indem so das Alte, Längstbekannte in neuem Lichte betrachtet wird, kann es auch die erregen, welche diesen Sinn und das ganze Princip nicht anerkennen. Ueberhaupt kann man auch im Einzelnen über Manches anders denken; dass jedoch der Grundbegriff, welcher hier der Geschichte und ihrer Zukunft untergelegt wird, in seiner Allgemeinheit der einzig wahre und richtige sey, kann nur der bezweifeln, welcher überhaupt in der Geschichte das blosse Spiel leerer Zufälligkeiten erblickt, oder der da wenigstens einen Begriff, eine Philosophie derselben, zu den unlösbaren, überschwänglichen Aufgaben rechnet. Aber damit läugnet er mehr noch die Möglichkeit aller Philosophie, d. h. alles gründlichen Selbstverständnisses des Menschen.

In dieser Rücksicht geben diese Vorlesungen nun noch einen charakteristischen Zug in Fichte's Denkweise kund. Er verbirgt nicht seine entschiedenste Ueberzeugung, dass nur die Wissenschaftslehre zu richtigem Verständnisse der Geschichte sich erheben könne, eben weil in ihr die Selbsterkenntniss des menschlichen Geistes aus dem Begriffe der Vernunft bis in seine Wurzel vollendet, damit auch der Schlüssel zum Verständniss alles menschlichen Treibens und Wirkens gegeben sey. Aus gleichem Grunde vermag aber auch nur sie der Geschichte das Element einer besonneren Leitung durch freie Vernunftkunst einzufügen, und so die Menschheit zum ersten Male völlig mündig zu machen, das Princip ihrer Entwickelung und Erziehung bis ans Ende hin in ihre eigene Hand zu legen. Indem sie aber zugleich im Durchdringen der absoluten Verstandesform bis auf ihren Kern, die innere Nichtigkeit alles Empirischen, der gegebenen Facticitat als solcher, aufdeckt: wird der „Zwang" auf

uns ausgeübt, uns in die Realität hinüberzuretten, in die Welt der Freiheit: die Wissenschaftslehre, allgemeine Ueberzeugung geworden, schliesst die unwiderstehlichste Bildung zur Sittlichkeit in sich. „Der Mensch erkennt (in ihr), dass er, ohne diese Ergebung seines Willens in den göttlichen, Nichts ist; dies sieht er lebendig ein, so dass er von dem Gefühle dieses Nichts ergriffen ist. Aber Niemand will Nichts seyn: an dem Seyn halten wir Alle. Wir sind durchaus das Entgegengesetzte eines solchen Zustandes: zerflossen und der Realität beraubt in der Wurzel; ermangelnd der Anschauung, wie sie die alte Welt hatte, des lebendigen Begriffs, wie die geschilderte ihn haben wird, leben wir nur in einem problematischen und probirenden Begreifen, so dass es uns sogar schwer wird, einen solchen bessern Zustand uns zu bilden" (Staatslehre S. 588.).— Daher nun sein festes Vertrauen auf die weltgeschichtliche Bedeutung seiner Lehre, „die freilich noch ringt und vielleicht noch Jahrhunderte ringen wird um ihr Verständniss und ihre Anerkennung unter den Gelehrten" (S. 589.).

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Man hat in solchen und ähnlichen Bezeugungen Anmaassung gesehen, und völlige Ueberschätzung persönlicher Ansichten, wie er denn dieses übeln Scheines sich vollständig bewusst war. (Man vergl. in den Nachgel. Werk. Bd. III. S. 251 ff., überhaupt die beiden Dialogen, denen diese Stelle angehört.) Aber man verständige sich nur über den wahren Sinn solcher Behauptungen. Die Philosophie, wenigstens die eigentliche, der Idealismus, war von jeher nicht zweifelhaft oder uneinig, oder vertrat nur persönliche Ansichten in dem, was sie bejahend aufstellte und principiell behauptete: nur die verschiedene Reife und Ausbildung dieser Principien ist es, was in ihr den Widerstreit und dann gegenseitige

Negationen herbeiführt. Und so darf noch jetzt getrost behauptet werden, dass auch in Fichte's Weltanschauung das Bejahende wahr ist und fortleben wird, wie es vor ihm schon lebte in anderer Gestalt. Ebenso ist auch die Zuversicht auf diese Dauer die natürlichste und unabweisbarste; denn sie ist nur Zeugniss von der Evidenz, die jeder Wahrheit innewohnt, und es ist nicht der einzelne Urheber, sondern die Philosophie selbst, welche durch ihn diese Zuversicht zu ihrer inneren Kraft ausspricht, und ohne Zweifel hat sie Recht daran.

Ist sie zugleich jedoch irgend einmal bis zu der Vollendung gelangt, den Menschen zum völligen Selbstverständniss über sich erheben zu können in seiner Geschichte und im höchsten Ziele derselben: so wird sie damit auch den Anspruch verbinden, ihn durch besonnene Kunst, durch Vernunfterziehung zu diesem Ziele zu leiten. Und wie thatsächlich nur die Philosophie und Wissenschaft das Dunkel der Barbarei allmählig zerstreut hat, welches auf dem Mittelalter ruhte: so muss sie irgend einmal dieser Bestimmung, als einer selbst philosophisch zu behandelnden und stufenweis zu lösenden Aufgabe, klar sich bewusst werden. In der neueren deutschen Philosophie wir sehen mit Absicht von den beiden anderen philosophirenden Nationen ab, denen die praktische Richtung und Einwirkung ihrer philosophischen Studien nie so abhanden kam in der deutschen Philosophie hat Fichte zuerst diese Bedeutung derselben entschieden ausgesprochen und als mitbestimmendes Glied in das System aufgenommen. Aber schon seit Kant kündigte sich in unwillkürlichen Wirkungen diese alleingreifende, weltumgestaltende Macht derselben an, eben weil sie mit ihm wieder auf den Menschen sich richtete und seine

Freiheit zum Mittelpuncte machte. Hat aber die Philosophie sich überhaupt einmal zu dieser Höhe der Selbstanforderung erhoben: so wüssten wir nicht, wie sie dies eigene Ziel und das der Menschheit, anders oder kräftiger aussprechen könnte, als wie es in diesen Vorlesungen geschehen ist, ob sie sich dabei nun als ,,Wissenschaftslehre" bezeichne, oder in der Gestalt irgend eines anderen idealistischen den Begriff der Freiheit und die Ideen anerkennenden Systemes.

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Zudem hat jede mit sich zum Abschluss gekommene Philosophie, wie wir anderswo umfassender zeigen konnten, nicht minder, wie jede Religion, auch ihre prophetischen Lehren; ja diese bezeichnen erst ihren wahren Charakter in dem, was sie als die Zukunft, die höchste Bestimmung des Menschengeschlechts erkennen: über diesen Theil von Fichte's System ist nun eben die „Staatslehre" die ergiebigste Quelle. Mögen die Umrisse der Zukunft, welche sie giebt, auch in manchem Betreff abstract oder lückenhaft bleiben, mag manches wichtige Element des Geistes dabei gar nicht in Rechnung gebracht seyn, so lässt sich doch kein höheres und grösseres Ziel denken, als was von hier aus am Schlusse der Menschheit gezeigt wird.

Und bei diesem Puncte musste das System von Neuem und noch entschiedener, als in anderen Theilen, an die christliche Religion, nicht als Doctrin von gewissem Inhalte, sondern als geschichtliche, weltumgestaltende Macht, anknüpfen und in ihrem Verständniss sich versuchen. Welchen Charakter es darin trage, auch im Verhältniss zu anderen Systemen, wird sich zur Einleitung in die Werke des folgenden Bandes umfassender zeigen lassen. In Betreff dieses letzten Theils der Vorlesungen bemerken wir nur

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